Spruch:
Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.
Dem Angeklagten Dejan K***** fallen auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Gründe:
Mit dem angefochtenen Urteil ‑ das auch den unbekämpft gebliebenen Schuldspruch eines weiteren Angeklagten enthält ‑ wurde Dejan K***** des Verbrechens des Missbrauchs der Amtsgewalt nach §§ 12 zweiter Fall, 302 Abs 1 StGB (A/II) und des Vergehens der Bestechung nach §§ 12 zweiter Fall, 307 Abs 1 StGB (B/II) schuldig erkannt.
Danach hat er im Jänner/Februar 2011 in Wien
(A/II) mit dem Vorsatz, dadurch die Gemeinde Wien an ihrem Recht auf „Parkraumbewirtschaftung“ zu schädigen, einen Beamten, nämlich den als Vertragsbediensteten der Stadt Wien für die Ausstellung von Ausnahmebewilligungen gemäß § 45 Abs 4 StVO iVm § 43 Abs 2a Z 1 StVO („Parkpickerl“) zuständigen Manuel H*****, (zu ergänzen: wissentlich [vgl US 9]) dazu bestimmt, seine Befugnis, im „Rahmen“ (gemeint: Namen) der Gemeinde als deren Organ in Vollziehung der Gesetze Amtsgeschäfte vorzunehmen, dadurch zu missbrauchen, dass er unter Verwendung von Original‑Stanzmaschinen und Original-Parkpickerl-Rohlingen das gewünschte „Parkpickerl“ ohne entsprechenden förmlichen Antrag und ohne Prüfung der materiellen Voraussetzungen ausstellte, indem Dejan K***** dem Manuel J***** in Kenntnis des Tatplans das Kennzeichen MD***** und den von ihm gewünschten Bezirk samt Gültigkeitsdauer von zwei Jahren mitteilte;
(B/II) durch die zu Punkt A/II beschriebene Tat Manuel J***** dazu bestimmt, einem Amtsträger für die pflichtwidrige Vornahme eines Amtsgeschäfts einen Vorteil zu gewähren, indem er die Zahlung von 250 Euro für die (missbräuchliche) Ausstellung des „Parkpickerls“ in Aussicht stellte und auch tatsächlich leistete, wobei er es ernstlich für möglich hielt und sich damit abfand, dass zumindest ein Teil davon an Manuel H***** weitergeleitet werden würde.
Rechtliche Beurteilung
Dagegen wendet sich die aus Z 5, 5a, 9 lit a und 10a des § 281 Abs 1 StPO erhobene Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten.
Dem Vorwurf teils fehlender, teils offenbar unzureichender Begründung (Z 5 vierter Fall) zuwider hat das Erstgericht seine Feststellungen zur (auch Wissentlichkeit in Bezug auf den vorsätzlichen Fehlgebrauch der Befugnis des Beamten umfassenden) subjektiven Tatseite ‑ ohne Verstoß gegen Gesetze der Logik oder grundlegende Erfahrungswerte, sohin willkürfrei ‑ nicht nur aus den von ihm als glaubwürdig erachteten Bekundungen des Manuel J*****, sondern ‑ von der Beschwerde vernachlässigt ‑ auch aus der intellektuellen Ausstattung der (geschäftsgewandten) Angeklagten und aus allgemeiner Lebenserfahrung abgeleitet (US 12 f). Indem der Beschwerdeführer ‑ ohne an der Gesamtheit der Entscheidungsgründe Maß zu nehmen ‑ anhand eigenständig entwickelter Beweiswerterwägungen von jenen der Tatrichter abweichende Schlüsse zieht, zeigt er keinen Begründungsmangel im Sinne des angesprochenen Nichtigkeitsgrundes auf, sondern stellt den Urteilsannahmen ‑ außerhalb der Anfechtungskategorien der Z 5 ‑ bloß eigene Auffassungen („nicht davon auszugehen“; „indiziert gerade eben nicht die Wissentlichkeit“; „vielmehr naheliegend“) entgegen und greift solcherart unzulässig das Beweiswürdigungsermessen des Schöffengerichts an.
Ob (auch) der Beschwerdeführer anwesend war, als J***** äußerte, sein „Onkel beim Magistrat“ könne beiden Angeklagten „Parkpickerl“ „unter der Hand“ besorgen, ist weder entscheidend noch ‑ da die Tatrichter darin (erkennbar) keine notwendige Bedingung für den Ausspruch über entscheidende Tatsachen erblickten (RIS‑Justiz RS0116737, RS0099507 [T1], RS0116877 [T4]) ‑ erheblich (zu den Begriffen Ratz, WK‑StPO § 281 Rz 399 und 409) und damit kein Gegenstand der Mängelrüge.
Eine ‑ nach dem Rechtsmittelvorbringen „übergangene“ (Z 5 zweiter Fall) ‑ „Aussage“ des Nichtigkeitswerbers, wonach „zugunsten der I***** GmbH“, seiner nunmehrigen Dienstgeberin, „somit für eine Firma aufgrund eines Geschäftslokals eine Dauerparkberechtigung ausgestellt“ worden sei, kam in der Hauptverhandlung gar nicht vor. Ein in derselben zum Beweis dieses Umstands vorgelegter (ON 38 S 43) Bescheid entsprechenden Inhalts (Beilage ./A) hinwieder steht der Annahme, die Angeklagten hätten es „für gewiss gehalten, dass sie zum Bezug eines Parkpickerls für den ***** Bezirk, in dem sie beide ihr Büro, nicht aber ihren Hauptwohnsitz hatten, jeweils nicht berechtigt waren“ (US 9), schon deshalb nicht erörterungsbedürftig entgegen, weil zu den materiellen Voraussetzungen für die Ausstellung eines Parkklebers auch die ‑ nach den Urteilskonstatierungen ohnehin mit Wissen der Angeklagten unterbliebene (vgl US 6, 7 f und 9) ‑ vorherige Entrichtung der Parkometerabgabe zählt (§ 4 Abs 2 Wr PauschalierungsVO, Wr ABl 2007/29).
Die gegen die Überzeugungskraft der Aussage des Zeugen J***** gerichtete Tatsachenrüge verkennt, dass der kritisch-psychologische Vorgang der Würdigung eines Beweismittels einer Anfechtung aus Z 5a entzogen ist (RIS‑Justiz RS0099419, RS0099649, RS0099668). Weder die vom Rechtsmittelwerber hervorgehobenen, inhaltlich voneinander abweichenden Bekundungen des Genannten zur Frage, ob er „Provisionen“ erhalten habe, zu seiner Erinnerung, ob der Beschwerdeführer bei „dem Gespräch […] betreffend den Verkauf 'unter der Hand' […] dabei gewesen“ sei, sowie zur Anzahl der dem Mitangeklagten „vermittelten Parkpickerln“, noch die leugnende Verantwortung des Angeklagten selbst wecken beim Obersten Gerichtshof erhebliche Bedenken gegen die dem Ausspruch über die Schuld zugrunde liegenden entscheidenden Tatsachen.
Mit der Berufung auf den Zweifelsgrundsatz schließlich wird Nichtigkeit weder aus Z 5 noch aus Z 5a aufgezeigt, sondern (abermals) bloß in unzulässiger Weise die dem Schöffensenat vorbehaltene Beweiswürdigung bekämpft (Ratz, WK‑StPO § 281 Rz 454; RIS-Justiz RS0098534, RS0098483, RS0117445, RS0117561, RS0102162).
Die von der Rechtsrüge (Z 9 lit a) vermissten ‑ keineswegs bloß unter Verwendung von verba legalia getroffenen (so auch nominell verfehlt aus Z 5 erster Fall) - Feststellungen zur Wissentlichkeit des Beschwerdeführers in Bezug auf den Fehlgebrauch der Befugnis und zu seinem Vorsatz, einem Amtsträger für die pflichtwidrige Vornahme eines Amtsgeschäfts einen Vorteil zu gewähren, finden sich auf US 9 f. Weshalb es darüber hinaus noch der Konstatierungen zu seinem Wissen bedurft haben soll, „unter welchen Voraussetzungen […] die Erteilung eines Parkpickerls rechtlich erlaubt ist“, und inwieweit der Umstand, dass (nicht nur den Bewohnern von Verkehrsbeschränkungen betroffener Gebiete [§ 45 Abs 4 iVm § 43 Abs 2a Z 1 StVO], sondern) gemäß § 45 Abs 4a iVm § 43 Abs 2a Z 2 StVO auch „Personenkreisen, die in diesen Gebieten ständig tätig sind“, in einem ‑ hier ohnedies nicht eingehaltenen (US 6) ‑ behördlichen Verfahren Ausnahme-genehmigungen erteilt werden dürfen, die vom Erstgericht vorgenommene rechtliche Unterstellung hindern sollte, lässt die Beschwerde im Dunkeln.
Der ‑ nominell verfehlt auch als Mängelrüge (Z 5) erhobene ‑ Einwand, aus dem Urteil gehe nicht hervor, ob sich der Rechtsmittelwerber angesichts des von ihm bezahlten Betrags von 250 Euro „tatsächlich Parkgebühren sparte“ und worin der (gemeint offenbar: Vermögens‑)„Schaden der Gemeinde Wien“ bestehe, erklärt nicht, aus welchem Grund für die Tatbestandsverwirklichung nach § 302 Abs 1 StGB ‑ entgegen ständiger Judikatur des Obersten Gerichtshofs (RIS‑Justiz RS0096141) ‑ nicht die (vom Erstgericht angenommene) Schädigung an einem konkreten öffentlichen Recht ‑ nämlich jenem auf „Parkraumbewirtschaftung“ (gemeint: Einhebung der Parkometerabgabe [vgl § 45 Abs 4 und 4a StVO iVm §§ 2 und 4 Wr PauschalierungsVO]) ‑ genügen sollte.
Mit dem Argument, das Verhalten, zu dem der Beamte bestimmt worden sei, sei „kein Amtsgeschäft“, weil dieser dadurch keinen Hoheitsakt gesetzt habe, macht die Rüge nicht klar, warum nur Bescheiderlassung als Verwaltungshandeln in Vollziehung der Gesetze in Frage kommen sollte. Die auf jener prozessordnungswidrigen Kritik aufbauende Behauptung, der „Auftrag zum bloß rechtswidrigen Stanzen und Herausgeben eines Parkpickerls“ „führe“ zu einem „absolut untauglichen Versuch“ beider Taten, setzt sich abermals über die ‑ eine Subsumtion des vorgeworfenen Verhaltens als (jeweils vollendetes) Verbrechen des Missbrauchs der Amtsgewalt nach §§ 12 zweiter Fall, 302 Abs 1 StGB und Vergehen der Bestechung nach §§ 12 zweiter Fall, 307 Abs 1 StGB tragenden - tatrichterlichen Feststellungen hinweg.
Die Diversionsrüge (Z 10a) versäumt es, auf Basis des Urteilssachverhalts das Vorliegen der Voraussetzung fehlender oder zu vernachlässigender Tatfolgen im Sinn des § 198 Abs 3 StPO aufzuzeigen (vgl RIS‑Justiz RS0124801, RS0116823; zur Tatfolgenabwägung bei rechtswidriger Inanspruchnahme von Parkflächen vgl im Übrigen 17 Os 24/14d). Ebensowenig legt sie dar, in welcher Hinsicht die (jeden Vorsatz leugnende) Einlassung des Angeklagten, er würde den Parkkleber nicht in Auftrag gegeben haben, wenn er gewusst hätte, dass dieser „unter der Hand verkauft“ werde (ON 38 S 47 oben), Konstatierungen zu seiner Bereitschaft indiziert hätte, Verantwortung für das ihm zur Last gelegte Tatgeschehen zu übernehmen (zu diesem Kriterium diversionellen Vorgehens RIS‑Justiz RS0116299, RS0126734).
Bleibt anzumerken, dass Diversion bei Konkurrenz von Missbrauch der Amtsgewalt (§ 302 StGB) und Bestechung (§ 307 StGB) nach dem Wortlaut des § 198 Abs 3 StPO zwar nicht ausgeschlossen ist, ein beide Tatbestände verwirklichendes Verhalten aber einen signifikant höheren Unrechts‑ und Schuldgehalt (als die Begehung von Missbrauch der Amtsgewalt allein) aufweist, weshalb in solchen Fällen diese Form der Verfahrensbeendigung in aller Regel nicht in Betracht kommt (vgl 17 Os 28/14t mit Hinweis auf die Gesetzesmaterialien, denen zufolge bei Diversion „kein Zusammenhang“ [des Missbrauchs der Amtsgewalt] „mit Korruption vorliegen darf“ [AB 2457 BlgNR 24. GP 4]; zuletzt 17 Os 38/14p).
Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher bereits bei nichtöffentlicher Beratung sofort zurückzuweisen (§ 285d Abs 1 StPO).
Der Kostenausspruch beruht auf § 390a Abs 1 StPO.
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