OGH 1Ob75/97d

OGH1Ob75/97d29.4.1997

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr.Schlosser als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr.Schiemer, Dr.Gerstenecker, Dr.Rohrer und Dr.Zechner als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Dr.Kurt F*****, als Masseverwalter im Konkurs über das Vermögen der E***** Gesellschaft mbH, wider die beklagte Partei Wiener Gebietskrankenkasse, ***** vertreten durch Dr.Amhof und Dr.Damian, Rechtsanwaltspartnerschaft in Wien, wegen S 470.023,30 sA, infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht vom 22.November 1996, GZ 3 R 194/96p-27, womit infolge Berufung der beklagten Partei das Urteil des Handelsgerichts Wien vom 17.Juni 1996, GZ 30 Cg 371/94z-22, abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit S 20.610 bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (darin S 3.435 Umsatzsteuer) binnen 14 Tagen bei Exekution zu bezahlen.

Text

Entscheidungsgründe:

Am 5.Oktober 1993 wurde über das Vermögen einer Beitragsschuldnerin des beklagten Sozialversicherungsträgers der Konkurs eröffnet und der Kläger zum Masseverwalter bestellt. Die (spätere) Gemeinschuldnerin war jedenfalls auch im Zeitraum vom Februar bis August 1992 zahlungsunfähig und überschuldet gewesen.

Gestützt auf § 28 Z 2 KO begehrte der Kläger zunächst die Zahlung von S 1,239.695,22 sA, schränkte dieses Begehren aber auf S 549.083,30 sA ein. Ein Teilbetrag von S 59.050 wurde rechtskräftig abgewiesen, so daß nun lediglich ein Begehren von S 470.023,30 samt 4 % Zinsen seit 29.September 1994 zur Entscheidung ansteht. Der Kläger brachte vor, dieser Betrag setze sich aus Zahlungen der Gemeinschuldnerin von S 196.000 am 28.Februar 1992, von S 168.023,30 am 9.April 1992 und von S 106.000 am 16.Juni 1992 zusammen. Die Gemeinschuldnerin sei zumindest seit Beginn des Jahres 1990 überschuldet und außerstande gewesen, ihre Verbindlichkeiten in angemessener Zeit zu berichtigen; eine begründete Aussicht auf die baldige und erfolgreiche Sanierung des Unternehmens habe nicht bestanden. Seit 28.Februar 1989 habe das Finanzamt für Körperschaften wegen offener Abgaben Exekutionen betrieben. Mit ihren Zahlungsverpflichtungen gegenüber der beklagten Partei sei die Gemeinschuldnerin seit Beginn ihrer Tätigkeit ständig in Rückstand gewesen. Seit 1989 habe die beklagte Partei zahlreiche Exekutionen gegen die Gemeinschuldnerin betrieben und auch mehrere Exekutionseröffnungsanträge - unter anderem auch am 27.Februar 1992, am 12.Jänner 1993 und am 1.Juni 1993 - gestellt. Die nunmehr angefochtenen Zahlungen habe die Gemeinschuldnerin nur unter Exekutionsdruck und angesichts der Konkurseröffnungsanträge in der Absicht geleistet, andere Gläubiger zu benachteiligen. Der beklagten Partei habe die Benachteiligungsabsicht der Gemeinschuldnerin zu den jeweiligen Zahlungszeitpunkten bekannt sein müssen. Mit einer Befriedigung der übrigen Konkursgläubiger sei nicht zu rechnen, so daß deren Benachteiligung tatsächlich eingetreten sei.

Die beklagte Partei wendete ein, sie habe weder Kenntnis von einer Benachteiligungsabsicht der Gemeinschuldnerin gehabt, noch habe sie davon Kenntnis haben müssen. Die Zahlungen vom 28.Februar, 9.April und 16.Juni 1992 seien vorerst auf ein Sonderkonto gebucht worden, weil Bedenken dahin bestanden hätten, daß diese Zahlungen allenfalls anfechtbar seien. Die beklagte Partei habe nämlich am 27.Februar 1992 einen Konkurseröffnungsantrag gestellt. Erst nach Abweisung dieses Antrags durch das Gericht am 10.Juli 1992 habe die beklagte Partei die strittigen Zahlungen dadurch angenommen, daß sie diese vom Sonderkonto auf das Beitragskonto der Gemeinschuldnerin umgebucht habe. Diese Vorgangsweise sei gerechtfertigt gewesen, weil sie darauf habe vertrauen dürfen, daß - wie von dem für die Konkurseröffnung zuständigen Gericht festgestellt - weder Zahlungsunfähigkeit noch Überschuldung der Gemeinschuldnerin vorgelegen sei. Der Umstand, daß die nunmehr angefochtene Zahlung auf ein Sonderkonto gebucht wurde, sei der Gemeinschuldnerin bekanntgegeben und dies sei in dem von der beklagten Partei angestrengten Konkurseröffnungsverfahren auch erörtert worden. Der Gemeinschuldnerin sei somit klar gewesen, daß die auf das Sonderkonto gebuchten Zahlungen nicht als Schuldtilgung akzeptiert worden seien.

Das Erstgericht gab dem Klagebegehren statt.

Es stellte fest, die beklagte Partei habe schon 1990 und 1991 gegen die Schuldnerin jeweils zwei Konkurseröffnungsanträge gestellt, diese jedoch stets wieder zurückgenommen. Außerdem habe sie mehrfach Exekutionen gegen diese betrieben. Die Geschäftsführerin der Schuldnerin habe im September und im Oktober 1991 einem Mitarbeiter der beklagten Partei die mißliche finanzielle Lage der Schuldnerin geschildert und dabei auch erwähnt, daß auch das „Finanzamt“ Forderungen gegen sie habe, doch sei ein „stilles Arrangement“ mit diesem zustande gekommen. Am 28.Februar 1992 habe die Schuldnerin der beklagten Partei S 196.000, am 9.April 1992 S 168.023,30 und am 16.Juni 1992 einen Betrag von S 106.000 bezahlt. Diese Beträge habe die beklagte Partei auf ein Sonderkonto gebucht, weil sie Bedenken wegen deren „allfälliger“ Anfechtbarkeit gehegt habe. Mit Beschluß vom 10.Juli 1992 habe das Handelsgericht Wien den Konkurseröffnungsantrag der beklagten Partei gegen die Schuldnerin abgewiesen. Zur Begründung habe es ausgeführt, bei der beklagten Partei bestünden keine Beitragsrückstände. Der Abgabenrückstand werde in Raten abgezahlt, so daß die behauptete Zahlungsunfähigkeit nicht bescheinigt sei. Nach Zustellung dieses Beschlusses an die beklagte Partei am 15.Juli 1992 habe diese die auf ein Sonderkonto gebuchten Zahlungen der Schuldnerin auf das Beitragskonto umgebucht. Diese habe im „anfechtungsrelevanten“ Zeitraum auch noch andere Gläubiger gehabt. Ihrer Geschäftsführerin sei es bei den Zahlungen an die beklagte Partei bewußt gewesen, „daß hiedurch andere Gläubiger verspätet oder überhaupt nicht befriedigt würden.“ Im Konkurs der Schuldnerin hätten 31 Gläubiger Forderungen angemeldet.

Rechtlich meinte das Erstgericht, die Zahlungen der späteren Gemeinschuldnerin seien bereits am 28.Februar, 9.April und 16.Juni 1992 - also an den Tagen des tatsächlichen Zahlungseingangs - als bewirkt anzusehen; der Umstand, daß die beklagte Partei diese Beträge zunächst auf ein Sonderkonto gebucht und sodann eine Umbuchung vorgenommen habe, sei rechtlich unerheblich. Schon aufgrund ihres eigenen Konkurseröffnungsantrags habe die beklagte Partei über die Zahlungsunfähigkeit der Gemeinschuldnerin zu den Zahlungszeitpunkten ebenso Bescheid wissen müssen wie darüber, daß eine weitere Forderung des Finanzamts existierte, so daß sie habe erkennen müssen, daß die Schuldnerin durch die strittigen Zahlungen die übrigen Gläubiger benachteilige. Deren Benachteiligung sei in der Folge auch tatsächlich eingetreten.

Das Berufungsgericht wies das Klagebegehren ab und sprach aus, daß die ordentliche Revision zulässig sei. Es stellte ergänzend fest, die beklagte Partei habe nach Eingang der Zahlung vom 28.Februar 1992 ein Schreiben an die spätere Gemeinschuldnerin gerichtet, mit dem sie aufgrund ihrer Bedenken wegen eventueller Anfechtbarkeit dieser Zahlung mitgeteilt habe, zur Annahme des Betrags nur bereit zu sein, wenn unverzüglich nachgewiesen werde, daß Zahlungsunfähigkeit nicht vorliege. Bis dahin sei es der beklagten Partei nicht möglich, die Zahlung sowie allfällige weitere Zahlungen anzunehmen und als Beitragsleistungen zu berücksichtigen; der Geldbetrag werde vorerst auf ein Sonderkonto gebucht. Die Gemeinschuldnerin habe im Juni 1992 dem Konkursgericht bekanntgegeben, mit dem Finanzamt für Körperschaften einen Ratenvergleich geschlossen zu haben, dem sie auch nachkomme. Zahlungsunfähigkeit liege nicht vor; wenn überhaupt, sei bloß Zahlungsstockung gegeben.

Im übrigen führte das Gericht zweiter Instanz aus, die von der beklagten Partei vorgenommene Buchung auf ein Sonderkonto habe für sich allein nicht ausgereicht, um die Tilgungswirkung der Zahlungen zu verhindern. Da sie aber gegenüber der Gemeinschuldnerin unmißverständlich und unverzüglich zum Ausdruck gebracht habe, die Zahlungen nur unter bestimmten Voraussetzungen zu akzeptieren, sei zu den tatsächlichen Zahlungszeitpunkten keine Tilgung der Beitragsschulden eingetreten. Aufgrund des Beschlusses, mit dem der Konkurseröffnungsantrag abgewiesen wurde, habe die beklagte Partei davon ausgehen dürfen, daß Zahlungsunfähigkeit der späteren Gemeinschuldnerin nicht indiziert sei. Die beklagte Partei habe nur von der Existenz eines weiteren Gläubigers (Finanzamt für Körperschaften) Kenntnis haben müssen; mit diesem Gläubiger habe die Gemeinschuldnerin nach ihrer Mitteilung im Konkurseröffnungsverfahren Ratenvereinbarungen getroffen. Die in der unverzüglichen Mitteilung der Buchung auf ein Sonderkonto zum Ausdruck gebrachte Beanstandung reiche aus, eine Annahme des Geldbetrags und damit Schuldtilgung auszuschließen. Zur Annahmeverweigerung sei die beklagte Partei berechtigt gewesen, weil die (anfechtungsbedrohte) Leistung nicht der Verpflichtung entsprochen habe, damit eine unanfechtbare Zahlung zu leisten. Die Benachteiligungshandlung der späteren Gemeinschuldnerin (vollendete Zahlung) sei erst zu einem Zeitpunkt bewirkt worden, in dem die beklagte Partei keine ernsthaften Zweifel an der Zahlungsfähigkeit der Gemeinschuldnerin mehr habe hegen müssen. Damit habe sie aber auch deren Benachteiligungsabsicht weder gekannt noch kennen müssen.

Die Revision des Klägers ist zulässig, aber nicht berechtigt.

Rechtliche Beurteilung

Der klagende Masseverwalter stützt sein Anfechtungsbegehren auf § 28 Z 2 KO, nach dem alle Rechtshandlungen, durch den die Gläubiger des Gemeinschuldners benachteiligt werden und die er in den letzten zwei Jahren vor der Konkurseröffnung vorgenommen hat, anfechtbar sind, wenn dem anderen Teil die Benachteiligungsabsicht bekannt sein mußte. Das Erstgericht hat unbekämpftermaßen festgestellt, der Geschäftsführerin der (späteren) Gemeinschuldnerin sei „bewußt“ gewesen, „daß hiedurch andere Gläubiger (insbesondere das Finanzamt)“ - wohl zu ergänzen: infolge der angefochtenen Zahlungen an die beklagte Partei - „verspätet oder überhaupt nicht befriedigt würden“. Selbst wenn unterstellt wird, daß damit bereits die Benachteiligungsabsicht der (späteren) Gemeinschuldnerin festgestellt sei (vgl dazu SZ 67/20 und SZ 64/37; aM Koziol in ÖBA 1991, 828; ders., Grundlagen und Streitfragen der Gläubigeranfechtung [1991], 81 ff; König, Anfechtung nach der Konkursordnung2, Rz 133; Paul Doralt in ÖBA 1994, 639, und Bachmann, Die Anfechtung kongruenter Befriedigungen und Sicherstellungen nach §§ 28, 30 und 31 KO, in ZIK 1996, 3, 8 f, wozu indes - wie noch zu zeigen sein wird - nicht Stellung genommen werden muß) und die Befriedigungstauglichkeit der Anfechtung sowie die Gläubigerbenachteiligung bejaht werden, die Voraussetzungen einer erfolgreichen Anfechtung sind, bleibt zu klären, ob der beklagten Partei die Benachteiligungsabsicht der Schuldnerin - zur Zeit der Vornahme der angefochtenen Rechtshandlung (vgl § 28 Z 3 KO) - bei Anwendung gehöriger Sorgfalt hätte bekannt sein müssen. Der Anfechtungskläger hat somit Tatsachen zu behaupten und zu beweisen, aus denen auf rechtlich einwandfreie Weise darauf geschlossen werden muß, daß der Anfechtungsgegner dabei sorglos handelte (SZ 40/146 uva). Das hat das Gericht zweiter Instanz zu Recht verneint:

Während des Zeitraums, in dem die Schuldnerin die angefochtenen Zahlungen an den beklagten Sozialversicherungsträger leistete, war sie unbestrittenermaßen überschuldet und zahlungsunfähig. Die beklagte Partei hatte schon vorher - ganz augenscheinlich mißbräuchlich (vgl dazu SZ 64/38; Sprung in JBl 1969, 237), aber „erfolgreich“ - zum wiederholten Mal die Eröffnung des Konkurses über das Vermögen der Schuldnerin beantragt und einen solchen Antrag auch am 27.Februar 1992, demnach am Tag vor der ersten der angefochtenen Zahlungen der Schuldnerin an sie, mit der Behauptung gestellt, daß die Beitragsschuldnerin zahlungsunfähig sei. Aus ihrem vom Berufungsgericht in Verhandlungsergänzung (§ 496 Abs 1 Z 3 und Abs 3 ZPO) festgestellten Schreiben (Beilage 3) geht hervor, sie hege Bedenken gegen die Rechtmäßigkeit der geleisteten Zahlung und sei zu deren Annahme nur bereit, wenn die Schuldnerin den unverzüglichen Nachweis ihrer Zahlungsfähigkeit erbringe. Sie bedeutete ihr gleichzeitig, sie nehme die eingegangenen und weitere (dem Beitragsrückstand gewidmete) Zahlungen nicht an, buche sie deshalb auf ein Sonderkonto und schreibe sie somit dem Beitragskonto der Schuldnerin nicht gut.

Mit den angefochtenen Überweisungen hat die Schuldnerin in Wahrheit ihre Beitragsschulden nicht erfüllt: Zahlung, also Erfüllung ist nach § 1412 ABGB die Leistung dessen, was man zu leisten schuldig ist. Daraus darf - worauf Koziol (in JBl 1983, 517, 519) zutreffend hinweist - noch nicht ohne weiteres geschlossen werden, durch die Zahlung einer entsprechenden Summe durch den Schuldner werde die Forderung des Gläubigers jedenfalls zum Erlöschen gebracht. Der Schuldner ist nicht bloß verpflichtet, dem Gläubiger den geschuldeten Betrag in irgendeiner Weise - und sei es bloß auch nur vorübergehend - , sondern die den Schuldinhalt bildende Leistung endgültig zu verschaffen; das aber ist gerade bei anfechtbaren oder angefochtenen Zahlungen nicht der Fall. Die anfechtbare Zahlung kann deshalb ebensowenig als Erfüllung beurteilt werden wie etwa die Begleichung der Schuld mit entwendetem Geld, das der Bestohlene dem Gläubiger wieder abverlangen kann. Dabei handelt es sich in Wahrheit um eine bloße Scheinzahlung (vgl dazu auch König, Benachteiligung und Begünstigung als Anfechtungsvoraussetzung, JBl 1981, 138, 142). Die beklagte Partei, die - wie sich aus ihrem Schreiben an die Schuldnerin ergibt und nicht zuletzt aus ihrem (später abgewiesenen) Konkurseröffnungsantrag zu erschließen ist - die Zahlungsunfähigkeit der Schuldnerin vermutete und dabei ganz offensichtlich den Anfechtungstatbestand des § 31 Abs 1 Z 1 KO vor Augen hatte, war daher berechtigt, die ihres Wissens „eventuell“ anfechtbaren Zahlungen der Schuldnerin - bis zum Nachweis deren Zahlungsfähigkeit zurückzuweisen (Koziol aaO 521; Koziol/Welser 10 I 273; vgl dazu auch SZ 51/103 und König in JBl 1981, 142). Fraglich könnte es allerdings sein, ob die beklagte Partei die Zahlung durch Buchungen auf ein Sonderkonto auch in der Tat zurückwies. Das ist jedoch - mit dem Gericht zweiter Instanz - zu bejahen, weil die beklagte Partei die Schuldnerin auch gleichzeitig davon unterrichtete und ihr erklärte, sie werde den Geldbetrag nur und erst annehmen, wenn diese ihr unverzüglich nachweise, daß Zahlungsunfähigkeit nicht vorliege. Sie hielt den Betrag damit zur Disposition durch die Schuldnerin und wäre demnach auch verpflichtet gewesen, den Betrag über Aufforderung durch die Schuldnerin an diese zurückzuüberweisen (was diese gegebenenfalls auch hätte erzwingen können).

Erst als die beklagte Partei die nun angefochtenen Zahlungen nach Beseitigung ihrer Zweifel über die Zahlungsfähigkeit der Schuldnerin (infolge Abweisung des Konkurseröffnungsantrags mit der Begründung, daß die Schuldnerin nicht zahlungsunfähig sei) schließlich annahm, kam es in diesem Zeitpunkt zur Erfüllung der Verbindlichkeiten der Schuldnerin und trat damit die Schuldtilgung ein (§§ 1412 und 1413 ABGB). Erst in diesem Zeitpunkt ist die angefochtene Rechtshandlung (Zahlung) als vorgenommen anzunehmen und dieser Zeitpunkt ist auch für die Kenntnis der Benachteiligungsabsicht (EvBl 1982/142 ua) bzw - wie im vorliegenden Fall - für die Beurteilung der Frage entscheidend, ob dem Anfechtungsgegner die Benachteiligungsabsicht hätte bekannt sein müssen; letzteres spricht das Gesetz ausdrücklich zwar nur beim Anfechtungstatbestand des § 28 Z 3 KO aus, muß jedoch um nichts weniger auch dann gelten, wenn der Anfechtungsgegner kein naher Angehöriger des Schuldners ist. Auf diesen Zeitpunkt hat also die Prüfung der Frage nach der fahrlässigen Unkenntnis von der Benachteiligungsabsicht der Schuldnerin deshalb abzustellen, weil diese die ihr an sich obliegenden Leistungen erst dann in einer für die beklagte Partei verbindlichen Weise zum Abschluß brachte (vgl auch JBl 1965, 94).

Ist aber der Zeitpunkt der Umbuchung für die Beurteilung der subjektiven Tatbestandsmerkmale (§ 28 Z 2 KO) ausschlaggebend, so war der beklagten Partei durch den ihr kurz vorher zugestellten Beschluß des Konkurseröffnungsgerichts vom 10.Juli 1992 bekannt geworden, daß als weiterer Gläubiger nur der Fiskus in Betracht zu ziehen war, mit dem ein Ratenvergleich zustande gekommen war, der regelmäßig bedient wurde, so daß die Zahlungsunfähigkeit der Schuldnerin zu verneinen sei: Ist selbst die Tatsache, daß sich der Schuldner bei der Vornahme der Rechtshandlung in statu cridae befand, keine notwendige Voraussetzung für dessen Benachteiligungsabsicht, so daß auch bei Zahlungen eines zahlungsunfähigen Schuldners nicht zwingend auf dessen Benachteiligungsabsicht geschlossen werden kann, so muß dies - selbst wenn die schon zitierte Lehrmeinung (Koziol, König, Paul Doralt und Bachmann) nicht uneingeschränkt geteilt wird - jedenfalls dann gelten, wenn das Konkurseröffnungsgericht das Vorliegen der Zahlungsunfähigkeit nicht angenommen und demgemäß den Konkurseröffnungsantrag abgewiesen hat und wenn die Kongruenz der Deckung außer Zweifel steht. Daß die beklagte Partei ihre bis dahin unzweifelhaft gegebenen Bedenken gegen die Zahlungsfähigkeit der Schuldnerin als zerstreut ansah, kann ihr nicht als im Sinne des § 28 Z 2 KO relevanter Sorgfaltsverstoß zur Last gelegt werden.

Der Revision ist deshalb ein Erfolg zu versagen.

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 41 und 50 ZPO.

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