OGH 1Ob156/05f

OGH1Ob156/05f18.10.2005

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Gerstenecker als Vorsitzenden sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Zechner, Univ. Doz. Dr Bydlinski, Dr. Fichtenau und Dr. Glawischnig als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Mag. Robert Igáli-Igálffy, Rechtsanwalt in Wien, als Masseverwalter im Konkurs über das Vermögen der A***** Gesellschaft m. b. H., *****, wider die beklagte Partei B*****, vertreten durch Dr. Gustav Teicht und Dr. Gerhard Jöchl Rechtsanwälte Kommandit-Partnerschaft in Wien, wegen 79.482,81 EUR sA, infolge Revision der beklagten Partei (Revisionsinteresse 63.367,01 EUR sA) gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht vom 30. März 2005, GZ 3 R 229/04z-19, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Landesgerichts Korneuburg vom 20. August 2004, GZ 6 Cg 149/03x-9, abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Revsion wird nicht Folge gegeben.

Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit 1.827,72 EUR (darin 304,62 EUR Umsatzsteuer) bestimmten Kosten der Revisionsbeantwortung binnen 14 Tagen zu zahlen.

Text

Entscheidungsgründe:

Mit Beschluss des Landesgerichts Korneuburg vom 4. 12. 2002 wurde über das Vermögen der nunmehrigen Gemeinschuldnerin - einer GmbH - der Konkurs eröffnet und der Kläger zum Masseverwalter bestellt. Die Gesellschaft leistete am 24. 1. 2002, 18. 2. 2002, 11. 6. 2002, 23. 8. 2002 und 8. 10. 2002 mehrere Zahlungen in unterschiedlicher Höhe (Zuschläge zum Lohn) im Gesamtbetrag von 78.450,89 EUR an die beklagte Partei. Damit beglich sie - abgesehen von 1.834,02 EUR der zweiten Zahlung - offene und fällige Schulden. Dass die Gesellschaft am 24. 9. 2002 weitere 1.031,92 EUR an die beklagte Partei geleistet hätte, war nicht feststellbar.

Am 28. 11. 2001 (eingelangt am 30. 11. 2001) - demnach weniger als zwei Monate vor der ersten Zahlung - beantragte die beklagte Partei die Eröffnung des Konkurses über das Gesellschaftsvermögen. Sie behauptete die Zahlungsunfähigkeit der Schuldnerin und führte aus, die Gesellschaft schulde Zuschläge zum Lohn für den Zeitraum vom 26. 3. 2001 bis 30. 9. 2001 von insgesamt ATS 592.158 (= 43.033,80 EUR) „plus Zinsen und Kosten", wobei die Nichtzahlung dieser Zuschläge „nur als Zeichen von Zahlungsunfähigkeit beurteilt werden" könne. Zur Hereinbringung eines Teilbetrags von ATS 480.929 (= 34.950,47 EUR) waren damals zwei Exekutionsverfahren anhängig. Ein Ratenzahlungsgesuch der Gesellschaft bei der im Konkurseröffnungsverfahren am 18. 1. 2002 abgehaltenen Tagsatzung lehnte die beklagte Partei ab. Bereits vor der ersten der angefochtenen Zahlungen (24. 1. 2002) war der beklagten Partei bekannt, dass die Gesellschaft einen anderen Sozialversicherungsträger als weiteren Großgläubiger hatte, dessen fällige Forderung nach dem von der Gesellschaft in der Tagsatzung vom 18. 1. 2002 vorgelegten Vermögensverzeichnis 182.596,45 EUR betrug. Nach Bekanntgabe des zum 25. 2. 2002 unter Berücksichtigung einer Teilzahlung von 10.000 EUR am 24. 1. 2002 fälligen Rückstands von 40.248,32 EUR wurde von der Gesellschaft der offene, jedoch in Höhe von 1.834,02 EUR in Wahrheit noch nicht fällige Betrag am 18. oder 19. 2. 2002 - in den getroffenen Feststellungen finden sich beide Daten - zur Gänze gezahlt. Daraufhin teilte die beklagte Partei dem Konkursgericht mit Schreiben vom 25. 2. 2002 mit, die „Konkursantragsforderung" sei gänzlich getilgt. Die Gesellschaft hatte das Konkursgericht über diese „Vollzahlung" bereits am 21. 2. 2002 unterrichtet. Gleichzeitig legte die Gesellschaft dem Konkursgericht eine Niederschrift vom 31. 1. 2002 vor. Danach hatte die Gesellschaft mit dem anderen Sozialversicherungsträger als Gläubiger einer offenen Beitragsschuld von 226.964,68 EUR eine Vereinbarung über monatliche Teilzahlungen von 33.400 EUR, beginnend ab 22. 2. 2002 „bei Terminsverlust", geschlossen. Auf Grund dieses Sachverhalts begehrte die Gesellschaft die Abweisung des Antrags auf Konkurseröffnung. Diesem Antrag wurde entsprochen. Der Abweisungsbeschluss datiert vom 8. 2. 2002, er erging in Wahrheit jedoch erst am 21. 2. 2002 nach Einlangen der Mitteilung der Gesellschaft über die Vollzahlung an die beklagte Partei und über die mit dem weiteren Gläubiger geschlossene Ratenvereinbarung, demnach einen Tag vor Fälligkeit der ersten Rate von 33.400 EUR. Der Beschluss wurde der Geschäftsabteilung am 25. 2. 2002 zur Abfertigung übergeben und der beklagten Partei am 7. 3. 2002 zugestellt. Nach dessen Kurzbegründung hatte die Schuldnerin „dargetan, dass sie in angemessener Frist die Forderung der Antragstellerin und aller anderen Gläubiger entweder bezahlt oder mit den Gläubigern Zahlungsvereinbarungen getroffen hat, die bislang eingehalten wurden". Diese Entscheidung blieb unangefochten. Wegen der Vollzahlung an die beklagte Partei wurden die mittlerweile anhängigen drei Exekutionsverfahren gegen die Gesellschaft eingestellt. Die Gesellschaft geriet sodann in drei Fällen wieder mit Leistungen an die beklagte Partei in Verzug. Diese Rückstände wurden jedoch nach Mahnungen beglichen. Nach Abweisung des Antrags auf Konkurseröffnung der beklagten Partei am 21. 2. 2002 wurden gegen die Gesellschaft mehrere Exekutionen eingeleitet. Bereits vor dem 8. 2. 2002 waren Exekutionsverfahren gegen sie zur Hereinbringung von Beitragsschulden des anderen Sozialversicherungsträgers anhängig. Die Gesellschaft hatte überdies bereits die erste Rate zur Tilgung des Beitragsrückstands gegenüber diesem Gläubiger (Fälligkeit 22. 2. 2002) nicht gezahlt. Sie hatte jedoch die streitverfangenen Zahlungen an die beklagte Partei in der Absicht geleistet, den anderen Sozialversicherungsträger als Gläubiger „im Zusammenhang mit der Ratenvereinbarung" zu benachteiligen und dadurch die beklagte Partei „zu begünstigen". Letztere hatte im Zeitpunkt der Zahlungen keine Kenntnis von einer Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung der Gesellschaft. Sie hatte „nach Vorlage des Vermögensbekenntnisses im Zuge des Konkurseröffnungsverfahrens keinen laufenden Einblick in deren Geschäftsunterlagen und keinen Überblick über deren wirtschaftliche Gebarung". Allerdings hatte sie nach den im Konkurseröffnungsverfahren vorgelegten Urkunden „Kenntnis vom zugestandenen Umfang der Verschuldung, der Anzahl der Gläubiger und der ... Ratenvereinbarung" mit dem anderen Sozialversicherungsträger. An diesen wurde keine der vereinbarten Raten geleistet, was der beklagten Partei „bei gehöriger Erkundigung bereits vor Annahme" der dritten Zahlung am 11. 6. 2002 „bekannt geworden wäre". Im Fall von „Erkundigungen hätte" der beklagten Partei „die Benachteiligungs- und Begünstigungsabsicht" der Gesellschaft bereits am 11. 6. 2002 „bekannt sein können". Die Gesellschaft beantragte - nach einer erst in zweiter Instanz getroffenen Feststellung (ON 19 S. 19) - am „18. 12. 2002" (offenkundiger Schreibfehler, da der Konkurs über das Gesellschaftsvermögen bereits am 4. 12. 2002 eröffnet wurde) letztlich selbst die Eröffnung des Konkurses über ihr Vermögen. Am 3. 9. und 22. 11. 2002 hatten ferner Gläubiger - ein Dienstnehmer der Gesellschaft und der andere Sozialversicherungsträger - Anträge auf Konkurseröffnung eingebracht. Im Konkurs wurden Forderungen von insgesamt rund 2,4 Mio EUR angemeldet und davon rund 820.000 EUR anerkannt. Unter den anerkannten Forderungen befinden sich nicht jene der drei Großgläubiger: Republik Österreich (Steuerschulden), anderer Sozialversicherungsträger, beklagte Partei. Der Kläger hatte diese Forderungen „zwecks Überprüfung der Unterlagen 'vorsichtshalber' bestritten". Nach dessen Bericht betrug der Verlust der Gesellschaft bereits 2001 rund 273.000 EUR. Diese Lage war für deren Geschäftsführer „auf Grund mangelhafter Buchhaltung nicht richtig" einschätzbar. Die Gesellschaft konnte jedoch schon 2001 die Gehälter von Dienstnehmern nicht mehr zahlen. Der Antrag des anderen Sozialversicherungsträgers auf Konkurseröffnung vom 22. 11. 2002 stützte sich auf bis August 2002 zurückreichende Zahlungsrückstände, jener des Dienstnehmers der Gesellschaft vom 3. 9. 2002 auf Lohnforderungen ab Juni 2001. Die Gesellschaft war bereits am 24. 1. 2002 (Zeitpunkt der ersten angefochtenen Zahlung) nicht mehr in der Lage, fällige Verbindlichkeiten in angemessener Frist zu tilgen. Am 7. 2. 2003 hatte der Kläger die am 20. 2. 2003 bewilligte Unternehmensschließung beantragt. Während der Unternehmensfortführung durch den Kläger lief bei der beklagten Partei „ein vollstreckbarer Rückstand von 15.082,88 EUR" auf.

Der Kläger focht - gestützt auf die Tatbestände der §§ 28 Z 1 und 2, 30 Abs 1 Z 1 und 3 und 31 Abs 1 Z 2 KO - mehrere Zahlungen der Gesellschaft (und nunmehrigen Gemeinschuldnerin) an die beklagte Partei vom 24. 1. bis 8. 10. 2002 im Gesamtbetrag von 79.482,81 EUR an und begehrte, diese Zahlungen gegenüber den Gläubigern im Konkurs für unwirksam zu erklären und die beklagte Partei zur Rückzahlung zu verurteilen. Die Gesellschaft sei spätestens am 30. 6. 2001 „materiell insolvent" gewesen. Danach habe sie nur mehr die „am schärfsten" andrängenden Gläubiger befriedigt und die beklagte Partei mit den angefochtenen Zahlungen gegenüber anderen Gläubigern bewusst begünstigt. Die prekäre wirtschaftliche Lage der Gesellschaft sei der beklagten Partei damals „bestens bekannt" gewesen, jedenfalls habe sie ihr aber bekannt sein müssen. Sie habe ständig Exekution gegen die Schuldnerin geführt und bereits am 28. 11. 2001 einen Antrag auf Eröffnung des Konkurses über deren Vermögen gestellt. Dennoch habe sie „trotz Kenntnis der Zahlungsunfähigkeit und des Vorliegens von Alarmsignalen" keine „Nachforschungen" angestellt. Es seien weder „Jahresabschlüsse" noch ein „Status" gefordert worden. Sie habe überdies nicht geprüft, ob die Gesellschaft ihrer Ratenzahlungspflicht gegenüber dem anderen Sozialversicherungsträger entsprochen habe.

Die beklagte Partei wendete ein, nach dem von der Gesellschaft auf Grund des Konkurseröffnungsantrags vorgelegten „Status per 17. 1. 2002" seien liquiden Mitteln von 320.000 EUR fällige Schulden von 228.000 EUR gegenüber gestanden. Nach einer Ertragsprognose „für das folgende halbe Jahr" habe der Gesellschaft nach dem Abzug der Fixkosten ein „Deckungsbeitrag" von 500.000 EUR verbleiben sollen. Wegen einer an den anderen Sozialversicherungsträger mittels Übergabe eines Schecks geleisteten Zahlung von 26.964,68 EUR sei der Status plausibel gewesen. Auf Grund der substanziierten und urkundlich belegten Angaben sei sie - die beklagte Partei - von einer in der Baubranche typischen „saisonal bedingten Zahlungsstockung" ausgegangen. Ihr Konkurseröffnungsantrag sei dann auch mangels Vorliegens der Voraussetzungen abgewiesen worden. Ein Gläubiger könne keiner strengeren Nachforschungspflicht als das Gericht unterliegen. Es habe an einem Anlass gemangelt, an der Richtigkeit des Gerichtsbeschlusses zu zweifeln. Die Gesellschaft sei danach „komplett unauffällig" gewesen. Ein besonderes Einsichtsrecht in deren Buchhaltung und Geschäftsunterlagen habe nicht bestanden. Über eine Zahlungsunfähigkeit der Schuldnerin habe sie - die beklagte Partei - nicht Bescheid gewusst. Sie habe eine allfällige Zahlungsunfähigkeit auch nicht erkennen müssen. Von den angefochtenen Zahlungen sei lediglich die vom 24. 9. 2002 im Betrag von 1.031,92 EUR nicht eingelangt. Während der Unternehmensfortführung durch den Masseverwalter sei ein vollstreckbarer Rückstand von 15.082,88 EUR aufgelaufen; dieser wurde aufrechnungsweise eingewendet.

Das Erstgericht erklärte die Zahlungen an die beklagte Partei vom 11. 6. 2002, 23. 8. 2002 (zwei Zahlungen) und 8. 10. 2002 von insgesamt 28.202,57 EUR gegenüber den Gläubigern im Konkurs über das Vermögen der Gesellschaft für unwirksam. Es sprach ferner aus, dass die Klageforderung mit 28.202,57 EUR sA sowie die Gegenforderung mit 15.082,88 EUR zu Recht bestünden, und verurteilte die beklagte Partei, dem Kläger 13.119,69 EUR sA zu zahlen. Das Klagemehrbegehren wies es ab. Nach dessen Ansicht wurde der andere Sozialversicherungsträger durch die ersten beiden angefochtenen Zahlungen am 24. 1. 2002 (10.000 EUR) und 18. 2. 2002 (40.248,32 EUR) von insgesamt 50.248,32 EUR nicht benachteiligt, weil dessen Forderung damals infolge der Ratenvereinbarung nicht fällig gewesen sei. Die beklagte Partei habe durch diese Zahlungen ferner keine Befriedigung erlangt, die sie nicht hätte beanspruchen können, seien doch fällige Forderungen getilgt worden. Nach der am 21. 2. 2002 erlassenen und der beklagten Partei am 7. 3. 2002 zugestellten Entscheidung über die Abweisung deren Antrags auf Konkurseröffnung stehe „rechtskräftig" fest, dass die Gesellschaft am 18. 2. 2002 nicht zahlungsunfähig gewesen sei. Der beklagten Partei hätte eine Benachteiligungsabsicht der Schuldnerin nach den Ergebnissen des Konkurseröffnungsverfahrens auch nicht bekannt sein müssen. Sie hätte jedoch die Erfüllung der von der Gesellschaft mit dem Sozialversicherungsträger vereinbarten Ratenzahlung überwachen müssen, wäre doch die Nichtzahlung vereinbarter Raten „ein starkes Indiz für das Vorliegen der Zahlungsunfähigkeit, aber auch der Benachteiligungsabsicht gewesen".

Das Berufungsgericht erklärte die angefochtenen Zahlungen an die beklagte Partei vom 24. 1., 18. 2., 11. 6., 23. 8. (zwei Zahlungen) und 8. 10. 2002 von insgesamt 78.449,89 EUR gegenüber den Gläubigern im Konkurs über das Vermögen der Gesellschaft - in teilweiser Bestätigung des Ersturteils - für unwirksam. Im Übrigen sprach es aus, dass die Klageforderung mit 78.449,89 EUR sowie die Gegenforderung mit 15.082,88 EUR zu Recht bestünden und verurteilte die beklagte Partei zur Zahlung von 63.367,01 EUR sA. Das Klagemehrbegehren wies es ab und ließ die ordentliche Revision zu. Es erwog in rechtlicher Hinsicht, dass die Kenntnis oder schuldhafte Unkenntnis des Anfechtungsgegners von der Zahlungsunfähigkeit (Überschuldung) des späteren Gemeinschuldners zwar ein wichtiges Indiz für die Kenntnis oder schuldhafte Unkenntnis einer Begünstigungsabsicht sei, „der allein zulässige Beweis für letztere" sei sie jedoch nicht. Die vom OGH in 4 Ob 306/98y „(eher obiter aufgestellte) These", es sei „ohne Kenntnis (oder Kennenmüssen) der Zahlungsunfähigkeit auf Seiten des Anfechtungsgegners keine Kenntnis (oder fahrlässige Unkenntnis) der Begünstigungsabsicht nachweisbar", überzeuge schon deshalb nicht, weil gemäß § 30 Abs 1 KO Befriedigungen und Sicherstellungen wegen Begünstigung anfechtbar seien, die in den letzten sechzig Tagen vor Eintritt der Zahlungsunfähigkeit vorgenommen worden seien. Eine sinnvolle Anwendung dieser Norm setze voraus, dass „auf Seiten des Gemeinschuldners Kenntnis der bloß drohenden Insolvenz" ausreiche, um in Begünstigungsabsicht zu handeln. Dann könne es für den Anfechtungsgegner gleichfalls „keine schärferen Anforderungen geben". Es lasse sich ferner „schwerlich argumentieren", ein die Eröffnung des Konkursverfahrens beantragender Gläubiger habe eine Kenntnis der Zahlungsunfähigkeit nicht haben müssen, sollte sie tatsächlich bestanden haben. Eine Entscheidung, mit der ein Konkursantrag abgewiesen werde, schaffe „keine Tatsache" und könne hier „auch kein Maßstab für die schon vor ihrer Erlassung (nämlich im Zeitpunkt der ersten beiden angefochtenen Zahlungen) bestehende Gut- oder Schlechtgläubigkeit sein". Die Gesellschaft habe im Zeitpunkt „der (ersten) angefochtenen Zahlungen zwei (unangenehme, weil rasch Konkursantrag stellende) Großgläubiger" mit fälligen Forderungen von 43.033,80 und 226.964,68 EUR gehabt. Ferner seien Exekutionsverfahren anhängig gewesen. Da die fälligen Forderungen der beklagten Partei zur Gänze getilgt, dem anderen Gläubiger dagegen nur Ratenzahlungen zugesagt worden seien, ergebe sich bereits daraus „die Erkennbarkeit der Begünstigungsabsicht", sollte die spätere Gemeinschuldnerin „durchgehend zahlungsunfähig" gewesen sein. Möglich sei auch eine Begünstigung der beklagten Partei durch die Benachteiligung anderer Gläubiger, deren Forderungen noch nicht fällig seien. Der Beschluss auf Abweisung des Antrags auf Konkurseröffnung sei für die Beurteilung des tatsächlichen Eintritts der Zahlungsunfähigkeit nicht von Bedeutung, weil er „keinerlei Bindungswirkung hinsichtlich der materiellen Insolvenz" entfalte. Sei eine solche zu bejahen, so könne sich die beklagte Partei „nicht auf ihre schuldlose Unkenntnis dieser Zahlungsunfähigkeit berufen", habe „sie doch zum Zeitpunkt der Zahlungen selbst ein Konkurseröffnungsverfahren beantragt". Nach herrschender Ansicht seien die Benachteiligungs- und die Begünstigungsabsicht, aber auch die Kenntnis oder vorwerfbare Unkenntnis des Anfechtungsgegners davon oder vom Eintritt der Zahlungsunfähigkeit nach dem Zeitpunkt der maßgebenden Rechtshandlung zu beurteilen. Wegen der feststehenden Benachteiligungs- und Begünstigungsabsicht der Gesellschaft seien auch die während des Konkurseröffnungsverfahrens geleisteten Zahlungen an die beklagte Partei anfechtbar. Es entspreche zwar der „herrschenden Rechtsprechung", dass „der die Konkurseröffnung beantragende Gläubiger nach Erhalt des abweisenden Beschlusses auf die Zahlungsfähigkeit der Gemeinschuldnerin vertrauen" dürfe, Besonderheiten dieses Falls erforderten jedoch eine Durchbrechung dieses Prinzips. Obgleich die beklagte Partei den Abweisungsbeschluss infolge ihrer „vollen Befriedigung" nicht habe anfechten können, habe ihr nach der Aktenlage klar sein müssen, dass „dieser Beschluss schon auf Grund der Datierung vor Fälligkeit der ersten Ratenzahlung" an den anderen Großgläubiger "in kürzester Zeit von der Realität überholt werden könnte". Der beklagten Partei sei die „(enorme) Höhe der fälligen Forderung" dieses Gläubigers bekannt gewesen, sie habe ferner gewusst, dass die Gesellschaft „leicht vorhersehbare und damit kalkulierbare Verbindlichkeiten ... seit mehr als einem halben Jahr nicht oder nicht ausreichend" habe befriedigen können, obwohl „es sich um 'gefährliche' (weil von Konkursanträgen bedrohte) Schulden" gehandelt habe. Die beklagte Partei selbst habe eine Ratenvereinbarung abgelehnt. Angesichts dieser Tatsachen habe sie trotz des erörterten, „nur eine kursorische Begründung enthaltenden" Abweisungsbeschlusses an der wirtschaftlichen Erholung der Gesellschaft zweifeln müssen, dies umso mehr deshalb, weil Letztere in der Folge auch ihr gegenüber wieder in Zahlungsverzug geraten sei. Demnach sei „nicht argumentierbar, sofort nach Erhalt des 'Persilscheines' wieder zur - automationsunterstützten - Tagesordnung überzugehen". Bereits einfachste Auskunftsmittel wie das „Abfragen des Namensverzeichnisses Verpflichtete" oder „Amtshilfe-Anfragen" an den anderen Sozialversicherungsträger hätten ausgereicht, um die offenkundige Unfähigkeit der Gesellschaft, fällige Schulden zu zahlen, zu ermitteln. Von solchen einfachen Auskunftsmitteln Gebrauch zu machen, sei einem Gläubiger, der „davor die routinemäßige Gebarung verlassen und einen Konkursantrag gestellt" habe, zumutbar. Das Nichterkennen der „Begünstigungsabsicht bzw Zahlungsunfähigkeit" des Schuldners sei der beklagten Partei somit jedenfalls als leichte Fahrlässigkeit anzulasten. Entscheidend sei daher die Antwort auf die vom Erstgericht nicht gelöste Frage, ob die Gesellschaft im Zeitpunkt der angefochtenen Zahlungen oder sechzig Tage danach zahlungsunfähig gewesen sei. Nach den im Berufungsverfahren getroffenen ergänzenden Feststellungen sei nicht zweifelhaft, dass die Gesellschaft bereits im Zeitpunkt der ersten streitverfangenen Zahlung nicht mehr in der Lage gewesen sei, fällige Verbindlichkeiten innerhalb angemessener Frist zu tilgen. Diese Zahlungsunfähigkeit habe sich ganz deutlich manifestiert, als die Schuldnerin die erste Rate nach der mit dem anderen Sozialversicherungsträger getroffenen Tilgungsvereinbarung nicht habe zahlen können. Für eine erfolgreiche Anfechtung nach § 30 Abs 1 KO genüge es, dass die Zahlungsunfähigkeit innerhalb von sechzig Tagen nach der angefochtenen Rechtshandlung eintrete. Diese Voraussetzung sei hier erfüllt, weil die erste angefochtene Zahlung vom 24. 1. 2002 datiere, jedoch die Gesellschaft die am 22. 2. 2002 fällige Rate auf Grund der mit dem anderen Sozialversicherungsträger getroffenen Tilgungsvereinbarung nicht habe zahlen können. Somit lägen „sowohl die objektive Voraussetzung der Zahlungsunfähigkeit als auch die subjektiven Voraussetzungen der Begünstigungsabsicht und deren fahrlässige Unkenntnis (auf Seiten der Beklagten) für alle angefochtenen Zahlungen" vor. Die Entscheidung hänge deshalb von der Lösung einer erheblichen Rechtsfrage nach § 502 Abs 1 ZPO ab, weil das Berufungsgericht von den Entscheidungen des Obersten Gerichtshofs 1 Ob 75/97d und 4 Ob 306/98y abgegangen sei.

Die Revision ist zulässig; sie ist jedoch nicht berechtigt.

Rechtliche Beurteilung

1. Drohende Insolvenz als Voraussetzung der Begünstigungsanfechtung

1. 1. Der Oberste Gerichtshof sprach in der Entscheidung 4 Ob 306/98y (= SZ 71/210) aus, es entfalle nicht nur eine Anfechtung gemäß § 31 Abs 1 Z 2 erster Fall KO, sondern auch eine Anfechtung nach § 30 Abs 1 Z 3 KO, wenn dem Kläger der Nachweis nicht gelinge, dass die Beklagte von der Zahlungsunfähigkeit des späteren Gemeinschuldners wusste oder hätte wissen müssen. Sei dem Beklagten die Zahlungsunfähigkeit des Gemeinschuldners nicht bekannt gewesen und habe sie ihm auch nicht bekannt sein müssen, so sei die Kenntnis oder verschuldete Unkenntnis einer allfälligen Begünstigungs-, aber auch einer allfälligen Benachteilungsabsicht des Schuldners ausgeschlossen. Diese Leitlinie wurde in der Entscheidung 1 Ob 136/03m (= ZIK 2004/126) fortgeschrieben, sie kann jedoch in dieser Allgemeinheit, wie sogleich zu begründen sein wird, nicht aufrecht erhalten werden.

1. 2. Gemäß § 30 Abs 1 KO ist eine nach Eintritt der Zahlungsunfähigkeit oder nach dem Antrag auf Konkurseröffnung oder in den letzten sechzig Tagen vorher vorgenommene Sicherstellung oder Befriedigung eines Gläubigers bei Verwirklichung eines der Tatbestände nach Z 1 bis 3 anfechtbar. Insofern entspricht es herrschender Ansicht, dass sich das Tatbestandsmerkmal der "letzten sechzig Tage vorher" sowohl auf den Antrag auf Konkurseröffnung als auch auf den Eintritt der Zahlungsunfähigkeit bezieht (8 Ob 608/87 = SZ 61/122 = JBl 1989, 53 [Schumacher]; 1 Ob 88/73 = SZ 46/57; König, Die Anfechtung nach der Konkursordnung³ Rz 10/32; je mwN).

Koziol/Bollenberger (in Buchegger, Österr Insolvenzrecht - Kommentar I4 § 30 KO Rz 7) wenden ein, das Prinzip der Gleichbehandlung aller Gläubiger eines Schuldners gelte „nur während der formellen oder materiellen Insolvenz, nicht aber in Zeiten, in denen der Schuldner noch zahlungsfähig" sei. Ferner beruhe „die Anfechtbarkeit inkongruenter Deckungen auf dem Gedanken, dass diese während der Krise objektiv verdächtig" seien, weshalb „Deckungen vor dem festgestellten Zeitpunkt des Eintritts der Zahlungsunfähigkeit nicht der Begünstigungsanfechtung unterworfen werden" dürften. Durch solche Argumente wird bloß verdeutlicht, wie die Anfechtungstatbestände des § 30 Abs 1 Z 1 bis 3 KO nach Ansicht dieser Autoren zu fassen wären. Der Gesetzgeber präferierte dagegen eine andere Lösung, nach der die erörterten Tatbestände auch innerhalb einer bestimmten Frist vor Eintritt der Zahlungsunfähigkeit des Schuldners - somit innerhalb eines Zeitraums drohender Insolvenz - verwirklicht werden können (König aaO).

1. 3. Nach dem hier in erster Linie maßgebenden Tatbestand des § 30 Abs 1 Z 3 KO ist die Sicherstellung oder Befriedigung eines Gläubigers anfechtbar, wenn ihm die Absicht des Schuldners, ihn vor anderen Gläubigern zu begünstigen, bekannt war oder bekannt sein musste. Erstreckt sich allerdings dieser Tatbestand, wie unter 1. 2. begründet wurde, auch auf die letzten sechzig Tage vor dem Eintritt der Zahlungsunfähigkeit des Schuldners, so kann - entsprechend der Ansicht des Berufungsgerichts - nicht ausnahmslos gelten, dass die Kenntnis oder verschuldete Unkenntnis einer allfälligen Begünstigungs-, aber auch einer allfälligen Benachteilungsabsicht des Schuldners den Eintritt seiner Zahlungsunfähigkeit voraussetzte und der erörterte Tatbestand als Folge dessen nur dann eingreifen könnte, wenn der begünstigte Gläubiger die Zahlungsunfähigkeit des Schuldners kannte oder hätte kennen müssen. Wohl deshalb formuliert König (aaO Rz 10/101) - auch unter Berufung auf die Entscheidung 4 Ob 306/98y -, es werde ohne den „Nachweis, dass der Anfechtungsgegner von der (materiellen) Insolvenz des Schuldners wusste oder wissen musste", der „Nachweis von der Kenntnis oder schuldhaften Unkenntnis der Begünstigungsabsicht" auf Seiten des Anfechtungsgegners nicht gelingen. Das betrifft nur wahrscheinliche Beweisergebnisse in den nach der Verfahrenspraxis erwartbaren Regelfällen, ohne jedoch die Möglichkeit einer Kenntnis oder fahrlässigen Unkenntnis einer Benachteilungs- und deshalb auch einer Begünstigungsabsicht des Schuldners - in Anlehnung an die Entscheidung 4 Ob 306/98y - kategorisch an eine dem Anfechtungsgegner anzulastende Kenntnis oder fahrlässige Unkenntnis einer materiell bereits eingetretenen Insolvenz des Schuldners zu binden und damit die letzten sechzig Tage vor dem Eintritt dessen Zahlungsunfähigkeit aus dem Anwendungsbereich des erörterten Anfechtungstatbestands praktisch auszuklammern. König betont daher an anderer Stelle ausdrücklich, „im Bereich des § 30 KO" sei „die Kenntnis (oder verschuldete Unkenntnis) von der Insolvenz an sich bedeutungslos", es bilde jedoch „der Nachweis der auf Seiten des späteren Gemeinschuldners vorhandenen Kenntnis der Insolvenz ein gewichtiges ... und ... meist ausreichendes Indiz für die Annahme der Begünstigungsabsicht" (aaO Rz 10/91). Überdies folgt etwa auch aus § 28 Z 1 bis 3 KO, dass eine dem Anfechtungsgegner anzulastende Kenntnis oder schuldhafte Unkenntnis einer anfechtungsrelevanten Benachteiligungsabsicht des Schuldners, die eine Begünstigungsabsicht notwendig einschließt (1 Ob 541/91 = SZ 64/37; König aaO Rz 10/97), die Zahlungsunfähigkeit des Schuldners und deren Kenntnis oder schuldhafte Unkenntnis durch den Anfechtungsgegner nicht voraussetzt, ist doch bei Anwendung des § 28 Z 1 bis 3 KO nicht von Bedeutung, ob der Schuldner im Zeitpunkt der angefochtenen Rechtshandlung materiell insolvent war (König aaO Rz 7/10, 7/11). Die bisherigen Erwägungen sind daher - hier auf den Anfechtungstatbestand des § 30 Abs 1 Z 3 KO beschränkt - wie folgt zusammenzufassen:

Die Sicherstellung oder Befriedigung eines Gläubigers innerhalb der letzten sechzig Tage vor dem Eintritt der Zahlungsunfähigkeit des Schuldners ist gemäß § 30 Abs 1 Z 3 KO anfechtbar, wenn dieser Gläubiger wusste oder hätte wissen müssen, dass dem Schuldner die Insolvenz droht, und ihm ferner bekannt war oder bekannt sein musste, dass der Schuldner die angefochtene Sicherstellung oder Befriedigung in der Absicht vornahm, ihn vor anderen Gläubigern zu begünstigen.

1. 4. Die beklagte Partei stützt ihre Ansicht zunächst auf die zuvor erörterte Nuance der Entscheidung 4 Ob 306/98y und setzt dabei voraus, dass die Frage nach einer „Kenntnis oder verschuldeten Unkenntnis einer allfälligen Begünstigungsabsicht beim Anfechtungsgegner" für den Zeitraum, in dem der Schuldner noch nicht zahlungsunfähig gewesen sei, gar nicht aufgeworfen werde. Das ist durch die voranstehenden Erwägungen widerlegt. Aus den ergänzenden Feststellungen des Berufungsgerichts ist aber ohnehin abzuleiten, dass die spätere Gemeinschuldnerin bereits im Zeitpunkt der ersten angefochtenen Zahlung (24. 1. 2002) zahlungsunfähig (siehe dazu RIS-Justiz RS0052198) war. Auch die beklagte Partei führt dagegen nichts ins Treffen. Letztlich ist demnach - entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts - nicht die Beurteilung anfechtbarer Rechtshandlungen innnerhalb der letzten sechzig Tage vor dem Eintritt der Zahlungsunfähigkeit der Schuldnerin maßgebend, sondern es ist hier als Erfolgsvoraussetzung der Anfechtungsklage nach § 30 Abs 1 Z 3 KO lediglich die Frage zu lösen, ob der beklagten Partei die Absicht der Schuldnerin, sie vor anderen Gläubigern zu begünstigen, bekannt war oder bekannt sein musste, steht doch eine Begünstigungsabsicht der Schuldnerin schon im Zeitpunkt der ersten angefochtenen Rechtshandlung als maßgebende Tatsache (RIS-Justiz RS0064481; König aaO Rz 10/98; vgl ferner etwa 1 Ob 541/91 = SZ 64/37 [Benachteiligungsabsicht]) fest. Insofern ist indes noch anzumerken, dass die Prüfung, ob der Schuldner bestimmte Rechtshandlungen nach dem Eintritt dessen Zahlungsunfähigkeit in Benachteilungsabsicht, die eine Begünstigungsabsicht einschließt (1 Ob 541/91 = SZ 64/37), vornahm, nicht den strengen Anforderungen gemäß § 28 KO im Fall kongruenter Deckung (6 Ob 641/93 = SZ 67/20; König aaO Rz 7/11) vor dem Eintritt der materiellen Schuldnerinsolvenz (König aaO Rz 7/11) unterliegt (siehe dazu ferner 1 Ob 75/97d = ÖBA 1997, 1026).

2. Kenntnis oder schuldhafte Unkenntnis der Begünstigungsabsicht

2. 1. Zahlungen bis zur Abweisung des Antrags auf Konkurseröffnung

2. 1. 1. Die beklagte Partei vertritt - (auch) unter Berufung auf die Entscheidung 4 Ob 306/98y - den Standpunkt, es sei das „Kennenmüssen einer allfälligen Begünstigungsabsicht ... ausgeschlossen", wenn der Anfechtungsgegner die (bereits eingetretene) Zahlungsunfähigkeit „nicht zumindest kennen musste".

Es wurde bereits begründet, dass die fahrlässige Unkenntnis einer Begünstigungsabsicht des Schuldners nach § 30 Abs 1 Z 3 KO den Eintritt dessen Zahlungsunfähigkeit nicht voraussetzt. Deshalb kann es nicht die von der beklagten Partei verfochtene unlösbare Korrelation zwischen der fahrlässigen Unkenntnis einer Zahlungsunfähigkeit und der fahrlässigen Unkenntnis einer Begünstigungsabsicht des Schuldners geben. Es ist vielmehr die Frage nach der Kenntnis des Begünstigten von der Zahlungsunfähigkeit des Schuldners bei den Anfechtungstatbeständen gemäß § 30 Abs 1 KO an sich nicht von Belang (1 Ob 96/72 = SZ 45/57; König aaO Rz 10/91). Die gegenteilige Auffassung Koziol/Bollenbergers (aaO § 30 KO Rz 50) beruht auf einem - bereits unter 1. 2. erläuterten - unzutreffenden Verständnis der Rechtslage. Diese Erwägungen sind - hier auf den Anfechtungstatbestand des § 30 Abs 1 Z 3 KO beschränkt - folgendermaßen zusammenzufassen:

War der Schuldner im Zeitpunkt der Sicherstellung oder Befriedigung eines bestimmten Gläubigers zahlungsunfähig, so ist diese Rechtshandlung gemäß § 30 Abs 1 Z 3 KO anfechtbar, wenn diesem Gläubiger zwar nicht eine fahrlässige Unkenntnis der Zahlungsunfähigkeit des Schuldners, dennoch aber zumindest eine fahrlässige Unkenntnis dessen Begünstigungsabsicht vorwerfbar ist.

2. 1. 2. Es ist bekannt, dass Sozialversicherungsträger mit Konkurseröffnungsanträgen nicht selten konkursfremde Ziele verfolgen (1 Ob 75/97d; 6 Ob 641/93). Das trifft auch auf die beklagte Partei zu (vgl 1 Ob 541/91). Sie verhehlt diese Tatsache auch gar nicht, führt sie doch in der Revision aus, auch sie müsse „bei einem signifikanten Ansteigen oder über einen längeren Zeitraum rückständiger Beitragsschulden, also deutlichen Alarmfaktoren für einen Gläubiger, um den Druck auf den Schuldner zu erhöhen (Hervorhebung durch den erkennenden Senat), sehr rasch Konkursanträge stellen". Gleichzeitig bemüht sie sich, Umstände ins Treffen zu führen, die eine Schlussfolgerung tragen sollen, dass ihr der Eintritt der Zahlungsunfähigkeit der Schuldnerin nicht habe bekannt sein müssen. Sie verdeutlicht damit selbst, dass der im Anlassfall eingebrachte Konkurseröffnungsantrag - nach ihrem damaligen Kenntnisstand - augenscheinlich rechtsmissbräuch (siehe dazu 1 Ob 75/97d) gestellt wurde und lediglich bezweckte, die Schuldnerin in Zeiten einer ihr bereits drohenden Insolvenz doch noch zu Zahlungen zu veranlassen, mit denen die beklagte Partei zum Nachteil anderer Gläubiger begünstigt werden sollte (siehe dazu auch König aaO Rz 10/89). Die beklagte Partei erfuhr sodann spätestens in dem auf Grund ihres Antrags eingeleiteten Konkurseröffnungsverfahren, dass ein anderer Sozialversicherungsträger - zufolge der dem Wortlaut nach nicht strittigen Angaben der Schuldnerin in ihrem Vermögensverzeichnis samt Beilagen - fällige Forderungen hatte, die ihre eigenen Forderungen um mehr als das Vierfache überstiegen, von den Forderungen aus Leistungen der Schuldnerin (179.012,20 EUR) bloß 118.790,38 EUR als „kurzfristig einbringlich" bezeichnet wurden, die unter der Rubrik „Liquidität 1. Grades" des Vermögensstatus aufgelisteten eigenen Barmittel nach dem Kassen- und Kontenstand bloß 20.445,85 EUR (Beilage ./L des Vermögensverzeichnisses) betrugen und zu dem Anlagevermögen im Wert von insgesamt 60.596,92 EUR (Beilage ./J des Vermögensverzeichnisses) eine EDV-Anlage, EDV-Programme, drei Kraftfahrzeuge und die Büroeinrichtung (Beilage ./M des Vermögensverzeichnisses) mit jeweils hoher Bewertung gehörten, obgleich solche Sachen einem raschen Wertverfall durch bloßen Zeitablauf, Abnützung oder Innovationen unterliegen. Es mangelte an Angaben zu den für die Deckung laufender Aufwendungen - etwa an Löhnen, Gehältern, Steuern und Sozialversicherungsbeiträgen - stets erforderlichen paraten liquiden Mitteln. Der „Deckungsbeitrag" von 479.640,70 EUR nach der Liquiditätsanalyse (Beilage ./L des Vermögensverzeichnisses) wurde unter Heranziehung der Mittel der „Liquidität 2. Grades" und der besonders hoch bewerteten Mittel der „Liquidität 3. Grades" (1,453.456,68 EUR - erwartete Erlöse aus Aufträgen in den nächsten sechs Monaten) errechnet, wobei es für Letztere keine Belege gab. Im Übrigen waren damals Exekutionsverfahren gegen die Schuldnerin anhängig. Angesichts solcher Tatsachen in Verbindung mit den bereits vom Berufungsgericht erörterten Umständen musste für die beklagte Partei bereits in den Zeitpunkten der ersten beiden angefochtenen Zahlungen (24. 1. 2002, 18. 2. 2002) geradezu auf der Hand liegen, dass diese Leistungen nur unter dem Druck ihres Konkurseröffnungsantrags erfolgten, die Schuldnerin Zahlungen im gleichen oder größeren Umfang an den anderen Sozialversicherungsträger als Großgläubiger nicht leisten und Letzterer - wenn überhaupt - erst später zum Zug kommen werde. Die beklagte Partei, die in ihrem Konkurseröffnungsantrag selbst die Zahlungsunfähigkeit der Schuldnerin behauptete, musste in den Zeitpunkten der ersten beiden angefochtenen Zahlungen - nach den Ergebnissen der Tagsatzung vom 18. 1. 2002 im Konkurseröffnungsverfahren - jedenfalls auch wissen, dass für die Schuldnerin zumindest akute Insolvenzgefahr bestand. In diesem Kontext ist ferner hervorzuheben, dass die Ratenvereinbarung mit dem anderen Sozialversicherungsträger am 31. 1. 2002 - also erst nach der ersten der angefochtenen Zahlungen - geschlossen wurde. Dabei hatte die Schuldnerin offenkundig die für die beklagte Partei erkennbare Absicht, Letztere mit einer erst durch diese Ratenvereinbarung ermöglichten Vollzahlung zu begünstigen, um eine Konkurseröffnung - wenngleich um den Preis, erst später fällig werdende Raten an den anderen Sozialversicherungsträger nicht zahlen zu können - vorerst jedenfalls zu vermeiden. Auf dem Boden solcher Tatsachen ist der beklagten Partei eine schuldhafte Unkenntnis der anfechtungsrelevanten Begünstigungsabsicht der Schuldnerin anzulasten, selbst wenn ihr nicht auch eine schuldhafte Unkenntnis deren Zahlungsunfähigkeit vorzuwerfen ist. Diese Erwägungen sind zu folgender allgemeinen Leitlinie zusammenzufassen:

Musste der Gläubiger im Zeitpunkt seiner - etwa als Folge einer von ihm beantragten Konkurseröffnung veranlassten - Sicherstellung oder Befriedigung, mit der ihn der Schuldner vor anderen Gläubigern fälliger Forderungen begünstigen wollte, die Tatsachen, die er kannte oder hätte kennen müssen, zumindest als Zustand einer akuten Insolvenzgefahr bewerten, so ist ihm je nach Lage des Falls entweder die Kenntnis oder schuldhafte Unkenntnis der Begünstigungsabsicht des Schuldners anzulasten.

Demzufolge können die Voraussetzungen für das Wissen um eine Begünstigungsabsicht des Schuldners oder für deren Erkennbarkeit auf Seiten des sichergestellten oder befriedigten Gläubigers nach Eintritt der Zahlungsunfähigkeit des Schuldners nicht strenger sein als in den letzten sechzig Tagen vor dessen Insolvenz.

2. 2. Zahlungen nach der Abweisung des Antrags auf Konkurseröffnung

2. 2. 1. Das Berufungsgericht ließ die Revision auch deshalb zu, weil es von der Entscheidung 1 Ob 75/97d abgewichen sei. Die beklagte Partei teilt diese Meinung. Dabei wird übergangen, dass jene Entscheidung zu den strengen Anforderungen des Nachweises einer Benachteiligungsabsicht des Schuldners und ihrer fahrlässigen Unkenntnis durch den Anfechtungsgegner nach § 28 Z 2 KO erging, der Anfechtungsgegner die geleisteten Zahlungen dort vorerst auf ein Sonderkonto ohne Gutschrift auf dem Beitragskonto buchte, weil er die Zahlungsunfähigkeit der Schuldnerin vermutete, und diese Vermutung später deshalb - nicht vorwerfbar - zerstreut wurde, weil nur der Fiskus als einziger weiterer Gläubiger, mit dem die Schuldnerin einen „regelmäßig bedienten" Ratenvergleich abgeschlossen hatte, maßgebend war. Hier wurde dagegen bereits die erste Rate nach dem Inhalt der mit dem anderen Sozialversicherungsträger getroffenen Stundungsabrede nicht gezahlt. Der erkennende Senat hatte daher in jener Entscheidung einen anderen Anfechtungstatbestand auf Grund eines anders gelagerten Sachverhalts zu beurteilen.

2. 2. 2. Der Antrag auf Konkurseröffnung der beklagten Partei wurde nicht deshalb abgewiesen, weil das Konkursgericht davon überzeugt gewesen wäre, dass der unter 2. 1. 2. erörterte Status der Schuldnerin weder deren Zahlungsunfähigkeit noch deren Überschuldung (siehe dazu ÖBA 1993, 488; König aaO Rz 10/24) indiziere, sondern bloß deshalb, weil die Schuldnerin die beklagte Partei zur Gänze befriedigt und mit dem anderen Sozialversicherungsträger eine Ratenvereinbarung geschlossen hatte. Das war der beklagten Partei seit dem 7. 3. 2002 (Zustellung des den Konkurseröffnungsantrag abweisenden Beschlusses) bekannt. Sie wusste nach den Ergebnissen des Konkurseröffnungsverfahrens überdies, dass die Schuldnerin die erste Rate in Höhe von 33.400 EUR an den anderen Sozialversicherungsträger bereits am 22. 2. 2002 „bei Terminsverlust" zu zahlen hatte. Vor diesem Hintergrund kann die Entgegennahme weiterer Zahlungen der Schuldnerin durch die beklagte Partei nach dem 22. 2. 2002, ohne dass Letztere der Frage nachgegangen wäre, ob die Schuldnerin die Ratenvereinbarung mit dem anderen Gläubiger bisher erfüllt habe, nur als grobe Vernachlässigung gebotenen Verhaltens beurteilt werden, hätte sich doch die beklagte Partei, wie im Einzelnen bereits das Berufungsgericht zutreffend begründete, durch einfache, ihr zu Gebote stehende Mittel darüber kundig machen können, dass sie durch die Entgegennahme weiterer Zahlungen der objektiv längst zahlungsunfähigen Schuldnerin zumindest vor dem anderen ihr bekannten Großgläubiger begünstigt werde. Die Entscheidung 8 Ob 37/00z (= ÖBA 2001, 563) stützt deren Standpunkt nicht, weil die unterbliebene Erfüllung einer Ratenvereinbarung auch dort als Indiz für das Vorliegen einer Zahlungsunfähigkeit des Schuldners gewertet wurde (siehe dazu ferner 10 Ob 90/04i). Für den Zeitraum nach Abweisung des Konkurseröffnungsantrags ist der beklagten Partei daher - im Einklang mit der Auffasung des Berufungsgerichts - jedenfalls auch eine schuldhafte Unkenntnis der Zahlungsunfähigkeit der Schuldnerin vorzuwerfen. Diese Zusammenhänge vermögen die Revisionsausführungen nicht zu entkräften. Die beklagte Partei versucht bloß, zum einen ihre Praxis rascher Konkurseröffnungsanträge zur Entfaltung eines besonderen Zahlungsdrucks zu rechtfertigen, zum anderen aber auch ihre Ansicht durchzusetzen, sie habe in Ansehung der angefochtenen Zahlungen selbst naheliegendste und einfach mögliche Erkundigungen, nach deren Ergebnis nicht nur die Zahlungsunfähigkeit, sondern auch die Begünstigungsabsicht der Schuldnerin unschwer erkennbar gewesen wäre, unterlassen dürfen.

3. Ergebnis

Soweit die beklagte Partei durch die Zahlung am 18. 2. 2002 eine inkongruente Deckung im Ausmaß von 1.834,02 EUR erlangte, ist die Anfechtung nach § 30 Abs 1 Z 1 KO berechtigt. Im Übrigen wurde dem in dritter Instanz noch maßgebenden Teil des Klagebegehrens bereits gemäß § 30 Abs 1 Z 3 ZPO zutreffend stattgegeben, sodass auf die Frage nach der Anfechtbarkeit bestimmter Zahlungen (auch) nach § 31 Abs 1 Z 2 KO nicht mehr einzugehen ist. Der Revision ist somit ein Erfolg zu versagen.

Die Entscheidung über die Kosten der Revisionsbeantwortung gründet sich auf § 41 iVm § 50 Abs 1 ZPO.

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