Spruch:
Dem Rekurs wird nicht Folge gegeben.
Begründung
I. Ausgangslage
M***** KG (in der Folge: MPV) und die P***** GmbH (in der Folge: PGV) sind Pressegroßhandelsunternehmen. MPV vertreibt im österreichischen Einzelhandel Zeitungen und Zeitschriften. PGV vertreibt im österreichischen Einzelhandel Zeitschriften, vor allem deutscher Verlage.
MPV ist im Jahr 2007 aus einem Zusammenschluss mit der M***** KG („M*****“) hervorgegangen. Unbeschränkt haftende Gesellschafterin von MPV ist die M***** GmbH (MPV GmbH). Die Anteile an der MPV GmbH stehen zu 75,1 % im Eigentum der Buchhandlungs‑ und Zeitungsbüro M***** KG und zu 24,9 % im Eigentum der M***** KG.
PGV wurde im Jahr 2012 von V***** GmbH an die Unternehmensgruppe T***** veräußert.
Im Bereich des Zeitschriftenpressegroßhandels in Österreich sind die beiden Anmelderinnen die einzigen Anbieterinnen, somit Duopolisten, auf dem Markt für Zeitungspressegroßhandel ist die MPV einziger Anbieter in Österreich und damit als Monopolist zu betrachten.
Beide Unternehmen nutzen ihre vorhandene Logistik auch für Dienstleistungen im Bereich der Kontraktlogistik, etwa für die Zustellung von Büchern, Bankbelegen oder Reisekatalogen.
II. Zusammenschlussvorhaben
Mit Schriftsatz vom 22. 2. 2013 meldeten die MPV und die PGV das Zusammenschlussvorhaben der Gründung eines Gemeinschaftsunternehmens (in der Folge: GU) an, das die logistischen Leistungen für den Vertrieb von Presseerzeugnissen (Zeitungen und Zeitschriften) und ‑ zusätzlich ‑ für Produkte erbringt, die logistisch mit Presseerzeugnissen kombiniert werden können (wie etwa Bücher, Reisekataloge, Werbeträger, Plakate oder Ersatzteile). Im Bereich der Presselogistik soll das GU nur für seine Gesellschafter tätig werden, also auf keinem externen Markt in Erscheinung treten.
Die geplante Tätigkeit des GUs für außenstehende Kunden sei das sogenannte „Drittgeschäft“, das dem sachlich relevanten Markt für Kontraktlogistik zuzurechnen sei. Der Begriff Kontraktlogistik bezeichne die Organisation von Transport, Umschlag und Lagerung von Waren sowie die Auftragsabwicklung und das logistische Projektmanagement. Alle mit der logistischen Leistungserbringung verbundenen Wertschöpfungsschritte sollen zusammengelegt werden, und zwar für die Abholung beim Lieferanten (Verlag), Wareneingang und ‑prüfung, Lagerung, Verteilung auf die Kommissionierstellen, Kommissionierung an den Zentralstandorten, Warenausgang, Verteilung (Transport zu den Depots bzw Zentralstandorten), Kommissionierung am Depot, Zustelllogistik, (Remission‑)Einholung, Remissionsaufarbeitung, Entsorgung, Reklamationsabwicklung (nicht Presseeinzelhändler), Administrationsaufgaben für das Drittkundengeschäft.
Die wirtschaftliche Zielsetzung der Gründung des Gemeinschaftsunternehmens sei es, die genannten Logistikleistungen für die Antragstellerinnen zu optimalen Kosten zu erbringen. Dabei sei davon auszugehen, dass dadurch eine Einsparung in der Höhe von mindestens 14 bis 17 % auf Basis der Ist‑Kosten 2011 erzielt werde. Das Drittkundengeschäft solle die Verkaufsrückgänge im Bereich Presse kompensieren. Die Kapitalausstattung in der Startfinanzierung für das GU erfolge durch die Anmelderinnen zu gleichen Teilen, die Differenz zwischen der erforderlichen Kapitalausstattung und den eingebrachten Vermögenswerten würden jene Anlagen, Betriebsmittel und angestellte Mitarbeiter eingebracht werden, die heute zur logistischen Leistungserbringung eingesetzt werden, sowie zur logistischen Leistungserbringung genutzte, kapselbare und beim GU einsetzbare IT‑Systeme und Applikationen. Es werde die Umsetzung des GUs als GmbH angestrebt, wobei die Antragsteller paritätisch (je 50 %) beteiligt sein werden.
Das GU werde voraussichtlich 300 Mitarbeiter beschäftigen.
Die MPV und PGV würden nach Durchführung des Zusammenschlussvorgangs weiterhin eigenständig auf dem Markt für das eigentliche Pressegrossogeschäft tätig sein. Die Wettbewerbsverhältnisse zwischen MPV und PGV entsprächen weiterhin den Konkurrenzbeziehungen, wie sie zwischen Nationalvertrieben in Deutschland bestehen bzw würden sogar darüber hinausgehen. MPV und PGV würden zwar den gleichen Logistikpartner nutzen, aber mit ihren eigenen Leistungen im Wettbewerb um Geschäftsbeziehungen mit Verlagen und Einzelhandelsstellen stehen.
Das Zusammenschlussvorhaben zwischen der PGV und MPV wird in ihrem Memorandum of Understanding wie folgt spezifiziert:
„Die Parteien wollen zur Bündelung ihrer logistischen Tätigkeiten ein Joint Venture (im Folgenden JV) mit dem Ziel des Ausgleiches eines rückläufigen Marktes und der wirtschaftlichen Führung von Drittkundengeschäft gründen.
(...).
§ 1 Tätigkeit und Zielsetzung des Joint Venture
Das JV erbringt logistische Leistungen für den Vertrieb von Presseerzeugnissen und logistisch ähnlichen oder kombinierbaren Produkten. Die primären Kunden des JV sind die Parteien, weitere Kunden (im Folgenden Drittkunden) können bedient werden. Dabei soll das Geschäft mit Drittkunden nicht zu Lasten der logistischen Leistungserbringung für die Parteien gehen.
Im Bereich Presselogistik wird das JV nur für die Parteien tätig. Die Parteien werden logistische Leistungen für den Markt Österreich vom JV beziehen und das Produktspektrum gemäß § 2 künftig nicht mehr selbst erbringen.
§ 2 Produktspektrum für die logistische Abwicklung
Das JV wird die Logistik für folgende bestehende Produkte anbieten:
‑ Tageszeitungen
‑ Zeitschriften
‑ Bücher
‑ Bankenbelege
‑ Werbeträger (Plakate)
‑ Ersatzteile
Darüber hinaus soll das JV die Logistik für logistisch ähnliche und kombinierbare Produkte anbieten.
§ 3 Kerngeschäftsprozesse
Folgende Kerngeschäftsprozesse werden vom JV sowohl physisch wie auch informatorisch erbracht:
‑ Abholung beim Lieferanten (Verlag)
‑ Wareneingang und ‑prüfung
‑ Lagerung
‑ Verteilung auf die Kommissionierstellen
‑ Kommissionierung an den Zentralstandorten
‑ Warenausgang
‑ Verteilung (Transport zu den Depots bzw Zentralstandorten)
‑ Kommissionierung am Depot
‑ Zustelllogistik
‑ (Remissions‑)Einholung
‑ Remissionsaufarbeitung
‑ Entsorgung
‑ Reklamationsabwicklung (nicht Presseeinzelhändler)
‑ Administrationsaufgaben für Drittkundengeschäft
Darüber hinaus kann das JV weitere damit im Zusammenhang stehende Prozesse durchführen.
§ 4 Ableitung der Rahmenbedingungen bei Einführung bestehender Best Practices
Die Parteien beabsichtigen mit der Übertragung ihrer logistischen Leistungserbringung auf das JV bezüglich Prozessen, Anlagen und Standorten jeweils die beste Lösung zu implementieren (Best Practice Ansatz).
Um die initialen Aufwände zur Realisierung von Best Practices verursachungsgerecht auf das JV zu übertragen, bringen beide Parteien Folgendes in das JV ein:
‑ Heute zur logistischen Leistungserbringung eingesetzte Anlagen und Betriebsmittel;
‑ Heute zur logistischen Leistungserbringung angestellte Mitarbeiter;
‑ Heute zur logistischen Leistungserbringung genutzte, kapselbare und beim JV einsetzbare IT‑Systeme und Applikationen. (...)
§ 5 Unterstützende Geschäftsprozesse
Die unterstützenden Geschäftsprozesse für das JV werden entweder innerhalb des JV erbracht (Eigenleistung) oder als Fremdleistung entweder von einer der Parteien oder von dritten Anbietern bezogen. Dies umfasst primär folgende Prozesse:
‑ Buchhaltung (Fremdleistung von einer der Parteien)
‑ Controlling (Fremdleistung von einer der Parteien)
‑ IT‑Systemmanagement und Schnittstellen zu den Parteien
‑ Telekommunikation
‑ Personal (Fremdleistung von einer der Parteien)
‑ Einkauf
‑ Recht
Mit Ausnahme des Prozesses 'Recht' sollen die unterstützenden Geschäftsprozesse vornehmlich als Fremdleistung von einer der Parteien oder innerhalb des JV erbracht werden. IT‑Funktionsbausteine, die nicht kapselbar und beim JV separat einsetzbar sind, werden von einer der Parteien oder beiden zu verursachungsgerechten Vergütungssätzen bereitgestellt.
IT‑Funktionsbausteine, die von einer der Parteien zur Nutzung durch das JV vorgegeben werden, müssen für das JV ohne Kostenfolge bleiben.
Der Drittkundenvertrieb der Leistungen des JV obliegt dem JV selbst.
§ 6 Definitionen der wirtschaftlichen Zielsetzung
Es ist die wirtschaftliche Zielsetzung des JV:
‑ Die durch § 2 und § 3 definierten Leistungen für die Parteien zu optimalen Kosten zu erbringen. Dabei gehen die Parteien davon aus, dass eine Einsparung in der Höhe von mindestens 14 bis 17 Prozent auf Basis der Ist‑Kosten 2011 vor Beginn der Kooperation der Parteien erzielt wird.
‑ Das Drittkundengeschäft soll zumindest die Verkaufsrückgänge im Bereich Presse kompensieren.
§ 7 Grundlagen der Bildung der Verrechnungspreise
Für das erste Jahr des Geschäftsbetriebes des JV erfolgt die Vergütung der Leistungen des JV durch die Parteien jeweils in Höhe der Ist‑Kosten 2011 vor Beginn der Kooperation der Parteien.
Ab dem 2. Jahr des Geschäftsbetriebes des JV soll ein Leistungspreis basiertes Vergütungssystem realisiert werden.
§ 8 Kapitalausstattung und Startfinanzierung
Die Kapitalerstattung und die Startfinanzierung für das JV erfolgt durch die Parteien zu gleichen Teilen. Die Differenz zwischen der erforderlichen Kapitalausstattung und den eingebrachten Vermögenswerten gemäß § 4 erfolgt durch Kapitaleinlagen.
Die Kapitalausstattung soll adäquat zum Geschäftszweck und Geschäftsvolumen erfolgen.
(...)
§ 10 Gremien und Key‑Player (Geschäftsführer)
Die Parteien streben die Umsetzung des JV als GmbH mit einer Doppelgeschäftsführung mit einem Geschäftsverteilungsplan, wobei jede Partei einen Geschäftsführer nominiert, an. Jede Partei kann bis zu zwei Führungskräften benennen, die mindestens für ein Jahr ab Beginn der Tätigkeit eine Funktion im JV wahrnehmen sollen.
Zur Vorbereitung des JV sollen diese Personen zum Projektstart benannt sein.
§ 11 Sitz des Unternehmens
Rechtlicher Sitz des Unternehmens soll Wien oder Salzburg sein. Hauptstandorte sind Wien und Salzburg.
§ 12 Dauer und Beendigung des Joint‑Venture‑Vertrages
Die Gesellschaft ist auf unbefristete Zeit angelegt. Im Gesellschaftsvertrag werden Regelungen zur Auflösung des JV verankert, in jedem Fall sind gegenseitige Vorkaufsrechte für die Parteien vorzusehen (...).“
Das Zusammenschlussvorhaben betrifft somit die Zusammenlegung der Logistikfunktionen von PGV und MPV im Rahmen der Presselogistik und sonstigen Kontraktlogistik, wobei infolge Einschränkung des ursprünglichen Zusammenschlussvorhabens der Bereich der Buchlogistik vom GU ausgenommen ist.
III. Prüfungsantrag der BWB
Die Bundeswettbewerbsbehörde (in der Folge: BWB) beantragte
a) das angemeldete Vorhaben (Zusammenschluss) einer Prüfung gemäß §§ 11 f KartG zu unterziehen;
b) in eventu ‑ sollte dieses Zusammenschlussvorhaben insgesamt als nicht anmeldebedürftig angesehen werden ‑ den unter a) gestellten Prüfungsantrag zurückzuweisen;
c) in eventu den angemeldeten Zusammenschluss in jenem Umfang zurückzuweisen, als das angemeldete Vorhaben hinsichtlich des Geschäftsbereichs „Pressegrosso“ nicht die Voraussetzungen der §§ 7 ff KartG für eine kartellgerichtliche Zusammenschlussprüfung erfüllt.
Gleichzeitig stellte die BWB den Antrag, die bereits bestehende Kooperation der Anmelderinnen im Bereich Pressegrosso gemäß § 1 iVm §§ 26 f KartG abzustellen, in eventu allenfalls Verpflichtungszusagen zu klären.
Dazu brachte sie im Wesentlichen vor, das angemeldete Gemeinschaftsunternehmen werde laut den Angaben in der Anmeldung auf absehbare Zeit deutlich mehr als 80 % seines Gesamtumsatzes mit den Muttergesellschaften erzielen; lediglich im Bereich der Kontraktlogistik werde das Gemeinschaftsunternehmen auch aktiv als Anbieter von Dienstleistungen am Markt auftreten. Das Gemeinschaftsunternehmen sei daher kein Vollfunktionsunternehmen im Sinne von § 7 Abs 2 KartG.
Jene Geschäftsbereiche, in denen das Gemeinschaftsunternehmen ohne selbständigen Marktauftritt aktiv werde und daher nicht als Vollfunktions‑Gemeinschaftsunternehmen angesehen werden könne, würden weit überwiegen. Daher sei im Verfahren eine Prüfung des konzentrativen Teils des Vorhabens (Kontraktlogistik) im Rahmen der Fusionskontrolle gemäß § 12 KartG vorzunehmen und der kooperative Teil des Vorhabens den Regeln der Kontrolle von Kartellen gemäß §§ 1, 26 ff KartG bzw Art 101 AEUV zu unterstellen.
Das Vorhaben impliziere eine weitreichende Vereinheitlichung der Kosten der beiden einzigen Marktteilnehmer im Bereich des Pressegrossos. Leistungsspektrum und Preise beider Marktteilnehmer würden sich immer weiter annähern. Für die Verlage sei es daher zukünftig immer weniger möglich, mit der Androhung des Wechsels des Vertriebspartners Preissteigerungen zu verhindern.
IV. Prüfungsantrag des Bundeskartellanwalts
Der Bundeskartellanwalt stellte dieselben Anträge wie die BWB und schloss sich den Ausführungen der BWB an. Ergänzend brachte er vor, für den Fall, dass das Gemeinschaftsunternehmen als kooperatives Vollfunktions‑Gemeinschaftsunternehmen gesehen werde, seien im Rahmen des Fusionskontrollverfahrens die kooperativen Aspekte anhand der §§ 1 und 2 KartG zu prüfen; sollte das Gemeinschaftsunternehmen hingegen nicht als Vollfunktions‑Gemeinschaftsunternehmen gesehen werden, seien ausschließlich die kooperativen Aspekte anhand der für Kartelle geltenden Bestimmungen zu prüfen.
V. Entscheidung des Erstgerichts
Das Erstgericht sprach aus, den angemeldeten und um den Geschäftsbereich „Buchlogistik“ eingeschränkten Zusammenschluss nicht zu untersagen; es machte jedoch weitreichende Auflagen zur Bedingung seiner Entscheidung. Insbesondere wurden die Antragsgegnerinnen dazu verpflichtet, ohne zeitliche Beschränkung auf das Recht zur Kündigung bestehender Verlagsverträge zu verzichten und jedem neuen Verlagskunden einen branchenüblichen Verlagsvertrag mit einer maximalen Großhandelsspanne von 50 % je verkauftem Exemplar anzubieten, in dem sie vereinbaren dürfen, pro geliefertem Exemplar eine Mindestvergütung von 0,20 EUR zu verrechnen; weitere Auflagen bestimmen, dass der Kündigungsverzicht ausschließlich die Antragsgegnerinnen bindet, während die Verlage Konditionen neu verhandeln und bestehende Verträge kündigen können, und dass die Antragsgegnerinnen verpflichtet sind, dass das GU seine Buchhaltung, Controlling, Personalverwaltung und IT-Administration selbst besorgt oder durch Dritte besorgen lässt.
V.1. Feststellungen des Erstgerichts
Das Erstgericht ging im Wesentlichen von folgendem Sachverhalt aus:
1. Leistungsspektrum der Pressegrossisten:
Die Tätigkeit der beiden Grossisten umfasst folgende Bereiche:
1. Akquisition der Verlage und Einzelhändler
2. Vereinbarung mit Einzelhändlern, Vertriebsunterstützung
3. Bestellung der Objekte beim Verlag
4. Disposition
5. Übernahme der Objekte von den Verlagen und Kommissionierung
6. Transport der Pakete
7. Zuteilung der Pakete zu Zustelltouren; Auslieferung und Einholen der Retouren
8. Übergabe der Retouren an die Depots und Transport zu Remissionsstellen
9. Retourenerfassung und Beauftragung bei den Remissionsstellen
10. Verrechnung mit dem Einzelhändler
11. Remissionsabrechnung und Reporting an Verlage.
Die Kernfunktion eines Pressegrossisten ist der Pressevertrieb. Die Logistik ist nur eine Teilfunktion im Aufgabenbereich eines Grossisten.
Die Presselogistik beinhaltet verschiedene Sortieraufgaben und den Transport sowohl im Rahmen der Zustellung der Exemplare an die Einzelhändler als auch bei der Abholung und Entsorgung und Weiterverwendung der remittierten Exemplare. Weitere wichtige Aufgabe eines Pressegrossisten ist vor allem die Akquise von Verlagen und Einzelhändlern, die Vertriebssteuerung (Bestellung bei den Verlagen), die Disposition (Zuteilung von bestellten Zeitungen und Zeitschriften zu den einzelnen Händlern aufgrund der Verkaufsprognose) und das Marketing.
2. Logistikprozesse im Pressegrosso, die vom GU übernommen werden:
a) Kommissionierung
In der Kommissionierung werden die Zeitschriften und Tageszeitungen auf Basis der Disposition durch den Grossisten in einzelne, mit Kundenadresse und Kundennummer versehene Pakete für die weitere Zustellung zu den Einzelhändlern sortiert.
MPV betreibt zwei Kommissionierungsanlagen in den Versandhäusern in Salzburg und Wien. Jedes Depot wird von beiden Kommissionierungsstandorten aus beliefert, was bedeutet, dass jeder Titel nur an einem Kommissionierungsstandort kommissioniert wird.
PGV betreibt ebenfalls zwei Kommissionierungsanlagen in den Versandhäusern Anif (bei Salzburg) und Wien. Anders als bei MPV wird jedes Depot nur entweder von Anif oder von Wien aus beliefert. Somit muss jeder Titel sowohl in Anif als auch in Wien kommissioniert werden.
b) Transport
Der Transport der Presseartikel unterteilt sich in die Lieferung von Zeitschriften und Zeitungen vom Kommissionierungsstandort zu den Depots (Zubringer) und in die Lieferung von den Depots zu den Einzelhändlern (Zustellern). Bei der Zustellung der Kundenpakete zu den Einzelhändlern werden gleichzeitig die Retouren wieder eingesammelt und zurück zu den Depots gebracht. Der Zubringertransport für Zeitschriften von der Kommissionierung zu den Depots ist bei PGV und MPV ähnlich organisiert.
Die Zustellung der Zeitschriften und Zeitungen zu den Einzelhändlern erfolgt mit Sprintern durch externe Frächter. Die Verträge der Grossisten mit mehreren hundert Frächtern stellen ein wichtiges Vermögensgut der Grossisten dar. Die Kundenpakete werden vom Grossisten abends/nachts im Depot angeliefert und dort von den Frächtern auf die vom Grossisten vorgegebenen einzelnen Zustelltouren aufgeteilt und auf Lieferfahrzeuge umgeladen. Die Depots werden von den externen Frächtern betrieben und meist von den Grossisten angemietet. Der Frächter lädt bei jedem Händler seiner Zustelltour die auszuliefernden Kundenpakete ab und sammelt, sofern vorhanden, die Remissionen ein. Diese bringt er am Ende seiner Tour zurück zum Depot.
c) Retourenbearbeitung
Bei der Retourenbearbeitung handelt es sich um die Prozesse, die mit der Rücknahme der nicht verkauften Zeitschriften und Zeitungen verbunden sind. Der Händler zahlt nur für die tatsächlich verkauften Exemplare. Nicht verkaufte Zeitschriften und Zeitungen müssen vom Grossisten wieder abgeholt und mit dem Verlag abgerechnet werden (der Verlag trägt das Mengenrisiko).
Die Remissionsware wird vom Einzelhändler zunächst als Paket verschnürt mit Deckblatt (Informationen und Barcode für jeden Einzelhändler) oben auf in die Lieferbox gelegt.
Da die Remissionen von PGV und MPV separat abgewickelt werden, muss jeder Händler zwei Pakete schnüren, und zwar eines mit den von MPV vertriebenen Zeitschriften und Zeitungen und eines mit den von PGV vertriebenen Zeitschriften. Die Remissionspakete werden dann bei der Anlieferung der Neuware vom Frächter eingesammelt und am Ende der Zustelltour im Depot abgegeben. Ca 13 bis 14 Prozent der Presseerzeugnisse werden abgesammelt.
Die Retouren beinhalten wichtige Informationen für die Grossisten. Die Informationen werden zum einen zur weiteren Planung in der Disposition und zum anderen für die Verrechnung mit den Verlagen und Einzelhändlern benötigt. Im Rahmen der Retourenbearbeitung werden somit sensible Informationen, wie zB die Verteilung der Ist‑Zahlen je Einzelhändler erhoben.
3. Kosten der Logistikprozesse im Pressegrosso:
Bei der PGV beliefen sich die Gesamtkosten (ohne Wareneinsatz) im Jahr 2011 auf 29,1 Mio EUR. Davon entfielen 13,96 Mio EUR auf die Presselogistik und 4,19 Mio EUR auf die Drittkundenlogistik. Die 10,95 Mio EUR für sonstige Aufwendungen teilen sich in 7,25 Mio EUR Kosten für das eigentliche Pressegrossogeschäft (Vertrieb, Verkauf, Verwaltung, IT) sowie 3,7 Mio EUR für sonstige Aufwendungen, die weder das Pressegrosso noch das Drittkundengeschäft betreffen. Damit machen die Logistikkosten der PGV im Jahr 2011 einen Anteil von ca 48 % der Pressekosten aus.
Die Gesamtkosten (ohne Wareneinsatz) von MPV beliefen sich im Jahr 2011 auf 43,3 Mio EUR. Davon entfielen 31,3 Mio EUR auf die Logistik im Pressebereich, knapp 2,0 Mio EUR waren Logistikkosten im Drittkundenbereich und 5,4 Mio EUR Logistikkosten für Sonderleistungen des Pressevertriebs. Die übrigen 4,7 Mio EUR für sonstige Aufwendungen stellen die Kosten für das eigentliche Pressegrossogeschäft dar. Damit machten die Presselogistikkosten der MPV einen Anteil von ca 73 % an den Gesamtkosten (ohne Wareneinsatz) und von ca 87 % an den Pressekosten aus.
Im gewichteten Mittel betrugen die Presselogistikkosten 79 % der Pressekosten von PGV und MPV.
4. Derzeitige Kooperationsvereinbarung:
MPV und PGV haben bereits im Oktober 2011 eine Kooperation begonnen, in der sie einen Teil ihrer logistischen Leistungen zusammengelegt haben (Tourenkooperation). Bei dieser Tourenkooperation wurden bis 31. 5. 2013 die Zustellungstransporte von PGV und MPV in allen Bundesländern außer Wien und Vorarlberg gemeinsam durchgeführt, wobei PGV für die Abwicklung der Zustellungen in den Bundesländern Salzburg, Oberösterreich und Steiermark und MPV für die Zustellungen in Tirol, Kärnten, Niederösterreich und im Burgenland zuständig ist.
Seit April 2012 wird auch mit Bezug auf die Retourenbearbeitung zwischen den Grossisten kooperiert. Zusätzlich zu den Remissionsstandorten in Salzburg haben beide Grossisten den gleichen Dienstleister in Senec mit den Remissionen für Ost‑Österreich (Wien, Niederösterreich, Burgenland) beauftragt. PGV hat die Bearbeitung der Remissionen in Ost‑Österreich auch für MPV übernommen. Zu diesem Zweck bedient sich PGV einer Anlage in Senec in der Slowakei. Die Dienstleistung der PGV besteht vor allem darin, die Retouren von MPV in einer Scanning‑Anlage zu erfassen. Darüber hinaus erbringt PGV für MPV einige Zusatzdienstleistungen.
Seit 1. 6. 2013 wurde die Tourenkooperation auch auf Wien und Vorarlberg ausgedehnt.
Die Logistikprozesse Kommissionierung, Zubringertransport und übrige Remissionsbearbeitung werden weiterhin separat vom PGV und MPV durchgeführt.
5. Kostenangleichung durch Kooperations‑ vereinbarung bis 1. 6. 2013 (ohne Vorarlberg und Wien):
Die Pressegesamtkosten vom PGV im Jahr 2011 betrugen 21,2 Mio EUR, die Logistikkosten 14,0 Mio EUR. Davon entfielen 5,7 Mio EUR auf den Bereich „Zustellung“. Der Pressekostenbereich, der in die Kooperation eingebracht werden würde, macht cirka 24 % der gesamten Pressekosten vom PGV aus.
Die Pressegesamtkosten von MPV im Jahr 2011 betrugen 36 Mio EUR, die Logistikkosten 31,3 Mio EUR. Davon entfielen 17,8 Mio EUR auf den Bereich Zustellung. Der Kostenbereich, der in die Kooperation eingebracht werden würde, macht also cirka 46 % der gesamten Pressekosten der MPV aus.
Im gewichteten Mittel machen die Zustellungskosten ausgenommen Wien und Vorarlberg cirka 38 % der Pressegesamtkosten vom PGV und MPV im Jahr 2011 aus.
Da sich im Rahmen der bis 31. 5. 2013 bestandenen Tourenkooperation nur die Kosten für die Zustellung in den betroffenen Bundesländern angleichen würden, käme es im gewichteten Mittel zu einer Kostenangleichung von cirka 38 % der Pressegesamtkosten.
6. Kostenangleichung durch erweiterte Kooperation in allen Bundesländern:
Auch bei der erweiterten Kooperation werden die Logistikprozesse Kommissionierung, Zubringertransport und Remissionsbearbeitung weiterhin separat von PGV und MPV durchgeführt. Die Pressegesamtkosten von PGV betrugen im Jahr 2011 21,2 Mio EUR, die Logistikkosten 14,0 Mio EUR. Davon entfielen 5,7 Mio EUR auf den Bereich „Zustellung“. Der Kostenbereich, der in die Kooperation eingebracht werden würde, macht also cirka 27 % der gesamten Pressekosten von PGV aus.
Die Pressegesamtkosten vom MPV im Jahr 2011 betrugen 36 Mio EUR, die Logistikkosten 31,3 Mio EUR. Davon entfielen 17,8 Mio EUR auf den Bereich „Zustellung“. Der Kostenbereich, der in die Kooperation eingebracht werden würde, macht also 49 % der gesamten Pressekosten von MPV aus.
Im gewichteten Mittel machen die Zustellkosten cirka 41 % der Pressegesamtkosten von PGV und MPV im Jahr 2011 aus.
Da sich im Rahmen der erweiterten Kooperation nur die Kosten für die Zustellung angleichen würden, käme es im gewichteten Mittel zu einer Kostenangleichung von cirka 41 % der Pressegesamtkosten.
7. Kostenangleichung bei Gründung des angemeldeten Gemeinschaftsunternehmens:
Im Rahmen des GUs würden sämtliche Logistikprozesse von PGV und MPV zusammengelegt, und die in Anspruch genommenen Logistikleistungen würden jeweils MPV und PGV zu gleichen Preisen vom GU in Rechnung gestellt werden. Daher werden die Logistikkosten im Fall eines GUs für PGV und MPV identisch.
Presselogistikkosten machen bei PGV cirka 66 % der Pressegesamtkosten aus. Bei MPV machen die Presselogistikkosten cirka 87 % der Gesamtkosten aus. Die anteilig wesentlich höheren Presselogistikkosten von MPV sind vor allem auf den Vertrieb von Tageszeitungen zurückzuführen, der aufgrund des zeitkritischen Produkts wesentlich höhere Anforderungen an die Logistikprozesse stellt.
Im gewichteten Mittel machen die Presselogistikkosten cirka 79 % der Pressegesamtkosten vom PGV und MPV aus. Der Grad der Pressekostenangleichung zwischen PGV und MPV würde also im Fall des GU bei ungefähr 79 % liegen.
Allerdings wird beim gewichteten Mittel nicht zwischen Zeitschriften und Zeitungen unterschieden, obwohl PGV nur Zeitschriften vertreibt. Im Zeitschriftenbereich sollte der Grad der Pressekostenangleichung geringer sein, da die Logistikkosten für Zeitungen höher als die für Zeitschriften sind, sodass die Zeitschriftenkostenangleichung im GUs mit 66 % zu erwarten ist.
8. Effizienzgewinne:
Die sich aus einer Zusammenarbeit im Logistikbereich zwischen PGV und MPV ergebenden Effizienzgewinne sind abhängig vom Grad der Kooperation.
Bei einer Tourenkooperation ohne Wien und Vorarlberg ist von einem kooperationsspezifischen Effizienzgewinn in Höhe von 2,99 Mio EUR pro Jahr, bei der erweiterten Kooperation inklusive der Gebiete Wien und Vorarlberg von einem kooperationsspezifischen Effizienzgewinn in der Höhe von 3,23 Mio EUR pro Jahr auszugehen.
Durch die Gründung des GUs sind weitere Effizienzgewinne durch die Zusammenlegung der Kommissionierung, die Zusammenlegung des Zubringertransports von Zeitschriften, den Wegfall der Shuttletransporte in der gemeinsamen Remissionsbearbeitung, die Zusammenlegung der Logistikverwaltung und die Zusammenlegung der Remissionsbearbeitung zu erzielen. Insgesamt ergibt sich ein zusätzlicher ‑ zu dem durch die Kooperation erreichbaren ‑ Effizienzgewinn in der Höhe von 2,97 Mio EUR pro Jahr.
Der Gesamteffizienzgewinn beläuft sich daher auf 6,4 Mio EUR pro Jahr für die beiden Anmelderinnen.
Effizienzgewinne bei den Einzelhändlern könnten dadurch erzielt werden, dass der Sortieraufwand, der bei der Remission entsteht, durch die Einführung der „Sackremission“ verringert werden könnte. Daraus ergibt sich ein Einsparpotential bei den Einzelhändlern in Höhe von 3,5 Mio EUR pro Jahr.
9. Marktabgrenzung:
Die Aktivitäten im Bereich Pressegrossisten und Presselogistik können derzeit nur von MPV und PGV angeboten werden. Aufgrund der Notwendigkeit, zu jedem Zustelltag das gesamte Tourennetz in der Nacht aufzubauen und aufgrund der bestehenden Kontakte der Grossisten zu den Verlagen und Einzelhändlern, sowie der für Auflagenregulierung erforderlichen Erfahrung für Zeitungen und/oder Zeitschriften kommt kein anderer Anbieter, beispielsweise aus der sonstigen Kontraktlogistik, als relevanter Wettbewerber in Betracht. Die Leistungen werden von den Pressegrossisten jeweils österreichweit erbracht.
Presseprodukte weisen einige Besonderheiten auf:
Zunächst unterliegt der Handel mit Presseprodukten ‑ insbesondere aus Sicht eines Einzelhändlers ‑ großen Schwankungen.
Presseprodukte müssen als verderbliche Güter eingestuft werden, weil der Wert spürbar sinkt, wenn die dargestellten Inhalte an Aktualität verlieren. Am Deutlichsten lässt sich diese Eigenschaft am Beispiel von Tageszeitungen illustrieren.
Es besteht eine starke verlagsseitige Kontrolle der gesamten Wertschöpfungskette im Pressemarkt. Die vollständige Übernahme des Absatzrisikos durch den Verlag durch Gewährung des Remissionsrechts ist unter anderem auf das starke Interesse der Verleger an einer hohen Auflage und deren geringen Nachfrageunsicherheit zurückzuführen. Das Remissionsrecht stellt sicher, dass der Pressevertrieb für den Einzelhandel ein weitgehend risikoloses Geschäft ist, und dass die Detailverkaufsstellen bereit sind, selbst solche Titel in den Vertrieb zu übernehmen, bei denen nicht unbedingt mit sicherem Absatz gerechnet werden kann.
Auch für die Grossisten ist durch das Remissionsrecht das kommerzielle Risiko, das mit dem Vertrieb einer großen Vielfalt von Titeln, die in sehr unterschiedlichem Maße marktgängig sind, verbunden ist, gering. Das Remissionsrisiko wird jedoch nicht vollständig auf die Verlage übertragen, da auch die Logistikkosten der Grossisten mit der Remissionshöhe ansteigen. Dadurch haben auch die Grossisten einen Anreiz, bei vorbestimmter Verteilung der Titel auf die Einzelhändler die Remission möglichst gering zu halten.
Im Zeitungs‑ und Zeitschriftenlogistikbereich existiert österreichweit kein alternativer Anbieter, sodass keine Ausweichmöglichkeit für die Marktteilnehmer besteht.
Markteintrittshürden im Bereich Presselogistik bilden die zeitkritische Zustellung, die Erstellung eines gesamten Logistiknetzes inklusive der Kontakte zu den Verlagen und der Kommissionierungsarbeit.
Im Rahmen der Tourenkooperation werden die Leistungen der Presselogistik von den Grossisten gegenseitig veräußert, das heißt in den Gebieten, in denen PGV zuständig ist, PGV die Leistungen für die MPV erbringt und an MPV veräußert, und umgekehrt, in den anderen Gebieten MPV die Leistungen für PGV erbringt und entsprechend veräußert. Es handelt sich um eine marktliche Aktivität, da diese Leistungen in einem Vertrag spezifiziert sind, und gegen Entgelt zur Verfügung gestellt werden, und das Entgelt auf Basis von Kosten vereinbart wird. Wenn das GU nicht zustande käme, wäre auch langfristig eine marktliche Beziehung zwischen den jeweiligen Unternehmen vorhanden.
Aufgrund der beschriebenen Kostenstruktur können dritte Anbieter die Presselogistikleistungen nicht zu vergleichbaren Konditionen anbieten. Die dargestellten Produktunterschiede zwischen Zeitungen und Zeitschriften (besonders schnelle Verderblichkeit, späte Anlieferung von den Verlagen, Erforderlichkeit der täglichen Zustellung usw) führen dazu, dass in Österreich vier getrennte relevante Märkte bestehen, und zwar für 1. Zeitungsgrosso, 2. Zeitungslogistik, 3. Zeitschriftengrosso und 4. Zeitschriftenlogistik. Die Zusammenschlussparteien sind auf den genannten Zeitschriftenmärkten als Duopol tätig, auf dem Markt für Zeitungsgrosso ist die MPV als Monopolist zu betrachten.
Durch die Gründung des GUs werden Vermögenswerte übertragen, mit denen die Marktposition im Bereich der Presselogistik zur Gänze übertragen wird. Die Vermögenszahlen sind wesentlich, da sie sowohl für die Erfüllung der Aufgaben essentiell sind, als auch für den Anteil an der Wertschöpfung bedeutend sind.
Die Änderung der Marktstruktur besteht darin, dass derzeit bestehende Markttransaktionen durch die GU‑Gründung zu Hilfsfunktionen für die Mütter werden. Dies ist für sich genommen bereits ausreichendes Indiz für die Änderung der Marktstruktur. Tatsächlich stellen die derzeitigen Leistungsbeziehungen im Rahmen der Tourenkooperation lediglich einen Zwischenschritt zum GU dar. Allerdings wäre im Fall des Verbots des GUs damit zu rechnen, dass die Leistungsbeziehungen dauerhaft etabliert bleiben. Dass dabei eine Marktaufteilung nach Bundesländern erfolgt, ist unerheblich, da es sich auf der Ebene der Logistik um eine klar andere Marktorganisation als im GU handelt. Da diese Änderung der Marktstruktur zudem wesentliche Umsatzbereiche des GUs und letztlich den Kern des Vorhabens betrifft, ist von einer relevanten Änderung der Marktstruktur auszugehen.
10. Wettbewerbliche Wirkungen:
a) Allgemeines
Das geplante GU soll im Bereich Presselogistik nur für die Zusammenschlussparteien, das heißt die Mütter, tätig werden. Auch die Presselogistikleistungen, die derzeit erbracht werden, werden nur für die Zusammenschlussparteien erbracht. Eine Situation mit GU führt im Vergleich zu einer Situation mit zwei völlig getrennten Unternehmen dann zu einseitigen Wirkungen, wenn durch das GU ein oder jedes Unternehmen bereits ohne Berücksichtigung des Verhaltens des Wettbewerbers einen Anreiz hat, die Preise für die Pressegrossoleistungen zu erhöhen, das heißt im Kontext der vorliegenden Preisgestaltung die Funktionsrabatte und Zahlungen für weitere Leistungen zu erhöhen oder Kick‑Back‑Zahlungen an den Verlag zu vermindern.
Vor jeglicher Kooperation verfügten MPV und PGV über zwei getrennte Logistiknetze. Bei dem Verlust eines Verlags an den Wettbewerber war entsprechend mit einer sehr hohen Gewinnwirkung zu rechnen, da in einem solchen Fall zwar der Gesamtumsatz, aber nur ein geringer Teil der Kosten wegfielen. Bei wettbewerblichen Verhalten der Pressegrossisten entstand durch den Anreiz „die Mengen im Netz zu halten“ ein entsprechender Druck auf die Preise und eine gewisse Verhandlungsmacht für die Verlage. Dieser Preisdruck wird in der Situation mit dem GU vermindert. In dieser Situation werden die Kosten und die Gewinne, die dem GU entstehen, gemeinsam getragen.
Da die Logistikkosten für Zeitschriften rund 66 % der gesamten Pressekosten für Zeitschriften ausmachen, ist die „Auslastungssorge“ für einen erheblichen Teil der Wertschöpfung der Pressegrossoleistungen durch die Gründung des GUs weggefallen. Diese Wirkung führt dazu, dass die Preise für die Pressegrossoleistungen steigen.
Weiters führt das GU dazu, dass Kosten, die zuvor als fix anzusehen waren, aus Sicht des einzelnen Grossisten teilweise variabilisiert werden. Dies mindert die Aggressivität, mit der um neue Aufträge gekämpft wird. Dieser Effekt wird zwar etwas dadurch abgemildert, dass der Grossist berücksichtigen wird, dass die Zahlung als Gewinnsteigerung (oder Verlustminderung) auf das GU wirken wird, und somit zur Hälfte dem Grossisten wieder zugute kommt.
Auch wenn der GU‑Partner zur Hälfte profitiert, verschwindet der „Variabilisierungseffekt“ dadurch nicht. Da sich das GU im Eigentum von MPV und PGV befindet, kann man die Anreizveränderung auch dadurch nachvollziehen, dass man zwar weiterhin von zwei operativ getrennten Unternehmen ausgeht, die jedoch jeweils eine nicht unerhebliche Kreuzbeteiligung aneinander halten. So wird bei der Preissetzung ein höheres Risiko der Abwanderung des Verlags akzeptiert, und somit höher bepreist, da bei einer Abwanderung ein Teil der verlorenen Gewinne über die Kreuzbeteiligung zurückfließt und somit im Unternehmen bleibt. Aufgrund dieses Wirkungsmechanismus ist in diesen Modellen immer mit einer Preissteigerung zu rechnen, wenn nicht gegenläufige Wirkungen zu berücksichtigen sind.
Die fundamentalen Unterschiede zwischen PGV und MPV bestehen im Wesentlichen darin, dass PGV nur an vier Tagen (Montag, Mittwoch, Donnerstag, Freitag) zustellt und auch die Gesamtlogistik nicht auf eine für Tageszeitungen angemessene zeitkritische Zustellung ausgelegt hat. Dieser Unterschied ist jedoch nur in Bezug auf Tageszeitungslogistik als relevant einzustufen.
Der Verlag ist bei Zeitschriften vom Vertriebskanal über den Einzelhandel abhängig. Die Möglichkeit, die über diesen Kanal vertriebene Menge zu Gunsten anderer Vertriebskanäle (insbesondere dem Abonnement) zurückzufahren, ist bei Zeitschriften begrenzt. Insbesondere fördert der Verkauf über den Einzelhandel die Präsenz in der öffentlichen Wahrnehmung und ist entscheidend, um in der Werbewirtschaft als Kaufzeitung wahrgenommen zu werden. Regelmäßig erwirtschaften Zeitschriften einen erheblichen Teil ihrer Einnahmen über Werbeerlöse, weshalb ein erhebliches Interesse an einer sehr weiteren Verbreitung besteht. Die Ausweichmöglichkeiten der Verlage sind somit gering.
Die Preiselastizität der Gesamtnachfrage ist aus Sicht der Pressegrossisten gering. Das bedeutet, dass der Zusammenschluss aus der alleinigen Betrachtung der einseitigen Wirkungen ohne Berücksichtigung weiterer Faktoren wettbewerblich negative Wirkungen gegenüber sämtlichen Zeitschriftenverlagen erwarten lässt.
b) Preiserhöhung aufgrund abgestimmten Verhaltens:
Die Gründung des GUs führt tendenziell zu einer Verbesserung der Überwachungsmöglichkeiten durch personelle Verflechtungen, durch Erhalt der für die Auflagensteuerung an die Logistik in das GU auf die eine oder andere Art einfließt und durch die erhebliche Kostenangleichung, da die gesamten Presselogistikleistungen nach GU‑Gründung über symmetrisch gestaltete und transparente Kostensätze verrechnet werden.
Durch die Kostenangleichung kann auch eine konkrete Koordinierung der Preise über „übliche Margen“ erleichtert werden.
Da ein durch die Verlage unterstützter Markteintritt eines Pressegrossisten extrem unwahrscheinlich ist, ist vor allem die Möglichkeit der Verlage zu prüfen, ein kollusives Gleichgewicht dadurch zu verhindern (ohne die Auswirkungen zu vermindern), dass ein Wechsel erzwungen wird oder, im Extremfall, ein durch den Verlag geförderter Markteintritt eines anderen Anbieters erfolgt.
Da vorgesehen ist, dass das GU auch in wettbewerblichen Segmenten tätig werden soll, besteht für das GU ein Anreiz, die Preise in den wettbewerblichen Segmenten durch die Tätigkeiten in der Presselogistik quer zu subventionieren. Eine solche Quersubventionierung ist ein klassisches Problem in regulierten Industrien, in denen die Unternehmen neben einem regulierten Bereich auch in Wettbewerbsmärkten tätig sind. Diese Sorge ist weitgehend GU‑spezifisch. Im Rahmen der Tourenkooperation wäre ein „Verstecken“ von Gewinnen wesentlich schwerer zu koordinieren und es wäre angesichts der vorliegenden externen Rechnungen der Frächter sofort auffällig, wenn erhebliche Margen auf die reine Koordination aufgeschlagen würden.
Im Ergebnis führt die Gründung des GUs im Verhältnis zu denjenigen Verlagen, die keine glaubhafte Androhung eines erzwungenen Wechsels oder ultimativ eines geförderten Markteintritts vornehmen können, zu einer erhöhten Stabilität oder Wahrscheinlichkeit koordinierten Verhaltens.
c) Vergleich GU mit Tourenkooperation und Tourenkooperation mit getrennten Unternehmen:
Ein GU im Bereich des Zeitschriftengrossos wirft folgende Bedenken auf, die bei der Tourenkooperation nicht vorhanden oder wesentlich weniger ausgeprägt sind:
Das GU würde über eine erhebliche eigene Wertschöpfung verfügen. Dies würde es den GU‑Müttern ermöglichen, Gewinne in diesem Monopolbereich abzuschöpfen und das GU quasi als Koordinierungsinstrument zu nutzen. Bei einer reinen Tourenkooperation werden die Leistungen zum großen Teil zugekauft und ein erheblicher Preisaufschlag für diese Leistungen wäre sehr auffällig.
Das GU geht mit einer erheblichen engeren personellen Verflechtung als die Tourenkooperation einher. Dies wird ein abgestimmtes Verhalten tendenziell erleichtern. Vor den Wirkungen eines solchen Verhaltens können sich stärkere Verlage besser schützen als schwächere.
Durch eine höhere Kooperation nimmt der Informationsaustausch zwischen den Grossisten zu. Eine Abstimmung zwischen den Grossisten wird durch die erhöhte Transparenz vereinfacht.
d) Schadenstheorien im Kontext von Marktaustrittsgefahr und Verhandlung:
1. Verhandlungssituation mit einem Monopolgrossisten:
Wenn es nur einen Anbieter von Pressegrossoleistungen gäbe, so stünden einem Verlag im Fall einer Nichteinigung nur folgende Szenarien offen:
i) Insourcing (Zusatzkosten): Die Leistung wird selber erbracht, und nach Aufbau der Infrastruktur gegebenenfalls auch am Markt angeboten. Dabei werden regelmäßig Kosten für den Aufbau einer eigenen Infrastruktur entstehen. Um entsprechende Mengen für einen wirtschaftlichen Betrieb zu erlangen, kann eine gewisse Koordination mit anderen Verlagen erforderlich sein.
ii) Sponsored entry (Zusatzkosten): Es kann zu einer Koordinierung mit anderen Verlagen kommen und ein Markteintritt eines Dritten durch den gemeinsamen Abschluss längerfristiger Verträge gefördert werden. Dabei werden regelmäßig Kosten für den Aufbau der Infrastruktur entstehen und das Risiko des Misserfolgs muss vermutlich teilweise von den Verlagen getragen werden.
iii) Eingeschränkte Verteilung (Umsatzverlust): Der Verlag verzichtet auf die Verteilung der Zeitschrift in Österreich.
iv) Marktaustritt: Nicht jeder Verlag wird einen Verzicht auf die Verteilung in Österreich verkraften können, sodass für einzelne Verlage ein Marktaustritt drohen könnte.
Dem Grossomonopolisten stünden folgende Szenarien offen:
i) Im günstigsten Fall kann der Verlag durch einen anderen ersetzt werden. Dies gilt für leicht kopierbare Produkte mehr als für Titel mit einer gewissen „Marke“.
ii) Wenn das Verlagsprodukt nicht oder nicht vollständig ersetzbar ist, muss der Monopolist mit dem Verlust an Umsätzen rechnen. Gleiches gilt, wenn es temporär zu einer Unterbrechung der Verteilung kommt
iii) Wettbewerb: Im Fall eines Insourcing des Verlags droht dem Grossisten neben dem Verlust des Umsatzes des insourcenden Verlags auch der Verlust weiterer Kunden, da Wettbewerb entsteht.
iv) Marktaustritt: Ist der gesamte Umsatzverlust zu hoch, kann es zu einem Marktaustritt kommen.
2. Verhandlungssituation bei einem Grossistenduopol:
In einer Duopolsituation mit sehr intensivem Wettbewerb zwischen den Grossisten ist zu erwarten, dass die verhandlungsmachtbedingten Preisunterschiede zwischen den Verlagen deutlich geringer ausfallen. Schließlich kann dann jeder Verlag unabhängig von seinen Eigenschaften glaubhaft mit einem Wechsel der Grossisten drohen. Tendenziell schwache Verlage profitieren von der Existenz eines zweiten Anbieters überproportional, da ihnen im Monopolfall, wie oben dargestellt, nur sehr wenige und sehr unattraktive Szenarien im Fall der Nichteinigung mit dem Monopolisten offen stehen. Tendenziell starke Verlage verfügen auch gegenüber einem Monopolisten über relevante Verhandlungsmacht. Selbst wenn also der Wettbewerb abgemindert ist, kann er für einen schwachen Verlag von besonders hohem Wert sein.
Je schlechter die wirtschaftliche Situation eines Grossisten, desto glaubhafter ist die Möglichkeit eines Marktaustritts. Da der Wechsel eines (umsatz‑)starken Verlags voraussichtlich eher zu einem Marktaustritt führen kann, steigt die Verhandlungsmacht eines Grossisten gegebenenfalls gegenüber einem (umsatz‑)starken Verlag überproportional an. Insbesondere wenn ein (umsatz‑)starker Verlag eine hohe Präferenz für die Existenz von zwei Grossisten hat, könnte er dies bei der Preisverhandlung berücksichtigen und einen weniger günstigen Abschluss akzeptieren. Im theoretischen Extrem kann das auch dazu führen, dass ein umsatzstarker Verlag mehr bezahlt als ein umsatzschwacher Verlag.
e) Analyse der Verhandlungsmacht:
Die großen Verlage verfügen im Markt über eine größere Verhandlungsmacht. Ein großer Verlag verhandelt im Durchschnitt eine Grossomarge, welche ca 8,1 % niedriger ist als die Grossomarge, die ein mittelgroßer oder kleiner Verlag verhandeln kann.
Die Verteilung der Verlagsumsätze ist extrem schief: So sind rund 20 der 400 Verlagskunden der Grossisten für rund 90 % der Umsätze im Zeitschriftenbereich verantwortlich. In dieser Gruppe sind einige wenige österreichische Verlage.
Die großen Verlage verfügen über substanziell mehr Titel, einen höheren Verhandlungsverbundanteil und höhere durchschnittliche Umsätze und Auflagen pro Titel, während der Remissionsanteil der Titel deutlich niedriger ist. Die Grossisten erzielen im Durchschnitt eine deutlich höhere Marge mit kleinen als mit großen Verlagen. Je höher der Remissionsanteil eines Titels ist, desto kostspieliger ist es für den Grossisten, diesen zu verteilen. Somit muss der Verlag für Titel mit hohem Remissionsanteil höhere Grossomargen hinnehmen. Der Umsatz des Titels wirkt sich negativ auf die Marge des Grossisten aus und spiegelt die Attraktivität eines Titels wieder.
f) Marktaustrittsgefahr:
Aufgrund der Kostenstruktur in der Presselogistik besteht eine latente Gefahr eines Verdrängungswettbewerbs.
Im Gesamtbild führt das GU zwar zu einer Entstehung und/oder Verstärkung einer marktbe-herrschenden Stellung gegenüber schwachen Verlagen. Durch die mit dem GU ermöglichten Effizienzgewinne erhöht dies die Überlebenswahr-scheinlichkeit beider Pressegrossisten. Das GU‑Vorhaben wurde von vielen Verlagen (insbesondere starken Verlagen) positiv bewertet, da in diesem Szenario die dauerhafte Existenz der zwei Grossisten gesichert scheint und starke Verlage potenziell an den Effizienzgewinnen partizipieren können. Negativ wurde das GU‑Vorhaben von jenen Verlagen bewertet, die die Gefahr des Marktaustritts gering einschätzen, jedoch die Gefahr einer starken Abmilderung des Wettbewerbs als hoch einschätzen. Nur eine begrenzte Anzahl von Verlagen ist derart marktstark einzuschätzen, dass sie erhebliche Verhandlungsgewinne bei Gründung eines GUs durchsetzen können.
Die möglichen Folgewirkungen einer Abmilderung des Wettbewerbs sind daher für verhandlungsschwache Verlage zu erwarten, jedoch wäre ohne Effizienzgewinne und ohne Steigerung der Grossomargen (oder Verringerung der Kick‑Back‑Zahlungen) bei einer reinen Extrapolation der sinkenden Zeitschriftenumsätze bereits in Kürze mit einer Kostenunterdeckung zu rechnen, was zu einem realistisch drohenden Marktaustritt eines der beiden Grossisten innerhalb der nächsten drei bis fünf Jahre führen kann.
Der Umsatz im Pressebereich ist in den letzten Jahren stark zurückgegangen. Zwischen 2009 und 2012 sind die Presseumsätze von PGV von rund 89 Mio EUR auf 79 Mio EUR zurückgegangen. Dies entspricht einem Umsatzrückgang von ca 11,5 %. Die Presseumsätze von MPV sind im gleichen Zeitraum von 128 Mio EUR auf 124 Mio EUR gesunken. Dies entspricht einem Umsatzrückgang von ca 3,5 %. Im gewichteten Mittel sind die Presseumsätze von PGV und MPV zwischen 2009 und 2012 um knapp 7 % gesunken.
Der Einzelhandelsverkauf ist seit Jahren rückläufig, sodass die Stückkosten der Grossisten seit Jahren steigen. Dass die Stückkosten mit einem Rückgang in der Nachfrage steigen, ist darauf zurückzuführen, dass im Pressegrosso ein sehr hoher Teil der Kosten zur Aufrechterhaltung des Vertriebsnetzes fix ist, und es demnach ausgeprägte Skalen‑, Verbund‑ und Dichtevorteile gibt.
In den Jahren 2009 bis 2012 kam es zu einem starken Rückgang der Nachfrage im Einzelhandel aufgrund der zunehmenden Verbreitung elektronischer Medien, der geänderten Lebensgewohnheiten und des zunehmenden Abonnement‑Vertriebs. Jährlich gingen die verkauften Stückzahlen für Zeitschriften und (noch stärker) für Zeitungen zurück.
Die Tourenkooperation reduziert die Marktaustrittswahrscheinlichkeit eines Grossisten, da tourenspezifische Effizienzgewinne in der Höhe von knapp 6 % der Pressekosten erzielt werden können. Durch die Steigerung der Effizienzgewinne trägt die Tourenkooperation zur Existenzsicherung der beiden Pressegrossisten bei. Die Gründung des GUs erhöht die Überlebenswahrscheinlichkeit beider Grossisten, führt jedoch zu der bereits beschriebenen gravierenden Abmilderung des Wettbewerbs für schwache Verlage, die nicht ausreichend über ihre Verhandlungsmacht geschützt sind. Es wäre dann ein Verlust an Verlagsvielfalt und Innovationskraft am Zeitschriftensektor, was zu einer Reduktion der Medienvielfalt führen würde.
Die Tourenkooperation und das GU wirken sich positiv auf die Ubiquität aus, da es wirtschaftlicher wird, einzelne Einzelhändler anzufahren. Durch die Bündelung der Zeitungen und Zeitschriften steigt die Wahrscheinlichkeit, dass ein Einzelhändler zu Grenzkosten bedient werden kann.
Im Hinblick auf die Asymmetrie der Verhandlungsmacht zwischen starken und schwachen Verlagen wäre eine Preiserhöhung in Höhe von 5 bis 10 % für MPV und PGV nach Durchführung des Zusammenschlusses gegenüber verhandlungsschwachen Verlagen zu erwarten, wobei diese Preiserhöhung auch durch eine Leistungsreduktion erfolgen kann. Bei einer Preissteigerung von 10 % würde die Wahrscheinlichkeit des Insourcing ansteigen. Dieses Drohpotenzial würde von verhandlungsstarken Verlagen zur Verhinderung von Preissteigerungen eingesetzt werden. Verhandlungsstarken Verlagen ist daher die Möglichkeit gegeben am Effizienzgewinn des GUs zu partizipieren. Durch die Ermöglichung von Effizienzgewinnen ist ein drohender Marktaustritt unwahrscheinlich, was wiederum direkte Vorteile für alle Verlage hat.
V.2. Rechtliche Beurteilung des Erstgerichts
Rechtlich würdigte das Erstgericht diesen Sachverhalt dahingehend, dass beide Anmelderinnen als Medienhilfsunternehmer (§ 8 Abs 2 Z 4 KartG) tätig seien, sodass die hier zu beurteilende Fusion eine Medienfusion im Sinne des § 8 Abs 1 Z 2 KartG sei. Jede der beiden Anmelderinnen überschreite die in § 9 Abs 1 iVm Abs 3 KartG angeführten Umsatzerlöse.
Die bestehende Tourenkooperation führe zwar zu einer Wettbewerbsbeeinträchtigung auf dem Markt des Pressegroßhandels. Jedoch könnten nach Art 101 Abs 3 AEUV grundsätzlich verbotene wettbewerbsbeschränkende Vereinbarungen von der Anwendung der Verbotsnorm und deren Rechtsfolgen ausgenommen sein, wenn die Vorteile der Vereinbarung (Effizienzgewinne) deren Nachteile für den Wettbewerb (Wettbewerbsbeschränkung und die damit verbundenen wirtschaftlichen Folgen für die Endverbraucher) überwiegen.
Die Kooperation trage zur Verbesserung der Warenverteilung bei, weil die Ubiquität aufgrund eines gemeinsam genutzten Logistiknetzes gewährleistet werden könne. Die Effizienzgewinne im Pressegrosso seien ohne Einschränkung des Leistungsumfangs ausschließlich durch die Tourenkooperation erzielbar. Der Wettbewerb zwischen den kooperierenden Unternehmen würde nicht ausgeschaltet. Die Vorteile für den Verbraucher liegen nicht ausschließlich in finanziellen Vorteilen, sondern könnten auch in der Beibehaltung eines guten Warenangebots liegen. Darüber hinaus sei zu berücksichtigen, dass die drohende Gefahr des Marktaustritts eines Grossisten nur durch Hebung von Effizienzgewinnen reduziert werden könne und dass das Szenario des Marktaustritts und damit einer Monopolstellung eines Grossisten sich negativ auf die Medienvielfalt auswirken würde und daher ebenfalls zum Nachteil für die Verbraucher und deren weit gefächertes Informationsinteresse wäre.
Beim Zusammenschlussvorhaben handle es sich nicht um ein voll funktionsfähiges Gemeinschaftsunternehmen, da weit über 80 % der Umsätze mit den Muttergesellschaften gemacht würden, die im vorgelagerten Markt des Pressegroßhandels angesiedelt seien. Da die Mütter die Duopolisten im Pressegrosso seien, könne auch nicht nach einer Anlaufphase erwarten werden, dass das Gemeinschaftsunternehmen auf dem Markt selbständig unabhängig von den Muttergesellschaften Fuß fassen könne. Das Zusammenschlussvorhaben falle daher nicht unter § 7 Abs 2 KartG.
Allerdings sei zu prüfen, ob die Überlassung eines Unternehmensteiles im Sinne des § 7 Abs 1 KartG vorliege. Beispiele für wesentliche Unternehmensteile seien neben Betriebsstätten unter anderem Kundenlisten, Geschäftsbereiche, Produktionsstandorte, Filialen, Markenrechte, Patentrechte oder auch eine Vertriebsmannschaft. Erfülle ein Sachverhalt den Wortlaut eines der Zusammenschlusstatbestände des § 7 Abs 1 KartG, liege ein anmeldungs‑ und prüfungspflichtiger Zusammenschluss vor. Angewendet auf den vorliegenden Fall bedeute dies, dass das Zusammenschlussvorhaben als Übertragung eines wesentlichen Unternehmensteils zu beurteilen sei, weil mit den übertragenen Vermögenswerten die gesamte Marktposition im Bereich der Presselogistik verbunden sei. Das Zusammenschlussvorhaben erfülle daher den Tatbestand des § 7 Abs 1 Z 1 KartG.
Im Hinblick darauf, dass dem Gemeinschaftsunternehmen die Marktanteile im Presselogistikbereich von beiden Muttergesellschaften zur Gänze übertragen würden und damit das Gemeinschaftsunternehmen Monopolist auf dem Presselogistikmarkt in Österreich werde, sei das Vorliegen des Untersagungstatbestands des § 12 Abs 1 Z 2 KartG (Verstärkung der marktbeherrschenden Stellung) zu bejahen. Rechtfertigungsgründe im Sinne des § 12 Abs 2 KartG lägen nicht vor.
Allerdings könne der Zusammenschluss in Verbindung mit entsprechenden Auflagen nicht untersagt werden. Die mit Einverständnis der Anmelderinnen festgelegten Auflagen bewirkten eine Verbesserung der Wettbewerbsbedingungen für jene Verlagsgruppen, die aufgrund ihrer schwachen Verhandlungsposition ohne derartige Auflagen mit Preiserhöhungen zu rechnen hätten. Durch das Einfrieren ihrer Verträge seien die verhandlungsschwachen Verlage dieser zu erwartenden Auswirkung des Gemeinschaftsunternehmens nicht ausgesetzt. Für die starken Verlage trete durch die Gründung des Gemeinschaftsunternehmens insofern eine Verbesserung der Wettbewerbssituation ein, als sie aufgrund ihrer Verhandlungsmacht an den zu erwartenden Effizienzgewinnen partizipieren könnten.
Zu berücksichtigen sei auch, dass das Zusammenschlussvorhaben die Wahrscheinlichkeit eines Marktaustritts eines Pressegrossisten und damit die Entstehung eines Monopols auf dem Pressegrossomarkt deutlich verringere. Dabei sei auch zu berücksichtigen, dass es sich um einen Medienzusammenschluss handle und daher auch der Aspekt der Medienvielfalt gemäß § 13 KartG Berücksichtigung zu finden habe.
Es bestehe kein Vorrang der Fusionskontrollregeln vor den Kartellregeln. Vielmehr sei ein Fusionsvorhaben nach dem Regime des § 12 KartG zu prüfen, nachdem auch die kooperativen Aspekte eines Zusammenschlusses, soweit dadurch eine marktbeherrschende Stellung entsteht oder verstärkt wird, ohnedies zu bewerten seien: Ein Zusammenschluss, bei dem eine marktbeherrschende Stellung entstehe oder verstärkt werde, könne ja nur dann genehmigt werden, wenn dadurch Verbesserungen der Wettbewerbsbedingungen ‑ allenfalls aufgrund von Auflagen ‑ einträten. In dieser Prüfung müssten auch kooperative Wirkungen des Zusammenschlusses berücksichtigt und bewertet werden. Soweit jedoch nach dem Zusammenschluss kooperative Abreden oder koordinierte Verhaltensweisen zwischen den beteiligten Unternehmen stattfinden würden, die in keinem zwingenden Wesenszusammenhang mit dem Zusammenschluss stünden, also nicht unvermeidbare Folge des Zusammenschlusses seien, unterlägen solche Vereinbarungen weiterhin der kartellrechtlichen Kontrolle nach §§ 1 und 5 KartG.
VI. Rekurs der BWB
Gegen diesen Beschluss richtet sich der rechtzeitige Rekurs der Bundeswettbewerbsbehörde mit dem Antrag, den angefochtenen Beschluss dahingehend abzuändern, dass die Anmeldung zur Gänze oder in eventu hinsichtlich des Geschäftsbereichs Presselogistik zurückgewiesen werde; hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.
Die Antragsgegnerinnen beantragen, dem Rekurs nicht Folge zu geben.
VII. Rechtliche Beurteilung
Rechtliche Beurteilung
Der Rekurs ist nicht berechtigt.
1.1. Die Rekurswerberin vertritt die Auffassung, die Gründung von bloßen Teilfunktions‑Gemeinschafts-unternehmen sei nicht nach den Bestimmungen über Zusammenschlüsse, sondern nach den Regeln über wettbewerbsbeschränkende Absprachen (§§ 1 ff KartG) zu prüfen. Dem kann nicht gefolgt werden.
1.2. Die Tatbestände des § 7 Abs 1 KartG verlangen die Einflussnahme auf ein bereits bestehendes Unternehmen bzw im Rahmen des § 7 Abs 1 Z 1 KartG eines wesentlichen Unternehmensteils ( Urlesberger in Petsche/Urlesberger/Vartian , Kartellgesetz 2005 § 7 KartG Rz 97).
1.3. Demgegenüber erfasst der Tatbestand des § 7 Abs 2 KartG nur originäre Neugründungen (16 Ok 12/08; Urlesberger in Petsche/Urlesberger/Vartian , Kartellgesetz 2005 § 7 KartG Rz 95). § 7 Abs 2 KartG setzt ‑ im Gegensatz zu den Tatbeständen des § 7 Abs 1 KartG ‑ die Gründung eines neuen Marktteilnehmers voraus ( Urlesberger aaO § 7 KartG Rz 96; 16 Ok 9/02 ‑ Privatradio).
Der Erwerb von gemeinsamer Kontrolle durch zwei Unternehmer an einem bereits operativ tätigen Zielunternehmen verwirklicht nicht den Zusammenschlusstatbestand des § 7 Abs 2 KartG, sondern jenen nach § 7 Abs 1 Z 3 KartG oder nach § 7 Abs 1 Z 5 KartG (16 Ok 12/08). Typischer Fall eines nach § 7 Abs 2 KartG zu beurteilenden Vorgangs ist die Gründung eines Gemeinschaftsunternehmens, das mit ausreichend finanziellen und personellen Ressourcen sowie mit materiellen und immateriellen Vermögenswerten ausgestattet wird, um ein (für die Gründer meist neues) Geschäftsfeld als neuer und aktiver Marktteilnehmer zu bearbeiten ( Urlesberger aaO).
1.4. Der zweite wesentliche Unterschied zwischen den Tatbeständen des § 7 Abs 1 KartG und § 7 Abs 2 KartG betrifft die Vollfunktionseigenschaft. Diesem Kriterium kommt nur im Rahmen des § 7 Abs 2 KartG eigenständige Bedeutung zu ( Urlesberger aaO Rz 95 und 98). Demgegenüber setzt § 7 Abs 1 KartG in keinem seiner Tatbestände die Vollfunktionseigenschaft voraus, sondern stellt lediglich auf die Beteiligung oder Einflussnahme auf ein anderes Unternehmen ab ( Urlesberger aaO § 7 KartG Rz 98).
1.5. Dies zeigt schon der Wortlaut von § 7 Abs 1 KartG: Unter dem in dieser Bestimmung ausdrücklich angesprochenen „wesentlichen Teil“ eines Unternehmens werden nach ganz herrschender Auffassung auch Kundenlisten, Geschäftsbereiche, Produktionsstandorte, Filialen, Markenrechte (zB Zeitschriftentitel), Patentrechte, eine Vertriebsmannschaft (vor allem in einem Markt, in dem persönliche Kundenbeziehungen wesentlich sind) oder auch eine ausreichend große Anzahl von Schlüsselarbeitskräften, die von einem Konkurrenten übernommen werden, angesehen ( Urlesberger aaO § 7 KartG Rz 21).
Selbst der Abschluss eines langfristigen, exklusiven Lizenzvertrags kann unter bestimmten Voraussetzungen vor allem bei Ausschluss des ordentlichen Kündigungsrechts für einen längeren Zeitraum als Erwerb eines wesentlichen Unternehmensteils qualifiziert werden ( Urlesberger aaO; Urlesberger in Kucsko , marken.schutz² § 14 Rz 140 ff). In all diesen Fällen liegt aber naturgemäß kein Vollfunktions‑Unternehmen vor.
2.1. Dass es sich beim Zusammenschlussvorhaben nicht um die Gründung eines Vollfunktions‑Gemeinschaftsunternehmens als selbständiger Marktteilnehmer handelt (das GU macht weit über 80 % seines Umsatzes mit den Muttergesellschaften, die im vorgelagerten Markt des Pressegroßhandels Duopolisten sind), ist zwischen den Parteien unstrittig. Damit hat das Erstgericht den Sachverhalt aber zu Recht nach § 7 Abs 1 KartG geprüft. Die Zusammenlegung der Logistikbetriebe der Antragsgegnerinnen ist damit verbunden, dass auf das Joint Venture eine bestehende Marktposition ‑ und damit ein „wesentlicher Vermögensteil“ ‑ übertragen wird: Die Antragsgegnerinnen erbringen schon derzeit im Rahmen der Tourenkooperation füreinander Leistungen in der Presselogistik.
2.2. Nach dem weiten, funktionalen Unternehmensbegriff des Kartellgesetzes (dazu Urlesberger in Petsche/Urlesberger/Vartian , Kartellgesetz 2005 § 7 KartG Rz 2 mwN) handelt es sich dabei um unternehmerische Tätigkeiten. Schon die Vergemeinschaftung dieser Tätigkeiten begründet einen Zusammenschluss. Dabei bringt die Einbringung der Logistikbetriebe der Antragsgegnerinnen in das Joint Venture mit sich, dass der jeweils andere Partner gemeinsame Kontrolle an dem eingebrachten Unternehmensteil erhält. Das Joint Venture tritt auch mit Durchführung des Vorhabens in die Marktposition der beiden Muttergesellschaften im Bereich der Kontraktlogistik ein.
2.3. In diesem Sinne hat daher das Kartellgericht seinerzeit folgerichtig die Einbringung eines jeweils bereits bestehenden Geschäftsbereichs (mit eigener Marktrelevanz) in eine neu zu gründende Gesellschaft, die die beiden einbringenden Unternehmen gemeinsam kontrollieren, nicht als originäre Neugründung im Sinne von § 7 Abs 2 KartG, sondern als wechselseitige Beteiligung nach § 7 Abs 1 Z 3 KartG an dem eingebrachten Geschäftsbereich des jeweils anderen Gründungspartners angesehen (26 Kt 132/04, 26 Kt 167/04, 26 Kt 168/04 ‑ Morawa Grosso; vgl Urlesberger in Petsche/Urlesberger/Vartian , Kartellgesetz 2005 § 7 KartG Rz 97).
2.4. Für die Auffassung der Rechtsmittelwerberin, der Erwerb eines wesentlichen Unternehmensteils sei nur dann tatbestandsmäßig im Sinne des § 7 Abs 1 Z 1 KartG, wenn die aufnehmende Einheit innerhalb einer Anlaufphase von höchstens drei Jahren die übernommenen Vermögenswerte nutzen möchte, um erhebliche Umsätze mit Dritten zu erzielen, besteht im Gesetz keine Grundlage, setzt doch § 7 Abs 1 KartG nach dem Gesagten gerade keine Vollfunktionsunternehmenseigenschaft voraus.
3.1. Nach den Feststellungen des Erstgerichts ist ohne die Kosteneinsparung durch den Zusammenschluss und/oder ohne Steigerung der Grossomargen schon bei einer reinen Extrapolation der sinkenden Zeitschriftenumsätze in Kürze mit einer Kostenunterdeckung zu rechnen, die zu einem Marktaustritt von einem der beiden Grossisten innerhalb der nächsten drei bis fünf Jahre führen kann. Die derzeit bestehende Tourenkooperation und das beabsichtigte Joint Venture erhöhen demgegenüber die Überlebenswahrscheinlichkeit beider Grossisten und tragen daher zur Bewahrung von Wettbewerb bei.
3.2. Bei dieser Sachlage hat aber das Erstgericht zutreffend das Vorliegen der Voraussetzungen des § 7 Abs 2 Z 1 KartG bejaht. Das Vorliegen dieser Voraussetzungen wird von der Rekurswerberin auch nicht in Zweifel gezogen.
3.3. Zutreffend (§ 71 Abs 3 AußStrG) hat das Erstgericht in diesem Zusammenhang darauf verwiesen, dass das Zusammenschlussvorhaben in Verbindung mit den von den Anmelderinnen angebotenen Auflagen eine Verbesserung der Wettbewerbsbedingungen für jene Verlagsgruppe bewirkt, die aufgrund ihrer schwachen Verhandlungsposition ohne derartige Auflagen mit Preiserhöhungen zu rechnen hätte. Durch das Einfrieren ihrer Verträge sind die verhandlungsschwachen Verlage dieser zu erwartenden Auswirkung des Gemeinschaftsunternehmens nicht ausgesetzt. Für die starken Verlage tritt durch die Gründung des Gemeinschaftsunternehmens insofern eine Verbesserung der Wettbewerbssituation ein, als sie aufgrund ihrer Verhandlungsmacht an den zu erwartenden Effizienzgewinnen partizipieren werden können. Dazu kommt, dass das Zusammenschlussvorhaben die Wahrscheinlichkeit eines Marktaustritts eines Pressegrossisten und damit die Entstehung eines Monopols auf dem Pressegrossomarkt reduziert.
4.1. Die BWB zielt mit ihrem Rechtsmittel offenbar auch gar nicht auf eine Untersagung des Zusammenschlussvorhabens ab, sondern steht auf dem Standpunkt, dass der einzig richtige Rahmen für die Prüfung des gegenständlichen Vorhabens ein Verfahren nach Art 5 und 9 VO 1/2003 wäre, das gemäß § 27 KartG mit verbindlichen Verpflichtungszusagen endet. Dem ist nicht zu folgen.
4.2. Bei der Fusionskontrolle handelt es sich um eine Marktstrukturkontrolle, während Kartell‑ und Missbrauchsregeln das Marktverhalten kontrollieren (16 Ok 6/10). Der Oberste Gerichtshof hat auch bereits wiederholt ausgesprochen, dass das Wesen der Unternehmenskonzentration (Zusammenschluss) und gleichzeitig der entscheidende Unterschied zu Kartellen gerade darin besteht, dass zwei oder mehrere Unternehmen unter Aufgabe ihrer wirtschaftlichen Selbständigkeit in auf Dauer bezeichneter Weise unter einheitlicher wirtschaftlicher Leitung zusammengefasst werden. Während das Kartell eine Verhaltensbindung bewirkt, werden durch den Zusammenschluss die interne Unternehmensstruktur geändert (RIS-Justiz RS0063572; zuletzt 16 Ok 6/10).
Die Zielrichtung der Zusammenschlusskontrolle liegt darin, präventiv das Interesse der Allgemeinheit an der Aufrechterhaltung einer „österreichischen“ Marktstruktur ‑ mag sich diese auch etwa als Teil eines Weltmarktes präsentieren ‑ zu gewährleisten, die einen funktionierenden Wettbewerb verspricht (16 Ok 49/05 ua). In der Entscheidung 16 Ok 20/02 ‑ Bahn Bus/Postbus hat der Oberste Gerichtshof die unterschiedlichen Aufgaben von Kartellaufsicht und Zusammenschlusskontrolle wie folgt abgegrenzt:
„Inwieweit selbständige Unternehmen tatsächlich miteinander konkurrieren oder sich durch Absprachen verbinden, ist eine Frage der Kartellaufsicht. [...] Aufgabe der Zusammenschlusskontrolle ist demgegenüber die Erhaltung einer möglichst großen Anzahl selbständiger Marktteilnehmer und das resultierende Potenzial zum Wettbewerb und nicht das konkrete Verhalten der Marktteilnehmer.“
4.3. Wenngleich die Materialien zum Kartellgesetz (926 BlgNR 22. GP 6) davon sprechen, dass kooperative Gemeinschaftsunternehmen einer „doppelten Kontrolle“ unterstellt sind, schließt nach einhelliger Auffassung die Prüfung eines Sachverhalts als Zusammenschluss die parallele Prüfung der für den Zusammenschluss tatbestandsmäßigen Sachverhaltselemente als Kartell aus ( Urlesberger aaO Vor § 7 KartG Rz 25; zur bisherigen Rechtslage Koppensteiner , Wettbewerbsrecht³ [1997] 95). Außerhalb des fusionskontrollrechtlichen Prüfungsgegenstands bleibt freilich die Anwendung von § 1 KartG möglich; die Prüfungskompetenz nach § 1 KartG umfasst nur, was nicht bereits im Fusionskontrollverfahren geprüft worden ist.
4.4. Was die von der Rekurswerberin befürchtete weitergehende Kooperation der Anmelderinnen anlangt, so hat schon das Erstgericht zutreffend darauf hingewiesen, dass im Rahmen der Entscheidung über die Untersagung bzw Nichtuntersagung eines Zusammenschlusses ohnedies auch die kooperativen Aspekte eines Zusammenschlusses, soweit dadurch eine marktbeherrschende Stellung entsteht oder verstärkt wird, zu bewerten sind.
4.5. Dies entspricht auch der Rechtslage nach Art 6 Abs 1 lit b FKVO. Demnach gelten durch eine Entscheidung, mit der ein Zusammenschluss genehmigt wird, auch die mit seiner Durchführung unmittelbar verbundenen und für sie notwendigen Einschränkungen als genehmigt. Diese Auffassung lässt sich auf das nationale österreichische Kartellrecht übertragen. Alle Marktwirkungen, die sich wesensnotwendig aus dem Zusammenschluss ergeben, sind von der „Freistellungswirkung“ der Fusionskontroll-entscheidung erfasst. Dies betrifft etwa die Verpflichtung der Muttergesellschaften, dem Gemeinschaftsunternehmen in dessen Tätigkeitsbereich keine Konkurrenz zu machen und umgekehrt (vgl die Bekanntmachung der Kommission zu wettbewerbsbeschränkenden Nebenabreden, ABl 2005, C 56/24 , Rz 36 ff), aber auch koordinierende Effekte, die sich daraus ergeben, dass die Antragsgegnerinnen zukünftig vom Joint Venture Logistikleistungen zu einheitlichen Kosten beziehen können.
4.6. Die Rekurswerberin verweist zutreffend darauf, dass die Kommission im Rahmen des Fusionskontrollverfahrens gemäß Art 2 Abs 4 FKVO prüft, ob in einer ex ante‑Betrachtung eine Koordinierung der Gründer aufgrund der Gründung des Gemeinschaftsunternehmens wahrscheinlich und spürbar ist; diese Prüfung erfolgt nach den Kriterien des Art 101 AEUV. Demgegenüber ist aber im österreichischen Fusionskontrollverfahren eine Prüfung von Gruppeneffekten nicht anhand von §§ 1 f KartG, sondern nur im Rahmen des Marktbeherrschungstests nach § 12 KartG möglich ( Urlesberger aaO Vor § 7 KartG Rz 27). Nur über Gruppeneffekte hinausgehende wettbewerbsbeschränkende Absprachen, die aber gerade kein Machtstrukturproblem darstellen, sind nach §§ 1 f KartG zu prüfen ( Urlesberger aaO Vor § 7 KartG Rz 27).
5.1. Auch der Einwand der Rekurswerberin, es sei nicht angemessen, den beteiligten Unternehmen bei einem Vorhaben, das nur betriebliche Teilfunktionen zum Gegenstand habe, das „Benefiz“ des Fusionskontrollregimes mit der Möglichkeit einer ex ante‑Prüfung mit Rechtssicherheit pro futuro zu gewähren, ist nicht stichhaltig.
5.2. Zunächst ist die Anwendung des Fusionskontrollregimes auf Fälle der Errichtung von Teilfunktions‑Gemeinschaftsunternehmen durch Verge-meinschaftung von bestehenden Unternehmen keineswegs immer ein „Benefiz“, sondern kann für die beteiligten Unternehmen auch nachteilig sein. Dies ist etwa dann der Fall, wenn die beteiligten Unternehmen gar nicht auf denselben Produktmärkten tätig sind. Zutreffend verweisen die Antragsgegnerinnen in diesem Zusammenhang auf den Fall eines Papiererzeugers, der über eine eigene Zellstofffabrik verfügt, die in der Vergangenheit nicht bloß konzerninterne Lieferungen durchgeführt, sondern auch einen nahegelegenen Faltschachtelproduzenten beliefert hat. Will sich in diesem Fall der Faltschachtelproduzent zu 50 % an der Fabrik beteiligen, wäre Art 101 AEUV unanwendbar, weil kein Wettbewerb beschränkt ist. Dennoch müsste ein Fusionskontrollverfahren durchgeführt werden. Die Regelungen der §§ 7 ff KartG führen dazu, dass wesentlich mehr und teilweise auch andere Vorgänge einer kartellrechtlichen Prüfung unterzogen werden müssen, als dies bei einer Beschränkung des Gesetzes auf die §§ 1 ff, 4 ff KartG der Fall wäre.
5.3. Die Verschränkung der Logistiksysteme der Antragsgegnerinnen in Joint Venture erfordert beträchtliche Investitionen und Vorarbeiten. Im Hinblick darauf ist den Parteien auch ein Interesse zuzubilligen, im Vorhinein Rechtssicherheit zu schaffen.
5.4. Insoweit ist es folgerichtig, dass eine Überprüfung nach den §§ 1 ff KartG immer nur ex post stattfinden kann. Bei § 1 KartG geht es um Formen der Zusammenarbeit, bei denen die beteiligten Unternehmen unter Aufrechterhaltung ihrer wirtschaftlichen Selbständigkeit direkt auf das Marktergebnis Einfluss nehmen, indem sie Absprachen mit unmittelbaren Konsequenzen für Preise, Produktionsmengen und Qualität treffen. Bei strukturellen Vorgängen ist demgegenüber eine ex ante‑Prüfung in Form der Zusammenschlusskontrolle das richtige Instrumentarium.
6.1. Der Rekurswerberin ist zuzugeben, dass vor Inkrafttreten des Kartellgesetzes 2005 nur konzentrative Vollfunktions‑Gemeinschaftsunternehmen von der Fusionskontrolle erfasst waren, während kooperative Vollfunktions‑Gemeinschaftsunternehmen nach den Regeln über Kartelle zu beurteilen waren ( Urlesberger aaO Vor § 7 KartG Rz 9 und § 7 KartG Rz 85). Mit dem Kartellgesetz 2005 hat der Gesetzgeber kooperative Vollfunktions‑Gemeinschaftsunternehmen in das Fusionskontrollverfahren einbezogen und damit insoweit einen Gleichklang mit der europäischen Fusionskontrollverordnung (vgl Art 3 Abs 4 FKVO) hergestellt ( Urlesberger aaO Vor § 7 KartG Rz 9 und § 7 KartG Rz 85).
6.2. Dass nach einer erstinstanzlichen, noch zur alten Rechtslage vor Inkrafttreten des Kartellgesetzes 2005 ergangenen Entscheidung (OLG Wien 26 Kt 99/96 ‑ Atlas, wbl 1996, 290) die kartellrechtliche Prüfung einer Anteilsübertragung, die isoliert betrachtet den Tatbestand eines Zusammenschlusses gemäß § 41 Abs 1 Z 3 KartG 1988 erfüllte, aber nur einen Teil eines Gesamtvorgangs zur Gründung eines kooperativen Gemeinschaftsunternehmens darstellte, in der Prüfung der Zulässigkeit der Gründung dieses Gemeinschaftsunternehmens nach §§ 23 ff KartG 1988 aufging und eine Prüfung des Anteilserwerbs nach den §§ 41 ff KartG 1988 nicht stattfand, steht dem nicht entgegen.
6.3. Im Übrigen stellte zur Rechtslage nach dem KartG 1988 der Oberste Gerichtshof beim Tatbestand der „Koordinierung des Wettbewerbsverhaltens“ im Sinne des § 41 Abs 2 KartG 1988 darauf ab, ob dieser Effekt von den beteiligten Unternehmen beabsichtigt war. Nur dann, wenn dies der Fall war, wurde die Anwendung der günstigeren Maßstäbe der Zusammenschlusskontrolle als nicht sachgerecht erachtet; in diesem Fall sollten vielmehr die Bestimmungen der §§ 23 ff KartG 1988 über Kartelle Vorrang vor der Zusammenschlusskontrolle gem §§ 41 ff KartG 1988 haben (16 Ok 15/98 ‑ Asphaltmischanlage I).
6.4. Demgemäß hat der Oberste Gerichtshof in der Entscheidung 16 Ok 51/05 - Asphaltmischanlage III im Fall der Errichtung einer gemeinsamen Asphaltmischanlage durch mehrere Straßenbauunternehmen zur Schaffung effizienterer Produktionsstrukturen keine bezweckte Wettbewerbsbeschränkung angenommen.
7.1. Auch der Verweis der Rekurswerberin auf die deutsche Judikatur zur „Doppelkontrolle“ im Sinne einer Prüfung sowohl nach den Maßstäben der Fusionskontrolle als auch der Kartellaufsicht ist nicht einschlägig. Der BGH hat in der Entscheidung vom 8. 5. 2001, KFR 12/99 - Ost‑Fleisch ausgesprochen, dass derselbe Lebenssachverhalt, nämlich die Gründung eines Gemeinschaftsunternehmens, unter unterschiedlichen Gesichtspunkten der Fusionskontrolle und der Kartellaufsicht unterliegen könne. Ausschlaggebend dafür sei, ob die Muttergesellschaften als aktuelle Wettbewerberin auf dem gleichen sachlichen und räumlichen Markt wie das Gemeinschaftsunternehmen tätig bleibe. In diesem Fall sei regelmäßig eine Beschränkung des Wettbewerbs auf Ebene der Muttergesellschaften zu erwarten. Es sei nämlich kaufmännisch vernünftig, wenn die Muttergesellschaften ihr eigenes Marktverhalten an den ‑ gemeinsam festgelegten ‑ Strategien des Gemeinschaftsunternehmens ausrichteten. Dieser „Gruppeneffekt“ auf Ebene der Muttergesellschaften sei gesondert auf seine Vereinbarkeit mit § 1 GWB zu prüfen.
7.2. Im vorliegenden Fall werden aber die Antragsgegnerinnen und das Gemeinschaftsunternehmen gerade nicht auf dem selben sachlichen und räumlichen Markt tätig. Beim Gemeinschaftsunternehmen wird es sich vielmehr um ein reines Logistikunternehmen handeln, das keine Dienstleistungen als Absatzmittler anbieten soll, wie sie für das Pressegrosso geschäftscharakteristisch sind. Umgekehrt ist beabsichtigt, dass sich die Antragsgegnerinnen als Muttergesellschaften zu Gunsten des Gemeinschaftsunternehmens zur Gänze aus dem Markt für die Erbringung von Kontraktlogistikleistungen zurückziehen werden. In einer derartigen Konstellation würde aber auch nach deutschem Recht keine „Doppelkontrolle“ Platz greifen.
8.1. Dieser Auslegung steht auch das Unionsrecht nicht entgegen. Nach Art 5 VO 1/2003 sind die Wettbewerbsbehörden der Mitgliedstaaten nicht befugt, Feststellungen über die Nichtanwendbarkeit von Art 101 AEUV auf Absprachen zwischen Unternehmen zu treffen. Die BWB steht auf dem Standpunkt, eine dauerhaft wirkende Genehmigung eines Teilfunktions‑Gemeinschafts-unternehmens als Zusammenschluss liefe auf eine derartige Feststellung hinaus.
8.2. Nach Art 3 Abs 3 VO 1/2003 gelten allerdings die Verpflichtung zur parallelen Anwendung (Art 3 Abs 1 VO 1/2003 ) sowie die Konvergenzregel des Art 3 Abs 2 VO 1/2003 ‑ unbeschadet der allgemeinen Grundsätze und sonstigen Vorschriften des Gemeinschaftsrechts ‑ nicht für den Bereich der einzelstaatlichen Fusionskontrolle ( Urlesberger aaO Vor § 7 KartG Rz 46 ff).
8.3. Diese „Vorrangregel“ zu Gunsten von nationalem Fusionskontrollrecht ist vor allem für den Erwerb von Minderheitsbeteiligungen von zumindest 25 % an Wettbewerbern von Relevanz, weil derartige Vorgänge nach nationalem Recht einen Zusammenschluss nach § 7 Abs 1 Z 3 KartG begründen und nach der Rechtsprechung des EuGH (vgl EuGH 17. 11. 1987, Rs 142 und 156/84 ‑ Philip Morris/Rothmans, Slg 1987, I‑4487) gleichzeitig unter Art 81 EGV/Art 101 AEUV fallen können, wenn sie eine wettbewerbsbeschränkende Wirkung zwischen Erwerber und Zielgesellschaft entfalten. Bedeutung kann der Vorrangregel aber auch bei der Gründung eines kooperativen Gemeinschaftsunternehmens zukommen, das gemäß § 7 Abs 2 KartG als Zusammenschluss anzumelden ist und zu einer Koordinierung der Gründergesellschaften führt, oder beim fusionsrechtlichen Sondertatbestand des § 7 Abs 3 KartG im Hinblick auf die Begründung einer Kreditinstitutsgruppe im Sinne von § 30 Abs 2a BWG ( Urlesberger aaO).
8.4. Auch nach Art 21 Abs 1 FKVO ist ausdrücklich angeordnet, dass die Verordnung 1/2003 für Zusammenschlüsse im Sinne von Art 3 FKVO unabhängig davon nicht gilt, ob diese Zusammenschlüsse gemeinschaftsweite Bedeutung haben oder nicht. Art 3 Abs 1 lit b FKVO stimmt inhaltlich mit § 7 Abs 1 Z 1 KartG überein.
Die Gegenausnahme in Art 21 Abs 1 FKVO für Gemeinschaftsunternehmen, die keine gemeinschaftsweite Bedeutung haben und die Koordinierung des Wettbewerbsverhaltens unabhängig bleibender Unternehmen bezwecken oder bewirken, bezieht sich lediglich auf Fälle, in denen die Muttergesellschaften auf dem gleichen sachlich und räumlich relevanten Markt wie das Gemeinschaftsunternehmen tätig bleiben ( Schroeder in Wiedemann , Handbuch des Kartellrechts² § 8 Rz 83).
8.5. Damit haben es die Mitgliedstaaten in der Hand, auch Fusionskontrolltatbestände vorzusehen, die sich nicht in der FKVO finden. Dadurch kann das Instrument der Fusionskontrolle eingesetzt werden, um Anliegen zu schützen, die über die Bewahrung eines effektiven Wettbewerbs hinausgehen. Ein Beispiel dafür bildet das Ziel der Aufrechterhaltung der Medienvielfalt gemäß § 13 KartG.
9.1. Nicht zutreffend ist auch die Auffassung der BWB, der vorliegende Fall sei schon deshalb nach den Regeln über wettbewerbsbeschränkende Absprachen (§§ 1 ff KartG) zu prüfen, um künftigen Entwicklungen bessere Rechnung tragen zu können.
9.2. Zwar könnten nach § 12 Abs 3 Satz 2 KartG nur die beteiligten Unternehmen, nicht jedoch die Amtsparteien oder Unternehmen, ein rechtliches oder wirtschaftliches Interesse an einer solchen Abänderung oder Aufhebung von Auflagen oder Beschränkungen haben, die Abänderung oder Aufhebung der Auflagen beantragen (vgl Urlesberger/Haid aaO § 12 KartG Rz 76).
9.3. Schon das Erstgericht hat jedoch zutreffend darauf hingewiesen, dass von der Fusionskontrollentscheidung darüber hinausgehende Absprachen, das Marktverhalten der beiden Grossisten betreffen, nicht erfasst wären. Daher könnten die Antragsgegnerinnen ‑ wie diese in ihrer Rekursbeantwortung auch selbst einräumen ‑ keine „gerichtliche Genehmigung“ für sich reklamieren, wenn sie Absprachen darüber träfen, wer das Service für welche Verlage durchführt.
9.4. Insoweit besteht daher ohnehin eine ex post‑Aufsicht nach §§ 1 ff KartG. Gegen einen allfälligen künftigen Missbrauch einer marktbeherrschenden Stellung (§ 5 KartG) könnte die BWB mit Anträgen auf Abstellung nach § 26 KartG vorgehen, wobei in Extremfällen sogar strukturelle Maßnahmen im Sinne einer nachträglichen Entflechtung in Betracht kämen.
10. Für die von der Rekurswerberin angeregte Einleitung eines Vorabentscheidungsverfahrens besteht kein Raum. Die Rekurswerberin regt dieses Vorgehen ausdrücklich nur für den Fall an, dass der Oberste Gerichtshof eine Doppelkontrolle für erforderlich hält. Solches ist nach dem Gesagten jedoch nicht der Fall.
Dass das nationale Fusionskontrollrecht strenger als die FKVO sein kann, entspricht völlig herrschender Auffassung. Dies gilt auch für den „Vorrang“ der Zusammenschlusskontrolle vor der Anwendung des Kartellrechts. Im Übrigen waren im vorliegenden Fall ausschließlich nationale Bestimmungen über die Zusammenschlusskontrolle anzuwenden, sodass die Entscheidung insoweit nicht von der Lösung einer Frage des Unionsrechts abhängt.
11.1. Zuletzt macht die BWB geltend, die Auflagen im angefochtenen Beschluss verstießen gegen das Kartellverbot nach Art 101 AEUV in Verbindung mit der Loyalitätspflicht gemäß Art 4 Abs 3 EUV. Auch dieser Einwand ist nicht berechtigt.
11.2. Abgesehen davon, dass es sich im vorliegenden Fall nicht um eine Vereinbarung zwischen Unternehmen, sondern um eine gerichtliche Entscheidung handelt, setzt eine „Beschränkung des Wettbewerbs“ im Sinne von Art 101 Abs 1 AEUV nach den Leitlinien der Kommission zur Anwendung von Art 81 Abs 3 EGV (ABl 2004, C 101/97 , Rz 15 f) voraus, dass die Kollusion zwischen den beteiligten Unternehmen dazu führt, dass sich deren Marktverhalten ändert. Außerdem muss diese Verhaltensänderung spürbar negative Auswirkungen auf die Wettbewerbsparameter im Markt (wie Preise, Produktionsmenge, Produktqualität, Produktvielfalt und Innovation) erwarten lassen. Zu diesen Voraussetzungen bringt die Rekurswerberin aber nichts vor. Schon das Erstgericht hat dem gegenüber zutreffend darauf hingewiesen, dass die Auflagen die Verlage weder daran hindern, ihrerseits die bestehenden Verträge zu kündigen, noch wird neuen Verlagen das Recht abgesprochen, für sich bessere Konditionen auszuverhandeln. Der Oberste Gerichtshof hat auch bereits ausgesprochen, dass Absprachen, die sich ausschließlich zum Vorteil der Marktgegenseite auswirken, nicht tatbestandsmäßig im Sinne von Art 101 Abs 1 AEUV sind (16 Ok 5/96 im Zusammenhang mit Höchstpreisen).
11.3. Selbst wenn man jedoch davon ausginge, dass die Auflagen zum Nachteil des Wettbewerbs in das Marktgeschehen eingriffen, wären diese im Sinne von Art 101 Abs 3 AEUV gerechtfertigt. In diesem Zusammenhang ist auf die Erwägungen des Erstgerichts zu § 12 KartG zu verweisen. Demnach wirkt das Vorhaben der Gefahr entgegen, dass es in naher Zukunft zu einem Pressegrossomonopol kommt. Die Auflagen stellen sicher, dass die Gefahr eines Marktrückzugs kleinerer Verlage wegen für sie unwirtschaftlicher Verlagsverträge unwahrscheinlicher wird. Zudem wird durch die Vergemeinschaftung der Logistikstrukur die Rentabilität der Belieferung der Einzelhändler schneller erreicht, was die Ubiquität der Presseerzeugnisse gewährleistet. Von diesen Vorteilen profitieren nicht zuletzt die Verbraucher, deren Wahlmöglichkeiten an Presseerzeugnissen und Einzelhandelsverkaufsstellen auch in Bezug auf weniger marktgängige Titel gewahrt werden.
12. Zusammenfassend erweist sich der angefochtene Beschluss daher als frei von Rechtsirrtum, sodass dem unbegründeten Rekurs ein Erfolg zu versagen war.
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