Spruch:
Teils in Stattgebung der Nichtigkeitsbeschwerden der Angeklagten Günter U***** und Christian B*****, teils aus Anlass dieser Nichtigkeitsbeschwerden und jener des Angeklagten Jan S***** wird das Urteil, das im Übrigen unberührt bleibt, in Betreff des Angeklagten Günter U***** im Schuldspruch B/1 und C, jeweils im gesamten Schuldspruch betreffend Markus Sch***** (A/1/b/aa, A/2/b und E/1), Jan S***** (A/1/b/bb, A/2/c, B/2 und E/2), Kevin T***** (A/1/b/cc, A/2/d, B/3 und D), Alexander A***** (A/1/b/dd, A/2/e, B/4 und E/3), Christian B***** (A/1/b/ee, A/2/f und B/5) und Christopher K***** (A/2/g und B/6), demzufolge in den sämtliche Angeklagten betreffenden Strafaussprüchen (einschließlich der Vorhaftanrechnung) ebenso wie der den Angeklagten Kevin T***** betreffende Beschluss gemäß § 494a Abs 1 Z 2 und 6 StPO aufgehoben und die Strafsache in diesem Umfang zu neuer Verhandlung und Entscheidung an das Landesgericht für Strafsachen Graz verwiesen.
Im Übrigen wird die Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten Günter U***** zurückgewiesen.
Mit ihren Nichtigkeitsbeschwerden werden Jan S***** zur Gänze, Christian B***** im darüber hinausgehenden Umfang sowie mit ihren Berufungen Günter U*****, Jan S***** und Christian B***** auf die kassatorische Entscheidung verwiesen.
Dem Angeklagten Günter U***** fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Text
Gründe:
Mit dem angefochtenen - auch einen rechtskräftigen Freispruch des Angeklagten Christopher K***** (von Anklagefaktum A/1/b/ff) enthaltenden - Urteil wurden die Angeklagten Günter U*****, Markus Sch*****, Jan S*****, Kevin T*****, Alexander A*****, Christian B***** und Christopher K***** jeweils des Verbrechens des Suchtgifthandels nach § 28a Abs 1 erster Fall, Abs 4 Z 3 SMG, teils als Beteiligte nach § 12 dritter Fall StGB (A), Günter U*****, Jan S*****, Kevin T*****, Alexander A*****, Christian B***** und Christopher K***** jeweils „des“ Vergehens der Vorbereitung von Suchtgifthandel nach § 28 Abs 1 zweiter Satz SMG (B), Günter U***** des Verbrechens des Suchtgifthandels nach § 12 dritter Fall StGB, § 28a Abs 1 fünfter Fall, Abs 4 Z 3 SMG (C), Kevin T***** des Verbrechens des Suchtgifthandels nach § 28a Abs 1 fünfter Fall SMG (D) und Markus Sch*****, Jan S***** und Alexander A***** jeweils der Vergehen des unerlaubten Umgangs mit Suchtgiften nach § 27 Abs 1 Z 1 achter Fall SMG (E) schuldig erkannt.
Danach haben in Graz und anderen Orten
A./ vorschriftswidrig Suchtgift in einer das Fünfundzwanzigfache der Grenzmenge (§ 28b SMG) übersteigenden Menge erzeugt und zur Erzeugung beigetragen, und zwar
1./ indem sie im bewussten und gewollten Zusammenwirken im Rahmen des Geschäftsbetriebs der G***** GmbH (vormals: H*****) Cannabisstecklinge sowie technisches Equipment und weiteres Zubehör, wie es für die Aufzucht von Cannabispflanzen zum Zweck der Suchtgiftgewinnung verwendet wird, inklusive einschlägiger Fachliteratur verkauften, verschiedene Prospekte und Zuchtschemata zur Verfügung stellten und die Kunden hinsichtlich der optimalen Aufzucht der Pflanzen sowie der Erzielung eines möglichst hohen Ernteertrags berieten, zur Erzeugung von Cannabiskraut durch teils bekannte und abgesondert verfolgte, teils nicht ausgemittelte Täter beigetragen, nämlich
a./ Günter U***** von September 2009 bis 13. Februar 2012 dadurch, dass er rund 155.000 Cannabisstecklinge veräußerte bzw durch seine Angestellten veräußern ließ, zur Erzeugung von rund 870 kg Cannabiskraut (US 11: Reinsubstanz 87 kg THC);
b./ durch die Veräußerung nicht mehr feststellbarer Mengen an Cannabisstecklingen zur Erzeugung unbekannter, das Fünfundzwanzigfache der Grenzmenge (§ 28b SMG) jedoch jedenfalls übersteigenden Mengen an Cannabiskraut
aa./ Markus Sch***** von September 2009 bis 13. Februar 2012;
bb./ Jan S***** von September 2009 bis 6. März 2010 und vom 1. Juli 2010 bis 13. Februar 2012;
cc./ Kevin T***** vom 22. März 2010 bis 13. Februar 2012;
dd./ Alexander A***** vom 1. Juni 2011 bis 13. Februar 2012;
ee./ Christian B***** von September 2009 bis 13. Februar 2012;
2./ indem sie selbst Cannabisstecklinge anpflanzten, kultivierten, bis zur Erntereife betreuten und sodann abschnitten, trockneten und daraus Cannabiskraut gewannen
a./ Günter U***** von 2001 bis 2011 im Zuge von zehn Aufzuchten mit jeweils 16 Stück Cannabispflanzen, woraus er insgesamt mindestens 2.000 Gramm Cannabiskraut (mindestens 200 Gramm Reinsubstanz [ergänze:] THC) gewann;
b./ Markus Sch***** im Herbst 2010 und im Herbst 2011 im Zuge von zwei Aufzuchten insgesamt 28 Stück Cannabispflanzen, woraus er mindestens 250 Gramm Cannabiskraut (mindestens 24 Gramm Reinsubstanz [ergänze:] THC) gewann;
c./ Jan S***** im bewussten und gewollten Zusammenwirken mit der abgesondert verfolgten Tanja M***** im Jahr 2011 im Zuge von zwei Aufzuchten mit jeweils 36 Stück Cannabispflanzen, woraus er mindestens 600 Gramm Cannabiskraut (73 Gramm an Reinsubstanz [ergänze:] THC) gewann;
d./ Kevin T***** von 2011 bis Jänner 2012 im Zuge von vier Aufzuchten mit jeweils 25 bis 28 Stück Cannabispflanzen, woraus er mindestens 1.600 Gramm Cannabiskraut (182 Gramm Reinsubstanz [ergänze:] THC) gewann;
e./ Alexander A***** von 2007 bis Jänner 2012 im Zuge mehrerer Aufzuchten insgesamt rund 275 Stück Cannabispflanzen, woraus er mindestens 1.700 Gramm Cannabiskraut (rund 170 Gramm Reinsubstanz [ergänze:] THC) gewann;
f./ Christian B***** von 2009 bis Anfang 2012 im Zuge mehrerer Aufzuchten eine unbekannte Menge an Cannabiskraut (US 12 f: jedoch mindestens 13,36 Gramm Reinsubstanz THC);
g./ Christopher K***** von Mitte Juli 2010 bis Anfang 2012 im Zuge von vier Aufzuchten insgesamt 32 Stück Cannabispflanzen, woraus er rund 800 Gramm Cannabiskraut (rund 94 Gramm Reinsubstanz [ergänze:] THC) gewann;
B./ Anfang 2012 Cannabispflanzen zum Zweck der Gewinnung einer die Grenzmenge (§ 28b SMG) übersteigenden Menge an Suchtgift angebaut, indem sie Cannabisstecklinge in Indoor-Anlagen anpflanzten und bis zur Sicherstellung durch die Polizei kultivierten
1./ Günter U***** 15 Pflanzen;
2./ Jan S***** im bewussten und gewollten Zusammenwirken mit Tanja M***** 122 Pflanzen;
3./ Kevin T***** 26 Pflanzen;
4./ Alexander A***** 37 Pflanzen;
5./ Christian B***** 43 Pflanzen;
6./ Christopher K***** acht Pflanzen;
C./ Günter U***** von Ende 2009 bis November 2011 zur vorschriftswidrigen Überlassung von Suchtgift in einer das Fünfundzwanzigfache der Grenzmenge (§ 28b SMG) übersteigenden Menge beigetragen, indem er den abgesondert verfolgten Suchtgiftabnehmer Martin Scha***** an den ebenfalls abgesondert verfolgten Robert (richtig:) V***** vermittelte, der in der Folge aus den 1.629 Stück im Shop des Günter U***** erworbenen Cannabisstecklingen mindestens 14.400 Gramm Cannabiskraut (mindestens 2.088 Gramm Reinsubstanz [ergänze:] THC) erzeugte und an Martin Scha***** veräußerte;
D./ Kevin T***** vorschriftswidrig Suchtgift in einer die Grenzmenge (§ 28b SMG) übersteigenden Menge anderen überlassen, indem er von Ende 2010 bis Jänner 2012 insgesamt mindestens 280 Gramm Cannabiskraut (rund 30 Gramm Reinsubstanz [THC]) großteils im Zuge gewinnbringender Verkäufe an verschiedene, teils nicht ausgemittelte Abnehmer veräußerte;
E./ vorschriftswidrig Suchtgift anderen überlassen
1./ Markus Sch***** im Jänner 2012 rund 40 Gramm Cannabiskraut an Kevin T*****;
2./ Jan S***** Ende 2010/Anfang 2011 rund 50 Gramm Cannabiskraut an Kevin T***** sowie ab März 2011 gemeinsam mit Tanja M***** rund zehn Gramm Cannabiskraut im Zuge gewinnbringender Verkäufe an nicht ausgemittelte Abnehmer;
3./ Alexander A***** Ende 2011 bis Februar 2012 rund 150 Gramm Cannabiskraut im Zuge gewinnbringender Verkäufe an Kevin T***** und den abgesondert verfolgten Michael St*****.
Rechtliche Beurteilung
Gegen den Schuldspruch A richten sich die auf Z 3, 5 und 10 des § 281 Abs 1 StPO gestützte Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten Günter U*****, die auf Z 5 und 10 des § 281 Abs 1 StPO gestützte Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten Jan S***** und die auf Z 10 des § 281 Abs 1 StPO gestützte Nichtigkeitsbeschwerde des Christian B***** sowie gegen den Schuldspruch B die auf Z 10 des § 281 Abs 1 StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerden der Angeklagten Günter U***** und Christian B*****.
Mit dem angefochtenen Beschluss des Vorsitzenden vom 23. Jänner 2013 (ON 132) wurde ein Antrag des Günter U***** auf Angleichung der Urteilsausfertigung an das mündlich verkündete Urteil „zurückgewiesen“, wogegen sich die Beschwerde dieses Angeklagten (ON 133) richtet.
Zur Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten Günter U***** betreffend den Schuldspruch A:
Entgegen der auf Z 3 gegründeten Rüge liegt - soweit hier von Relevanz - ein Verstoß gegen § 260 StPO nur vor, wenn das schriftliche Urteil vom mündlichen Referat der entscheidenden Tatsachen abweicht (Ratz, WK-StPO § 281 Rz 266 ff, 272).
Nach dem - insoweit ungerügt gebliebenen - Protokoll über die Hauptverhandlung - das im Übrigen entgegen § 271 Abs 1 Z 7 StPO den Spruch des Urteils mit den in § 260 Abs 1 Z 1 StPO bezeichneten Angaben nicht enthält - wurde der „Erstangeklagte“ Günter U***** - unter anderem auch - zu „A/1“ und „A/2“ schuldig gesprochen (ON 122 S 13). Die Anklage betraf diesen Angeklagten zu A bloß in den Unterpunkten A/1/a und A/2/a (ON 105 S 2), die auch den Fakten A/1/a und A/2/a (US 2 f) der schriftlichen Urteilsausfertigung entsprechen. Die Ausfertigung des Urteils nimmt bloß - wie schon die Anklage, auf die sich der mündlich verkündete Schuldspruch erkennbar bezieht, - eine konkrete, auf die jeweiligen Angeklagten bezogene Aufschlüsselung vor. Da der Anklagepunkt A/2/b den Erstangeklagten Günter U***** niemals betraf, war dieses Faktum ohne Zweifel auch nicht von dem auf „A/1“ verweisenden Schuldspruch des mündlich verkündeten Urteils umfasst.
Vorliegend weicht das mündlich verkündete Urteil auch unter Zugrundelegung des Vorbringens des Nichtigkeitswerbers, es sei dabei nicht die Menge von 870 kg, wohl aber die Erzeugung einer die Grenzmenge um das Fünfundzwanzigfache überschreitenden (unbekannten) Menge an THC durch die Kunden des Hanfshops als unmittelbare Täter erwähnt worden, von der schriftlichen Urteilsausfertigung im Rahmen des zur Bezeichnung der Tat im Sinn des historischen Sachverhalts Erforderlichen (Lendl, WK-StPO § 260 Rz 6 und 12), die die dadurch begangene strafbare Handlung begründet (§ 260 Abs 1 Z 2 StPO), nicht ab. Vielmehr präzisiert die schriftliche Urteilsausfertigung die zur Individualisierung erforderliche Hervorhebung des Ergebnisses der Entscheidungsfindung. An die verkündeten Entscheidungsgründe ist das Gericht hingegen nicht gebunden (Danek, WK-StPO § 268 Rz 7 f und § 270 Rz 56; Ratz, WK-StPO § 281 Rz 280).
Dies gilt auch für das Vorbringen des Nichtigkeitswerbers, er sei zu A/1/b der Anklageschrift nicht verurteilt worden, wurde ihm doch diesbezüglich schon in der Anklage keine Tathandlung zur Last gelegt (vgl ON 105 S 2). Indem der Schuldspruch zu A nach § 28a Abs 1 erster Fall und Abs 4 Z 3 SMG Tathandlungen zusammenfasst, die dieser rechtlichen Beurteilung zu unterstellen sind, ist der laut dem Protokoll erfolgte mündliche Schuldspruch, der bloß die Unterpunkte nicht differenzierend anführt, weder zu beanstanden, noch steht er im Widerspruch zur schriftlichen Urteilsausfertigung. Damit ist auch die Beschwerde (ON 133) gegen den Beschluss des Vorsitzenden (ON 132) erledigt (vgl RIS-Justiz RS0126057; 13 Os 141/11a, 13 Os 160/11w; 12 Os 106/11x, 12 Os 108/11s).
Soweit die Mängelrüge (Z 5 vierter Fall) die Annahme einer von den Abnehmern der Cannabisstecklinge erzeugten Bruttomenge von 870 kg Cannabiskraut als bloße Mutmaßung kritisiert, ist zunächst anzumerken, dass die konkrete Menge an Reinsubstanz nur insofern entscheidungswesentlich ist, als sie das Fünfundzwanzigfache der Grenzmenge, somit 500 Gramm reines THC übersteigt. Bereits die laut Urteil (US 11) im Zuge der Ermittlungen bei einigen Kunden sichergestellte Bruttomenge an „erzeugtem“ (im Gesamtkontext [US 2, 11, 14 und 15 ff] erkennbar gemeint: von diesen bereits abgeerntetem; vgl RIS-Justiz RS0124029) Cannabiskraut mit einem Reinheitsgehalt von zumindest 10 %, auf die auch die Begründung verweist (US 16), wird diesem Erfordernis gerecht. Hinsichtlich dieser 500 Gramm reines THC jedenfalls übersteigenden Menge konnte sich das Gericht auf die erwähnten (US 11 und 16), bei den Käufern der Cannabisstecklinge erfolgten Sicherstellungen (vgl ON 15 S 5 ff, 37 f; ON 99 S 81 ff) stützen, was unter dem Blickwinkel der Begründungstauglichkeit nicht zu beanstanden ist. Die Begründung für die darüber hinausgehende Menge (US 15 f), die tatsächlich durch die erfolgte Hochrechnung einer näheren Überprüfung im Sinn des geltend gemachten Nichtigkeitsgrundes nicht standhält (vgl diesbezüglich jüngst 15 Os 7/13p), kann daher außer Betracht bleiben (Ratz, WK-StPO § 281 Rz 399).
Die Beteiligungsform ist nach ständiger Rechtssprechung kein Gegenstand der Subsumtionsrüge (Z 10, RIS-Justiz RS0117604). Im Übrigen wurde auch Günter U***** dem Beschwerdeeinwand zuwider nur „teils als Beitragstäter im Sinne des § 12 3. Fall StGB“, hinsichtlich der Eigenerzeugung (A/2/a) somit ohnehin als unmittelbarer Täter angesehen (US 2 f, 5 und 18).
Entgegen der weiteren Subsumtionsrüge (Z 10) hat das Gericht zu A den auf sukzessive Tatbegehung gerichteten Additionsvorsatz ohnedies festgestellt (US 14 f).
Der auf eine Verurteilung zu A/1/a (bloß) wegen des Verbrechens der Vorbereitung von Suchtgifthandel nach § 28 Abs 1 zweiter Satz und Abs 2 SMG abzielende Beschwerdeeinwand (Z 10) orientiert sich prozessordnungs-widrig nicht an den aus der Gesamtheit der Entscheidungsgründe ableitbaren Urteilsfeststellungen (Ratz, WK-StPO § 281 Rz 581, 584), wonach die Kunden die im Geschäft des Günter U***** bezogenen Cannabispflanzen nicht ausschließlich anbauten und kultivierten (§ 27 Abs 1 Z 2 SMG und § 28 Abs 1 zweiter Satz SMG), sondern daraus (im Gesamtkontext erkennbar gemeint - zumal das Urteil durchgehend klar zwischen dem Anbau von Pflanzen und der Suchtgiftgewinnung unterscheidet - durch Aberntung; vgl RIS-Justiz RS0124029) auch Suchtgift erzeugten (vgl US 11, 13 f), worauf sich auch der entsprechende (Additions-)Vorsatz des Nichtigkeitswerbers bezog (US 14 f). Im Übrigen legt die Rüge auch nicht aus dem Gesetz abgeleitet dar, weshalb ein gerade mit auf die Erzeugung von Suchtgift durch die Kunden gerichtetem (Additions-)Vorsatz erfolgter Verkauf von Stecklingen die (nach den Feststellungen vollendete) Erzeugung von Suchtgift durch die Kunden im Sinne des § 28a Abs 1 erster Fall und Abs 4 Z 3 SMG nicht gefördert haben soll (vgl 14 Os 57/09b).
Zu den Nichtigkeitsbeschwerden der Angeklagten Günter U***** und Christian B***** betreffend Schuldspruch B:
Zutreffend zeigen die den Schuldspruch B betreffenden Subsumtionsrügen (Z 10) einen Rechtsfehler mangels Feststellungen auf, weil nach § 28 Abs 1 zweiter Satz SMG nur zu bestrafen ist, wer - unter anderem - die Cannabispflanze zum Zweck der Gewinnung einer die Grenzmenge (§ 28b SMG) übersteigenden Menge Suchtgift mit dem (erweiterten) Vorsatz anbaut, dass es in Verkehr gesetzt werde (RIS-Justiz RS0127351). Konstatierungen zu einer solchen Intention der Angeklagten Günter U***** und Christian B***** traf das Schöffengericht nicht, weshalb eine Aufhebung des Schuldspruchs B hinsichtlich dieser beiden Angeklagten (B/1 und B/5) unumgänglich ist.
Zur amtswegigen Maßnahme:
Der oben angeführte Rechtsfehler mangels Feststellungen zu B ist von Amts wegen auch zugunsten der Angeklagten Jan S***** (B/2), Kevin T***** (B/3), Alexander A***** (B/4) und Christopher K***** (B/6) wahrzunehmen und führt auch hinsichtlich dieser Angeklagten zur Aufhebung des Schuldspruchs B (§ 290 Abs 1 zweiter Satz erster Fall StPO).
Weiters hat das Erstgericht die Reinsubstanz des in Cannabiskraut enthaltenen, von der Suchtgift-Grenzmengenverordnung erfassten Wirkstoffes Tetrahydrocannabinol (THC) zu den dem Schuldspruch A/1/b betreffend Markus Sch***** (aa), Jan S***** (bb), Kevin T***** (cc), Alexander A***** (dd) und Christian B***** (ee) zu Grunde liegenden Suchtgiftmengen nicht festgestellt. Entsprechende Konstatierungen sind jedoch für eine rechtsrichtige Subsumtion unerlässlich; dies umso mehr als die Angeklagten unterschiedliche Tatzeiträume der Pflege und des Verkaufs von Cannabissetzlingen zu verantworten haben (vgl US 11 ff) und auch die von A/2 umfassten Suchtgiftquanten je für sich nicht das Fünfundzwanzigfache der Grenzmenge, bei Christian B***** (A/2/f) nicht einmal das Einfache der Grenzmenge übersteigen. Die bloß pauschale Unterstellung einer das Fünfundzwanzigfache der Grenzmenge übersteigenden Menge an THC ohne Angabe der jeden Angeklagten betreffenden konkreten Reinsubstanzmenge (US 14 f) entspricht diesem Erfordernis nicht (vgl RIS-Justiz RS0111350; 14 Os 2/10s [14 Os 14/10f]).
Überdies wurde der Angeklagte Christopher K***** zu A nach § 28a Abs 1 erster Fall und Abs 4 Z 3 SMG schuldig erkannt, obwohl der ihn betreffende Schuldspruch (A/2/g) bloß die (eigene) Erzeugung einer Reinsubstanz von insgesamt 94 Gramm THC umfasst (US 3, 11, 13 und 18) und er vom Vorwurf eines Tatbeitrags zur Erzeugung von Suchtgift durch andere (Anklagefaktum A/1/b/ff) freigesprochen wurde (US 6, 10 und 21). Die Suchtgift-Grenzmengenverordnung BGBl 2009/484 idgF setzt 20 Gramm als Grenzmenge für die Reinsubstanz THC fest, die hinsichtlich Christopher K***** somit lediglich um das Vierfache, nicht jedoch um das Fünfundzwanzigfache (§ 28a Abs 4 Z 3 SMG) überschritten wurde.
Es erfordert daher einerseits die Aufhebung des Schuldspruchs zu A/1/b hinsichtlich Markus Sch*****, Jan S*****, Kevin T*****, Alexander A***** und Christian B***** und andererseits die von Christopher K***** zu verantwortende Menge an erzeugtem Suchtgift (A/2/g) auch die Aufhebung der rechtlichen Unterstellung der A/2/b bis e und g zu Grunde liegenden Taten unter die Qualifikation nach § 28a Abs 4 Z 3 SMG, bei Christian B*****, bei dem zu A/2/f nicht einmal die einfache Grenzmenge erreicht wird, sogar die Aufhebung des Schuldspruchs im Grundtatbestand nach § 28a Abs 1 erster Fall SMG (vgl RIS-Justiz RS0115884).
Zur Vermeidung eines inhaltlichen Nachteils für die betroffenen Angeklagten erscheint es darüber hinaus aber auch tunlich (§ 289 StPO), die Schuldsprüche zu A betreffend Sch*****, S*****, T*****, A***** und K***** schon im Grundtatbestand (§ 28a Abs 1 erster Fall SMG) sowie zu D betreffend T***** wegen des Verbrechens des Suchtgifthandels nach § 28a Abs 1 fünfter Fall SMG und zu E betreffend Sch***** (1), S***** (2) und A***** (3) wegen der Vergehen des unerlaubten Umgangs mit Suchtgiften nach § 27 Abs 1 achter Fall SMG aufzuheben, weil (aufgrund der im ersten Rechtsgang erfolgten Verurteilung auch zu A/1/b und nach dem in die Zuständigkeit des Schöffengerichts fallenden § 28a Abs 4 Z 3 SMG) eine Auseinandersetzung mit der Behauptung der Angeklagten (vgl ON 24 S 185, 191 betreffend Sch*****; ON 24 S 233 ff, 247 betreffend S*****; ON 24 S 297 und ON 122 S 9 betreffend T*****; ON 24 S 317 f, 323 betreffend A*****; ON 24 S 369 f betreffend B*****; ON 24 S 393 f, 399 betreffend K*****), an Suchtmittel gewöhnt zu sein (RIS-Justiz RS0124623, RS0119278) und deren Bereitschaft zu allenfalls erforderlichen gesundheitsbezogenen Maßnahmen mit Blick auf § 35 Abs 2 SMG fehlt, aber auch damit, inwiefern die Taten vorwiegend begangen wurden, um sich Suchtmittel für den gewöhnlichen Gebrauch zu verschaffen (§§ 27 Abs 5, 28 Abs 4 und 28a Abs 3 SMG).
Zum Schuldspruch C fehlt es überdies an Feststellungen zum Vorsatz des Angeklagten Günter U***** betreffend die Menge des durch seine Vermittlungstätigkeit von Robert V***** anderen überlassenen Suchtgifts und - zumal auch diese Verkäufe sukzessiv erfolgten - zum erforderlichen Additionsvorsatz (US 13 f), sodass auch dieser Schuldspruch wegen Nichtigkeit gemäß § 281 Abs 1 Z 10 StPO zu kassieren war (RIS-Justiz RS0115884).
Das Urteil war daher in den Schuldsprüchen teilweise aufzuheben, demzufolge in den sämtliche Angeklagten betreffenden Strafaussprüchen (einschließlich der Vorhaftanrechnung) ebenso wie der den Angeklagten Kevin T***** betreffende Beschluss gemäß § 494a Abs 1 Z 2 und 6 StPO und die Strafsache in diesem Umfang an das Landesgericht für Strafsachen Graz zu neuer Verhandlung und Entscheidung zu verweisen.
Ein Eingehen auf die (ausschließlich den Punkt A betreffende) Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten Jan S***** und auf die Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten Christian B***** im Umfang des Vorbringens zu A erübrigt sich daher. Bleibt jedoch im Hinblick auf das Vorbringen des Angeklagten B***** zu A/2/f, seine Eigenerzeugung habe bloß dem Eigenkonsum gedient und sei daher nicht dem Tatbestand des Suchtgifthandels nach § 28a Abs 1 erster Fall SMG zu unterstellen, der Vollständigkeit halber anzumerken, dass der Tatbestand des Suchtgifthandels (auch) in der Variante der Erzeugung von Suchtgift in einer die Grenzmenge (§ 28b SMG) übersteigenden Menge nach § 28a Abs 1 erster Fall SMG - anders als jener hinsichtlich des bloßen Anbaus und Kultivierens von Cannabispflanzen zum Zweck der Gewinnung einer solchen Menge Suchtgift nach § 28 Abs 1 zweiter Satz SMG - einen erweiterten Vorsatz, dass das erzeugte (gewonnene) Suchtgift auch in Verkehr gesetzt werde, gar nicht verlangt.
Somit war den Nichtigkeitsbeschwerden der Angeklagten Günter U***** und Christian B***** teils bereits in nichtöffentlicher Sitzung Folge zu geben (§ 285e StPO) und jene des Günter U***** im Übrigen zurückzuweisen (§ 285d Abs 1 StPO). Weiters waren Jan S***** mit seiner und Christian B***** mit seiner Punkt A betreffenden Nichtigkeitsbeschwerde sowie sämtliche Rechtsmittelwerber mit ihren Berufungen auf die kassatorische Entscheidung zu verweisen.
Die Kostenersatzpflicht des Angeklagten Günter U*****, die die amtswegige Maßnahme nicht umfasst (Lendl, WK-StPO § 390a Rz 12), beruht auf § 390a Abs 1 StPO.
Mit Blick auf den zweiten Rechtsgang bleibt zu C anzumerken, dass die Vermittlung von Suchtgift nicht als Beitrag zum Überlassen von Suchtgift durch einen anderen, sondern als Verschaffen von Suchtgift in unmittelbarer Täterschaft im Sinn des § 27 Abs 1 Z 1 neunter Fall SMG (§ 28a Abs 1 sechster Fall SMG) zu beurteilen wäre (RIS-Justiz RS0116841; Fabrizy, Suchtmittelrecht5 § 27 Rz 12 und § 28a Rz 3).
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