OGH 1Ob136/03m

OGH1Ob136/03m1.7.2003

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Schlosser als Vorsitzenden und die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Gerstenecker, Dr. Zechner, Univ. Doz. Dr. Bydlinski und Dr. Lovrek als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Mag. Johanna A*****, als Masseverwalterin im Konkurs über das Vermögen der H***** Aktiengesellschaft, *****, gegen die beklagte Partei Wiener Gebietskrankenkasse, *****, vertreten durch Preslmayr & Partner, Rechtsanwälte in Wien, wegen 1,938.944,35 EUR sA, über die außerordentliche Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht vom 28. März 2003, GZ 3 R 158/02f-21, den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die außerordentliche Revision der klagenden Partei wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen (§ 510 Abs 3 ZPO).

Text

Begründung

Rechtliche Beurteilung

Die Frage, welche Nachforschungen im Einzelnen geboten sind, um die Zahlungsunfähigkeit zu erkennen, stellt regelmäßig keine erhebliche Rechtsfrage dar. Ob fahrlässiges Verhalten vorliegt, ist einzelfallbezogen (ZIK 2002, 133; 6 Ob 70/97f; ÖBA 1996, 647). Das Berufungsgericht hat die in vielen Entscheidungen des Obersten Gerichtshofs entwickelten Grundsätze zur Lösung der Frage, ob der Anfechtungsgegnerin eine verschuldete Unkenntnis von der Zahlungsunfähigkeit vorwerfbar sei und ob sie die ihr obliegende Nachforschungspflicht verletzt habe, zutreffend gelöst und sehr wohl die Gesamtsituation berücksichtigt (vgl ZIK 2002, 91; ÖBA 2001, 417; SZ 73/37; 6 Ob 70/97f; ÖBA 1997, 489; ÖBA 1996, 647; ZIK 1996, 62 uva). Der von den Vorinstanzen gezogene Schluss, die beklagte Partei habe die Zahlungsunfähigkeit der späteren Gemeinschuldnerin nicht erkennen müssen und die Nachforschungspflicht nicht verletzt (S 8 bis 12 des Berufungsurteils), ist rechtlich einwandfrei gezogen.

Angefochten sind Zahlungen in der Zeit vom 25. 6. 1999 bis 29. 5. 2000 im Gesamtbetrag von 1,938.944,35 EUR, was allein schon zeigt, dass die spätere Gemeinschuldnerin in der Lage war, relativ hohe Geldbeträge aufzubringen. Dem steht ein Beitragsrückstand von zuletzt 143.030,64 EUR gegenüber (S 9 des Ersturteils), also eine vergleichweise geringe Summe, die relativ konstant geblieben war und keinem mehrmonatigen Beitragsrückstand entspricht. Das Konkursgericht hat Konkursanträge der beklagten Partei im August 1996 und im Februar 1999 mangels Vorliegens der Zahlungsunfähigkeit abgewiesen (S 2 des Berufungsurteils), wobei im Dezember 1998 ein wesentlich höherer Beitragsrückstand (etwa 645.000 EUR) gegeben war (S 11 des Urteils der zweiten Instanz); diese Abweisung wurde auch eingehend begründet (S 9 f des Urteils des Berufungsgerichts). Die schleppende Zahlungsweise der beklagten Partei blieb unverändert, doch hielt sich der Rückstand stets in Grenzen; aus drei Exekutionsverfahren im letzten Jahr vor der Konkurseröffnung lässt sich noch kein Verdacht auf Zahlungsunfähigkeit ableiten, insbesondere schon deshalb nicht, weil im Zuge der Verfahren Zahlungen erfolgten. Das aus 1994 datierende Strafverfahren kann nicht als Indiz für eine Zahlungsunfähigkeit im Jahre 1999 ins Treffen geführt werden.

Hat die beklagte Partei auf Grund dieser Sachlage die Zahlungsunfähigkeit der späteren Gemeinschuldnerin nicht erkennen müssen und ihre Nachforschungspflicht nicht verletzt, dann ist auch die Kenntnis oder verschuldete Unkenntnis einer allfälligen Begünstigungs- bzw Benachteiligungsabsicht ausgeschlossen (SZ 71/210).

Einer weiteren Begründung bedarf diese Entscheidung nicht (§ 510 Abs 3 ZPO).

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