European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2017:0150OS00040.17X.0524.000
Spruch:
Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.
Zur Entscheidung über die Berufung werden die Akten dem Oberlandesgericht Innsbruck zugeleitet.
Dem Angeklagten fallen die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Gründe:
Mit dem angefochtenen Urteil wurde Florin M***** des Verbrechens der Vergewaltigung nach § 201 Abs 1 StGB schuldig erkannt.
Danach hat er am 29. September 2016 in I***** Silke V***** mit Gewalt zur Duldung einer dem Beischlaf gleichzusetzenden geschlechtlichen Handlung genötigt, indem er sie rücklings auf den Boden legte, sich mit seinem Körper auf sie legte, sich gegen ihre abwehrenden Hände stemmte und gleichzeitig mit einer Hand ihre Unterhose wegriss und mehrfach mit zumindest einem Finger anal in sie eindrang.
Rechtliche Beurteilung
Dagegen wendet sich der Angeklagte mit einer auf Z 4 des § 281 Abs 1 StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde; diese verfehlt ihr Ziel.
Entgegen der Verfahrensrüge (Z 4) wurden durch die Abweisung mehrerer in der Hauptverhandlung am 16. Jänner 2017 gestellter Beweisanträge (ON 48 S 23 f) Verteidigungsrechte nicht verletzt.
Die Kritik an der vom Erstgericht abgelehnten ergänzenden Vernehmung der Zeugin V***** geht schon deshalb fehl, weil der Beschwerdeführer im betreffenden Beweisantrag nicht darlegte, weshalb die Zeugin, die im Zuge ihrer kontradiktorischen Vernehmung unmissverständlich erklärt hatte, von ihrem Aussagebefreiungsrecht Gebrauch zu machen (ON 21 S 3), sich dennoch zu einer weiteren Aussage vor dem erkennenden Gericht bereit finden werde (RIS‑Justiz RS0117928). Zudem geht aus dem Beweisantrag nicht hervor, inwieweit das behauptete Ergebnis, nämlich dass es zu keinem versuchten Koitus gekommen sei, für die Schuld- und Subsumtionsfrage von Bedeutung sein sollte (RIS‑Justiz RS0118444). Die in der Beschwerde nachgetragenen Gründe sind angesichts der auf Nachprüfung der erstgerichtlichen Vorgangsweise angelegten Konzeption dieses Nichtigkeitsgrundes und des damit verbundenen Neuerungsverbots unbeachtlich (RIS-Justiz RS0099117 [T16]).
Ebenso wäre es in Betreff des Antrags auf Vernehmung der einschreitenden Polizeibeamten Christoph T***** und Othmar E***** zum Beweis dafür, dass „der Angeklagte kein bzw sehr schlechtes Deutsch spricht“, Sache des Antragstellers gewesen, darzulegen, inwieweit der für sich genommen jedenfalls keine entscheidende Tatsache betreffende Umstand hätte geeignet sein können, den Ausspruch über entscheidende Tatsachen, mithin die Lösung der Schuld‑ oder Subsumtionsfrage, nachhaltig zu beeinflussen (RIS‑Justiz RS0116503 [T9]).
Das zur beantragten Einholung eines gynäkologischen Sachverständigengutachtens angeführte Beweisthema, „dass es durchaus möglich ist, dass von außen Spurenelemente in das hintere Scheidengewölbe gelangen können“, läuft bereits nach seiner Formulierung auf einen unzulässigen Erkundungsbeweis hinaus (RIS‑Justiz RS0099353); im Übrigen wurde die zu beweisende Tatsache vom Erstgericht ohnedies als erwiesen angesehen (ON 48 S 24; US 11; vgl RIS-Justiz RS0099135).
Auch der Antrag auf Einholung eines aussagepsychologischen Sachverständigengutachtens zum Beweis dafür, dass sich die Tat nicht wie vom Opfer geschildert zugetragen habe, unter Hinweis auf deren zum Tatzeitpunkt gegebene „Alkoholisierung von 2,86 Promille“, verfiel zu Recht der Abweisung.
Die Beurteilung der Glaubwürdigkeit einer Zeugin obliegt grundsätzlich dem erkennenden Gericht im Rahmen der ihm zukommenden freien Beweiswürdigung (§ 258 Abs 2 StPO). Nur in Ausnahmefällen, etwa bei Entwicklungsstörungen oder geistigen Defekten unmündiger oder jugendlicher Zeugen, kommt insoweit die Hilfestellung durch einen Sachverständigen in Betracht (RIS‑Justiz RS0120634). Eine Alkoholisierung allein, ohne sonstige, das Aussageverhalten beeinflussende, für ein aussagepsychologisches Gutachten relevante Begleiterscheinungen, und die daraus abgeleitete Spekulation, „eine habituelle Falschbezichtigungstendenz“ sei „durchaus möglich“, bieten keine ausreichenden Anhaltspunkte für die Einholung einer derartigen Expertise (RIS-Justiz RS0097733 [T5]). Darüber hinaus behauptet der Antrag die für eine solche Begutachtung erforderliche Zustimmung der Zeugin V***** nicht einmal (RIS‑Justiz RS0108614).
Der erst in der Rechtsmittelschrift vorgebrachte Hinweis auf – im Übrigen nicht näher konkretisierte – Widersprüche in den Angaben der Zeugin V***** ist prozessual unbeachtlich, weil die Berechtigung eines Antrags stets auf den Antragszeitpunkt bezogen zu prüfen ist (RIS‑Justiz RS0099618).
Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher bereits bei nichtöffentlicher Beratung sofort zurückzuweisen (§ 285d Abs 1 StPO), woraus sich die Zuständigkeit des Oberlandesgerichts zur Entscheidung über die Berufung ergibt (§ 285i StPO).
Die Kostenentscheidung gründet sich auf § 390a Abs 1 StPO.
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