Spruch:
Der Dotierungsberechtigte hat nur einmal Anspruch auf Leistung einer Heiratsausstattung, kann ihn aber auch noch nach Eingehen einer weiteren Ehe geltend machen. Maßgebend ist auch im Falle der Nichteinforderung aus Anlaß der ersten Eheschließung die Sach- und Rechtslage im damaligen Zeitpunkte, nur ist eine spätere Verschlechterung der Vermögensverhältnisse des Dotierungspflichtigen zu berücksichtigen
OGH 17. 11. 1983, 7 Ob 691/83 (LG Feldkirch R 411/83; BG Bregenz 1 Nc 92/82)
Text
Die Antragstellerin ist die Tochter des Antragsgegners. Am 18. 1. 1974 heiratete sie Walter N. Diese Ehe wurde im Oktober 1976 geschieden. Am 21. 8. 1981 heiratete die Antragstellerin Werner R. Sie begehrt vom Antragsgegner ein Heiratsgut von 200 000 S. Der Antragsgegner ist Eigentümer der Liegenschaft EZ 1790 KG H, bestehend aus den Grundstücken 1151/6, 1151/7 und 1151/8. Auf dem Grundstück 1151/7 befindet sich das Wohnhaus des Antragsgegners. Die Liegenschaft ist mit Pfandrechten für Darlehensforderungen einer Bausparkasse des Landes Vorarlberg belastet. Das Wohnbaudarlehen des Landes betrug 160 000 S, wurde der Antragstellerin gewährt und haftet noch mit 144 115 S aus. Die Forderung der Bausparkasse beträgt 259 628 S. Die Liegenschaft hat einen Verkehrswert von 2 024 000 S.
Die Antragstellerin erhielt anläßlich der ersten Eheschließung kein Heiratsgut. Zirka eineinhalb Jahre nach der ersten Eheschließung zog sie mit ihrer Familie in das Haus des Antragsgegners ein. Es wurde der Antragstellerin ein Schlafzimmer zur Verfügung gestellt. Die Antragstellerin und ihre Familie wurden im Haushalt des Antragsgegners verpflegt, wofür sie monatlich 2000 S bezahlen mußte. Für die Kindernahrung sorgte die Antragstellerin selbst. Der Antragsgegner sagte der Antragstellerin die Übertragung der Wohnung im Obergeschoß ins Wohnungseigentum zu. Die Antragstellerin nahm neben dem Wohnbaudarlehen bei der Sparkasse einen Kredit von 120 000 S auf. Das Wohnbaudarlehen wurde zur Gänze in das Haus des Antragsgegners investiert. Von dem Kredit der Sparkasse wurden 40 000 S bis 50 000 S in das Haus investiert, der Rest zur Anschaffung von Möbeln verwendet. Auf den Kredit leistete der Antragsgegner Rückzahlungen von 65 000 S. Die Rückzahlung des Restbetrages übernahm die Antragstellerin.
Der Ehemann der Antragstellerin Werner R ist Maler unmonatlich 14 000 S netto. Die Antragstellerin führt den Haushalt und verrichtet nebenbei Heimarbeiten, wobei sie monatlich 2000 bis 3000 S netto verdient. In ihrem Haushalt befindet sich ihr am 6. 6. 1974 geborenes, aus der ersten Ehe stammende Kind. Weder die Antragstellerin noch ihr Ehemann haben Ersparnisse. Der Antragsgegner hat ein Jahreseinkommen als Pensionist von 97 276 S. Seine Ehefrau bezieht eine monatliche Rente von 3500 S.
Der Antragsgegner beantragt die Abweisung des Begehrens der Antragstellerin. Diese habe anläßlich ihrer ersten Eheschließung von ihm einen Elektroherd erhalten. Sie habe für ihre Familie im Hause des Antragsgegners Wohnung und Verpflegung für einen Kostenbeitrag von nur 2000 S erhalten. Das Obergeschoß des Hauses sollte für die Familie der Antragstellerin als Wohnung ausgebaut werden. Ein hiefür aufgenommenes Wohnbaudarlehen müsse der Antragsgegner zurückzahlen.
Das Erstgericht bestimmte der Antragstellerin ein Heiratsgut von 150 000 S und wies das Mehrbegehren ab. Aus der teilweisen Rückzahlung des Kredites der Antragstellerin durch den Antragsgegner könne nicht abgeleitet werden, die Antragstellerin habe ein Heiratsgut erhalten, weil die vom Antragsgegner zur Rückzahlung übernommenen Mittel in sein Haus investiert worden seien. Die Verpflegung der Familie der Antragstellerin für nur monatlich 2000 S könne ihren Heiratsgutsanspruch nicht mindern, weil sie vorher ihr Einkommen dem Antragsgegner überlassen habe. Bei der Bemessung des Heiratsgutes sei zu berücksichtigen, daß der Antragsgegner Liegenschaften besitze. Unter Berücksichtigung der relativ geringen Belastungen dieser Liegenschaften sei ein Heiratsgut von 150 000 S angemessen. Zur Finanzierung dieses Betrages sei dem Antragsgegner allenfalls auch zumutbar, einen Teil seines Liegenschaftsbesitzes zu veräußern.
Der abweisende Teil des erstgerichtlichen Beschlusses erwuchs in Rechtskraft. Das Rekursgericht änderte im übrigen den erstgerichtlichen Beschluß dahin ab, daß es den Antrag der Antragstellerin zur Gänze mit der Begründung abwies, daß ein Anspruch auf Heiratsgut nur für die erste Ehe, nicht auch für nachfolgende Ehen bestehe.
Der Oberste Gerichtshof gab dem Revisionsrekurs der Antragstellerin Folge, verwies die Rechtssache an die erste Instanz zurück und wies den Antrag auf Zuspruch von Kosten des Revisionsrekurses ab.
Rechtliche Beurteilung
Aus der Begründung:
Der Anspruch der Tochter auf ein angemessenes Heiratsgut nach § 1220 ABGB wird mit der Eheschließung fällig. Er erlischt mit der Erfüllung, dh. durch die Leistung eines angemessenen, zum Heiratsgut geeigneten Vermögens oder durch Verzicht (Weiß in Klang[2] V 733). Die Unterlassung der Geltendmachung des Anspruchs durch noch so lange Zeit während des Bestandes der Ehe enthält aber grundsätzlich keinen Verzicht (EFSlg. 31 494 ua.). Der aufrechte Bestand der Ehe ist Voraussetzung für die Geltendmachung des Anspruchs. Ist die Ehe für nichtig erklärt, aufgehoben oder geschieden, kann der Anspruch nur nicht geltend gemacht werden, weil sein zukunftsorientierter Zweck der Erleichterung des mit der Ehe verbundenen Aufwandes nicht erreicht werden kann (SZ 6/362; 3 Ob 504/80; Weiß aaO; Ehrenzweig, System[2] II/2, 244). Der Auffassung des Rekursgerichtes, daß nur für die erste Ehe, nicht auch für nachfolgende Ehen ein Anspruch auf Heiratsgut besteht, ist daher nur mit Einschränkungen beizupflichten. Der Dotationsberechtigte hat grundsätzlich nur einmal Anspruch auf Bestellung eines Heiratsgutes. Wird der mit der ersten Eheschließung fällig gewordene Anspruch durch Leistung eines angemessenen Heiratsgutes erfüllt, erlischt er. Es steht dann im Falle der weiteren Eheschließung nach Auflösung der ersten Ehe kein Anspruch mehr zu. Ist der Anspruch aber weder durch Erfüllung noch durch Verzicht erloschen, kann er auch nach Eingehung einer weiteren Ehe geltend gemacht werden (Ehrenzweig aaO 247; Weiß aaO 733). In diesem Fall kann nicht mehr davon gesprochen werden, daß der Zweck der Heiratsgutsbestellung nicht mehr erfüllt werden könnte. Hat der Dotationsberechtigte bei der ersten Eheschließung nur ein unzureichendes Heiratsgut erhalten, kann er, außer bei wenigstens schlüssiger Zustimmung, dessen Ergänzung nicht nur während des Bestandes der ersten Ehe, sondern auch nach Eingehung einer weiteren Ehe verlangen (vgl. Weiß aaO). Maßgebend für die Beurteilung des Anspruchs ist aber im Falle der Nichteinforderung aus Anlaß der ersten Eheschließung die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt des Abschlusses der ersten Ehe (Ehrenzweig aaO; Weiß aaO; vgl. auch EFSlg. 38 520, 36 117, 36 119). Zu Unrecht hat daher das Rekursgericht (unter Berufung auf eine Entscheidung des LGZ Wien EFSlg. 38 521) den Anspruch der Antragstellerin mit der Begründung abgewiesen, daß ihre erste Ehe durch Scheidung aufgelöst worden sei und ihr für die nachfolgende Ehe kein Anspruch zustehe. Es erweist sich jedoch eine Rückverweisung der Rechtssache an die erste Instanz als notwendig, weil das Erstgericht bei der Sachverhaltsermittlung nicht auf den Zeitpunkt der ersten Eheschließung abstellte. Dieser Zeitpunkt ist aber im vorliegenden Fall für die Beurteilung der Leistungsfähigkeit des Antragsgegners maßgebend (EFSlg. 36 121, 33 727). Auf die Leistungsfähigkeit des Dotationspflichtigen zur Zeit der Geltendmachung des Anspruchs kommt es nur dann an, wenn sie geringer ist als im Zeitpunkt der Eheschließung (SZ 47/82; EFSlg. 33 727), was aber im vorliegenden Fall nicht einmal behauptet wurde.
Sofern nicht ausdrücklich eine Kostenersatzpflicht bestimmt ist, gilt im außerstreitigen Verfahren der Grundsatz, daß jeder Verfahrensbeteiligte seine Kosten selbst zu tragen hat (EvBl. 1953/358; Dolinar, Österr. Außerstreitverfahrensrecht, Allg. Teil 69).
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