OGH 1Ob613/86

OGH1Ob613/863.9.1986

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Schragel als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Resch, Dr. Schubert, Dr. Hofmann und Dr. Schlosser als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Parteien 1.) Maximilian L***, Fabrikant, 2.) Herta L***, Hausfrau, beide Klagenfurt, Durchlaßstraße 52, beide vertreten durch Dr. Franz Zimmermann, Rechtsanwalt in Klagenfurt, wider die beklagte Partei Dr. Leonhard S***, Mittelschullehrer, Laxenburg, Leopold Figl-Straße 5, vertreten durch Dr. Michael Mülner und Dr. Günther Nowak, Rechtsanwälte in Klagenfurt, wegen Satzfreistellung (Streitwert S 450.000,-- s.A.), infolge Revision der klagenden Parteien gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgerichtes vom 10. März 1986, GZ. 14 R 303/85-18, womit infolge Berufung der beklagten Partei das Urteil des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien vom 6.August 1985, GZ. 37 Cg 60/84-13, abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die klagenden Parteien sind schuldig, der beklagten Partei die mit S 16.213,40 bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (hievon S 1.473,95 Umsatzsteuer) binnen 14 Tagen zu bezahlen.

Text

Entscheidungsgründe:

Mit Vertrag vom 27.Juni 1978 erwarben die Kläger von Antonia A*** aus dem Gutsbestand der EZ 43 KG Kraig die Grundstücke 1010/1, 1012/1 und 1014 um den Kaufpreis von S 450.000,--. Antonia A*** verpflichtete sich zur lastenfreien Übergabe dieser Grundstücke. Mit Bescheid der Grundverkehrskommission bei der Bezirkshauptmannschaft St.Veit an der Glan vom 27.März 1979 wurde dem Vertrag die grundverkehrsbehördliche Genehmigung erteilt. Mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft St.Veit an der Glan vom 29. August 1979, Zl.4596/1/1979-6, wurde dem Kaufvertrag hingegen gemäß § 3 Abs.2 Z 1 und Z 3 lit.a, b und c des Kärntner Wohnsiedlungsgesetzes, LGBl.1976/59, die Genehmigung versagt. Die Kärntner Landesregierung gab der gegen diesen Bescheid erhobenen Berufung der Antragsteller (Kläger dieses Verfahrens) mit Bescheid vom 3.April 1980, Zl.Ro-263/1/1980, nicht Folge. Mit Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 3.März 1983, B 248/80-10, wurde zu Recht erkannt, daß die Beschwerdeführer durch den Bescheid der Kärntner Landesregierung im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Gesetz auf Unversehrtheit des Eigentums verletzt wurden. Der angefochtene Bescheid der Kärntner Landesregierung wurde aufgehoben. Der Bescheid stütze sich auf Bestimmungen, die der Verfassungsgerichtshof mit Erkenntnis vom 9.Dezember 1982, G 47/81, 39/82 (VFSlg.9.580/1982), als verfassungswidrig aufgehoben habe und sei, da er sich auf keine andere gesetzliche Grundlage stützen könne, verfassungswidrig. Mit Bescheid vom 2.Mai 1983, Ro 345/1/1983, sprach die Kärntner Landesregierung dann aus, daß der Kaufvertrag vom 27.Juni 1978 keiner Genehmigung nach dem Kärntner Wohnsiedlungsgesetz, LGBl.1976/59, bedürfe.

Der Beklagte beabsichtigte (im Jahre 1982), einen Teil des Gutsbestandes der EZ 43 KG Kraig von Antonia A*** zu erwerben, doch konnte diese Absicht in der Folge nicht verwirklicht werden. Er zählte Antonia A*** Darlehen im Gesamtbetrag von über S 2 Mio. zu, die auf der Liegenschaft EZ 43 KG Kraig pfandrechtlich sichergestellt wurden.

Die Kläger begehren, den Beklagten schuldig zu erkennen, in die Löschung der ob der EZ 478 (früher EZ 43) KG Kraig unter COZ 2, 3, 5 und 6 zu seinen Gunsten einverleibten Pfandrechte einzuwilligen. Der Beklagte sei anläßlich der Verkaufsgespräche mit Antonia A*** ausdrücklich darauf hingewiesen worden, daß sie die Grundstücke 1010/1, 1012/1 und 1014 den Klägern verkauft und sich verpflichtet habe, sie lastenfrei zu übergeben.

Der Beklagte beantragte Abweisung des Klagebegehrens, weil er vom Verkauf der Grundstücke an die Kläger selbst erst mit dem Schreiben des Vertreters der Kläger vom 1.Juni 1983, somit nach Zuzählung des Darlehens an Antonia A*** und Erlangung bücherlicher Sicherheiten hiefür, Kenntnis erlangt habe.

Der Erstrichter gab dem Klagebegehren statt und stellte fest:

Anläßlich der Vertragsverhandlungen mit Antonia A*** sei dem Beklagten mitgeteilt worden, daß die in Rede stehenden Grundstücke an die Kläger veräußert worden seien und Antonia A*** sich zur lastenfreien Übergabe verpflichtet habe; der Kaufvertrag könne aber wegen verwaltungsbehördlicher Schwierigkeiten grundbücherlich nicht durchgeführt werden. Auch anläßlich der Ausfertigung der Pfandbestellungsurkunde durch den Notar Dr. Hermann Ehweiner sei der Beklagte auf diesen Sachverhalt hingewiesen worden. In rechtlicher Hinsicht führte der Erstrichter aus, der Beklagte habe die Pfandrechte nicht gutgläubig erworben, so daß das Klagebegehren auf Löschung gerechtfertigt sei.

Das Berufungsgericht übernahm die Tatsachenfeststellungen des angefochtenen Urteils, gab der Berufung des Beklagten Folge und änderte das erstgerichtliche Urteil dahin ab, daß es das Klagebegehren abwies. Es sprach aus, daß der Wert des Streitgegenstandes S 300.000,-- übersteigt. Der Erwerb eines dinglichen Rechtes verschaffe dem Berechtigten vor Verbücherung lediglich einen obligatorischen Anspruch. Dieser Anspruch sei gegen Eingriffe Dritter nur geschützt, wenn sich der Dritte eines arglistigen Verhaltens schuldig gemacht habe. Hieran fehle es im vorliegenden Fall. Der bloße Mangel des guten Glaubens, wie er hier erwiesen sei, stehe dem unanfechtbaren Rechtserwerb nicht entgegen.

Rechtliche Beurteilung

Der gegen das Urteil des Berufungsgerichtes erhobenen Revision der Kläger kommt Berechtigung nicht zu.

Die Ausführungen zum Revisionsgrund der Mangelhaftigkeit des Verfahrens erachtet der Oberste Gerichtshof nach Prüfung als nicht gegeben (§ 510 Abs.3 letzter Satz ZPO).

Gemäß den §§ 431, 440 ABGB ist für den derivativen Erwerb des Eigentums an Grundstücken unter Lebenden die Eintragung des Erwerbsgeschäftes in das Grundbuch erforderlich. Der Titel allein gibt kein dingliches Recht, sondern nur einen obligatorischen Anspruch (JB 186 aH; SZ 55/191; EvBl.1976/176; Ehrenzweig, System 2 I/2, 238; Gschnitzer, Österreichisches Sachenrecht 2 105; Koziol-Welser, Grundriß 7 II 66). Der von den Klägern mit Antonia A*** abgeschlossene Vertrag bedurfte im Zeitpunkt des Vertragsabschlusses einer in der Folge erteilten Bewilligung der Grundverkehrskommission und einer behördlichen Bewilligung nach dem Kärntner Wohnsiedlungsgesetz. Ein derartiger Vertrag ist unter der Suspensivbedingung abgeschlossen, daß die erforderliche behördliche Bewilligung in der Folge erteilt wird. Die Vertragspartner sind auch während des Schwebezustandes verpflichtet, alles zu tun und vorzukehren, was notwendig ist, um bei Eintritt der Bedingung das Rechtsgeschäft erfüllen zu können, und alles zu unterlassen, was die Erfüllung hindern kann (NZ 1982, 154; SZ 54/156; SZ 52/165; SZ 51/155 u.a.). Der noch nicht verbücherte Kaufvertrag gewährt dann ein (bedingtes) obligatorisches Recht. Eine vor bücherlicher Eintragung des vertragsmäßig erworbenen Rechtes gegen den bisherigen bücherlichen Berechtigten auf das Buchobjekt geführte Exekution wird jedoch durch den späteren Bucheintrag des Berechtigten nicht berührt, mag der Berechtigte auch schon vor der Einleitung der Exekution einen Titel zum Erwerb erlangt haben (JB 186 alt; ebenso in der neueren Rechtsprechung SZ 55/191; RZ 1980/26; EvBl.1969/206). Dies gilt, wie der Oberste Gerichtshof bereits ausgesprochen hat (SZ 10/82), auch für den Fall des Erwerbes eines vertraglichen Pfandrechtes. Der Pfandgläubiger ist gegen den Löschungsanspruch des außerbücherlichen Erwerbers nicht nur dann geschützt, wenn er im Vertrauen auf den Buchstand gehandelt hat, sondern auch in dem Fall, daß er von der Einräumung bücherlicher Rechte an einen Dritten Kenntnis hatte (SZ 10/82; SpR 59 alt; Ehrenzweig a.a.O. 242). Es ist heute allerdings weitgehend anerkannt, daß auch eine nur schuldrechtliche Beziehung zwischen zwei Personen gegen Eingriffe Dritter zu schützen ist. Dritte dürfen das Recht des Gläubigers auf obligationsmäßige Willensrichtung des Schuldners nicht beeinträchtigen. Ein gezieltes Einwirken auf den Willen des Schuldners, um ihn zum Vertragsbruch zu verleiten, oder ein arglistiges Zusammenwirken mit dem Vertragspartner bewußt zum Nachteil des Schuldners begründet eine Schadenersatzpflicht (SZ 55/170; JBl.1981, 535; SZ 50/24; JBl.1973, 524; SZ 49/75; SZ 41/45; Koziol, Beeinträchtigung fremder Forderungsrechte 152 ff, 174 ff; Bydlinski in Klang 2 IV/2, 117; Gschnitzer a.a.O. 105). Eine Verleitung zum Vertragsbruch oder ein arglistiges Vorgehen haben die Kläger nicht behauptet; auch sonst besteht, hiefür besonders wenn berücksichtigt wird, daß der Beklagte dahin informiert worden war, daß der Kaufvertrag mit der Klägerin wegen verwaltungsbehördlicher Schwierigkeiten nicht durchgeführt werden kann, kein Anhaltspunkt. Demzufolge erweist sich die Abweisung des Klagebegehrens als gerechtfertigt, so daß der Revision der Erfolg zu versagen ist.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 41 und 50 ZPO.

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