European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2019:E125302
Rechtsgebiet: Zivilrecht
Spruch:
Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.
Begründung:
Rechtliche Beurteilung
Welchem Ehepartner Eheverfehlungen zur Last fallen und wie das beiderseitige Fehlverhalten zu gewichten ist, hängt stets von den konkreten Umständen ab und sind daher stets Fragen des Einzelfalls. Als solche begründen sie in aller Regel keine erhebliche Rechtsfrage (vgl RIS‑Justiz RS0119414 [T2]; RS0057325 [T5]). Dem Berufungsgericht, das die Ansicht des Erstgerichts bestätigte, wonach dem Beklagten das überwiegende Verschulden an der Zerrüttung der Ehe anzulasten sei, ist auch keine Fehlbeurteilung unterlaufen, die zur Wahrung der Rechtssicherheit einer Korrektur bedürfte (vgl 8 Ob 88/17z mwN):
1. Nach ständiger Rechtsprechung sind bei der Beurteilung des überwiegenden Verschuldens eines Ehegatten alle Umstände zu berücksichtigen und in ihrer Gesamtheit gegenüberzustellen (RS0057303). Der Ausspruch des überwiegenden Verschuldens eines Ehegatten hat nur dort zu erfolgen, wo der graduelle Unterschied der beidseitigen Verschuldensanteile augenscheinlich hervortritt (RS0057821). Dazu reicht es aber auch, wenn den anderen Ehegatten ein wesentlich geringeres Zerrüttungsverschulden trifft (vgl RS0057262). Insbesondere ist zu berücksichtigen, wer entscheidend dazu beigetragen hat, dass die Ehe unheilbar zerrüttet wurde (RS0056755).
2. Der Revisionswerber räumt selbst ein, dass Ehebruch zu den schwersten Eheverfehlungen gehört, weil der darin gelegene Treuebruch regelmäßig die Vertrauensgrundlagen der ehelichen Gemeinschaft tiefgreifend und nachhaltig erschüttert (7 Ob 180/16w; RS0056559 [T6]). Auch die Interesselosigkeit gegenüber den Belangen des Partners und ein Leben nur für die eigenen Interessen begründet eine schwere Eheverfehlung (8 Ob 111/18h mwN). Mit seinen Ausführungen, er sei eine außereheliche Beziehung erst eingegangen und habe einen separaten Freundes- und Bekanntenkreis, von dem er die Klägerin ungeachtet ihres Interesses ausschloss, erst aufgebaut, nachdem er mit deren Schwester in Streit geraten war, versucht er vergeblich seinen Beitrag für die Zerrüttung der Ehe durch den Verstoß gegen die Treuepflicht gering zu reden (vgl RS0056496). Dass seine Auseinandersetzung mit der Schwester der Klägerin letzterer nicht als Eheverfehlung angelastet werden kann, erkennt er ohnedies. Soweit er sich von ihr bei dieser Auseinandersetzung nicht ausreichend unterstützt gefühlt hat und wiederholt betont, sie sei ihm insgesamt gegenüber ihrer Familie, von der er sich nicht ausreichend wertgeschätzt fühlte, nicht entsprechend beigestanden, übersieht er, dass das Berufungsgericht der Klägerin insoweit ohnedies eine, wenn auch nicht schwerwiegende Verfehlung anlastete. Dass es in seiner Gewichtung des für die Zerrüttung maßgeblichen Gesamtverhaltens beider Ehegatten letztlich zum Ergebnis gelangte, dieser Umstand trete im Vergleich zu den dem Beklagten anzulastenden Eheverfehlungen so weit in den Hintergrund, dass von dessen überwiegendem Verschulden auszugehen sei, ist nicht zu beanstanden.
3. Warum die Differenzen im Zusammenhang mit einer – letztlich abgesagten – Urlaubsreise eine Eheverfehlung der Klägerin begründen sollten, legt der Revisionswerber nicht näher dar. Damit sind auch seine Ausführungen, sein Auszug aus dem gemeinsamen Schlafzimmer für die Dauer von mehr als einem Jahr sei– vergleichbar einem Auszug aus der Wohnung wegen Beschimpfungen oder Misshandlungen durch den anderenTeil – als Reaktionshandlung auf eine Eheverfehlung der Klägerin entschuldbar, nicht nachvollziehbar.
4. Eine unheilbare Ehezerrüttung ist dann anzunehmen, wenn die geistige, seelische und körperliche Gemeinschaft zwischen den Ehegatten und damit die Grundlage der Ehe objektiv und wenigstens bei einem Ehegatten auch subjektiv zu bestehen aufgehört hat (RS0056832 [T1]). Der Revisionswerber stellt den von den Vorinstanzen angenommenen Zeitpunkt der völligen Zerrüttung nicht in Frage. Das von ihm der Klägerin für die Zeit danach als Verfehlungen angelastete Verhalten ist für die Verschuldensabwägung aber ohne Bedeutung (RS0057338). Die im außerordentlichen Rechtsmittel zitierte Judikatur (gleichgestellt zu RS0056332) wäre nur dann heranzuziehen, wenn die nach Erhebung der Scheidungsklage gesetzten Verfehlungen noch einen Beitrag zur Zerrüttung leisten konnten, also die Zerrüttung noch nicht endgültig eingetreten war (vgl 2 Ob 31/11i).
5. Einer weiteren Begründung bedarf es nicht (§ 510 Abs 3 ZPO).
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