European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2016:0260OS00017.15T.0316.000
Spruch:
Der Berufung wird nicht Folge gegeben.
Dem Beschuldigten fallen auch die Kosten des Berufungsverfahrens zur Last.
Gründe:
Mit dem angefochtenen Erkenntnis wurde Rechtsanwalt ***** des Disziplinarvergehens der Beeinträchtigung von Ehre und Ansehen des Standes (§ 1 Abs 1 zweiter Fall DSt) schuldig erkannt.
Demnach hat er in seinem Schreiben vom 12. Juni 2014 an *****, Rechtsanwalt in *****, die Behauptung aufgestellt: „Spätestens aus der Tatsache der ethnischen Herkunft von Makler und Käufer und aufgrund des gezeigten Verhaltens zwischen allen Beteiligten ‑ mit Ausnahme von meiner Mandantin ‑ besteht die Vermutung einer kollusiven Verhaltensabsicht. Erkennbar soll vorliegend versucht werden, zu Lasten meiner Mandantin im Nachhinein ein 'Körberlgeld' zu erlangen.“
Dagegen richtet sich die (keine Nichtigkeitsgründe bezeichnende) Berufung des Beschuldigten (vgl RIS‑Justiz RS0128656). Sie verfehlt ihr Ziel.
Rechtliche Beurteilung
1. Nach den Feststellungen zum Bedeutungsinhalt der inkriminierten Passage ist die Ausführung über die ethnische Herkunft als Angriff auf die Zugehörigkeit zu einer bestimmten Volksgruppe zu verstehen. Die Äußerung betreffend ein „Körberlgeld“ impliziere einen Betrugsvorwurf (ES 5). Die Berufung wegen Schuld (in der Bedeutung des § 464 Z 2 erster Fall StPO) lässt daran keine Zweifel aufkommen.
2. Die Berufung zeigt auch keine rechtliche Fehlbeurteilung des festgestellten Sachverhalts auf. Zwar ist der Rechtsanwalt nach § 9 Abs 1 zweiter Satz RAO befugt, „alles, was er nach dem Gesetz zur Vertretung seiner Partei für dienlich erachtet, unumwunden vorzubringen, ihre Angriffs- und Verteidigungsmittel in jeder Weise zu gebrauchen, welche seinem Auftrag, seinem Gewissen und den Gesetzen nicht widerstreiten“. Maßgebend ist angesichts der Wortwahl des Beschuldigten, ob er ein von Klienteninformation gedecktes, subjektiv für notwendig gehaltenes Verhalten gesetzt hat, das zur Rechtsdurchsetzung und Rechtsverteidigung erforderlich war, um objektiv der Sache dienlich zu sein. Der festgestellte Sachverhalt gibt aber keinen Hinweis darauf, dass unerlaubtes Zusammenwirken (im Sinn der vom Beschuldigten geäußerten „Vermutung einer kollusiven Verhaltensabsicht“) von Makler und Käufer gegeben war, um die Verkäuferin zu schädigen. Aus dem Kaufvertrag ergibt sich, dass die Verkäuferin keine Haftung für die in Diskussion befindliche Größe der verkauften Wohnungen trifft. Es war daher in keiner Weise für den Beschuldigten erforderlich, auf wenig aussichtsreiche Anspruchsschreiben der Käuferseite mit einem Angriff auf die Zugehörigkeit zu einer bestimmten Volksgruppe zu reagieren.
Nach ständiger Rechtsprechung werden die Grenzen des § 9 Abs 1 RAO und des Art 10 MRK überschritten, wenn sich der Rechtsanwalt unsachlicher und/oder erkennbar beleidigender Äußerungen bedient (zB VfSlg 15.586). Dies war den Feststellungen zufolge hier der Fall. Angemerkt sei auch, dass der Beschuldigte keine Äußerung im Wortüberschwang getätigt hat (VfSlg 19.117), sondern das Schreiben nach Überlegung in seiner Kanzlei verfasst und abgeschickt hat.
Der Beschuldigte hätte lediglich auf die Bestimmungen des Kaufvertrags verweisen müssen. Von einem Rechtsanwalt als qualifizierten Juristen kann erwartet werden, sich eines sachlichen und korrekten Tones zu bedienen und ausfällige und beleidigende Äußerungen, insbesondere auch im Zusammenhang mit einer Volksgruppe, zu vermeiden (RIS‑Justiz RS0055917, RS0055208, RS0117215).
3. Über den Beschuldigten hat der Disziplinarrat die Disziplinarstrafe des schriftlichen Verweises verhängt, somit die geringste mögliche Strafe (§ 16 DSt). Für eine Reduktion (vgl § 49 DSt aE) blieb daher kein Raum.
4. Der Berufung war demnach ein Erfolg zu versagen.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf § 54 Abs 5 DSt.
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