Spruch:
Der Revision wird Folge gegeben.
Die Urteile der Vorinstanzen werden aufgehoben; die Rechtssache wird zur ergänzenden Verhandlung und neuerlichen Entscheidung an das Erstgericht zurückverwiesen.
Die Kosten des Revisionsverfahrens sind weitere Verfahrenskosten.
Text
Begründung
Voranzustellen ist, dass die ursprünglich zweitbeklagte HandelsgesmbH aus dem Prozessrechtsverhältnis infolge einer 2004 getroffenen Ruhensvereinbarung ausgeschieden ist.
Die klagende Partei brachte vor, die ihr 1995 von den beklagten Parteien gelieferten Steuerungen für Hackgutfeuerungen seien funktionsuntüchtig gewesen, wodurch ihr ein Schaden von ATS 12,411.489,51 entstanden und ab 1995 ein Gewinn von ATS 12,606.000 entgangen sei. Das Erstgericht wies das Klagebegehren wegen Unschlüssigkeit der Klage ab. Nach Aufhebung dieser Entscheidung entzog das Erstgericht der klagenden Partei im fortgesetzten Verfahren mit Beschluss vom 28. 6. 2002 (ON 61) die Verfahrenshilfe. Dem dagegen von der klagenden Partei erhobenen Rekurs gab das Oberlandesgericht Linz mit Beschluss vom 24. 10. 2002 (ON 64) keine Folge. Dieser Beschluss wurde dem Geschäftsführer der klagenden Partei sowie dessen damaligem Verfahrenshelfer am 7. 11. 2002 zugestellt. Am 11. 12. 2002 teilte ein Mitarbeiter der Kanzlei des ehemaligen Verfahrenshelfers dem Richter auf dessen telefonische Anfrage hin mit, dass nunmehr ein anderer Rechtsanwalt den Akt „übernommen" habe. Dieser gab am 11. 12. 2002 die telefonische Auskunft, er müsse die Angelegenheit erst mit dem Geschäftsführer besprechen, dies werde noch einige Zeit in Anspruch nehmen, und erst dann werde über die weitere Vorgangsweise entschieden werden; er werde das Gericht davon verständigen. Der Richter kalendierte den Akt mehrfach. Am 13. 10. 2003 teilte dieser Rechtsanwalt mit, es seien noch immer nicht alle Unterlagen beigeschafft, er werde aber innerhalb eines Monats Bescheid geben, welche Anträge gestellt würden bzw wie weiter vorgegangen werde. Mit Eingabe vom 11. 11. 2003 (ON 68) zeigten die nunmehrigen Klagevertreter die Vollmachtserteilung an und gaben bekannt, dass Unterlagen „zusammengestellt" würden, um einen neuerlichen Antrag auf Bewilligung der Verfahrenshilfe einzubringen.
Die beklagte Partei stützte daraufhin den schon bisher erhobenen Einwand der Verjährung auch auf die nicht gehörige Fortsetzung der Klage. Dass die klagende Partei nach Eintritt der Rechtskraft des Beschlusses, mit welchem die Verfahrenshilfe entzogen wurde, länger als ein Jahr zugewartet habe, bis sie durch Bekanntgabe eines gewählten Rechtsvertreters den Willen zur Fortsetzung des Verfahrens angezeigt habe, stelle eine ungewöhnliche und beharrliche Nichtbetätigung dar, die zum Erlöschen der Klagsansprüche infolge Verjährung führe. Durch die rechtskräftige Entziehung der Verfahrenshilfe sei ein faktischer Stillstand des Verfahrens eingetreten, dessen Beendigung von einen Parteienantrag der klagenden Partei, nämlich der Bekanntgabe eines bevollmächtigten Rechtsvertreters, abhängig gewesen sei.
Die klagende Partei replizierte in der Tagsatzung zur mündlichen Streitverhandlung vom 14. 1. 2004, sie sei zu keinem Zeitpunkt säumig und auch nicht zu einem aktiven Handeln genötigt oder veranlasst gewesen. Weder ein auf ihre Untätigkeit zurückzuführendes Ruhen des Verfahrens noch ein ruhensähnlicher Zustand sei eingetreten. Aufgrund ihrer finanziellen Verhältnisse habe sie nicht ohne Weiteres einen neuen Rechtsvertreter finden können; im Hinblick auf den bisherigen Verfahrensgang habe sich eine tiefgreifende Erörterung der Rechtssache mit den nunmehrigen Klagevertretern als notwendig erwiesen. Darüber hinaus habe sie über einen längeren Zeitraum hinweg vom bisherigen Verfahrenshelfer bestimmte Urkunden nicht erhalten, die zur Weiterführung des Prozesses unbedingt notwendig gewesen wären.
Nach Anhörung des Klagevertreters tat das Erstgericht in der Tagsatzung vom 26. 4. 2004 seine (damalige) Rechtsansicht kund, der Einwand der nicht gehörigen Fortsetzung des Verfahrens komme nicht zum Tragen, das Verfahren sei fortzusetzen.
Mit Beschluss vom 29. 6. 2004 wies das Erstgericht einen (neuerlichen) Antrag der klagenden Partei auf Bewilligung der Verfahrenshilfe ab. Das Oberlandesgericht Linz gab dem gegen diese Entscheidung erhobenen Rekurs mit der Begründung keine Folge, die weitere Klagsführung erscheine wegen des von der beklagten Partei erhobenen Einwands der nicht gehörigen Fortsetzung der Klage offensichtlich aussichtslos. Zwar habe die Zustellung des Beschlusses, mit welchem die Entziehung der Verfahrenshilfe bestätigt wurde, nicht zu einer Unterbrechung des Verfahrens iSd § 160 ZPO geführt, infolge der vierjährigen Prozessdauer ohne Schlüssigstellung des Klagebegehrens und des zwölf-, wenn nicht gar vierzehnmonatigen Untätigbleibens der klagenden Partei bzw ihrer Rechtsvertreter sei der Verjährungseinwand aber nicht für verfehlt zu halten. Daraufhin wies das Erstgericht das Klagebegehren ab. Es verwies auf die Rekursentscheidung des Oberlandesgerichts Linz und führte aus, die klagende Partei sei nicht formell „gehalten" gewesen , eine Prozesshandlung vorzunehmen, um dem Prozessstillstand zu begegnen. Ihre etwa einjährige Untätigkeit habe sie aber ausschließlich mit in ihrer eigenen Sphäre liegenden Umständen begründet. Auch wenn anlässlich des Telefonats vom 11. 12. 2002 keine Verpflichtung zu einem bestimmten Handeln entstanden sei, wäre die klagende Partei zu einer früheren „substanziierten Prozesshandlung" verpflichtet gewesen, um die Verjährungsfolgen zu vermeiden.
Das Berufungsgericht bestätigte diese Entscheidung und sprach aus, dass die ordentliche Revision nicht zulässig sei. Zwar hätte das Verfahren jederzeit vom Erstgericht durch Anberaumung einer (weiteren) Tagsatzung fortgeführt werden können, ohne dass dazu ein Parteiantrag erforderlich gewesen wäre. Durch das Telefonat vom 11. 12. 2002 sei allerdings eine Änderung dieser Situation eingetreten, indem die nunmehrigen Klagevertreter bekannt gegeben hätten, nach Besprechung der Angelegenheit mit dem Geschäftsführer der klagenden Partei werde über die weitere Vorgangsweise (betreffend die Weiterverfolgung der Rechtssache) entschieden werden, und würden sie dann das Gericht „davon" (nämlich vom Inhalt der Entscheidung der klagenden Partei über die weitere Betreibung der Rechtssache) verständigen. Damit habe das Erstgericht davon ausgehen können, dass vor der angekündigten Verständigung kein Tätigwerden des Gerichts erwünscht sei; andererseits habe die klagende Partei nicht mehr erwarten können, dass das Erstgericht vor Erhalt der in Aussicht gestellten Verständigung amtswegig eine Tagsatzung anberaumen werde. Diese Prozesssituation sei einer solchen gleichzuhalten, bei welcher die klagende Partei zu einem Tätigwerden gehalten sei, um den Verfahrensstillstand zu beenden. Die rund zehn Monate andauernde Untätigkeit sowie die weitere Vorgangsweise der klagenden Partei stelle eine ungewöhnliche Untätigkeit dar, die gegenüber dem Gericht und dem Prozessgegner einen Wegfall des Interesses an einer weiteren Verfolgung des Prozessziels zum Ausdruck gebracht habe. Zudem habe die klagende Partei keine im Verhältnis zwischen den Parteien gelegenen, sondern ausschließlich ihre eigene Sphäre betreffende Gründe für ihre Untätigkeit vorgebracht.
Die gegen diese Entscheidung gerichtete Revision der klagenden Partei ist zulässig und berechtigt.
Rechtliche Beurteilung
Nach ständiger Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs ist nicht gehörige Fortsetzung iS des § 1497 ABGB anzunehmen, wenn die Untätigkeit des Klägers ungewöhnlich ist und er damit zum Ausdruck bringt, es sei ihm an der Erreichung des Prozesszieles nichts gelegen (RIS-Justiz RS0034765; 7 Ob 15/01h). Dabei ist nicht nur auf die Dauer der Untätigkeit, sondern vor allem auf die Gründe Bedacht zu nehmen, die im Verhältnis zwischen den Parteien gelegen sein müssen (RIS-Justiz RS0034849). Wenn sich - wie hier - die beklagte Partei auf Verjährung wegen nicht gehöriger Fortsetzung des Verfahrens beruft, ist es Aufgabe der klagenden Partei, beachtliche Gründe für ihre Untätigkeit und für die Nichtaufnahme und Nichtfortsetzung des Verfahrens vorzubringen und erforderlichenfalls auch unter Beweis zu stellen (RIS-Justiz RS0034704, RS0034805; M. Bydlinski in Rummel, ABGB³ Rz 10 zu § 1497; Mader in Schwimann, ABGB² Rz 25 zu § 1497). Von Amts wegen ist allerdings zu prüfen, ob die klagende Partei überhaupt gehalten war, eine Prozesshandlung vorzunehmen, um einem Verfahrensstillstand wirksam zu begegnen (SZ 41/85; EvBl 1974/196; 7 Ob 15/01h). Konnte oder musste sie eine Tätigkeit des Gerichts abwarten, kann aus ihrer Untätigkeit nicht ohne Weiteres der Schluss gezogen werden, es sei ihr an der Erreichung des Prozesszieles nichts (mehr) gelegen (RIS-Justiz RS0034755). In Fällen, in denen die Fortsetzung des Verfahrens dem Prozessgericht obliegt und daher der klagenden Partei nur vorgeworfen werden kann, die ausstehende Prozesshandlung beim säumigen Gericht nicht betrieben zu haben, ist stets ein großzügigerer Maßstab, sonst aber ein strengerer Maßstab anzulegen (RIS-Justiz RS0109334; 7 Ob 15/01h). Die Beurteilung, ob ein längeres Zuwarten mit der (Fortsetzung der) Verfolgung eines Anspruchs im Sinne des § 1497 ABGB noch hingenommen werden kann oder ob eine solche ungewöhnliche Untätigkeit vorliegt, aus der letztlich Verjährung angenommen werden muss, ist unter Berücksichtigung der Umstände des jeweiligen Falles zu beantworten (RIS-Justiz RS0034805; M. Bydlinski aaO).
In Anwendung dieser Grundsätze auf den vorliegenden Fall ergibt sich Folgendes:
Gem. § 68 Abs 4 ZPO unterbricht die Zustellung des Beschlusses, mit dem die Verfahrenshilfe entzogen wird, nur den Lauf der Frist zur Beantwortung der Klage bzw zur Erhebung von Rechtsmitteln bis zur Eintritt der Rechtskraft des Beschlusses. Entgegen den Ausführungen in der Revisionsbeantwortung ergeben sich keine darüber hinausgehenden Wirkungen, die einer Unterbrechung des Verfahrens gemäß § 160 ZPO gleichkommen könnten. Der Richter hat vielmehr von Amts wegen eine Verhandlungstagsatzung auszuschreiben und dazu - mangels einer Vollmachtsbekanntgabe - auch die unvertretene Partei (hier: deren Geschäftsführer) zu laden. Der klagenden Partei ist daher nur zur Last zu legen, dass sie die ausstehende Anberaumung einer Tagsatzung nicht betrieben hat. Die Telefonate führten keine Änderung dieser Situation herbei und vermochten keine Handlungspflicht der klagenden Partei zu begründen:
Dass die weitere Vorgangsweise „betreffend die Weiterverfolgung der Rechtssache" entschieden werden würde und der Rechtsanwalt das Gericht davon, „nämlich vom Inhalt der Entscheidung der Klägerin über die weitere Betreibung der Rechtssache" verständigen werde, ergibt sich nicht aus den Feststellungen. Dabei handelt es sich um ergänzende Annahmen des Berufungsgerichts, denen kein entsprechendes Tatsachensubstrat zu Grunde liegt. Den vorhandenen Feststellungen über die unbestimmt gehaltene Mitteilung des Rechtsanwalts, nach Besprechung der Angelegenheiten mit dem Geschäftsführer werde „über die weitere Vorgangsweise" entschieden werden, „davon werde er das Gericht verständigen", kann nur die Bedeutung zukommen, dass intern (zwischen Rechtsanwalt und Klienten) die weitere Prozessstrategie besprochen wird und vom Ergebnis dieser Besprechung das Gericht verständigt werde. Dass grundsätzlich über die „Weiterverfolgung" entschieden werde und eine etwaige Klagsrückziehung, ein außergerichtlicher Vergleichsabschluss mit der Gegenseite oder eine Ruhensvereinbarung im Raum stehen könnten, ergibt sich aus der Mitteilung des Anwalts hingegen nicht. Nur dann hätte das Erstgericht einerseits davon ausgehen dürfen, vor Eintreffen der angekündigten Verständigung sei ein Tätigwerden des Gerichts nicht erwünscht, und hätte andererseits die klagende Partei nicht mehr erwarten können, das Erstgericht werde von sich aus in absehbarer Zeit eine Verhandlung anberaumen. Überdies sind beide Telefonate vor dem Hintergrund zu sehen, dass dem Richter noch keine Bekanntgabe der Vollmacht eines Anwalts vorlag. Solange die klagende Partei aber ein amtswegiges weiteres Vorgehen des Gerichts erwarten durfte, ist ihr im Sinn des in einem derartigen Fall Platz greifenden großzügigen Beurteilungsmaßstabs während der verstrichenen zehn Monate die Unterlassung der Urgenz der Anberaumung einer mündlichen Streitverhandlung nicht als derartige Untätigkeit vorwerfbar, dass daraus ohne Weiteres der Schluss gezogen werden könnte, es sei ihr am Erreichen des Prozessziels nichts mehr gelegen gewesen. Dies führt zur Aufhebung der Urteile der Vorinstanzen und zur Zurückverweisung der Rechtssache an das Erstgericht zur weiteren Verhandlung und Entscheidung.
Der Kostenvorbehalt beruht auf § 52 Abs 1 ZPO.
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