Spruch:
Der Rekurs wird zurückgewiesen.
Die klagende Partei hat die Kosten des Rekursverfahrens selbst zu tragen.
Text
Begründung
Mehrheitsgesellschafter des klagenden Gratis-Anzeigenzeitungs-Unternehmens in der Rechtsform einer Kommanditgesellschaft ist die M***** Gesellschaft mbH & Co KG (im folgenden Hauptgesellschafterin). Der "(Allein)Geschäftsführer" der klagenden Partei vereinbarte im Zusammenhang mit einem am 3.Juli 1990 vom Vorstand der beklagten Partei „genehmigten“ Kontokorrentkredit über 6 Mio S mit dem zuständigen Angestellten der beklagten Bank einen Zinssatz von 9 % p.a., gebunden an die Sekundärmarktrendite (SMR), für die Dauer von zwei Jahren. Der von der Hauptgesellschafterin am 22.August 1990 der beklagten Partei erteilte Kreditauftrag, der klagenden Partei als Kreditnehmerin einen Betriebsmittelkredit in laufender Rechnung zu im einzelnen genannten Bedingungen einzuräumen, beruhte auf gebührenrechtlichen Erwägungen und diente in Wahrheit als Garantieerklärung. Aus den der klagenden Partei zugekommenen Kontoauszügen war der von der beklagten Partei tatsächlich verrechnete Zinssatz nicht ersichtlich. Der „Geschäftsführer“ der klagenden Partei remonstrierte mehrfach gegen die Richtigkeit der Kontoauszüge in bezug auf die Zinsenberechnung. Ein Angestellter der beklagten Partei versicherte ihm nach Rücksprache mit der Kreditabteilung, daß es sich bei der überhöhten Zinsenverrechnung um einen Irrtum handle und die Zinsenvereinbarung weiterhin Geltung habe. Im August 1992 wurde der zwischen den Streitteilen geschlossene Kreditvertrag verlängert und die Verrechnung eines fixen Zinssatzes von 9 % ab 22.August 1992 vereinbart. Da sich der „Geschäftsführer“ der klagenden Partei und die damit befaßte Filialleiterstellvertreterin der beklagten Partei letztlich über den Zinssatz nicht einigen konnten, wechselte die klagende Partei am 13.August 1993 zu einer anderen Bank. Die beklagte Partei verrechnete, bezogen auf die SMR, überhöhte Zinsen.
Das Erstgericht gab dem Klagebegehren auf Rückzahlung zuviel verrechneter und vom Konto der klagenden Partei abgebuchter Zinsen von insgesamt 293.034 S sA statt. Das Berufungsgericht sah sich außerstande, die Frage, ob und in welchem Umfang der klagenden Partei der an sich zustehende Rückforderungsanspruch nach § 1431 ABGB zustehe, wegen der nicht nachvollziehbaren Berechnung der Klagsforderung zu beurteilen, und hob deshalb das Ersturteil auf; die klagende Partei sei aufzufordern, entsprechendes Vorbringen zu erstatten. Es ließ den Rekurs gegen seinen Aufhebungsbeschluß gemäß § 519 Abs 1 Z 2 ZPO wegen einer - nach seiner Ansicht - im vorliegenden Fall zu lösenden Frage von erheblicher Bedeutung iSd § 502 Abs 1 ZPO (fehlende Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs zum Rückforderungsanspruch eines Bankkunden in bezug auf die von einer Bank überhöht berechneten Zinsen) zu.
Rechtliche Beurteilung
Der Rekurs der beklagten Partei ist mangels Vorliegens einer erheblichen Rechtsfrage nicht zulässig.
Soweit sich das Rechtsmittel, ausgehend von Hypothesen, vom festgestellten Sachverhalt entfernt, ist es nicht gesetzmäßig ausgeführt und entzieht sich damit einer meritorischen Behandlung durch den Obersten Gerichtshof.
a) Gegenstand des Klagebegehrens im Revisionsverfahrens ist ausschließlich die condictio indebiti. Gemäß § 1431 ABGB hat derjenige, der aus einem Irrtum eine Leistung erbringt, das Recht, Rückersatz zu begehren, wenn diese Leistung rechtsgrundlos war. Die Leistungskondiktion ist nicht nur für Teilleistungen zulässig (vgl EvBl 1974/62; Rummel in Rummel2 vor § 1431 ABGB Rz 20), sondern auch dann, wenn nur ein Teil einer Leistung rechtsgrundlos erfolgte. Die Tatsache allein, daß der Kondiktionskläger objektiv eine Nichtschuld - hier: Kreditzinsen über den vereinbarten Zinssatz hinaus - geleistet hat, reicht nicht aus, um den Kondiktionsanspruch zu begründen. Hiefür ist auch ein Tat- oder Rechtsirrtum als Begründung für die Leistung der Nichtschuld notwendig. Der Irrtum nach § 1431 ABGB unterscheidet sich insofern von dem nach § 871 ABGB, als keine der Qualifikationen nach dieser Gesetzesstelle erforderlich ist und selbst ein Rechtsirrtum ausdrücklich die Rückforderung nicht ausschließt (SZ 61/207; EvBl 1975/60 = MietSlg 26.212; SZ 52/170 = MietSlg 31.267; SZ 58/95 ua; Rummel in Rummel, ABGB2 § 1431 Rz 5; Honsell/Mader in Schwimann 2, § 1431 ABGB Rz 6 mwN). Hat der Leistende über das Bestehen der Schuld aus Fahrlässigkeit geirrt, so ist dies noch kein ausreichender Grund dafür, dem Empfänger gegen den Willen des Irrenden einen unentgeltlichen Vorteil zu belassen (ÖBA 1988, 86 = WBl 1987, 312 ua; RIS-Justiz RS0033607). Der Irrtum ist anspruchsbegründende Tatsache, deren Behauptung und im Bestreitungsfalle auch deren Beweis dem Kondiktionskläger obliegt (MietSlg 21.758; JBl 1976, 256; SZ 58/95 ua, zuletzt 3 Ob 505/95 = SZ 68/13; RIS-Justiz RS0033548; Rummel aaO § 1431 ABGB Rz 4; Wilburg in Klang 2 VI 462). Doch ist bei Zahlung einer Nichtschuld prima facie auf Grund einer praktischen Vermutung ein Irrtum anzunehmen, wenn nicht bestimmte Gründe dagegen sprechen (JBl 1976, 256; ÖBA 1988, 86; SZ 68/13; Rummel aaO § 1431 ABGB Rz 5; Honsell/Mader aaO § 1431 ABGB Rz 13; Wilburg aaO 463), kann doch ohne besonderen Grund nicht angenommen werden, daß jemand einem anderen ein Geschenk macht (SZ 58/95 ua; RIS-Justiz RS0033548; Wilburg aaO 463). Insgesamt hat der Kondiktionskläger - abgesehen von der hier nicht strittigen Erbringung der Leistung - zu beweisen, daß die Leistung zum Zweck der Erfüllung einer Schuld erfolgte, die in Wirklichkeit nicht bestand, und daß er sich bei der Leistung in einem Irrtum befand (7 Ob 18/95 = VersRdSch 1996, 107 mwN ua). Dieser Beweis wurde erbracht.
Die Kondiktion ist ausgeschlossen, wenn die Vermögensverschiebung durch einen zureichenden Rechtsgrund gedeckt ist (§ 1431 ABGB: „... Wozu er gegen den Leistenden kein Recht hat“). Wer also eine Leistung erbrachte, die er nicht schuldig war und die auch nicht den rechtsgeschäftlichen Zweck verfolgte, einen zwischen dem Gläubiger und dem den Bestand der Forderung bezweifelnden Schuldner bestehenden Streit endgültig zu erledigen, kann diese im Sinne der zitierten Gesetzeslage zurückfordern (ÖBA 1988, 86; 10 Ob 504/87 ua). Weil der Grund der Rückerstattung im Irrtum des Leistenden liegt, schließt § 1432 ABGB die Kondiktion aus, wenn der Zahlende bewußt eine Nichtschuld tilgen wollte. Bei bloßen Zweifeln über die Existenz der Verbindlichkeit ist, weil gemäß § 1432 ABGB nur das Wissen das Nichtbestehen der Verpflichtung die Rückforderung ausschließt, diese zulässig, wenn sich der Mangel des Grundes herausstellt, es sei denn, daß der Zahlende mit der Leistung zugleich die Schuld anerkennen (SZ 44/75 = JBl 1972, 51 = Arb 8871 = ZAS 1973/6; SZ 52/98; 10 Ob 504/87 ua; RIS-Justiz RS0033765; Wilburg aaO 456 f) und damit einen zwischen Gläubiger und Schuldner bestehenden Streit endgültig beilegen wollte. Will der Schuldner in einem solchen Fall vermeiden, daß die Zahlung in diesem Sinne ausgelegt wird, muß er bei der Zahlung einen entsprechenden Vorbehalt erklären; sonst ist eine Rückforderung unter Berufung auf § 1431 ABGB ausgeschlossen (SZ 44/75, SZ 58/95, je mwN ua, zuletzt 7 Ob 18/95; RIS-Justiz RS0033612). Die Rückforderung ist somit nicht mehr zulässig, wenn der Schuldner eine zweifelhafte Forderung zur endgültigen Erledigung eines mit dem Gläubiger bestehenden Streits bezahlt und die Zahlung aus der Sicht des Empfängers unter dem Gesichtspunkt des § 863 ABGB als zumindest schlüssiges Anerkenntnis verstanden werden durfte (SZ 44/75; 7 Ob 18/95 ua; Honsell/Mader aaO § 1431 ABGB Rz 7). Positive Kenntnis schadet indes selbst beim Fehlen eines Vorbehalts nicht, wenn die Leistung deshalb erbracht wird, weil das Nichtbestehen des Rechtsgrunds zunächst nicht bewiesen oder die tatsächliche Höhe der geschuldeten Forderung nicht sicher bestimmt werden kann (Honsell/Mader aaO § 1431 ABGB Rz 10, 11). Daß im vorliegenden Fall die klagende Partei durch ihre zwar nicht festgestellte, aber offenkundige Zahlung der aushaftenden Kreditsumme (offenbar mit Zinsen auch in vereinbarungswidrig überhöhtem Ausmaß) bei Beendigung des Kreditverhältnisses mit der beklagten Partei einen Streit bereinigen wollte, steht ebensowenig fest wie eine einvernehmliche Saldofeststellung der Streitteile.
Ob das von der beklagten Partei behauptete schlüssige Anerkenntnis durch die klagende Partei anzunehmen ist, stellt wegen seiner Einzelfallbezogenheit keine erhebliche Rechtsfrage iSd § 502 Abs 1 ZPO dar. Die zweite Instanz hat die maßgeblichen Grundsätze der Rechtsprechung richtig dargestellt; von einer auffallenden Fehlbeurteilung bei deren Anwendung auf den konkreten Fall (Irrtum des „Geschäftsführers“ der klagenden Partei über den Bestand der Kreditverbindlichkeit in Ansehung eines ihm unbekannten Teils der ihm vorgeschriebenen Gesamtzinsen) kann keine Rede sein, noch dazu als ein Angestellter der beklagten Partei dem Geschäftsführer der klagenden Partei gegenüber nach Rücksprache mit der Kreditabteilung versicherte, bei der überhöhten Zinsenverrechnung handle es sich um einen Irrtum und die Zinsenvereinbarung habe weiterhin Geltung.
Daß die dargestellten Grundsätze der Rechtsprechung zu § 1431 ABGB auch für die Rückforderung irrtümlich zuviel bezahlter Kreditzinsen durch den Kreditnehmer gelten, kann nicht fraglich sein, ist doch Leistung jede zweckgerichtete, bewußte Vermehrung fremden Vermögens (Rummel aaO vor § 1431 ABGB Rz 2; Honsell/Mader aaO, § 1431 ABGB Rz 14).
b) Nach den Feststellungen wurde das Kreditverhältnis zwischen den Streitteilen begründet, der zeitlich erst nach Abschluß des Kreditvertrags erteilte Kreditauftrag (vgl dazu Koziol in Avancini/Iro/Koziol, Österr. Bankvertragsrecht II Rz 3/38 ff) der Hauptgesellschafterin der klagenden Partei war ein aus gebührenrechtlichen Gründen gewähltes Sicherungsmittel und nimmt daher weder der klagenden Partei die Klagslegitimation, noch wurde damit der Inhalt des Kontokorrentkreditvertrags nachträglich geändert. Die Rückabwicklung einer fehlgeschlagenen Leistung ist nach herrschender Auffassung zwischen den Personen vorzunehmen, die nach dem angenommenen Schuldverhältnis oder der sonstigen Zweckvereinbarung Leistender und Leistungsempfänger sein sollten (SZ 58/19); die Leistungskondiktion steht somit dem Leistenden (hier der klagenden Kreditnehmerin) gegen den Empfänger (hier der beklagten Kreditgeberin) zu (Koziol/Welser, Grundriß10 I 427 mwN in FN 77 f).
Im fortgesetzten Verfahren ist nur mehr über die Höhe des Klagsanspruchs nach seiner vorherigen Präzisierung abzusprechen.
Die Kostenentscheidung fußt auf den §§ 40 und 50 ZPO. Der klagenden Partei sind Kosten für ihre Rekursbeantwortung nicht zuzuerkennen, weil sie keinen Antrag auf Zurückweisung des Rekurses stellte. Ihre Rekursbeantwortung diente somit nicht einer zweckentsprechenden Rechtsverfolgung.
Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)