Spruch:
Das Bestandgeberpfandrecht erlischt, wenn der Masseverwalter mit dem Pfandrecht belastete Gegenstände vor ihrer pfandweisen Beschreibung selbst verkauft und aus den Bestandräumlichkeiten verbringen läßt; nur bei gerichtlicher Veräußerung der Sachen in der Wohnung des Bestandnehmers tritt auch ohne pfandweise Beschreibung an die Stelle des Pfandrechtes an den Sachen das Pfandrecht an der Forderung des Erstehers (Jud. 156 alt)
OGH 29. 6. 1983, 1 Ob 604/83 (OLG Linz 4 R 203/82; LG Salzburg 3 Cg 298/81)
Text
Mit Vertrag vom 13. 5. 1976 übergab die klagende Partei an die Firma M-Modelle Textilhandelsgesellschaft mbH, Salzburg, das Geschäftslokal Nr. 2 im Hause R-Straße 6 zur "Nutzung"; die zwischen 1. und 3. eines jeden Monates fällig werdende "Nutzungsgebühr" betrug bis 31. 3. 1981 26 451.54 S, ab 1. 4. 1981 27 561.54 S. Am 30. 4. 1981 bestand ein Mietzinsrückstand von 60 078.13 S. Am 8. 5. 1981 wurde über das Vermögen der Firma M-Modelle Textilhandelsgesellschaft mbH zu S 36/81 des Erstgerichtes der Konkurs eröffnet. In der Zeit vom 7. 7. bis 11. 7. 1981 erfolgte durch den Masseverwalter die konkursmäßige Verwertung von Einrichtungsgegenständen des Geschäftslokales, die einen Erlös von 34 735.76 S erbrachte. Es liefen Schätzungskosten in der Höhe von 1262.60 S auf. Die nicht verkauften Gegenstände wurden im August 1981 aus dem Geschäftslokal entfernt. Das Bestandverhältnis wurde Ende August 1981 beendet. Eine pfandweise Beschreibung wurde erst nach Beendigung des Mietverhältnisses und Räumung des Lokales durch die Firma M-Modelle Textilhandelsgesellschaft mbH am 19. 11. 1981 ergebnislos versucht.
Mit der am 29. 7. 1981 eingebrachten Klage begehrt die klagende Partei den Zuspruch des mit 3. 5. 1981 offenen Mietzinses von 87 639.67 S sA bei sonstiger Exekution auf die von der Firma M-Modelle Textilhandelsgesellschaft mbH in dem Geschäftslokal Nr. 2 im Hause Salzburg, R-Straße 6, eingebrachten Fahrnisse und Einrichtungsgegenstände einschließlich des sich aus diesen ergebenden Erlöses oder in die Konkursmasse nach den Bestimmungen der Konkursordnung.
Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab. Infolge der konkursmäßigen Verwertung der Einrichtungsgegenstände und Fahrnisse durch den Masseverwalter sei das Bestandgeberpfandrecht der klagenden Partei erloschen.
Das Berufungsgericht gab der Berufung der klagenden Partei nicht Folge. Das Bestandgeberpfandrecht der klagenden Partei sei mit der Entfernung der Gegenstände aus dem vermieteten Lokal erloschen. Der Erlös, der an die Stelle der verwerteten Gegenstände trete, verfalle nur dann dem gesetzlichen Pfandrecht des § 1101 ABGB, wenn er auch in das Bestandobjekt eingebracht werde oder der Vermieter sich im Fall des gerichtlichen Verkaufes sein Recht durch Anmeldung bei Gericht vorbehalten habe. Nur in diesen beiden Fällen komme das Surrogationsprinzip zur Anwendung, nicht aber allgemein bei jeder Veräußerung der Pfandsachen. Das Judikat 156 alt (= GlUNF 2364) sei nicht mehr anwendbar, weil sich die Rechtslage durch die III. Teilnovelle geändert habe.
Über Revision der klagenden Partei änderte der Oberste Gerichtshof die Urteile der Vorinstanzen dahin ab, daß der Beklagte schuldig erkannt wurde, der klagenden Partei den Betrag von 20 448.88 S samt 12% Zinsen seit 1. 6. 1981 binnen vierzehn Tagen zu bezahlen; das Mehrbegehren auf Zahlung weiterer 67 190.79 S sA blieb abgewiesen.
Rechtliche Beurteilung
Aus den Entscheidungsgründen:
Die Revision ist zulässig. Nach § 57 JN ist ua. bei Streitigkeiten, die nur ein Pfandrecht zum Gegenstand haben, der Streitwert der betriebenen Forderung gleichzusetzen, außer der Wert des Pfandgegenstandes ist geringer. Wie aber durch das Wort "nur" klargestellt ist, gilt dies lediglich dann, wenn mit der Klage ausschließlich im § 57 JN genannte Ansprüche geltend gemacht werden. Werden hingegen solche Ansprüche mit anderen verbunden, findet § 57 JN keine Anwendung. Eine Bewertung nach dieser Gesetzesstelle ist dann ausgeschlossen (Fasching I 357). Die klagende Partei verband eine Klage, mit der sie ein Pfandrecht (Absonderungsrecht) an Einrichtungsgegenständen oder deren Erlös geltend machte, mit einer Mietzinsforderung als Masseforderung (Bezahlung aus der Konkursmasse).
Zunächst führt die allseitige Prüfung der Rechtslage (SZ 52/137; SZ 52/108 uva.) zum Ergebnis, daß ein Teil der Klagsforderung als Masseforderung zu Recht besteht. Gemäß § 23 KO tritt der Masseverwalter kraft Gesetzes in die vom Gemeinschuldner als Bestandnehmer abgeschlossenen Bestandverträge ein (Bartsch - Pollak[3] I 282; Petschek - Reimer - Schiemer, Das österreichische Insolvenzrecht 275). Kraft Eintrittes des Masseverwalters in vom Gemeinschuldner abgeschlossene Bestandverträge sind die Bestandzinsforderungen für die Zeit nach der Konkurseröffnung Masseforderungen iS des § 46 Abs. 1 Z 3 KO (SZ 49/36; Bartsch - Pollak aaO 134; Petschek - Reimer - Schiemer aaO; vgl. Böhle - Stamschräder - Kilger, Konkursordnung[13] 234; Mentzel - Kuhn - Uhlenbruck, Konkursordnung[9] 498). Für die Abgrenzung, welcher Teil der Mietzinsforderung eine Konkursforderung und welcher Teil eine Masseforderung ist, ist nicht auf den Tag der Fälligkeit des Bestandzinses, sondern darauf abzustellen, an welchem Tag der Konkurs eröffnet wurde; ab diesem Tag ist der (aliquote) Bestandzins der laufenden Zinsperiode Masseforderung (SZ 49/36; JBl. 1936, 458; Bartsch - Pollak aaO 281; vgl. Mentzel - Kuhn - Uhlenbruck aaO 498). Der klagenden Partei steht daher als Masseforderung der aliquote Bestandzins ab 8. 5. 1981 für Mai 1981 in der Höhe von 20 448.88 S sA zu. Die Verurteilung des Masseverwalters zur Zahlung dieses Betrages hat ohne Einschränkung zu erfolgen (SZ 43/34).
Soweit die klagende Partei weiterhin die Ansicht aufrecht erhält, die beklagte Partei wäre zur Bezahlung der offenen Bestandzinsforderung bei sonstiger Exekution in die von der Gemeinschuldnerin in das Geschäftslokal eingebrachten Fahrnisse und Einrichtungsgegenstände zu verhalten, ist ihr nicht zu folgen. Die seinerzeit eingebrachten Gegenstände wurden entweder veräußert und offensichtlich den Käufern übergeben, die nicht verwerteten Gegenstände wurden vor Beendigung des Bestandverhältnisses und damit lange vor der fehlgeschlagenen pfandweisen Beschreibung aus dem Geschäftslokal entfernt. Selbst wenn in ersterem Fall die Käufer die Gegenstände mit den Pfandrechten belastet übernommen hätten, mangelte es der beklagten Partei an der Passivlegitimation. Die Pfandklage nach § 466 ABGB richtet sich gegen den jeweiligen Eigentümer der Pfandsache, der nicht zugleich persönlicher Schuldner ist (Klang[2] II 512 f., 514; Ehrenzweig[2] I/2, 514). Dies war im maßgeblichen Zeitpunkt aber die beklagte Partei nicht mehr. Sofern die klagende Partei aber auf die nicht näher bezeichneten, nicht verkauften, bis Ende August 1980 in den Bestandräumlichkeiten verbliebenen Gegenstände greifen will, ist ihr gesetzliches Pfandrecht erloschen. Nach § 1101 ABGB erlischt dieses unter anderem dann, wenn die Gegenstände vor ihrer pfandweisen Beschreibung aus dem Bestandgegenstand entfernt werden, es sei denn, daß dies infolge einer gerichtlichen Verfügung geschieht und der Vermieter binnen drei Tagen nach dem Vollzuge sein Recht bei Gericht anmeldet. Da eine pfandweise Beschreibung vor Verbringung der restlichen Gegenstände nicht vorgenommen wurde, ist ein allfälliges Absonderungsrecht der klagenden Partei an den Gegenständen bereits erloschen. Eine aus Anlaß des Konkurses vorgenommene Inventarisierung ersetzt nicht die über Antrag des Bestandgebers vorgenommene pfandweise Beschreibung.
Der klagenden Partei steht aber auch ein Absonderungsrecht am Erlös nicht zu. Werden mit einem gesetzlichen Pfandrecht des Vermieters belastete Sachen in der Wohnung des Bestandnehmers (RZ 1935, 58) gerichtlich veräußert, tritt eine Modifikation (Wandlung) des Pfandrechtes ein. Anstelle des Pfandrechtes an der Sache entsteht ein solches an der Forderung gegen den Ersteher (Käufer); soweit der Erlös dem Gericht übergeben wurde, bezieht sich das Pfandrecht auf die erlegte Geldsumme (Jud. 156 alt; 3 Ob 28/81; Klang[2] II 466; Bartsch - Pollak[3] aaO 553; Heller - Berger - Stix 1885; Ehrenzweig aaO 493). Der Erlös muß zwar nicht aus einer Zwangsversteigerung stammen, auch der bei einer anderweitigen Verwertung (Verkauf aus freier Hand; § 280 EO) erzielte und eingegangene Preis bleibt mit dem gesetzlichen Pfandrecht belastet (Jud. 156 alt). Es muß sich aber immer um einen gerichtlichen Verkauf handeln.
Diese Auffassung wurde im Judikat 156 alt damit begrundet, daß dann, wenn ein anderer Gläubiger, der an derselben Sache ein Pfandrecht erworben hat, zur Realisierung seines Pfandrechtes die Zwangsversteigerung beantragt, durch den Versteigerungsakt auch alle anderen an der der Versteigerung unterzogenen Sache begrundeten Pfandrechte, mithin auch das gesetzliche Pfandrecht des Vermieters, realisiert werden; die pfandweise Beschreibung wird durch das Exekutionsprotokoll ersetzt. Die Verwertung der zur Masse gehörigen Fahrnisse durch den Masseverwalter geschieht in zwei rechtlich verschiedenen Formen. Sie kann durch gerichtliche Veräußerung nach den Bestimmungen der §§ 119 f. KO erfolgen; eine solche ist nach § 120 Abs. 2 KO in der hier noch zur Anwendung gelangenden Fassung vor dem Insolvenzrechtsänderungsgesetz 1982, BGBl. 370, bei Bestehen von Absonderungsrechten grundsätzlich vorgeschrieben. Es handelt sich dabei um einen öffentlich-rechtlichen Übertragungsakt nach Maßgabe der modifizierten Vorschriften der Exekutionsordnung. Es ist aber auch nach § 115 KO die freie Verwertung des zur Konkursmasse gehörigen Vermögens möglich (Bartsch - Heil, Grundriß des Insolvenzrechts[4] Rdz. 304; Bartsch - Pollak aaO 538; Petschek - Reimer - Schiemer aaO 503). Nur im ersten Fall handelt es sich, wie schon die Überschrift des § 119 KO zeigt, um eine gerichtliche Veräußerung zur Realisierung von Pfandrechten, die eine Berücksichtigung des gesetzlichen Pfandrechtes des Bestandgebers ermöglicht und eine Modifikation des Pfandrechtes zur Folge hat. Bei freier Verwertung durch den Masseverwalter wird dieser hingegen nicht anders tätig als ein anderer Verfügungsberechtigter, der zur Abdeckung von Passiven Gegenstände verkauft, um aus dem Verkaufserlös Gläubiger zu befriedigen. Werden daher bei freiem Verkauf durch den Masseverwalter Gegenstände, auf denen ein Bestandgeberpfandrecht lastet, verkauft und vor der pfandweisen Beschreibung aus den Bestandräumlichkeiten verbracht, ist damit das Bestandgeberpfandrecht erloschen. Es soll dabei nicht übersehen werden, daß nach herrschender Auffassung der Konkurskommissär auch bei der Verteilung des Erlöses der außergerichtlichen Verwertung einer mit Absonderungsrechten belasteten Sondermasse die Verteilungsvorschriften der Exekutionsordnung zu beachten hat (EvBl. 1974/44; SZ 40/152; EvBl. 1968/199), also der Art der Verwertung kein besonderes Gewicht beigemessen wird. Es wurde auch ein Fortbestand des gesetzlichen Pfandrechtes des Vermieters durch Übergang auf den Erlös ohne pfandweise Beschreibung in einem Fall angenommen, als Fahrnisse aus den in Bestand genommen gewesenen Räumen eines Verstorbenen auf Grund eines verlassenschaftsgerichtlich bewilligten Übereinkommens zwischen dem Verlassenschaftskurator und dem Vermieter zwecks teilweiser Befriedigung der Pfandforderung des Vermieters weggebracht worden waren (MietSlg. 23 157). Im vorliegenden Fall wurden aber die in den in Bestand genommen gewesenen Räumen befindlichen Fahrnisse vom Masseverwalter nicht zur Realisierung oder Mitrealisierung von Pfandrechten, sondern als Teil der Masse verkauft und weggebracht. In einem solchen, erst nach längerer Untätigkeit des Bestandgebers nach Konkurseröffnung möglichen Fall ist die Stellung des Bestandgebers keine andere als dann, wenn ein Mieter selbst - oder im Falle des Konkurses der Masseverwalter - die eingebrachten Fahrnisse einfach aus dem Bestandgegenstand wegbrachte; es geht das Pfandrecht des Bestandgebers, wenn dieser die Sachen nicht zurückbehielt (§ 1101 Abs. 2 ABGB), unter.
Daß eine gerichtliche Veräußerung iS der §§ 119 f KO, bei der der Masseverwalter betreibender Gläubiger gewesen wäre, durchgeführt wurde, wurde weder behauptet noch festgestellt. Aus der im Verfahren vorgelegten Verkaufsabrechnung ergibt sich vielmehr, daß die Veräußerung im Rahmen eines freien Verkaufes durch den Masseverwalter stammt. Ist aber das Absonderungsrecht auch am Erlös erloschen, erfolgte die Abweisung dieses Teiles des Begehrens durch die Vorinstanzen zu Recht.
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