Spruch:
Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.
Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit 4.871,04 S (darin 811,84 S Umsatzsteuer) bestimmten Kosten des Rekursverfahrens binnen 14 Tagen zu ersetzen.
Text
Begründung
Im Sommer 1994 fand im Hotel der klagenden Partei ein Seminar eines näher bezeichneten Unternehmens statt, an dem als Hotelgäste und Mitarbeiter des Unternehmens der Beklagte und andere Mitarbeiter, darunter Theo H***** und Stefan V*****, teilnahmen. Eines späten Abends wollten einige Mitarbeiter nach einer Feier noch in dem - zu diesem Zeitpunkt mit einer Rollabdeckung aus Plastiklamellen (Plane) zugedeckten - im Freien liegenden Swimmingpool (Pool) baden. Die Plane wurde dabei beschädigt.
Die klagende Partei begehrte vom Beklagten mit ihrer am 7.Dezember 1995 erhobenen Klage im Verfahren AZ 2 C 1708/95 des Bezirksgerichts Saalfelden, dessen Wiederaufnahme sie nun begehrt, den Ersatz der Reparaturkosten der Plane von 50.544 S sA, weil der Beklagte in den durch die Plane zugedeckten Pool gesprungen sei und dabei die Plane beschädigt habe. Der Beklagte bestritt das Klagebegehren, weil er den Schaden nicht verursacht habe, und bot als Beweis zunächst nur seine Parteienvernehmung an. In der Tagsatzung zur mündlichen Streitverhandlung vom 23.Jänner 1996 sagte der Beklagte als Partei vernommen aus, er sei nicht in den Pool gesprungen, sondern lediglich hinzugekommen, als sich einige andere Mitarbeiter bereits im Wasser befunden hätten. Während zwei von der klagenden Partei namhaft gemachte Zeugen (Gerhard A***** und Hermann R*****) mangels eigener Wahrnehmungen nichts über die Beschädigung der Plane aussagen konnten, deponierte der letztgenannte Zeuge, er habe zwar den Beklagten nicht am Pool gesehen, sondern vier oder fünf andere Mitarbeiter, jedoch am nächsten Tag von diesen erfahren, daß auch der Beklagte in den Pool gesprungen sei. Der Beklagte und Theo H***** hätten ihm mitgeteilt, in der Lage gewesen zu sein, über das Wasser zu gehen. Der Zeuge habe auch beobachtet, wie Theo H***** die Plane bestiegen habe, hingegen sei der Beklagte zwar anwesend gewesen, jedoch nicht auf die Plane gestiegen. Nach der Vernehmung der beiden Zeugen beantragte der Beklagte noch die Einvernahme der Zeugen Stefan V***** und Theo H***** unter Bekanntgabe der bis heute gleichgebliebenen Anschriften in der Bundesrepublik Deutschland ua zum Beweis dafür, daß der Schaden nicht von ihm verursacht worden sei. Die klagende Partei sprach sich wegen Verspätung und rechtlicher Unerheblichkeit gegen diesen Beweisantrag aus. Das Bezirksgericht Saalfelden nahm diese Beweise nicht auf und wies mit Urteil vom 23.Jänner 1996 das Klagebegehren mangels bewiesener Schadensverursachung durch den Beklagten ab; das Landesgericht Salzburg als Berufungsgericht bestätigte mit Urteil vom 4.April 1996 das Ersturteil.
Daraufhin belangte die klagende Partei mit ihrer am 14.Juni 1996 erhobenen Mahnklage zu AZ 2 C 845/96a des Bezirksgerichts Saalfelden fünf weitere Vorfallsbeteiligte, Stefan V*****, Peter E*****, Theo H*****, Michael R***** und Josef K*****, auf Zahlung der Kosten der Instandsetzung der beschädigten Plane von 50.544 S. Stefan V***** und Theo H***** ließen sich in den Rechtsstreit nicht ein und wurden zum Vorfall im Rechtshilfeweg vor deutschen Amtsgerichten als Zeugen vernommen. Theo H***** sagte am 28.November 1996 aus, „federführend“ beim Vorfall sei der Beklagte gewesen, dieser habe ihn auf die Plane gestoßen bzw ins Wasser geworfen, der Beklagte sei die ganze Zeit hindurch mit im Pool gewesen. Nach der Zeugenaussage von Stefan V***** vom 18.November 1996 sei der Beklagte der erste gewesen, der hineingesprungen sei. Er sei über die Plane gelaufen und dabei mit einem Bein eingebrochen; dadurch sei das Loch in der Plane entstanden. Die Idee zum nächtlichen Schwimmen habe der Beklagte gehabt.
Die klagende Partei begehrte mit ihrer am 21.Oktober 1996 eingebrachten Klage die Wiederaufnahme des Verfahrens AZ 2 C 1708/95 des Bezirksgerichts Saalfelden mit der Begründung, Namen und Anschrift der übrigen Teilnehmer - gegen die zu AZ 2 C 845/96a des Bezirksgerichts Saalfelden gerichtlich vorgegangen werde - eruiert zu haben, womit sich die Angaben des Beklagten im wiederaufzunehmenden Verfahren als unrichtig erwiesen hätten. Peter E***** habe in seinem Einspruch ausgeführt, daß der Beklagte im Verfahren falsche Angaben gemacht habe und selbst der Schädiger gewesen sei. Josef K***** habe anläßlich der Verhandlungstagsatzung vom 16.Oktober 1996 als Partei ausgesagt, der Beklagte habe die Schäden an der Plane verursacht. Die klagende Partei sei erst nach Schluß der mündlichen Streitverhandlung in Kenntnis neuer Tatsachen und Beweismittel, nämlich der Namen und Anschriften der insgesamt sechs an der Beschädigung beteiligten Personen gelangt, nämlich durch eine Mitteilung seitens des Unternehmens vom 10.Mai 1996, weshalb der Wiederaufnahmsgrund des § 530 Abs 1 Z 7 ZPO vorliege. Die Klage sei rechtzeitig, weil die klagende Partei von den die Parteiaussage des Beklagten „diametral widerlegenden“ Beweismittel erstmals mit Zustellung des Einspruchs des Peter E***** am 24.September 1996 und durch die Parteiaussage des Josef K***** vom 16.Oktober 1996 Kenntnis erlangt habe.
Das Erstgericht wies nach mündlicher Verhandlung und Beweisaufnahme durch Verlesung der Aussagen der Zeugen Theo H***** und Stefan V***** im Verfahren AZ 2 C 845/96a des Bezirksgerichts Saalfelden die Wiederaufnahmeklage zurück, weil keine neuen Beweismittel vorlägen und das Verschulden der klagenden Partei evident sei. Schon in der Verhandlungstagsatzung im wiederaufzunehmenden Verfahren vom 23.Jänner 1996 habe der Beklagte die Einvernahme der gleichfalls am Vorfall beteiligten Zeugen Stefan V***** und Theo H***** unter Bekanntgabe der bis heute gleichgebliebenen Anschriften der Zeugen beantragt; die klagende Partei habe auf diesen Beweisantrag ablehnend reagiert, hätte indes damit zwei am Vorfall beteiligte Personen über dessen Verlauf und über die Verantwortlichkeit des Beklagten befragen können, damit die Beteiligung des Beklagten in Erfahrung gebracht und dem wiederaufzunehmenden Verfahren die entscheidende Wendung geben können. Bis dahin habe der Prozeßstandpunkt der klagenden Partei nicht bewiesen werden können, weil der Beklagte jegliche Beteiligung bestritten und der Zeuge Hermann R***** den Beklagten zwar vor Ort, nicht aber im Pool gesehen habe. Mit der Kenntnis von Vor- und Zunamen sowie exakter Anschrift der beiden vom Beklagten beantragten Zeugen wäre die klagende Partei schon damals objektiv in der Lage gewesen, ihren Prozeßstandpunkt zu beweisen. Freilich habe der Beklagte die Zeugen zum Beweise seines Vorbringens und gerade nicht als Unterstützung des Klagevorbringens namhaft gemacht, doch ändere dies nichts an der Tatsache, daß der klagenden Partei die den günstigeren Verfahrensausgang ermöglichenden Beweismittel bereits damals zur Verfügung gestanden wären. Es komme immer wieder vor, daß Zeugen und selbst die Partei Aussagen machten, die mit dem eigenen Vorbringen nicht in Einklang zu bringen seien oder gar im Widerspruch stünden. Somit könne nicht davon ausgegangen werden, daß die klagende Partei durch die von ihr beantragte Unterlassung der Einvernahme der Zeugen Theo H***** und Stefan V***** „außerstande gewesen“ sei, „für ihren Prozeßstandpunkt günstige Beweismittel vor Schluß der Verhandlung vorzulegen“.
Die Klage sei auch verspätet. Da die Beweismittel bereits am 23.Jänner 1996 zur Verfügung gestanden seien, sei die Notfrist von vier Wochen bei Einbringung der Wiederaufnahmsklage längst abgelaufen gewesen. Bis 8.Mai 1996 habe die klagende Partei überhaupt keine Nachforschungen angestellt oder wenigstens solche nicht behauptet. Aus dem Schreiben des Unternehmens vom 10.Mai 1996 gehe eine Adressenanfrage der klagenden Partei vom 8.Mai 1996 hervor. Diese sei allerdings in Ansehung der Zeugen Stefan V***** und Theo H***** sinnlos gewesen, weil deren Anschriften ohnehin vom Beklagtenvertreter anläßlich seines Beweisantrags detailliert genannt worden seien. Zur Vermeidung einer Fristversäumnis hätte die klagende Partei daher bereits unmittelbar nach Kenntnis der Zeugenanschriften weitere Nachforschungen zur Sachverhaltsklärung anstellen müssen, etwa durch ein an die Zeugen gerichtetes Schreiben mit dem Ersuchen um Schilderung der Vorfälle. Ein solches müsse zwar nicht beantwortet werden, doch habe die klagende Partei nicht einmal behauptet, in den Monaten nach Kenntnisnahme der Anschriften irgendwie tätig geworden zu sein. Der Wiederaufnahmegrund des § 530 Abs 1 Z 2 ZPO (falsche Zeugenaussage des Beklagten im Verfahren AZ 2 C 845/96a des Bezirksgerichts Saalfelden) komme angesichts des Fehlens neuer Beweismittel und der eingetretenen Verfristung nicht mehr zum Tragen.
Das Rekursgericht bestätigte den erstgerichtlichen Zurückweisungsbeschluß im wesentlichen aus dessen Gründen und sprach aus, der ordentliche Revisionsrekurs sei zulässig, weil zur Frage, ob die Frist des § 534 Abs 1 und Abs 2 Z 4 ZPO bereits ab dem Zeitpunkt zu laufen beginne, ab dem der Wiederaufnahmskläger bei zumutbarer Sorgfalt die Tatsachen bzw Beweismittel hätte benützen können, eine höchstgerichtliche Rechtsprechung fehle.
Rechtliche Beurteilung
Der Revisionsrekurs der klagenden Partei ist zulässig, aber nicht berechtigt.
Gemäß § 538 Abs 1 ZPO hat das Gericht vor Anberaumung einer Tagsatzung zur mündlichen Verhandlung (hier: über die Wiederaufnahmsklage) zu prüfen, ob die Klage auf einen der gesetzlichen Anfechtungsgründe (§§ 529 bis 531 ZPO) gestützt und in der gesetzlichen Frist erhoben worden ist. Mangelt es an einem dieser Erfordnisse oder ist die Klage wegen eines der im § 230 Abs 2 ZPO angeführten Gründe unzulässig, so ist sie als zur Bestimmung einer Tagsatzung für die mündliche Verhandlung ungeeignet zurückzuweisen. Diese Prüfung vereinigt in sich die Funktion der Zulässigkeitsprüfung nach § 230 ZPO mit Elementen der Vorprüfung im Rechtsmittelverfahren iSd § 471 ZPO (JBl 1993, 126 = EvBl 1992/77; 6 Ob 593/92, 6 Ob 558/94 ua; Fasching IV 540 und Lehrbuch2 Rz 2084).
Nach § 530 Abs 2 ZPO ist eine auf § 530 Abs 1 Z 7 ZPO (hier: behauptete Kenntnis neuer Beweismittel) gestützte Wiederaufnahmsklage nur dann zulässig, wenn die Partei ohne ihr Verschulden außerstande war, die neuen Beweismittel vor Schluß der mündlichen Verhandlung, auf welche das Urteil erster Instanz erging, geltend zu machen. Die Wiederaufnahmsklage ist nämlich nicht dazu bestimmt, von den Parteien begangene Fehler ihrer Prozeßführung zu beheben (JBl 1976, 439; SZ 59/14; 6 Ob 558/94 ua; Fasching, Lehrbuch2 Rz 2067). Ein Verschulden iSd § 530 Abs 2 ZPO liegt vor, wenn die Partei im Hauptprozeß bereitstehende Beweismittel nicht angebietet, ua Zeugen zu führen unterläßt, von denen sie voraussetzen mußte, daß ihnen die zu erweisenden Tatsachen bekannt sind (MietSlg 39.795; 2 Ob 674/87, 6 Ob 558/94 ua; RIS-Justiz RS0044619; Fasching IV 518 f) und damit die prozessuale Diligenzpflicht verletzt (Kodek in Rechberger, § 530 ZPO Rz 5 mwN). Soweit dies einer Prozeßpartei vorzuwerfen ist, bedeutet dies einen Verstoß gegen ihre prozessualen Pflichten; zur Nachholung dieses prozessualen Vorbringens kann ihr die Wiederaufnahme nicht bewilligt werden (6 Ob 698/83; 1 Ob 710, 711/88). Ob gleiches auch zu gelten hat, wenn sich die, die Wiederaufnahme des Verfahrens anstrebende Partei im Verfahren gegen die Vernehmung von unter Wahrheitspflicht stehenden Zeugen ausgesprochen hat, die von der Gegenseite zum gleichen Beweisthema (hier: Schädiger) geführt werden, wovon die Vorinstanzen und die Rechtsmittelwerberin ausgehen, kann auf sich beruhen. Denn die klagende Partei berief sich in ihrer Wiederaufnahmeklage nicht auf die ihren Prozeßstandpunkt im wiederaufzunehmenden Verfahren stützenden Aussagen der Zeugen Theo H***** und Stefan V*****, sondern auf das Prozeßvorbringen des Zeugen Peter E***** in seinem Einspruch gegen einen bedingten Zahlungsbefehl und die Parteiaussage des Josef K*****, beides in einem Folgeprozeß. Ein Verstoß gegen die prozessuale Diligenzpflicht kann aber auch darin bestehen, daß eine Partei nicht die ihr zumutbaren Erhebungen pflegt, um die zur Dartuung ihres Prozeßstandpunkts erforderlichen Zeugen auszuforschen. Im vorliegenden Fall hat die klagende Partei jedes Vorbringen in ihrer Wiederaufnahmeklage dazu unterlassen, weshalb ihr zwischen Sommer 1994 und dem 8.Mai 1996 (Schreiben an das Unternehmen) die Ausforschung der übrigen Beteiligten unmöglich gewesen wäre, zumal die klagende Partei einerseits seit der Tagsatzung vom 23.Jänner 1996 die Namen und Anschriften zweier am Vorfall Beteiligter (Zeugen Theo H***** und Stefan V*****) durch das Beweisanbot des Beklagten kannte, sie selbst hätte als Zeugen beantragen oder bei deren Vernehmung zu weiteren Beteiligten des Vorfalls hätte befragen können und andererseits das Unternehmen die Namen der Beteiligten auf die Anfrage der klagenden Partei ohnehin anstandslos bekanntgab. Daß der klagenden Partei die Bedeutung dieser Beweismittel ohne weiteres erkennbar war (6 Ob 2159/96k; RIS-Justiz RS0106894), ist evident.
Das Fehlen der Zulässigkeitsvoraussetzungen für eine Wiederaufnahmeklage einschließlich eines Verschuldens des Wiederaufnahmsklägers im dargestellten Sinn MietSlg 39.795; 1 Ob 512/92, 6 Ob 558/94 ist in jeder Lage des Verfahrens auch von Amts wegen wahrzunehmen (EvBl 1972/78; 1 Ob 512/92, 6 Ob 558/94 ua). Für das fehlende Verschulden ist der Wiederaufnahmskläger behauptungs- und beweispflichtig (1 Ob 512/92). Kommt der Wiederaufnahmekläger dieser Pflicht (schon in der Klage) nicht nach, so ist seine Klage gemäß § 538 Abs 1 ZPO durch Beschluß zurückzuweisen (EvBl 1972/78; 1 Ob 512/92, 8 Ob 565/92; Fasching IV 520 mwN). Im sogenannten Vorprüfungsverfahren ist in aller Regel nicht darüber zu entscheiden, ob der Wiederaufnahmekläger ohne sein Verschulden außerstande war, Beweismittel im Vorverfahren zu verwenden (SZ 51/165; EvBl 1992/77; 6 Ob 593/92 ua; RIS-Justiz RS0044639; Fasching IV 541); nur ausnahmsweise ist dies dann möglich, wenn die Klage - wie hier - jedwede Behauptung vermissen läßt, daß die Verwendung des als Wiederaufnahmegrund angeführten neuen Beweismittels im Vorverfahren ohne Verschulden unmöglich war (JBl 1979, 268; 6 Ob 593/92, 6 Ob 558/94 ua; Fasching IV 520). Die Zurückweisung der Klage auch erst nach mündlicher Verhandlung ist zufolge § 543 ZPO nicht unzulässig (vgl dazu auch Kodek aaO § 543 ZPO Rz 1 mwN).
Aus diesen Erwägungen kann dem Rechtsmittel kein Erfolg beschieden sein. Die Kostenentscheidung fußt auf den §§ 41 und 50 ZPO.
Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)