OGH 1Ob38/24f

OGH1Ob38/24f5.3.2024

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Dr. Musger als Vorsitzenden sowie die Hofräte und die Hofrätin Mag. Wurzer, Mag. Dr. Wurdinger, Mag. Wessely-Kristöfel und Dr. Parzmayr als weitere Richter in der Pflegschaftssache der Antragstellerin K*, geboren * 2003, *, vertreten durch Mag. Karlheinz Amann, Rechtsanwalt in Wien, gegen den Antragsgegner L*, geboren * 1965, *, vertreten durch Dr. Michael Zerobin, Rechtsanwalt in Wiener Neustadt, wegen Unterhalt (hier: wegen Abänderung gemäß § 73 AußStrG), über den „außerordentlichen“ Revisionsrekurs der Antragstellerin gegen den Beschluss des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien als Rekursgericht vom 29. Jänner 2024, GZ 48 R 15/24x-25, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2024:0010OB00038.24F.0305.000

Rechtsgebiet: Zivilrecht

Fachgebiet: Unterhaltsrecht inkl. UVG

 

Spruch:

Der Akt wird dem Erstgericht zurückgestellt.

 

Begründung:

[1] Die Antragstellerin ist die mittlerweile volljährige Tochter des Antragsgegners.

[2] Der Antragsgegner wurde in erster Instanz – aufgrund eines Antrags auf Erhöhung des laufenden monatlichen Unterhalts von 238 EUR um 374 EUR auf 612 EUR – mit Beschluss vom 4. 5. 2017 zu laufenden monatlichen Unterhaltszahlungen von 331 EUR ab 1. 9. 2014 verpflichtet. Aufgrund eines weiteren Antrags auf Erhöhung des laufenden monatlichen Unterhalts von 331 EUR um 219 EUR auf 550 EUR wurde der Antragsgegner mit Beschluss vom 8. 4. 2019 zu laufenden monatlichen Unterhaltsleistungen von 370 EUR ab 1. 10. 2018 verpflichtet. Gegen den ersten Beschluss vom 4. 5. 2017 erhob die Antragstellerin kein Rechtsmittel. Ihrem Rekurs gegen den zweiten Beschluss vom 8. 4. 2019, in dem sie einen weiteren monatlichen Unterhalt von 180 EUR anstrebte, wurde nicht Folge gegeben.

[3] Das Erstgericht wies den auf § 73 AußStrG gestützten Antrag der Antragstellerin auf Aufhebung der Beschlüsse vom 4. 5. 2017 und vom 8. 4. 2019 (gemeint offenkundig: nur im jeweils abweisenden Teil) ab.

[4] Das Rekursgericht bestätigte diese Entscheidung und ließ den Revisionsrekurs mangels erheblicher Rechtsfrage iSd § 62 Abs 1 AußStrG nicht zu.

[5] Dagegen richtet sich der „außerordentliche“ Revisionsrekurs der Antragstellerin, den das Erstgericht unmittelbar dem Obersten Gerichtshof vorlegte.

Rechtliche Beurteilung

[6] Diese Vorlage ist verfehlt:

[7] 1. Gemäß § 62 Abs 3 AußStrG ist der Revisionsrekurs jedenfalls unzulässig, wenn der Entscheidungsgegenstand an Geld oder Geldeswert insgesamt 30.000 EUR nicht übersteigt und das Rekursgericht den Revisionsrekurs für nicht zulässig erklärt hat (§ 59 Abs 1 Z 2 AußStrG). Unter diesen Voraussetzungen kann nur ein Antrag an das Rekursgericht nach § 63 Abs 1 und 2 AußStrG gestellt werden, den Zulässigkeitsausspruch dahin abzuändern, dass der Revisionsrekurs doch für zulässig erklärt werde; damit ist der ordentliche Revisionsrekurs zu verbinden.

[8] 2. Der Anspruch eines Kindes auf Unterhalt ist rein vermögensrechtlicher Natur iSd § 62 Abs 4 AußStrG (RS0007110 [T32]). Für die Berechnung des maßgebenden Entscheidungsgegenstands sind gesetzliche Unterhaltsansprüche gemäß § 58 Abs 1 JN mit der dreifachen Jahresleistung des strittigen Betrags zu bewerten (RS0103147 [T2]). Dabei ist regelmäßig auf den laufenden Unterhalt abzustellen (RS0103147 [T26, T29]).

[9] 3. Der Wert des Entscheidungsgegenstands im abzuändernden Verfahren ist grundsätzlich identisch mit dem Wert des Entscheidungsgegenstands im Abänderungsverfahren (RS0126208; RS0042445 [T8]). Richtet sich der Abänderungsantrag nur gegen einen Teil der Entscheidung im Hauptverfahren, ist Streitgegenstand des Abänderungsantrags nur dieser betroffene Teil (vgl RS0042409 [T6]). Wird – wie hier – die Abänderung einer Entscheidung begehrt, mit der eine Unterhaltserhöhung nicht zur Gänze gewährt wurde, kommt es für den Wert des Entscheidungsgegenstands auf das 36‑fache des nicht gewährten (Differenz-)Betrags an (vgl 1 Ob 15/15k zu einem Herabsetzungsbegehren des Unterhaltspflichtigen; dort zu bereits „abgelaufenen“ Unterhaltsperioden; gleiches muss für ein Erhöhungsbegehren des Unterhaltsberechtigten gelten). Der Wert des Streitgegenstands im Abänderungsverfahren kann jedenfalls nicht ein höherer als der des abzuändernden Verfahrens sein (RS0042409 [T8]).

[10] 4. Daraus folgt, dass die maßgebliche Wertgrenze des § 62 Abs 3 AußStrG im vorliegenden Fall nicht überschritten wurde. Der Revisionsrekurs wäre daher nicht dem Obersten Gerichtshof vorzulegen gewesen, sondern – auch wenn er als „außerordentlich“ bezeichnet wurde – dem Rekursgericht (RS0109623 [T10, T13]). Ob der Schriftsatz den Erfordernissen des § 63 Abs 1 AußStrG entspricht, bleibt der Beurteilung der Vorinstanzen vorbehalten (RS0109623 [T14]).

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