OGH 2Ob10/99f

OGH2Ob10/99f30.3.2000

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Niederreiter als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Schinko, Dr. Tittel, Dr. Baumann und Hon. Prof. Dr. Danzl als weitere Richter in der Außerstreitsache der Antragstellerin Mag. Yasmine F*****, vertreten durch Dr. Karl Pacher und andere Rechtsanwälte in Graz, wider den Antragsgegner Dr. Horst S*****, vertreten durch Schuppich Sporn & Winischhofer, Rechtsanwälte in Wien, wegen Bestellung eines Heiratsgutes (Streitwert S 8 Mio), über den Rekurs des Antragsgegners gegen den Beschluss des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Graz vom 1. Dezember 1998, GZ 2 R 491/98k-19, womit der Beschluss des Bezirksgerichtes für Zivilrechtssachen Graz vom 25. September 1998, GZ 21 Nc 10/98b-15, aufgehoben wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Dem Rekurs wird nicht Folge gegeben.

Text

Begründung

Die Antragstellerin ist die Adoptivtochter des Antragsgegners. Sie heiratete am 30. 7. 1988 Helmut Alfred M*****, von dem sie am ***** 1993 geschieden wurde. Am ***** 1994 heiratete sie Dr. Johann F*****. Diese Ehe besteht nach wie vor aufrecht. Die Antragstellerin begehrte mit ihrem am 3. 2. 1998 bei Gericht eingelangten Antrag, den Antragsgegner zur Bestellung eines Heiratsgutes von S 8 Mio samt 4 % Zinsen seit 23. 1. 1998 zu verpflichten. Sie habe bisher kein Heiratsgut erhalten und anlässlich der ersten Eheschließung über keinerlei Vermögen und lediglich über ein Einkommen von etwa S 10.000,-- verfügt. Durch die Eheschließung und Hausstandsgründung sei sie mit etwa S 150.000,-- Kreditverbindlichkeiten zum damaligen Zeitpunkt belastet gewesen.

Der Antragsgegner habe damals über ein jährliches Einkommen von etwa S 4,5 Mio netto verfügt und sei nach wie vor Eigentümer von Vermögenswerten in Höhe von S 45,790.000,--. Diese Einkommens- und Vermögensverhältnisse hätten sich seit der ersten Eheschließung im Jahr 1988 nicht verändert.

Der Antragsgegner bestritt den Anspruch der Antragstellerin und brachte vor, dass die Vermögensverhältnisse der Anragstellerin jedenfalls im Zeitpunkt der zweiten Eheschließung und zum Zeitpunkt der Antragstellung den Anspruch auf Heiratsgut nicht zuließen.

Das Erstgericht wies den Antrag auf Leistung eines Heiratsgutes ab.

Es stellte dazu im Wesentlichen fest:

Die Antragstellerin erhielt weder bei der ersten noch bei der zweiten Eheschließung ein Heiratsgut. Zum Zeitpunkt der ersten Eheschließung hatte sie ein monatliches Einkommen von S 10.000,-- bis S 11.000,--. Sie verfügt über kein Vermögen. Zum Zeitpunkt der zweiten Eheschließung verfügte sie zwar aus der Verlassenschaft nach ihrer zwischenzeitig verstorbenen Mutter Ruth S***** über Vermögenswerte, sie hatte jedoch zufolge ihres aufgenommenen Studiums kein eigenes Einkommen mehr. Im Verlassenschaftsverfahren nach ihrer verstorbenen Mutter erhielt sie S 4,627.413,--.

Rechtlich erörterte das Erstgericht, dass die Antragstellerin zwar auch durch die zweite Eheschließung grundsätzlich einen Anspruch auf Heiratsgut habe, jedoch über ausreichendes eigenes Vermögen verfüge, weshalb der Anspruch nicht gegeben sei.

Das von der Antragstellerin angerufene Rekursgericht hob diesen Beschluss auf und trug dem Erstgericht eine neuerliche Entscheidung nach Verfahrensergänzung auf.

Es führte rechtlich aus, dass gemäß § 1220 ABGB die Eltern nach den Grundsätzen, nach denen sie für die Unterhalt der Töchter, die kein eigenes, zu einem angemessenen Heiratsgut hinlängliches Vermögen besäßen, verpflichtet seien, bei der Verehelichung ein angemessenes Heiratsgut zu geben oder verhältnismäßig dazu beizutragen. Zweck des Heiratsgutes sei im Allgemeinen die Gewährung eine den Lebensverhältnissen der Eltern angemessenen Starthilfe für das ausstattungsbedürftige Kind bei der Gründung einer eigenen Familie. Der Gesetzgeber gehe davon aus, dass Söhne und Töchter zur Befriedigung der mit der ersten Heirat verbundenen Bedürfnisse noch einmal angemessen an den Lebensverhältnissen ihrer Eltern teilnehmen könnten. Beide Elternteile hätten daher im Rahmen des Gesamtbedarfes entsprechend ihrer Leistungsfähigkeit zur Ausstattung anteilig beizutragen. Voraussetzung des Ausstattungsanspruches sei, dass die Braut oder Ehefrau im Zeitpunkt der Eheschließung kein eigenes Vermögen besitze, das hinreichende Ersparnisse ermögliche. Der Dotationsberechtigte habe grundsätzlich nur einmal Anspruch auf Bestellung eines Heiratsgutes. Sei der Anspruch weder durch Erfüllung noch durch Verzicht erloschen, könne er auch nach Eingehen einer weiteren Ehe (nach Auflösung der ersten Ehe) geltend gemacht werden. Maßgebend für die Beurteilung des Anspruches sei aber im Falle der Nichteinforderung aus Anlass der ersten Eheschließung die Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt des Abschlusses der Ehe. Das Gesetz stelle zur Höhe des Heiratsgutes keine starre Regelung der Ausmittlung auf, maßgebend seien vielmehr die Verhältnisse des Einzelfalles bezogen auf den maßgeblichen Verehelichungszeitpunktes des Ausstattungsberechtigten; auf die Leistungsfähigkeit des Ausstattungspflichtigen zur Zeit der Geltendmachung des Anspruches komme es dagegen dann an, wenn sie geringer sei, als zur Zeit der Eheschließung. Als Bemessungsgrundlage sei auf das Arbeitseinkommen und Vermögen Bedacht zu nehmen. Unter Vermögen im Sinn des § 1220 ABGB sei nicht nur ein Arbeitseinkommen des Ausstattungsverpflichteten zu verstehen, wenn dieses ohne Gefährdung seines eigenen anständigen Unterhaltes und des Unterhaltes derjenigen Personen, für die er unterhaltspflichtig sei, entsprechende Ersparnisse und die Ansammlung eines entsprechenden Kapitals ermögliche, sondern auch Liegenschaften, sofern durch deren Belastung oder Veräußerung, allenfalls durch unmittelbare Übertragung an die Ausstattungsberechtigten der Ausstattungspflichtige sich ohne Beeinträchtigung der dem eigenen Lebensstandard entsprechenden Bedürfnis und der seiner unterhaltsberechtigten Angehörigen die Mittel zur Ausstattung verschaffen könne. Nur ein völlig ertragloser Liegenschaftsbesitz, wie etwa ein zur Befriedigung der Wohnbedürfnisse des Antragsgegners dienendes Einfamilienhaus sei nicht in die Bemessungsgrundlage einzuziehen. Als Maximalgrenze gelte weder der hypothetische Pflichtteil des Berechtigten noch ein Vielfaches des Monatseinkommens des anderen künftigen Ehegatten, sondern bei Vorliegen aller Voraussetzungen 25 bis 30 % des Jahresnettoeinkommens des Verpflichteten. Für die Bemessung des Ausstattungsanspruches sei ausschließlich auf die den Lebensverhältnissen des Ausstattungspflichtigen entsprechende Leistungsfähigkeit abzustellen. Ausschlaggebend sei der Vermögensstand der Antragstellerin bei Abschluss der ersten Ehe, weshalb das Erstgericht eingehende Feststellungen über die persönlichen, wirtschaftlichen Einkommenverhältnisse der Beteiligten zu treffen haben werde. Insbesondere werde das zum Zeitpunkt der ersten Eheschließung vorhandene Vermögen des Antragsgegners und sein Einkommen in diesem Zeitpunkt, aber auch zum Entscheidungszeitpunkt festzustellen sein.

Der Rekurs an den Obersten Gerichtshof sei zuzulassen, weil die Frage der Höchstgrenze des Heiratsgutes nicht einheitlich beantragt worden sei, insbesondere, ob die Heiratsausstattung der Tochter, abgesehen von der Leistungsfähigkeit des Ausstattungsberechtigten eine weitere absolute Obergrenze im Stand oder im Vermögen des Ehemannes finde.

Gegen diesen Beschluss richtet sich der Rekurs des Antragsgegners mit dem Antrag, ihn dahingehend abzuändern, dass in der Sache selbst entschieden und die Entscheidung der ersten Instanz wiederhergestellt werde.

Rechtliche Beurteilung

Der Rekurs ist im Ergebnis nicht berechtigt.

Der Rekurswerber macht - zusammengefasst - im Wesentlichen geltend, dass der Antragstellerin als gesetzliche Erbin nach ihrer Mutter Vermögenswerte in der Höhe von rund S 14,225.000,-- zugekommen seien. Maßgeblicher Zeitpunkt für die Anspruchsfestsetzung sei der Zeitpunkt der Eheschließung bzw der um die Eheschließung liegende Zeitraum. Besitze die Braut im Zeitpunkt der Eheschließung ausreichend eigenes Vermögen, so entstehe der Anspruch auf das Heiratsgut mangels Vorliegens der Anspruchsvoraussetzungen nicht. Entgegen der von Lehre und Rechtsprechung vorgenommenen Definition des Heiratsgutes als angemessene Starthilfe zur ersten Gründung einer eigenen Familie sei herrschende Ansicht, dass dann, wenn die Tochter anlässlich der ersten Eheschließung kein Heiratsgut erhalten habe, dieses auch aus Anlass der zweiten Eheschließung begehrt werden könne. Nach der Rechtsprechung sei bei Wiederverehelichung im Falle der Nichteinforderung anlässlich der ersten Eheschließung die Sach- und Rechtslage im damaligen Zeitpunkt (erste Eheschließung) maßgeblich.

Hingegen differenziere die Lehre: Brauneder (in Schwimann2 § 1223 Rz 2) lehre, dass der Ausstattungsanspruch nach den Umständen zur Zeit der zweiten Eheschließung zu beurteilen sei, wenn bei der ersten Eheschließung aus Gründen des § 1222 ABGB kein Anspruch auf Bestellung des Heiratsgutes bestanden habe. Nach Petrasch (in Rummel2 § 1223 Rz 1) sei der Anspruch auf der alten Bemessungsgrundlage eines Zeitpunktes der ersten Eheschließung zu erfüllen, wenn anlässlich der ersten Ehe die Einforderung ohne wenigstens schlüssigen Rechtsverzichtes unterlassen worden sei. Nach Weiß (in Klang2 V 747) sei ausschlaggebend der Zeitpunkt der konkreten Verehelichung. Berücksichtige man, dass das Heiratsgut seinem Wesen nach untrennbar mit Eheschließung und der Ehe selbst verbunden sei und demnach der Anspruch auf Bestellung eines Heiratsgutes bei Beendigung der ersten Ehe ebenfalls ende, müssten die konkreten Anspruchsvoraussetzungen zur Bestellung eines Heiratsgutes an den Zeitpunkt der zweiten Eheschließung geknüpft werden. Die Antragstellerin habe zum Zeitpunkt der zweiten Eheschließung über ausreichendes Vermögen verfügt, weshalb es an der Anspruchsvoraussetzung der Vermögenslosigkeit mangle. Im Übrigen sei auch die dem gesamten Unterhaltsrecht, unter welches auch der Anspruch auf Heiratsgut zu unterstellen sei, innewohnende Umstandsklausel zu berücksichtigen. Selbst wenn man davon ausgehe, dass der Anspruch auf Heiratsgut nach dem Zeitpunkt der ersten Eheschließung zu beurteilen sei, sei die Vermögensverbesserung auf Seiten der Antragstellerin in Anschlag zu bringen.

Diesen Ausführungen kommt grundsätzlich Berechtigung zu. Eine Wiederherstellung der erstgerichtlichen Entscheidung ist aber im derzeitigen Verfahrensstadium nicht möglich.

Gemäß § 1220 ABGB (idF Art I Z 6 UeKindG und Art I KindG) sind die Eltern oder Großeltern nach der Reihenfolge und nach den Grundsätzen, nach denen sie für den Unterhalt der Kinder zu sorgen haben, verpflichtet, den Töchtern oder Enkelinnen bei ihrer Verehelichung ein Heiratsgut zu geben und dazu verhältnismäßig beizutragen, sofern die Braut kein eigenes, zu einem angemessenen Heiratsgut hinlängliches Vermögen besitzt. Nach Vorgängerbestimmung (vor Erlassung des Gesetzes über die Neuordnung des Kindschaftsrechtes) waren die Eltern oder Großeltern verpflichtet, nach den Grundsätzen, nach denen sie für den Unterhalt und die Versorgung der Kinder zu sorgen haben, den Töchtern oder Enkelinnen bei ihrer Verehelichung ein Heiratsgut zu geben oder dazu verhältnismäßig beizutragen. Seit der Neufassung dieser Bestimmung wurde in der Rechtsprechung der Meinung Ostheims (in Familienrechtsreform und Ausstattungsanspruch ÖJZ 1978, 505 ff) folgend ausgesprochen, dass der Ausstattungsanspruch den Zweck habe, dem ausstattungsbedürftigen Kind eine den Lebensverhältnissen der Eltern angemessene Starthilfe bei der Gründung einer eigenen Familie zu gewähren (vgl SZ 53/110; ÖA 1998, 28, 1 Ob 215/99w uva). Die Rechtsnatur des Anspruchs ist "als Unterhaltsanspruch anzusehen und stellt oftmals den letzten Akt der Unterhaltspflicht gegenüber dem Kind dar" (Brauneder in Schwimann2 Rz 5 zu § 1221 mwN). Anspruchsvoraussetzung ist das Fehlen eines hinlänglichen Vermögens der künftigen Ehegattin (Brauneder aaO Rz 8; Petrasch in Rummel ABGB2 Rz 2 zu § 1220 mwN). Der Anspruch entsteht jedenfalls mit der Verlobung oder einer ernstlichen Heiratsabsicht, doch tritt die Fälligkeit erst mit Eheschließung ein; die Geltendmachung des Anspruches zu einem beliebigen Zeitpunkt während der Ehe ist zulässig (Brauneder aaO Rz 9).

Der Anspruch erlischt grundsätzlich mit Beendigung der Ehe sowie durch Verzicht der Tochter (Brauneder aaO Rz 10; Petrasch aaO Rz 3).

Nach § 1223 ABGB ist eine Tochter, die ihr Heiratsgut schon erhalten und es, obschon ohne ihr Verschulden verloren hat, nicht mehr berechtigt, ein neues zu fordern, selbst nicht in dem Falle einer zweiten Eheschließung. Daraus wurde abgeleitet, dass Anspruch auf Heiratsgut Tochter und Enkelin nur einmal haben (Petrasch in Rummel2 Rz 1 zu § 1223; Brauneder in Schwimann2 Rz 1 zu § 1223). Der Anspruch auf Heiratsgut ist mit der tatsächlichen Übernahme einer im Sinn des § 1221 ABGB für den Zeitpunkt der ersten Eheschließung angemessenen Ausstattung erloschen. Wurde aber bisher kein Heiratsgut begehrt, ist der Anspruch noch nicht konsumiert; er kann aus Anlass der zweiten Eheschließung und während der zweiten Ehe ebenso geltend gemacht werden wie während der ersten Ehe (Brauneder aaO Rz 2).

Zu prüfen ist nun, welcher Zeitpunkt zur Beurteilung des Anspruchs auf Ausstattungs- und Heiratsgut herangezogen werden muss und zwar der der ersten oder der zweiten Eheschließung.

Die Rechtsprechung hat sich - soweit überblickbar - bisher in drei Fällen mit dieser Frage auseinandersetzen müssen.

In der Entscheidung SZ 56/169 wurde unter Berufung auf Ehrenzweig (System2 II/2 244 und Weiß (in Klang2 V 733) ausgesprochen, dass für die Beurteilung des Anspruches im Fall der Nichteinforderung aus Anlass der ersten Eheschließung die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt des Abschlusses der ersten Ehe sei. Auf die Leistung des Dotationspflichtigen zur Zeit der Geltendmachung des Anspruches komme es nur dann an, wenn sie geringer sei als im Zeitpunkt der (ersten) Eheschließung. Soweit aus den Entscheidungsgründen ersichtlich, wurde damals vom Erstgericht lediglich die Vermögenslage des Ausstattungsverpflichteten zur Beurteilung der Ausstattungsverpflichtung herangezogen; eine Verschlechterung der Vermögenslage war nicht behauptet worden; eine Verbesserung der Vermögenslage durch die damalige Antragstellerin war nicht verfahrensgegenständlich. Die Entscheidung betraf daher nicht die wesentliche Verbesserung der Vermögensverhältnisse der Ausstattungsberechtigten.

In der Entscheidung 4 Ob 524/88 (teilweise veröffentlicht in EF 56.956) wurde ebenfalls unter Hinweis auf die Entscheidung SZ 56/169 ausgesprochen, dass ein Anspruch auf Leistung eines angemessenen Heiratsgutes im Falle einer zweiten Eheschließung nach der Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt des Abschlusses der ersten Ehe zu beurteilen sei. Dieser Entscheidung lag der Sachverhalt zugrunde, dass sich die Vermögensverhältnisse des Ausstattungspflichtigen nach Abschluss der ersten Ehe der Berechtigten verbessert hatten, worauf - von einer Valorisierung abgesehen - nicht Bedacht genommen wurde.

In der Entscheidung 10 Ob 262/97w wurde zwar der Grundsatz wiederholt, dass bei Wiederverehelichung der Ausstattungsberechtigten die Verhältnisse anlässlich der ersten Eheschließung maßgebend seien, Änderungen in diesen lagen aber nicht vor. Die Besonderheit der Entscheidung betraf nur den Umstand, dass die Ausstattungsberechtigte in zweiter Ehe wieder ihren ersten Ehemann geheiratet hatte.

In der Lehre werden folgende Auffassungen vertreten:

Ehrenzweig (in System2 II/2, 247 führt aus, dass die Ausstattungspflicht endgültig erlösche, wenn sie einmal erfüllt sei. Bei einer zweiten Verehelichung könne das Kind, das schon in der ersten Ehe eine hinlängliche Ausstattung erhalten habe, nichts verlangen. Wenn es bei der ersten Eheschließung von den Eltern und Großeltern nichts erhalten habe, könne es bei der zweiten allerdings eine Heiratsausstattung verlangen; dabei komme aber eine seither eingetretene Besserung der Verhältnisse des Verpflichteten nicht in Betracht.

Weiß (in Klang2 V, 733) lehrt, eine Frau könne später eine Ergänzung des Heiratsgutes verlangen, wenn sie bei ihrer Verehelichung nur ein unzureichendes erhalten habe. Entscheidend sei für den erst nach der Verehelichung erhobenen Anspruch die Vermögensverhältnisse im Zeitpunkt der Verehelichung. Nur in diesem Zeitpunkt könne die Erfüllung gefordert werden; so wenn das Heiratsgut erst bei der zweiten Verehelichung beansprucht werde. Er verweist in diesem Zusammenhang auf seine Kommentierung zu § 1223 ABGB (aaO S 747), wonach ein Ausstattungsanspruch im Fall einer zweiten Verehelichung auch dann nicht ausgeschlossen sei, wenn die Frau anlässlich der ersten Verehelichung wegen eigenen Vermögens nichts erhalten habe, aber bei der zweiten Verehelichung kein ausreichendes Vermögen habe.

Petrasch (in Rummel2 Rz 1 zu § 1223) führt aus: Habe die Tochter ihr Heiratsgut aus Anlass der ersten Ehe wegen gegründeter Missbilligung nicht erhalten, sei ein Anspruch im Fall der zweiten Eheschließung erst jetzt entstanden und richte sich nach den Verhältnissen im Zeitpunkt der zweiten Eheschließung. Habe die Tochter ihr Heiratsgut wegen Unterlassung der Einforderung ohne wenigstens schlüssigen Rechtsverzicht nicht erhalten, sei der Anspruch auf der alten Bemessungsgrundlage des Zeitpunktes der ersten Eheschließung zu erfüllen (unter Hinweis auf 4 Ob 524/88) soweit sich seither die Vermögenslage des Verpflichteten nicht verschlechtert habe (unter Hinweis auf SZ 56/169).

Brauneder (in Schwimann2 Rz 2 zu § 1223) unterscheidet: Sei der Ausstattungsanspruch (anlässlich der ersten Eheschließung) nach § 1222 ABGB verwirkt, lebe der Anspruch (anlässlich der zweiten Eheschließung) wieder auf, weil der Zweck der Verwirkung in der Verhinderung einer leichtfertigen Ehe und nicht in der Verhängung einer dauernden Sanktion für ein Fehlverhalten des Verpflichteten liege. Problematisch sei der Bezugspunkt des Anspruchs: Zeitpunkt der ersten oder der zweiten Eheschließung? für ersten spreche, dass der Anspruch schon zu diesem Zeitpunkt bestanden habe, für letzteren, dass die Bemessung des Ausstattungs-Heiratsguts auch unter Bedachtnahme auf den anderen Ehepartner und damit die gemeinsamen Lebensumstände der Brautleute als nicht ohne Bezug zur konkreten Ehe zu erfolgen habe. Es wäre widersinnig, den bei der ersten Eheschließung verwirkten, nun aber aufgelebten Anspruch an die missbilligte erste Eheschließung anzuknüpfen und weiters, diesen Fall von den anderen Fällen der Geltendmachung des Ausstattungs-Heiratsguts bei zweiter Ehe zu trennen. So sei der zweiten Eheschließung als Bezugspunkt der Vorzug zu geben.

Festzuhalten ist, dass die einschlägige Rechtsprechung bisher den Fall, dass sich die Vermögensverhältnisse der Ausstattungsberechtigten nach der ersten Eheschließung entscheidend verbessert haben, nicht behandelt hat. Nur die Verschlechterung der Vermögenslage des Verpflichteten wurde als berücksichtigungswürdig angesehen. Zweck des Heiratsgutes ist die Gewährung einer den Lebensverhältnissen der Eltern angemessenen Starthilfe für das ausstattungsbedürftige Kind bei der Gründung einer eigenen Familie ist. Das Heiratsgut ist seinem Wesen nach untrennbar mit der Eheschließung und der Ehe selbst verbunden, weshalb es auch nur während des Bestandes der Ehe geltend gemacht werden kann. Der Anspruch erlischt mit Beendigung der Ehe aus welchen Gründen auch immer. Nur für den Fall, dass eine ausstattungsberechtigte Tochter nach Beendigung der ersten Ehe, ohne Inanspruchnahme des Ausstattungsanspruchs eine weitere Ehe eingeht, wird ihr die Möglichkeit eingeräumt, den einmalig zustehenden Ausstattungsanspruch aus Anlass der zweiten Eheschließung geltend zu machen. Dieser Anspruch auf Bestellung eines Heiratsgutes ist aber untrennbar mit dem Bestehen einer konkreten Ehe verbunden. Ist ein Anspruch auf Bestellung eines Ausstattungs-Heiratsguts infolge Auflösung der ersten Ehe erloschen, aber infolge einer weiteren Eheschließung wieder aufgelebt, so ist dieser Anspruch wegen des Zwecks des Ausstattungsanspruchs nach den konkreten Umständen des Einzelfalles anlässlich der zweiten Eheschließung zu beurteilen. Der erkennende Senat schließt sich daher den Ausführungen Brauneders an. Soweit die Entscheidung SZ 56/169 unter Berufung auf Weiß scheinbar allgemein Gegenteiliges ausführt, kann ihr nicht gefolgt werden, weil sie den Fall einer nachträglichen Verbesserung der Vermögenslage der Berechtigten nicht zu beurteilen hatte. Nach Weiß (aaO 747) sind aber ohnehin auch die Vermögensverhältnisse der ausstattungsberechtigten Tochter anlässlich ihrer zweiten Eheschließung zu berücksichtigen, weil er darauf abstellt, dass ein Ausstattungsanspruch auch dann zu gewähren sei, wenn die Tochter bei der zweiten Eheschließung vermögenslos war, ihr ein Ausstattungsanspruch bei der ersten Eheschließung aber deshalb nicht zugestanden sei, weil sie damals vermögend war.

Nichts anderes kann aber gelten, wenn die Tochter zwar bei der ersten Eheschließung vermögenslos, bei der zweiten Eheschließung aber vermögend war. Auch in diesem Fall ist daher das Vermögen der Tochter bei Beurteilung eines Ausstattungsanspruches zu berücksichtigen.

Der vorliegende Sachverhalt ist aber noch nicht spruchreif im Sinne einer Wiederherstellung der erstgerichtlichen Entscheidung. Das Erstgericht hat zwar festgestellt, dass die Antragstellerin über kein Einkommen verfügt, dass sie aber zum Zeitpunkt der zweiten Eheschließung aus der Verlassenschaft nach ihrer Mutter über Vermögenswerte verfügte und S 4,627.413,-- erhielt.

Diese Feststellungen reichen zur Beurteilung des Vermögens der Antragstellerin zum Zeitpunkt der zweiten Eheschließung nicht aus. Nach den Angaben des Rekurswerbers, erhielt die Antragstellerin (oder hatte in absehbarer Zeit zu erhalten) rund S 14 Mio (vgl dazu die Niederschrift über die Verlassenschaftsabhandlung vom 27. 4. 1994), in welcher weitere Vermögenswerte im Ausland angeführt werden.

Das Erstgericht wird daher im fortgesetzten Verfahren konkrete Feststellungen darüber zu treffen haben, über welche Vermögenswerte die Antragstellerin zum Zeitpunkt ihrer zweiten Eheschließung verfügte bzw über welche sie in absehbarer Zeit zu verfügen berechtigt war. Erst dann wird abschließend beurteilt werden können, ob ihr ein Ausstattungsanspruch zusteht.

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