Spruch:
Die Revision wird zurückgewiesen.
Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit 744,43 EUR (darin enthalten 124,07 EUR USt) bestimmten Kosten der Revisionsbeantwortung binnen 14 Tagen zu ersetzen.
Text
Begründung
Die Klägerin leistete als Rechtsschutzversicherer an die in einem Vorverfahren obsiegenden Beklagten 4.956,43 EUR an Vertretungskosten und weitere 5.061,84 EUR an den Vertreter ihres Versicherungsnehmers. Sie begehrt den Ersatz dieser Beträge, weil ihr Versicherungsnehmer ohne das schuldhafte Verhalten eines Mitarbeiters des nunmehr Beklagten im Vorprozess nicht Kosten für eine Reparatur seines Motorrads geltend gemacht hätte, die tatsächlich auf einen Vorunfall zurückzuführen gewesen seien.
Das Berufungsgericht bestätigte das der Klage stattgebende Urteil des Erstgerichts und ließ die Revision über Antrag des Beklagten gemäß § 508 ZPO mit der Begründung zu, es sei nicht ausgeschlossen, dass die Höhe des Klageanspruchs nicht unter dem Gesichtspunkt der Schadensminderungspflicht, sondern unter dem Aspekt der Adäquanz zu prüfen sei.
Die Revision ist entgegen dem den Obersten Gerichtshof nicht bindenden Ausspruch des Berufungsgerichts (§ 508a Abs 1 ZPO) nicht zulässig.
Rechtliche Beurteilung
1. Die Klägerin macht einen auf sie im Wege der Legalzession nach § 67 Abs 1 VersVG übergegangenen Schadenersatzanspruch geltend. Diese Bestimmung erfasst auch Ansprüche auf Ersatz von Prozesskosten, die vom Rechtsschutzversicherer für den Versicherungsnehmer aufgewendet wurden (RIS‑Justiz RS0081342), und lässt die Rechtsnatur des übergegangenen Anspruchs unverändert (RIS‑Justiz RS0080594).
2. Der Beklagte vertritt die Ansicht, er habe für den Kostenschaden, der daraus resultiert, dass die auf Zahlung der von ihm dem Versicherungsnehmer der Klägerin für die Reparatur in Rechnung gestellten Kosten gerichtete Klage im Vorverfahren ‑ mit Ausnahme der damals der Höhe nach außer Streit gestellten unfallskausalen Spesen von 40 EUR ‑ abgewiesen wurde, nicht einzustehen. Das Vorweisen der falschen Motorradteile durch seinen Mitarbeiter bei der Schadensbegutachtung sei zwar pflichtwidrig gewesen. Der eingetretene Schaden stehe aber weder im Rechtswidrigkeitszusammenhang mit der Verletzung von vertraglichen Pflichten, noch sei er dadurch adäquat verursacht worden.
3. Anspruchsgrundlage für den vorliegenden Kostenregress ist der vom Versicherungsnehmer der Klägerin mit dem Beklagten über die Reparatur eines Motorrads abgeschlossene Werkvertrag. Nach herrschender Rechtsprechung führt zwar selbst die Schlechterfüllung eines Vertrags regelmäßig noch nicht zu einer Haftung für Prozesskosten aus einem Verfahren gegen einen Dritten (RIS‑Justiz RS0045850; RS0017850 [T11]), weil ein solcher Schaden im Allgemeinen außerhalb des Schutzzwecks des Vertrags bzw des Rechtswidrigkeitszusammenhangs (RIS‑Justiz RS0045850 [T4, T7]) liegt. Hingegen sind solche Prozesskosten nach neuerer Rechtsprechung durch die Schlechterfüllung adäquat verursacht (6 Ob 100/07k = RIS‑Justiz RS0045850 [T15]; zuletzt 1 Ob 96/13v; im gleichen Sinn 9 Ob 140/03h). Nur wenn ein Werkunternehmer über die Schlechterfüllung des Werkvertrags hinaus weitere Vertragspflichten verletzt und diese Pflichtverletzung für das Vorverfahren kausal ist, kann es zu einer Haftung des Regresspflichtigen für die Kosten des Vorprozesses kommen (1 Ob 218/04x = RdW 2005, 417 ua; RIS‑Justiz RS0045850 [T6]). Eine solche Haftung wird bei der Verletzung von vertraglichen Nebenpflichten bejaht (vgl 4 Ob 513, 514/95; RIS‑Justiz RS0045850 [T2]: Informationspflicht). Dabei ist anhand einer am konkreten Vertragszweck ausgerichteten individualisierenden Betrachtung zu prüfen, ob die verletzte Verpflichtung gerade den konkret geltend gemachten Schaden verhindern sollte (vgl RIS‑Justiz RS0017850). Wie weit der Schutzzweck eines singulären Vertrags geht, ist aber regelmäßig keine erhebliche Rechtsfrage (RIS‑Justiz RS0042761; vgl auch 1 Ob 96/13v).
4. Hier liegt zwar keine Schlechterfüllung des Werkvertrags vor. Die referierten Grundsätze haben aber auch für den vorliegenden Fall Geltung: Die Klägerin leitet den auf sie übergegangenen Schadenersatzanspruch aus dem Umstand ab, dass bei der außergerichtlichen Schadenserhebung Motorradteile vorgewiesen und begutachtet wurden, die aus einem Vorunfall stammten, was im Vorprozess zur Geltendmachung von Reparaturkosten geführt habe, die nicht dem der Klage zugrunde liegenden Unfallsgeschehen zuzuordnen gewesen seien. Dazu räumt der Revisionswerber selbst ein, dass das Vorweisen der falschen Motorradteile durch seinen Mitarbeiter eine schuldhafte Verletzung von vertraglichen Nebenpflichten begründet habe, und geht damit von einem Vertragsinhalt aus, der als Nebenpflicht die Wahrung der Interessen des Versicherungsnehmers der Klägerin im Zuge der Schadensabwicklung durch das Bereithalten der bei der Reparatur getauschten Teile des Motorrads für die erforderliche Begutachtung umfasst hat. Die damit übernommene Vertragspflicht dient der Sicherung von Beweisen und bezweckt die leichtere Verfolgung berechtigter Schadenersatzansprüche, weswegen der Schaden der daraus resultiert, dass eine auf der Begutachtung der falschen Fahrzeugteile basierende Klage abgewiesen wird, schon nach dem Standpunkt des Beklagten nicht außerhalb des Schutzzwecks des mit dem Versicherungsnehmer der Klägerin abgeschlossenen Werkvertrags liegt. Auch in der Bejahung der Adäquanz durch die Vorinstanzen kann bei dieser Sachlage keine im Einzellfall aufzugreifende Fehlbeurteilung erblickt werden (vgl dazu RIS‑Justiz RS0110361 [T4]).
5. Soweit sich der Beklagte darauf beruft, dass dem Versicherungsnehmer der Klägerin im Vorprozess keine Glaubwürdigkeit hinsichtlich des Unfallgeschehens beigemessen worden sei, worauf die Abweisung der Klage beruhe, geht er nicht vom festgestellten Sachverhalt aus (vgl dazu RIS‑Justiz RS0043312). Danach resultiert der überwiegende Prozessverlust einzig daraus, dass der dem Grunde nach ja erfolgreiche Versicherungsnehmer der Klägerin keinen Schadensnachweis erbringen konnte.
6. Gegen die Höhe des Klagebegehrens hat der Beklagte im Verfahren erster Instanz lediglich eingewendet, die vom Vertreter des Versicherungsnehmers der Klägerin im Vorverfahren verzeichneten Kosten für zwei Schriftsätze seien überhöht und zwei von diesem in die Kostennote aufgenommene Anträge seien zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung nicht notwendig gewesen. Die Klägerin begehrt aber ohnehin nicht den Ersatz der vollen vom Klagevertreter im Vorprozess verzeichneten Kosten, sondern macht einen um 1.276,59 EUR verminderten Betrag geltend, den sie dem Vertreter ihres Versicherungsnehmers ersetzt habe. Die aus den vom Beklagten bemängelten Positionen resultierende Reduktion der vom Vertreter des Versicherungsnehmers der Klägerin im Vorprozess verzeichneten Kosten findet in dieser Differenz leicht Deckung. Auch bedarf es aus diesem Grund keiner Erörterung der vom Berufungsgericht als erheblich erachteten Rechtsfrage, ob die Höhe der von der Klägerin dem Vertreter ihres Versicherungsnehmers vergüteten Kosten unter dem Blickwinkel der Adäquanz zu erörtern gewesen wären, oder ob die Zahlung allenfalls überhöht verrechneter Kosten einen Verstoß gegen die Schadensminderungspflicht begründe.
Einer weiteren Begründung bedarf dieser Beschluss nicht (§ 510 Abs 3 ZPO).
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 41 Abs 1 iVm 50 Abs 1 ZPO.
Die Klägerin hat auf die Unzulässigkeit der Revision hingewiesen, weswegen ihr der Beklagte die Kosten der Revisionsbeantwortung zu ersetzen hat.
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