European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2021:E130311
Rechtsgebiet: Zivilrecht
Spruch:
Der außerordentliche Revisionsrekurs wird mangels der Voraussetzungen des § 62 Abs 1 AußStrG zurückgewiesen.
Begründung:
[1] Gegenstand des Revisionsrekursverfahrens ist nur noch die von den Vorinstanzen der Frau auferlegte und vom Rekursgericht auf 30.000 EUR reduzierte Ausgleichszahlung. Die Frau bringt dagegen vor, die von ihr in die Ehe eingebrachte und später zur Hälfte dem Mann geschenkte Liegenschaft mit der darauf errichteten späteren Ehewohnung habe in der Zeit zwischen der Auflösung der ehelichen Lebensgemeinschaft und dem für die Bewertung maßgeblichen Stichtag nach den Feststellungen einen Wertverlust erlitten, was bei der Höhe der Ausgleichszahlung zu berücksichtigen sei, in dem die Hälfte des Wertverlustes dem Mann zugewiesen werde. Dazu beruft sie sich auf die Entscheidung des Obersten Gerichtshofs zu 4 Ob 208/01v.
Rechtliche Beurteilung
[2] 1.1 Oberster Grundsatz bei der Aufteilung des ehelichen Gebrauchsvermögens und der ehelichen Ersparnisse nach den §§ 81 ff EheG ist die Billigkeit (RIS‑Justiz RS0079235). Zweck der Anordnung einer Ausgleichszahlung ist es, ein individuell gerechtes Aufteilungsergebnis herbeizuführen (RS0114144). Dieser Anspruch ist kein der Aufteilung unterliegender Vermögensgegenstand, sondern ein Instrument, mit dem bei der realen Zuteilung (oder Belastung) des vorhandenen Vermögens verbleibende Unbilligkeiten ausgeglichen werden sollen (1 Ob 32/12f; 1 Ob 262/15h je mwN).
[3] 1.2 Bei der Ausmessung der Ausgleichszahlung ist ganz grundsätzlich eine strenge rechnerische Feststellung nicht erforderlich, vielmehr muss eine unter dem Gesichtspunkt der Billigkeit zu bemessende Pauschalzahlung festgesetzt werden (RS0057596). Eine vom Obersten Gerichtshof im Einzelfall aufzugreifende Überschreitung des dem Rekursgericht dabei eingeräumten Beurteilungsspielraums (RS0115637; RS0108755 [T1]) kann die Revisionsrekurswerberin nicht aufzeigen:
[4] 2.1 Die Vorinstanzen haben den Hälfteanteil an der Liegenschaft der Frau rückübertragen und ausdrücklich festgehalten, dass dem Mann dafür keine Ausgleichszahlung gebührt. Damit entspricht deren Entscheidung den in ständiger Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs vertretenen Grundsätzen, wonach bei (Liegenschafts-)Schenkungen zwischen Ehegatten der Wert der geschenkten Sache – soweit er nicht auf spätere Arbeitsleistungen oder Investitionen zurückzuführen ist – bei der Ermittlung des dem die Sache zurückfordernden Geschenkgeber aufzuerlegenden Ausgleichsbetrags nicht miteinzubeziehen ist (RS0113358). Dies führt in der Regel dazu, dass dem seinerzeit beschenkten Ehegatten für die Rückübertragung kein wertmäßiger Ausgleich zuzubilligen ist (RS0113358 [T4, T5]; RS0115775 [T2]). Bleibt aber der Wert der geschenkten Sache – auch im Fall der Übertragung eines Miteigentumsanteils vom Geschenknehmer auf den Geschenkgeber – schon grundsätzlich außer Betracht, verbietet sich der von der Frau im Ergebnis angestrebte (anteilige) Ausgleich des Wertverlusts durch den zur Rückübertragung verpflichteten Geschenknehmer. Gegenteiliges kann auch der Entscheidung zu 4 Ob 208/01v nicht entnommen werden, der gerade zugrunde lag, dass ein tatsächlich eingetretener Wertzuwachs in die Aufteilung einzubeziehen war. Besondere Umstände, dass der hier in Rede stehende Wertverlust der Liegenschaft gerade dem Mann zuzurechnen wäre, macht die Frau in ihrem Rechtsmittel auch nicht geltend. Hätte die Schenkung nicht stattgefunden, wäre der Wertverlust ebenso eingetreten und hätte (auch) dann die Frau alleine getroffen.
[5] 2.2 Bereits zu 1 Ob 97/19z hat der Fachsenat für den Fall der Übertragung einer Liegenschaft in das Alleineigentum eines Teils ausgesprochen, dass zur sich daraus (aus der Übertragung des Miteigentumsanteils) errechnenden Ausgleichszahlung noch die vom anderen Teil nach Auflösung der ehelichen Lebensgemeinschaft geleisteten Kreditzahlungen hinzuzurechnen sind, weil insoweit aus nach der Trennung erworbenen Mitteln in Gestalt der Verminderung der hypothekarischen Belastung ein Vermögensvorteil geschaffen wurde, der dem einen im Rahmen der Aufteilung nicht zusteht. Die Frau stellt in ihrem Rechtsmittel nicht in Frage, dass die nach Auflösung der ehelichen Gemeinschaft erfolgte Kredittilgung mit rund 30.000 EUR dem Mann zuzurechnen ist, was von den Vorinstanzen mit der Vereinbarung der Eheleute begründet worden war, nach der die Frau weiterhin die (an sich dem Mann zustehende) Familienbeihilfe beziehen und im „Gegenzug“ die Kreditraten für das Haus zurückzahlen sollte. Soweit sie die Berücksichtigung weiterer Kreditzahlungen von rund 5.000 EUR als Leistung des Mannes bezweifelt, weil sie ab einem bestimmten Zeitpunkt keine Familienbeihilfe mehr bezogen habe, übergeht sie die Begründung des Rekursgerichts, dass ihre gesamten Zahlungen von rund 27.000 EUR hinter der von ihr erhaltenen Familienbeihilfe von insgesamt 29.000 EUR zurückbleiben. Warum es auf den von ihr angesprochenen zeitlichen Aspekt ankommen soll, kann sie damit nicht darlegen. Es begegnet daher keinen Bedenken, wenn das Rekursgericht aus diesenErwägungen die Verpflichtung der Frau zur Leistung einer Ausgleichszahlung ableitete. Die gegenteilige Argumentation der Frau, die auf der unrichtigen Ansicht beruht, dass im Aufteilungsverfahren nur Zugewinne zu berücksichtigen seien, Schulden aber außer Betracht zu bleiben hätten (siehe nur § 81 Abs 1 zweiter Satz EheG), übersieht, dass ihr bei Übertragung des Hälfteanteils des Mannes dieser Wert durch die im selben Ausmaß verminderte Kreditbelastung zur Gänze zugutekommt.
[6] 3. Das Rekursgericht hat den Umstand, dass der Mann das Haus über einen längeren Zeitraum allein bewohnt und sich dadurch vor allem die Aufwendungen für eine Mietwohnung erspart hat im Rahmen seiner Billigkeitsentscheidung (vgl 1 Ob 158/12k) berücksichtigt und die Ausgleichszahlung mit nur 30.000 EUR festgesetzt. Dass es dabei seinen Beurteilungsspielraum überschritten hätte, vermag die Frau schon deshalb nicht aufzuzeigen, weil sie nicht berücksichtigt, dass der Mann das Haus nicht alleine, sondern gemeinsam mit den beiden Kindern der Streitteile bewohnte, sodass ihm der Wohnvorteil nicht alleine zugutegekommen ist (vgl 1 Ob 200/17v).
[7] 4. Einer weiteren Begründung bedarf es nicht (§ 71 Abs 3 AußStrG).
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