OGH 1Ob86/03h

OGH1Ob86/03h29.4.2003

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Schlosser als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Gerstenecker, Dr. Rohrer, Dr. Zechner und Univ. Doz. Dr. Bydlinski als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Parteien 1) Hildegard C*****, und 2) Alfred C*****, beide vertreten durch Dr. Josef Olischar und Mag. Martin Kratky, Rechtsanwälte in Wien, wider die beklagte Partei Edmund H***** Gesellschaft mbH, *****, vertreten durch Dr. Alois Eichinger, Rechtsanwalt in Wien, wegen Aufkündigung infolge außerordentlicher Revision der klagenden Parteien gegen das Urteil des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien als Berufungsgericht vom 15. Jänner 2003, GZ 40 R 355/02f-93, folgenden

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.

Text

Begründung

Das Erstgericht erklärte die auf § 30 Abs 2 Z 3 MRG gestützte Aufkündigung vom 24. 2. 1998 für wirksam und verpflichtete die beklagte Partei zur Räumung ihrer Geschäftsräume.

Das Berufungsgericht hob die Aufkündigung vom 24. 2. 1998 auf und wies das Räumungsbegehren ab.

Rechtliche Beurteilung

Die außerordentliche Revision ist unzulässig.

1. Die Revisionswerber gehen selbst davon aus, dass eine gerichtliche Aufkündigung wegen unleidlichen Verhaltens - auf diesen Kündigungsgrund gemäß § 30 Abs 2 Z 3 MRG konzentrieren sich die Rechtsmittelausführungen - aufzuheben ist, wenn der Mieter das als Kündigungsgrund geltend gemachte Verhalten nach Zustellung der Aufkündigung einstellt, weil eine solche Verhaltensänderung bei der Beurteilung des Gesamtverhaltens mitzuberücksichtigen ist und zur Klageabweisung führt, wenn die Wiederholung des bisherigen Verhaltens aufgrund einer Prognose mit hoher Wahrscheinlichkeit ausgeschlossen werden kann (siehe etwa 10 Ob 249/00s = MietSlg 52.395; 1 Ob 410/97v je mwN). Ob dies der Fall ist, hängt von den Umständen des Einzelfalls ab und wirft in der Regel keine erhebliche Rechtsfrage nach § 502 Abs 1 ZPO auf (9 Ob 129/02i; MietSlg 52.395).

2. Nach den getroffenen Feststellungen verursachte der Betrieb von Maschinen in der Putzerei und Wäscherei der beklagten Partei "in den Monaten rund um den Zeitpunkt der Zustellung der Aufkündigung" (26. 2. 1998) ein "gleichförmiges tieffrequentes Brummen". Ein Kalander bewirkte Vibrationen am Fußboden einer Wohnung. Überdies gab es - auch an Sonn- und Feiertagen - Lärmbeeinträchtigungen durch den Betrieb einer Wasch- und Trockenmaschine. In anderen Gebäudeteilen spürbare Vibrationen sind bei Inbetriebnahme eines neuen Wäscherei- oder Putzereigeräts nicht vorhersehbar und daher unvermeidlich. Eine Besserung ist allerdings durch nachfolgende Maßnahmen erzielbar. Die beklagte Partei brachte im gewerberechtlichen Bewilligungsverfahren am 26. 3. 1998 fertige Pläne für eine neue Be- und Entlüftungsanlage ein. Die Gewerbebehörde bewilligte in der Folge eine solche Änderung der Betriebsanlage mit Auflagen. In Erfüllung eines Auftrags der Berufungsbehörde aufgrund eines Rechtsmittels der Kläger und eines Mieters holte die beklagte Partei 1999 ein Gutachten über Möglichkeiten zur Vermeidung von Lärm und Vibrationen ein. Die vom Gutachter vorgeschlagenen Maßnahmen führte die beklagte Partei "irgendwann nach April 1999" durch. Seither verursacht deren Betriebsanlage weder Vibrationen noch Lärm in einem für andere Personen im Haus beeinträchtigenden Ausmaß.

3. Auf dem Boden der unter 1. referierten Rechtsprechung gelangte die zweite Instanz im Wesentlichen unter Berufung auf die zuvor wiedergegebenen Tatsachen zu einer den Prozessstandpunkt der beklagten Partei begünstigenden Prognose. Die Revisionswerber sind indes der Ansicht, dem Berufungsgericht sei dabei im Licht des Gesamtverhaltens der beklagten Partei eine krasse Fehlbeurteilung unterlaufen. Mit ihren weitwendigen Ausführungen, die der Erörterung des Verhaltens der Bestandnehmerin über viele Jahre dienen, gelingt es den Revisionswerbern jedoch nicht, eine krasse Fehlbeurteilung der streitentscheidenden Frage durch das Berufungsgericht aufzuzeigen. Die bloße Begründbarkeit einer gegenteiligen rechtlichen Wertung wirft noch keine erhebliche Rechtsfrage auf. Dabei ist im Wertungskontext vor allem von Bedeutung, dass die Betriebsanlage der beklagten Partei im Zeitpunkt der Zustellung der Aufkündigung wohl ein für andere Hausbewohner nicht zumutbares Maß an Lärm und Vibrationen verursachte, die beklagte Partei jedoch die im gewerbebehördlichen Verfahren angeordneten Maßnahmen zur Ausschaltung dieser Belästigungen durchführte, sodass andere Mieter nicht mehr durch Lärm und Vibrationen beeinträchtigt sind. Eine plausible - durch feststehende Tatsachen gestützte - Begründung, weshalb die Hintanhaltung der erörterten Beeinträchtigungen in Zukunft möglicherweise nicht gewährleistet sein werde und das Berufungsgericht gerade diese Frage gravierend unrichtig gelöst haben soll, ist nicht zu sehen, hat doch die beklagte Partei die von der Gewerbebehörde im Bescheid vom 7. 1. 2000 erteilten Auflagen - soweit handwerkliche Maßnahmen erforderlich waren - erfüllt. Da sie ferner "die gleichbleibende Wirksamkeit und Funktionsfähigkeit der Maschinenunterlagen und elastischen Zwischenstücke ... zumindest jährlich durch einen befugten Fachmann ... nachweislich überprüfen" lassen, die "Nachweise der Überprüfung ... in der Betriebsanlage zur Einsichtnahme durch Vertreter der Behörde" bereithalten und "im Falle der Verringerung der Wirksam- und Funktionsfähigkeit ... die Unterlagen oder Zwischenstücke" erneuern muss, ist mit hoher Wahrscheinlichkeit die Aufrechterhaltung des störungsfreien Zustands erwartbar, hat doch die beklagte Partei ein vitales Interesse daran, eine allfällige behördliche Betriebssperre im Fall der Nichterfüllung von Auflagen zu vermeiden.

4. Es liegen auch die gerügten Mängel des Berufungsverfahrens nicht vor. Die Rechtsrüge in der Berufung der beklagten Partei war - zumindest im streitentscheidenden Punkt (Prognose) - gesetzmäßig ausgeführt. Es ist auch nicht erkennbar, wodurch das Berufungsgericht vor dem Hintergrund der Erwägungen in der Entscheidung 1 Ob 41/99g (= SZ 72/75) den § 473a ZPO verletzt haben könnte.

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