OGH 1Ob257/15y

OGH1Ob257/15y28.1.2016

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Hon.‑Prof. Dr. Sailer als Vorsitzenden sowie die Hofräte Univ.‑Prof. Dr. Bydlinski, Mag. Wurzer, Mag. Dr. Wurdinger und die Hofrätin Dr. Hofer‑Zeni‑Rennhofer als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei J***** P*****, vertreten durch die Dr. Heinz Häupl Rechtsanwalts GmbH, Nußdorf, gegen die beklagten Parteien 1. F***** A***** und 2. V***** A*****, beide *****, vertreten durch Dr. Longin Josef Kempf und Dr. Josef Maier, Rechtsanwälte in Peuerbach, wegen 6.667,64 EUR sA und Unterlassung (Streitwert 2.000 EUR) über den Revisionsrekurs der klagenden Partei gegen den Beschluss des Landesgerichts Wels als Rekursgericht vom 15. Oktober 2015, GZ 22 R 211/15h‑16, mit dem der Beschluss des Bezirksgerichts Grieskirchen vom 22. Juni 2015, GZ 2 C 737/14p‑11, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2016:0010OB00257.15Y.0128.000

 

Spruch:

Der Revisionsrekurs wird zurückgewiesen.

Die Antragsgegner haben die Kosten ihrer Revisionsrekursbeantwortung selbst zu tragen.

Begründung

Der Kläger und die Beklagten beziehen auf benachbarten, in ihrem jeweiligen Eigentum stehenden Liegenschaften Grundwasser zu landwirtschaftlichen Zwecken über artesische Brunnen.

Der Kläger begehrt im Rahmen seines Unterlassungsbegehrens das an die Beklagten zu richtende Verbot des Betriebs einer Unterwasserpumpe in ihrem Brunnen. Er brachte dazu im Wesentlichen vor, er betreibe aufgrund eines wasserrechtlichen Bescheids einen artesischen Brunnen auf seiner Liegenschaft; derzeit sei das Wiederverleihungsverfahren anhängig. Die Beklagten verfügten über eine wasserrechtliche Bewilligung für ihren Brunnen mit einer Entnahmemenge von 6 m 3 pro Tag. Seit einiger Zeit verwendeten sie eine nicht genehmigte Unterwasserpumpe und überschritten damit den wasserrechtlichen Konsens. Durch diese rechtswidrige Maßnahme sei eine klare Beeinflussung des Brunnens des Klägers in Form eines deutlichen Schüttungsrückgangs gegeben. Auf die von den Beklagten erhobene Einrede der Unzulässigkeit des Rechtswegs replizierte der Kläger, die Wasserrechtsbehörde habe aufgrund des Antrags der Beklagten auf Genehmigung des Betriebs der Unterwasserpumpe derzeit keine Möglichkeit, die Unterlassung des Betriebs zu fordern. „Daher“ sei für das Unterlassungsbegehren das Zivilgericht zuständig.

Die Beklagten wandten die Unzulässigkeit des Rechtswegs mit der Begründung ein, die vom Kläger zur Beurteilung herangetragene Frage, ob sie den Betrieb der Unterwasserpumpe zu unterlassen hätten, sei von der Verwaltungsbehörde im Rahmen des Wasserrechtsgesetzes zu klären. Im Übrigen sei eine Wasserknappheit beim Brunnen des Klägers nicht auf Maßnahmen der Beklagten zurückzuführen.

Das Erstgericht wies die Klage wegen Unzulässigkeit des Rechtswegs zurück. Der Kläger behaupte nicht, dass der Betrieb der Unterwasserpumpe eine Dienstbarkeit oder einen sonstigen Privatrechtstitel verletze, sondern vielmehr, dass die Beklagten den Umfang der bescheidmäßig bewilligten Wasserentnahme überschreiten würden. Derartige Streitigkeiten fielen in die Zuständigkeit der Wasserrechtsbehörde.

Das Rekursgericht bestätigte diese Entscheidung, sprach aus, dass der Wert des Entscheidungsgegenstands 5.000 EUR nicht aber 30.000 EUR übersteige und erklärte den ordentlichen Revisionsrekurs für zulässig. Der Kläger stütze seinen Unterlassungsanspruch nicht auf das bürgerliche Recht, sondern ausschließlich darauf, dass die Beklagten Wasserknappheit bei seinem ebenfalls einem wasserrechtlichen Konsens unterliegenden Brunnen verursacht hätten. Damit habe er aber Rechtsschutz für das ihm behördlich bewilligte Wasserbenutzungsrecht begehrt. Nach den Klagebehauptungen werde er durch die beanstandete Wasserentnahme nicht etwa als Eigentümer in seinen Rechten beeinträchtigt, sondern in seiner Eigenschaft als Wasserberechtigter. Er habe sich auf die ihm erteilte wasserrechtliche Bewilligung (bzw deren beantragte Wiederverleihung) berufen und leite demnach seinen Anspruch nicht aus seinem Privatrechtstitel, sondern aus dieser öffentlich‑rechtlichen Bewilligung ab. Der ordentliche Revisionsrekurs sei zulässig, weil noch keine Entscheidung des Obersten Gerichtshofs zur Frage existiere, ob auch dann, wenn ein Unterlassungsbegehren des Liegenschaftseigentümers auf einen Eingriff in sein behördlich bewilligtes Wasserbenutzungsrecht am Grundwasser, somit einem Privatgewässer, gestützt werde, der Rechtsweg unzulässig ist oder ob es sich dabei um eine der Abwehr von Änderungen der Wasserverhältnisse als Eingriff in das Eigentum dienende Negatorienklage handle, über die die ordentlichen Gerichte zu entscheiden haben.

Rechtliche Beurteilung

Der dagegen erhobene Revisionsrekurs des Klägers ist ‑ entgegen dem den Obersten Gerichtshof nicht bindenden Zulässigkeitsausspruch des Rekursgerichts ‑ mangels Erörterung einer im Sinn des § 528 Abs 1 ZPO erheblichen Rechtsfrage nicht zulässig.

Bei der Entscheidung über die Zulässigkeit des Rechtswegs sind der Wortlaut des Klagebegehrens und der Klagssachverhalt (die Klagebehauptungen) maßgebend; es kommt darauf an, ob nach dem Inhalt der Klage ein privatrechtlicher Anspruch erhoben wird, über den die ordentlichen Gerichte zu entscheiden haben (vgl nur RIS‑Justiz RS0045584, RS0045718, RS0045539). Auch in Angelegenheiten des Wasserrechts liegt eine gerichtliche Zuständigkeit nur vor, wenn der Kläger seinen Anspruch auf einen Privatrechtstitel stützt (RIS‑Justiz RS0045488; vgl RS0045985), nicht aber bei aufgrund des WRG entstandenen Wasser‑(benutzungs‑)rechten (RIS‑Justiz RS0045845).

Die Beurteilung, wie das jeweilige Klagevorbringen im Einzelfall zu verstehen ist und auf welchen Rechtstitel Ansprüche gestützt werden, begründet regelmäßig keine iSd § 528 Abs 1 ZPO erhebliche Rechtsfrage (RIS‑Justiz RS0042828; RS0113563), was auch für die davon abhängige Frage der Zulässigkeit des Rechtswegs gilt (RIS‑Justiz RS0045584 [T62]), sofern keine krasse Fehlbeurteilung vorliegt, die vom Obersten Gerichtshof zu korrigieren wäre.

Im vorliegenden Verfahren hat das Rekursgericht die Bezugnahme des Klägers darauf, dass er aufgrund eines Bescheids der Wasserrechtsbehörde einen artesischen Brunnen betreibt, dessen Ergiebigkeit durch Maßnahmen der Beklagten beeinträchtigt würde, den Schluss gezogen, dass er die behauptete Unterlassungsverpflichtung der Beklagten aus einem Eingriff in das ihm behördlich bewilligte Wasserbenutzungsrecht (vgl auch RIS‑Justiz RS0082215) ableitet. Warum darin eine erhebliche Fehlbeurteilung liegen sollte, vermag der Revisionsrekurswerber nicht zu erklären. Eine solche liegt umso weniger vor, wenn man berücksichtigt, dass das Recht eines Grundeigentümers, Grundwasser durch einen artesischen Brunnen zu fördern, gemäß § 10 Abs 3 WRG ausschließlich aus einer Bewilligung der Wasserrechtsbehörde nach Abs 2 leg cit, nicht aber etwa allein aus dem Grundeigentum abgeleitet werden kann (s auch 1 Ob 14/91 = RIS‑Justiz RS0010523).

Die erstmals im Rechtsmittelverfahren aufgestellte Behauptung, er habe (schon im Verfahren erster Instanz) „ausdrücklich und unmissverständlich“ die Beeinträchtigung seines artesischen Brunnens und damit des „eigenen Grundwassers“ geltend gemacht, ist im Übrigen schon deshalb unzutreffend, weil von einer Beeinträchtigung (etwa einer Verschmutzung) des Grundwassers auf der Liegenschaft des Klägers überhaupt nie die Rede war. Schwer verständlich ist auch, warum die Verursachung einer Wasserknappheit einen Eingriff in das „Eigentumsrecht der klagenden Partei an deren Brunnen und Grundwassernutzbarkeit“ darstellen sollte. Davon, dass die Beklagten die Substanz der Brunnenanlage beschädigen würden, war nie die Rede; was das Eigentumsrecht an der „Grundwassernutzbarkeit“ sein soll, wird nicht erklärt.

Einer weiteren Begründung bedarf es nicht (§ 510 Abs 3 iVm § 528a ZPO).

Für die Revisionsrekursbeantwortung gebührt kein Kostenersatz, weil sie mangels Hinweises auf die Unzulässigkeit des Rechtsmittels zur zweckentsprechenden Rechtsverteidigung im Sinne des § 78 Abs 2 AußStrG nicht erforderlich war.

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