OGH 1Ob215/10i

OGH1Ob215/10i25.1.2011

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten Dr. Sailer als Vorsitzenden und durch die Hofräte Dr. Bydlinski, Dr. Grohmann, Dr. E. Solé und Mag. Wurzer als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Parteien 1. Michael D*****, und 2. Astrid D*****, beide *****, vertreten durch Dr. Josef Dengg, Dr. Milan Vavrousek und Mag. Thomas Hölber, Rechtsanwälte in St. Johann im Pongau, gegen die beklagte Partei Gerhard R*****, vertreten durch Dr. Franz Linsinger, Rechtsanwalt in St. Johann im Pongau, wegen Unterlassung (Streitwert 7.200 EUR), über die Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Landesgerichts Salzburg vom 23. September 2010, GZ 53 R 171/10v-17, womit das Urteil des Bezirksgerichts St. Johann im Pongau vom 30. März 2010, GZ 2 C 1118/09m-13, abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die Revision wird zurückgewiesen.

Die beklagte Partei ist schuldig, den klagenden Parteien die mit 614,86 EUR (darin enthalten 102,48 EUR USt) bestimmten Kosten der Revisionsbeantwortung binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Begründung

Rechtliche Beurteilung

Entgegen dem - den Obersten Gerichtshof nicht bindenden (§ 508a Abs 1 ZPO) - Ausspruch des Berufungsgerichts hängt die Entscheidung nicht von der Lösung einer erheblichen Rechtsfrage iSd § 502 Abs 1 ZPO ab:

Wenn auch gemessene Servituten nicht über die durch den Erwerbstitel gezogene Grenze ausgedehnt werden dürfen, wäre es unzulässig, daraus den Umkehrschluss zu ziehen, dass gemessene Servituten auch keinesfalls eingeschränkt werden dürften (1 Ob 304/01i = SZ 2002/86). Nach der Judikatur des Obersten Gerichtshofs können vielmehr auch gemessene Servituten eingeschränkt werden, wobei allerdings in Anbetracht des durch die Vereinbarung klar manifesten Parteiwillens über die Servitut die Einschränkung nur bei nachträglicher wesentlicher Änderung der Umstände und klar überwiegender Interessenlage auf Seiten des Verpflichteten zulässig ist (RIS-Justiz RS0116522). Diese von den Kriterien der Interessenabwägung getragene Beurteilung ist stets von den Umständen des konkreten Einzelfalls in Verbindung mit der ebenfalls singulären Situierung des betroffenen Dienstbarkeitsrechts in der Natur abhängig und kann daher grundsätzlich zu keiner Verallgemeinerung und damit zur Beantwortung einer erheblichen Rechtsfrage iSd § 502 Abs 1 ZPO führen (7 Ob 224/04y).

Darüber hinaus hat sich nach der Judikatur des Obersten Gerichtshofs jeder Dienstbarkeitsberechtigte, unabhängig davon, ob es sich um eine gemessene oder ungemessene Servitut handelt, nur solche Einschränkungen gefallen zu lassen, die die Ausübung der Dienstbarkeit nicht ernstlich erschweren. Auch hier sind die widerstreitenden Interessen in ein billiges Verhältnis zu setzen (RIS-Justiz RS0011740).

Im vorliegenden Fall hat der Beklagte die den Klägern vereinbarungsgemäß insbesondere zum Umkehren mit Kraftfahrzeugen dienende Fläche eigenmächtig verkleinert, sodass ein Umkehren zwar grundsätzlich noch möglich ist, allerdings abhängig vom Fahrkönnen und der Einschätzung des Raumbedarfs mit ein- bis zweimaligem Reversieren verbunden sein kann. Nach den Verfahrensergebnissen hat der Beklagte, nachdem er nach dem Zubau einer weiteren Garage die strittige Fläche zum Abstellen seiner eigenen Fahrzeuge nicht mehr benötigte, auf diesem Teil der Umkehrfläche den Asphalt entfernt und an ihrem Rand eine Thujenhecke gesetzt. Ein sonstiges (berücksichtigungswürdiges) Interesse an der Verkleinerung der Umkehrfläche ist im Verfahren nicht hervorgekommen.

Durch die Verkleinerung der Umkehrfläche wurde die Ausübung der Dienstbarkeit durch die Berechtigten gegenüber der vertraglichen Vereinbarung erschwert. Ein konkretes Interesse an dieser Verkleinerung vermag der Beklagte auch in dritter Instanz nicht darzulegen. In der Beurteilung des Berufungsgerichts liegt daher weder ein Abweichen von der Judikatur des Obersten Gerichtshofs noch eine aufzugreifende Fehlentscheidung im Einzelfall, unabhängig davon, ob man die Servitut als gemessene oder ungemessene einstuft.

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 41 Abs 1, 50 Abs 1 ZPO. Da die Kläger in ihrer Revisionsbeantwortung auf die Unzulässigkeit des Rechtsmittels hingewiesen haben, diente ihr Schriftsatz zur zweckentsprechenden Rechtsverteidigung.

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