European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2023:0010OB00071.23G.0627.000
Rechtsgebiet: Zivilrecht
Entscheidungsart: Zurückweisung mangels erheblicher Rechtsfrage
Spruch:
Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.
Begründung:
[1] Der damals 12 bzw 13 Jahre alte Kläger wurde von 1966 bis 1968 in einem von der Erstbeklagten betriebenen Internat vom Zweit- und vom Drittbeklagten, die dort als Erzieher tätig waren, regelmäßig in unterschiedlicher Weise – auch mit einem Ledergürtel – geschlagen. Dadurch erlitt er eine Wunde am Gesäß, die seither regelmäßig alle zwei Monate aufbricht.
[2] Gegen seine 2013 erhobene Schadenersatzklagewandten die Beklagten unter anderem Verjährung ein. Die Vorinstanzen folgten diesem Einwand und wiesen das Klagebegehren ab.
Rechtliche Beurteilung
[3] Die außerordentliche Revision des Klägers zeigt keine erhebliche Rechtsfrage auf:
[4] 1. Der Lauf der Verjährung war nach der zutreffenden Ansicht der Vorinstanzen nicht gehemmt.
[5] Nach den Feststellungen litt der Kläger von seiner Volljährigkeit im Jahr 1973 bis 2013 an keiner psychischen Störung, die das Potential gehabt hätte, seine Handlungsfähigkeit in Bezug auf das Geltendmachen von Ansprüchen oder das Erheben einer Klage aufzuheben. Die Vorinstanzen konnten auch nicht feststellen, dass er sich nicht an die Misshandlungen erinnern oder auf diese Erinnerungen nicht zurückgreifen konnte. Damit besteht von vornherein kein Grund für die Annahme einer Hemmung der Verjährung nach § 1494 ABGB (vgl RS0034652). Abgesehen davon fiele eine solche dissoziative Störung ohnehin nicht unter diese Bestimmung (1 Ob 258/15w).
[6] Mangels Hemmung der Verjährung waren Schadenersatzansprüche wegen der von 1966 bis Anfang September 1968 erfolgten Misshandlungen bei Einbringen des Verfahrenshilfeantrags am 13. 2. 2013 längst verjährt (§ 1489 ABGB).
[7] 2. Die Vorinstanzen haben auch zutreffend erkannt, dass die Beklagten nicht auf die Einrede der Verjährung verzichtet haben.
[8] In der Zusage, eine Schuld trotz Eintritts der Verjährung bezahlen zu wollen, wenn sie noch offen sein sollte, liegt zwar kein Anerkenntnis, wohl aber der Verzicht auf die Verjährungseinrede (RS0032401). Im Schreiben vom 24. 3. 2010, auf das sich der Kläger stützt, bestätigtedie Erstbeklagte allerdings nur, dass es in den 1960‑er Jahren „leider zu gelegentlichen Ohrfeigen gegenüber Schülern“ gekommen sei, und sie erklärte sich „trotz längst eingetretener zivilrechtlicher Verjährung“ zum Schadenersatz bereit, falls beim Kläger aufgrund einer Ohrfeige tatsächlich ein bleibender Hörschaden verursacht worden sei. Sie bestritt aber auch namens des Zweit- und des Drittbeklagten darüber hinausgehende Züchtigungen.
[9] Die Beurteilung des Berufungsgerichts, dass sich der Verzicht auf die Verjährungseinrede nur auf einen (nach den Feststellungen nicht vorliegenden) Hörschaden bezogen habe und die Beklagten hinsichtlich aller anderen Ansprüche nicht auf diesen Einwand verzichtet hätten, ist nach dem Wortlaut des Schreibens nicht korrekturbedürftig. Der Revisionswerber geht nicht von dessen Inhalt aus, wenn er behauptet, die Bereitschaft der Erstbeklagten zur Zahlung einer angemessenen Entschädigung habe sich auf alle seine Ansprüche bezogen.
[10] 3. Soweit der Kläger als Aktenwidrigkeit „Widersprüche zwischen Vorkommnissen im Prozess und [dem] Urteil“ behauptet, unternimmt er in Wahrheit den Versuch der im Revisionsverfahren unzulässigen Bekämpfung der Beweiswürdigung (RS0117019; vgl RS0043414 [T19]).
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