OGH 8Ob511/79

OGH8Ob511/7914.9.1979

SZ 52/137

Normen

ABGB §1012
ABGB §1478
ABGB §1486 Z1
Wohnungseigentumsgesetz 1975 §17
Wohnungseigentumsgesetz 1975 §19
ABGB §1012
ABGB §1478
ABGB §1486 Z1
Wohnungseigentumsgesetz 1975 §17
Wohnungseigentumsgesetz 1975 §19

 

Spruch:

Zum Begriff "sonstige Leistungen" in § 1486 Z. 1 ABGB Honorarforderungen sowie der Auslagenersatz für bevorschußte Betriebskosten des von den Wohnungseigentümern beauftragten Verwalters verjähren in drei Jahren. Für den Beginn der Verjährungsfrist ist bei aufrechtem Verwaltervertrag das Ende des vereinbarten (gesetzlichen, verkehrsüblichen) Abrechnungszeitraumes entscheidend

OGH 14. September 1979, 8 Ob 511/79 (OLG Wien 2 R 2033/78; HG Wien 29 Cg 504/77)

Text

Die Beklagte ist zu 18 500/104 040 Anteilen Miteigentümerin der Liegenschaft EZ 793 KG M, Haus in der M-G 20, mit denen das Wohnungseigentum an Werkstätten, Büroräumen und Mietwohnungen des zweiten Hintergebäudes verbunden sind.

Die Klägerin begehrt mit der am 16. Mai 1977 eingebrachten Klage Zahlung von 209 677.29 S an rückständigen Betriebskosten, öffentlichen Abgaben und Hausverwaltungshonoraren bis zum 31. Dezember 1976 und bringt hiezu vor, die Beklagte habe der Klägerin den Auftrag zur Verwaltung ihrer Liegenschaftsanteile unter Bedachtnahme auf die geltenden Richtlinien und Usancen für konzessionierte Hausverwalter erteilt. Sie habe den genannten Betrag bei Fälligkeit bezahlt und verlange von der Beklagten dessen Ersatz.

Die Beklagte anerkannte ab 1. Mai 1974 Beträge in Höhe von 110 613.92 S an Kapital und 7369.63 S an Umsatzsteuer, zusammen 117

983.55 S.

Nach Fällung eines Teilanerkenntnisurteiles über den Betrag von 117 983.55 S ist nur mehr ein Restbetrag von 91 693.74 S strittig.

Die Beklagte bestreitet die Höhe der restlichen Forderung und wendet Verjährung ein.

Das Erstgericht wies mit Endurteil das restliche Klagebegehren ab.

Das Berufungsgericht bestätigte das Urteil des Erstgerichtes. Die Untergerichte gingen von folgendem Sachverhalt aus: Bei dem restlichen Betrag handelt es sich um anteilige Grundsteuer, Müllabfuhr, Kanalgebühr, Stromkosten, Wassergebühren, Rauchfangkehrergebühren, Versicherungen, Schädlingsbekämpfung und Verwaltungshonorar für die Jahre 1967 bis Ende April 1974.

Zur Rechtsfrage führte das Erstgericht aus, es liege ein Bevollmächtigungsvertrag vor, weshalb § 1042 ABGB nicht heranzuziehen sei. Die geltend gemachten Ansprüche seien verjährt, da sie der dreijährigen Verjährungsfrist nach § 1486 Z. 1 und Z. 6 ABGB unterliegen.

Das Berufungsgericht führt aus, soweit es sich um die Teilforderung an Verwaltungshonorar handle, bestehe kein Zweifel, daß für sie die dreijährige Verjährungszeit nach § 1486 Z. 1 ABGB gelte. Zur Ausführung von "sonstigen Leistungen" im Sinne dieser Gesetzesstelle gehöre auch die Geschäftsbesorgung, zu der sich der Machthaber im Bevollmächtigungsvertrag verpflichtet. Die Leistungen der Klägerin seien auch in einem "geschäftlichen Betriebe" erbracht worden. Dieser Begriff sei weit auszulegen. Die Gewerbsmäßigkeit des geschäftlichen Betriebes sei nicht erforderlich. Was den auf Ersatz von Auslagen entfallenden Teil der Klagsforderung anlange, gelte dafür ebenfalls die dreijährige Verjährungszeit. Der von Sprung - König vertretenen gegenteiligen Auffassung, es sei darauf die dreißigjährige Verjährungsfrist anzuwenden, könne nicht gefolgt werden. Die Erwähnung der Forderungen auf Auslagenersatz im § 1486 Z. 5 und 6 spreche für die Anwendung der Verjährungsregeln für "Forderungen des täglichen Lebens" auch bei den Forderungen des Hausverwalters auf Ersatz seiner Auslagen. Lehre und Rechtsprechung hätten in allen vergleichbaren, nicht im § 1486 Z. 5 und 6 ABGB genannten Fällen, wie z. B. im Falle des Kommissionärs, des Spediteurs, des Geschäftsführers ohne Auftrag die Ansicht vertreten, daß Ansprüche auf Auslagenersatz der dreijährigen Verjährung unterliegen. Die Tätigkeit der Klägerin sei als "sonstiger geschäftlicher Betrieb" im Sinne des § 1486 Z. 1 ABGB zu qualifizieren. Da die restliche Klagsforderung aus einem länger als drei Jahre vor Klagseinbringung zurückliegenden Zeitraum resultiere, sei sie verjährt.

Der Oberste Gerichtshof gab der Revision der Klägerin Folge, hob die Urteile der Vorinstanzen auf und verwies die Rechtssache zur neuerlichen Verhandlung und Entscheidung an das Erstgericht zurück.

Rechtliche Beurteilung

Aus der Begründung:

Die Klägerin hält an der von Sprung - König vertretenen Auffassung fest, auf Grund des zwischen ihr und der Beklagten bestehenden Bevollmächtigungsvertrages habe sie nach § 1014 ABGB Anspruch auf Ersatz des zur Besorgung des Geschäftes notwendigen oder nützlichen Aufwandes. Dieser Anspruch unterliege der dreißigjährigen Verjährungsfrist nach § 1478 ABGB.

Aus Anlaß der gesetzmäßig ausgeführten Rechtsrüge ist bei der Prüfung der Verjährung zunächst auf die Frage der Verjährung der Honorarforderung einzugehen. Nach § 1486 Z. 1 ABGB verjähren in drei Jahren Forderungen für Lieferungen von Sachen oder Ausführung von Arbeiten oder sonstigen Leistungen in einem gewerblichen, kaufmännischen oder sonstigen Geschäftsbetriebe. Die Forderung, die nach dieser Gesetzesstelle der dreijährigen Verjährungsfrist unterworfen ist, muß daher das Entgelt für eine der im Gesetz aufgezählten Gegenleistungen darstellen. Zu den "sonstigen Leistungen" im Sinne dieser Gesetzesstelle gehören nach Lehre (vgl. Klang, Kommentar VI, 622; Ehrenzweig, System I/1, 312; Wehli, JBl. 1924, 36 ff.; Call, ÖJZ 1978, 169) und Rechtsprechung (EvBl. 1962/414) auch die Geschäftsbesorgung und die Ausführung von Aufträgen. So gilt nach der Rechtsprechung die dreijährige Verjährungsfrist des § 1486 Z. 1 ABGB für Provisionsansprüche der Banken für die Ausführung von Aufträgen ihrer Kunden (Rechtsprechung 1929/154), des Kommissionärs gegen den Kommitenten (ZBl. 1935/432) sowie für Honorarforderungen der Architekten (EvBl. 1971/20), der Finanz- und Wirtschaftsberater (HS 6147/26) und der Hausverwalter (MietSlg. 20 222).

Besorgt daher die Klägerin auf Grund des ihr von den Wohnungseigentümern, zu denen auch die Beklagte gehört, erteilten Verwaltungsauftrages die Verwaltung des Hauses, so beträgt die Verjährungsfrist für ihre Honorarforderungen gemäß § 1486 Z. 1 ABGB drei Jahre, da es sich um eine Forderung für eine Leistung in einem geschäftlichen Betrieb im Sinne des § 1486 Z. 1 ABGB handelt. Behauptungen, ob die Klägerin ihre Verwaltungstätigkeit auf Grund einer entsprechenden gewerberechtlichen Berechtigung (§ 263 und § 9 GewO) ausübt oder nicht, wurden nicht aufgestellt. Das Vorliegen einer den Vorschriften der Gewerbeordnung entsprechenden Berechtigung ist aber für die Anwendbarkeit der Bestimmungen des § 1486 Z. 1 ABGB nicht erforderlich (vgl. SZ 43/112).

Was die Verjährung der Ansprüche des Hausverwalters auf Auslagenersatz betrifft, so ist in der Lehre die Auffassung darüber, ob auch für sie die kurze dreijährige Verjährungsfrist des § 1486 ABGB oder die allgemeine dreißigjährige Verjährungsfrist nach § 1478 ABGB gilt, nicht einhellig. Sprung - König gelangen in JBl. 1977, 247 ff. zu dem Ergebnis, daß der Anspruch des Hausverwalters einer Wohnungseigentumsanlage auf Ersatz der zur Bestreitung der laufenden Betriebsausgaben bevorschußten Auslagen der allgemeinen Verjährungszeit von 30 Jahren unterliegen. Die zur Stützung ihrer Ansicht vorgetragenen Argumente vermögen jedoch nicht zu überzeugen. Ihre Ansicht widerstreitet der überwiegenden Lehre und Rechtsprechung. Es kann diesbezüglich auf die daran von Call a. a. O., 170 und Foglar - Deinhardstein, JBl. 1977, 506 ff., geübte Kritik verwiesen werden. In den erläuternden Bemerkungen der Regierungsvorlage (zu § 194 der III. Teilnovelle) wird zur Verkürzung der Verjährungszeit ausgeführt, daß die dreißigjährige Verjährungszeit für "Forderungen des gewöhnlichen Geschäftsverkehrs des täglichen Lebens" im Interesse der Rechtssicherheit abgekürzt werden müsse, weil man sich über solche Forderungen gewöhnlich Quittungen nicht geben lasse oder sie doch nicht durch 30 Jahre aufheben könne. Es handle sich hier durchschnittlich um Ausgaben, die aus dem laufenden Einkommen bestritten werden sollen, also gewissermaßen um Betriebsauslagen im Gegensatz zu Kapitalschulden (vgl. Wehli a. a. O., 36). Die darin zum Ausdruck kommende Absicht des Gesetzgebers spricht im hohen Maße dafür, auch auf den Anspruch des Hausverwalters auf Auslagenersatz für bevorschußte Betriebskosten die Verjährungsregel des § 1486 Z. 1 ABGB anzuwenden, da es sich dabei um immer wiederkehrende Auslagen handelt, die aus dem laufenden Einkommen des Mieters oder Wohnungseigentümers bestritten werden und diese sich Quittungen über die Bezahlung solcher Forderungen des täglichen Lebens, die aus dem schuldrechtlichen Auftragsverhältnis immer wieder entstehen, gewöhnlich nicht durch 30 Jahre aufheben können. In diesem Sinne hat die überwiegende Lehre (Stanzl in Klang IV/1, 848; Klan g, Kommentar VI, 622; Ehrenzweig, System I/1, 311 und 313; Wehli a. a. O., 37; Koziol - Welser, Grundriß 4. Aufl. I, 152; Foglar - Deinhardstein a. a. O., 506 ff.) und herrschende Rechtsprechung auch hinsichtlich der Ansprüche auf Ersatz der mit der Ausführung von Aufträgen oder von Geschäftsbesorgungen verbundenen Auslagen in den Fällen des § 1486 Z. 1 ABGB die Anwendung der dreijährigen Verjährungsfrist bejaht. Nach SZ 10/153 und SZ 20/103 unterliegt der Anspruch des Einkaufskommissionärs auf Ersatz des ausgelegten Kaufpreises, nach SZ 16/69 und MietSlg. 5518 der Aufwandersatzanspruch wegen Geschäftsführung ohne Auftrag, wenn diese in einem gewerblichen, kaufmännischen oder sonstigen geschäftlichen Betrieb erfolgt, nach MietSlg. 16 181 die Ersatzforderungen einer Bau-, Wohn- und Siedlungsgenossenschaft für Baunebenkosten und nach EvBl. 1962/414 der Anspruch des Hausverwalters auf Auslagenersatz der Verjährung nach § 1486 Z. 1 ABGB. Es ist daher der Ansicht des Berufungsgerichtes, das sich ausführlich mit allen diesen Erwägungen auseinandergesetzt hat, beizupflichten, daß auf die von der Klägerin geltend gemachten Ansprüche die dreijährige Verjährungsfrist anzuwenden ist.

Mit der Ablehnung der von der Klägerin vertretenen Auffassung, daß auf die Verjährung der geltend gemachten Forderung die dreißigjährige Verjährungsfrist anzuwenden sei, erlangt im vorliegenden Falle die Frage des Beginnes und des Ablaufes der Verjährungszeit rechtliche Bedeutung. Wenn auch die Klägerin - ausgehend von einer unrichtigen Rechtsansicht - diese Frage in ihrer Revision nicht releviert, ist mit Rücksicht auf die gesetzmäßig ausgeführte Rechtsrüge die rechtliche Beurteilung auch in dieser Richtung ohne Beschränkung auf die in der Revision geltend gemachten Gründe zu überprüfen (vgl. RZ 1969, 52; SZ 45/91; SZ 47/138; SZ 48/116 u. a.). Die Verjährung beginnt grundsätzlich mit dem Zeitpunkt zu laufen, zu dem der Geltendmachung des Anspruches kein rechtliches Hindernis, z. B. mangelnde Fälligkeit, mehr im Wege steht (vgl. Ehrenzweig a. a. O., 306; RZ 1967, 104). Im vorliegenden Falle geht es nicht um die Frage des Beginnes der Verjährungszeit bei Beendigung des Auftragsverhältnisses zur Hausverwaltung durch Widerruf oder Kündigung (vgl. MietSlg. 20/222), sondern des Beginnes der Verjährungszeit bei aufrechtem Auftragsverhältnis. Es lassen sich darauf nicht die in der Rechtsprechung für den Beginn der Verjährung des Anwaltshonorars entwickelten Grundsätze, die auf die Beendigung des Auftragsverhältnisses in einer bestimmten Rechtssache abstellen (vgl. Sz 39/211 u. a.), anwenden. Bei der Rechtsbeziehung zwischen Hausverwalter und Wohnungseigentümer handelt es sich um einen Dauerauftrag, der den Verwalter zur Abrechnung in bestimmten Rechnungsperioden verpflichtet (vgl. Stanzl in Klang IV/1, 842; Call a. a. O., 207; Foglar - Deinhardstein a. a. O., 511). Entscheidendist für den Beginn der Verjährungsfrist das Ende des Abrechnungszeitraumes. Der Hausverwalter kann durch verspätete Rechnungslegung den Beginn der Verjährungszeit nicht hinausschieben (vgl. EvBl. 1971/119). Für den Beginn der Verjährungszeit sind daher in erster Linie die vereinbarten Rechnungsperioden (z. B. monatliche, vierteljährliche, halbjährliche, jährliche Abrechnungszeit) maßgebend. Bei Fehlen einer Vereinbarung kommt es mangels einer ausdrücklichen gesetzlichen Regelung für die im vorliegenden Falle in Betracht kommenden Zeiträume - die Bestimmungen des § 17 Abs. 2 Z. 1 WEG 1975 über die Abrechnung für ein Kalenderjahr kommen hier noch nicht zum Tragen - auf die Verkehrsübung an (vgl. SZ 38/44; EvBl. 1971/119). Die Frage des Beginnes und des Ablaufes der Verjährungsfrist läßt sich im vorliegenden Falle noch nicht abschließend beurteilen, zumal von der Beklagten insbesondere auch Verjährung hinsichtlich der Forderungen der Klägerin für den Teilzeitraum für das Jahr 1974 eingewendet wird und Behauptungen und Feststellungen über vereinbarte, allenfalls über der Verkehrsübung entsprechende Abrechnungsperioden sowie über die auf die einzelnen Abrechnungszeiträume entfallenden Verrechnungsbeträge fehlen. Das Erstgericht wird diese Fragen gemäß § 182 ZPO mit den Parteien zu erörtern, auf eine Vervollständigung des Vorbringens hinzuwirken und die erforderlichen Feststellungen zu treffen haben.

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