European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2021:E131698
Spruch:
Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.
Begründung:
Rechtliche Beurteilung
[1] 1. Der „hilfsweise“ geltend gemachte Revisionsgrund der Mangelhaftigkeit des Berufungsverfahrens wurde geprüft, er liegt nicht vor (§ 510 Abs 3 ZPO).
[2] 2.1. In ihrer Rechtsrüge argumentiert die Beklagte, dass der Schaden des Klägers, den er daraus ableitet, dass eine medizinisch gebotene „zeitnahe“ Koloskopieuntersuchung unterblieben ist, bei der sein Darmkarzinom früher erkannt und behandelt worden wäre, nicht von den ihr zuzurechnenden Ärzten verursacht worden sei, weil auch der vom Kläger etwa einen Monat nach Untersuchung im Krankenhaus der Beklagten konsultierte Nebenintervenient als niedergelassener Facharzt keine solche Abklärung empfohlen habe.
[3] 2.2. Ob es dieser tatsächlich unterließ, den Kläger auf die Notwendigkeit einer zeitnahen Darmkoloskopie hinzuweisen, konnte aber nicht festgestellt werden, sodass die Rechtsrüge insoweit nicht vom festgestellten Sachverhalt ausgeht und daher nicht gesetzmäßig ausgeführt ist (RIS‑Justiz RS0043603 [T2, T8]). Vor allem ist aber nicht nachvollziehbar, warum eine unrichtige Diagnose (auch) des Nebenintervenienten die Haftung der Beklagten für den ihr vorzuwerfenden Kunstfehler entfallen lassen soll. Hätte er den selben Diagnosefehler wie die Ärzte der Beklagten begangen, würde er mit dieser solidarisch für jene Schäden haften, die sich aus dem auch durch sein Fehlverhalten verzögerten Behandlungsbeginn ergäben (vgl nur RS0107081 zur solidarischen Haftung mehrerer fehlberatender Rechtsanwälte; im Ergebnis – aber eine Qualifikation als „Nebentäter“ annehmend – zustimmend Dullinger, JBl 1997, 245, Anmerkung zu 4 Ob 2319/96z; ebenso Reischauer in Rummel³ § 1302 ABGB Rz 13a, der dies als Fall der „addierten Kausalität“ ansieht; idS auch Kleewein, JBl 1998, 718, Anmerkung zu 6 Ob 345/97x).
[4] 3.1. Die Revisionswerberin behauptet ein Mitverschulden des Klägers, weil er die ihr zuzurechnenden Ärzte nicht von sich aus über von ihm wahrgenommene (fallweise) Blutungen aus dem Anus in Kenntnis gesetzt habe. Mit der eingehenden Begründung des Berufungsgerichts, wonach bereits die bekannten Symptome sowie vor allem das Ergebnis einer CT‑Untersuchung eine weitere Abklärung des (sich bei richtiger Diagnose ergebenden) Verdachts eines Darmkarzinoms durch Vornahme einer Koloskopieuntersuchung klar indiziert hätten, wohingegen der Kläger als medizinischer Laie nicht davon ausgehen musste, dass die gelegentlichen Blutungen –die auch auf ein „allfälliges Hämorrhoidenleiden“ zurückgeführt werden hätten können – mit seinen Abdominalbeschwerden in direktem Zusammenhang stehen, und es Sache der behandelnden Ärzte gewesen wäre, ihn zu einem solchen Symptom zu befragen, setzt sie sich jedoch nicht auseinander. Sie hält auch der (zutreffenden) Ansicht des Berufungsgerichts, der Mitverschuldenseinwand sei – in erster Instanz – nicht darauf gestützt worden, dass der Kläger den Ärzten nicht von sich aus über die fallweisen Blutungen berichtet habe, nichts entgegen (vgl RS0043171), sodass das Rechtsmittel insoweit keine erhebliche Rechtsfrage iSd § 502 Abs 1 ZPO aufzeigt.
[5] 3.2. Darin, dass sich der (bei der Untersuchung im Krankenhaus der Beklagten 57 Jahre alte) Kläger zuvor keiner routinemäßigen Darmvorsorgeuntersuchung unterzogen habe, obwohl „allgemein bekannt“ sei, dass nach dem 50. Lebensjahr ein erhöhtes Darmkrebsrisiko bestehe, und dass bei einer „Anfang 2016“ durchgeführten Darmkoloskopie das seit diesem Zeitpunkt bestehende Karzinom entdeckt worden wäre, kann eine Sorglosigkeit in eigenen Angelegenheiten schon deshalb nicht erkannt werden, weil der Kläger nach den erstinstanzlichen Feststellungen (auch schon vor 2016) mehrfach ärztlichen Rat wegen seiner Abdominalbeschwerden gesucht hatte. Warum er sich zusätzlich einer Vorsorgeuntersuchung unterziehen hätte sollen, ist nicht ersichtlich.
[6] 4. Einer weiteren Begründung bedarf es nicht (§ 510 Abs 3 ZPO).
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