OGH 15Os182/93

OGH15Os182/9317.2.1994

Der Oberste Gerichtshof hat am 17. Februar 1994 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Reisenleitner als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Kuch, Mag.Strieder, Dr. Rouschal und Dr. Schmucker als weitere Richter, in Gegenwart des Richteramtsanwärters Mag. Straßegger als Schriftführer, in der Strafsache gegen Karl G* wegen des Verbrechens der absichtlichen schweren Körperverletzung nach §§ 87 Abs. 1 und 2, 12 zweiter Fall StGB und einer anderen strafbaren Handlung über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Geschworenengerichtes beim Landesgericht Innsbruck vom 21. Oktober 1993, GZ 20 Vr 2903/93‑358, sowie über die Beschwerde gegen den gemäß § 494 a Abs. 4 StPO zugleich mit dem Urteil gefaßten Widerrufsbeschluß, nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit des Vertreters des Generalprokurators, Generalanwältin Dr.Bierlein, des Angeklagten und des Verteidigers Dr.Orgler zu Recht erkannt:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:1994:0150OS00182.9300000.0217.000

Rechtsgebiet: Strafrecht

 

Spruch:

 

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird verworfen.

Der Berufung und der Beschwerde wird nicht Folge gegeben.

Gemäß § 390 a StPO fallen dem Angeklagten auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

 

 

Gründe:

 

Rechtliche Beurteilung

Mit dem angefochtenen Urteil wurde Karl G* auf Grund des Wahrspruchs der Geschworenen (im zweiten Rechtsgang) des Verbrechens der absichtlichen schweren Körperverletzung nach § 87 (zu ergänzen: Abs. 1 und) Abs. 2 StGB in Form der Bestimmung (gemeint: als Bestimmungstäter) nach § 12 (zu ergänzen: zweiter Fall) StGB schuldig erkannt.

Darnach hat er am 2.Juli 1992 in Innsbruck Daniel K* dazu bestimmt, dem Günther K* eine schwere Körperverletzung absichtlich zuzufügen, wobei die Tat den Tod des Günther K* zur Folge hatte, indem er K* aufforderte, auf Günther K* zu schießen.

Die Geschworenen verneinten (auf der Grundlage des konservierten bisherigen Wahrspruchs im ersten Rechtsgang ‑ nämlich Verneinung der anklagekonformen Hauptfrage nach Mord in Bestimmungstäterschaft nach §§ 12 zweiter Fall, 75 StGB, Bejahung der Eventualfrage nach absichtlich schwerer Körperverletzung mit der Qualifikation des § 87 Abs. 2 zweiter Fall StGB als Bestimmungstäter nach § 12 zweiter Fall StGB, Verneinung der Zusatzfragen nach Notwehr und Putativnotwehr) die nunmehr gestellten (subsidiären) Zusatzfragen nach Notwehrüberschreitung und Putativnotwehrüberschreitung aus asthenischem Affekt jeweils stimmeneinhellig; folgerichtig blieb die Beantwortung der Eventualfrage nach fahrlässiger Tötung unter besonders gefährlichen Verhältnissen unbeantwortet.

Der Angeklagte bekämpft das (unter Einbeziehung des seinerzeitigen Wahrspruchs) nunmehr ausgesprochene Urteil mit einer auf die Z 5, 6 und 8 des § 345 Abs. 1 StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde; indes zu Unrecht.

Entgegen dem Vorbringen in der Verfahrensrüge (Z 5) wurden Verteidigungsrechte durch die Abweisung des vom Nichtigkeitswerber in der Hauptverhandlung am 20.Oktober 1993 gestellten Antrages auf zeugenschaftliche Vernehmung des Nicola L* (S 87 f/VIII) nicht verletzt: Denn inwiefern durch das diesem (L*) gegenüber angeblich von dem am 15.März 1993 vernommenen Zeugen Josef S* (S 127 ff/VI) unmittelbar vor seiner Befragung bekundete Vorhaben ("Zurechtlegen" der bevorstehenden Aussage ‑ so das Tatsachenvorbringen im Beweisbegehren ‑ was im übrigen keineswegs zwingend das Zurechtlegen einer Falschaussage impliziert) ein Aufschluß über das (überdies unzulässigerweise erst in der Beschwerde und damit verspätet relevierte ‑ vgl. Mayerhofer‑Rieder StPO3 § 281 Abs. 1 Z 4 E 40 f ‑) Thema angeblich mangelnder Aussageehrlichkeit des (im zweiten Verfahrensgang neuerlich als Zeuge gehörten ‑ S 74 ff/VIII) Josef S* zu erwarten gewesen wäre, läßt sich dem Beweisantrag nicht entnehmen, sodaß die Rüge insofern schon aus formellen Gründen versagt.

Die ‑ gleichfalls erst in der Rechtsmittelschrift ‑ zur Frage der möglichen Auswirkungen der reklamierten Aufnahme dieses Beweises angestellten hypothetischen Überlegungen laufen überdies ebenso auf einen unbeachtlichen Erkundungsbeweis hinaus wie jene (abermals verspätet vorgebrachten und sich als bloße Vermutungen darstellenden) Argumente, mit welchen er sich gegen die inhaltliche Richtigkeit des zur Begründung des (in der Hauptverhandlung gefällten) abweislichen Zwischenerkenntnisses herangezogenen Erhebungsergebnisses (Unrichtigkeit der Behauptung eines gemeinsamen Transportes des Nicola L* und des Josef S* am 15.März 1993 zum Landesgericht Innsbruck) wendet.

Davon abgesehen war L* (jedenfalls) zum Zeitpunkt der Antragstellung, wie Polizeierhebungen ergaben, unbekannten Aufenthaltes (S 29/VIII), weshalb seine ohnedies ‑ auf Grund eines allerdings kein Beweisthema enthaltenden Schriftsatzes des Verteidigers (S 417/VII) ‑ versuchte Vorladung zur Hauptverhandlung (S 413/VII) scheiterte. Er war somit überdies als Beweismittel unerreichbar; daß er in absehbarer Zeit erreichbar sein werde, wurde niemals behauptet.

Einen Verstoß gegen die Vorschriften über die Fragestellung (Z 6) erblickt der Beschwerdeführer im Unterbleiben einer (der Eventualfrage nach fahrlässiger Tötung voranzustellenden) subsidiären Zusatzfrage nach Putativnotwehr.

Bei diesem Einwand übersieht der Angeklagte jedoch, daß die Stellung der vermißten Frage dem Schwurgerichtshof unter den gegebenen Umständen (iS der zutreffenden Ausführungen im bezüglichen Abweisungsbeschluß ‑ S 92/VIII) verwehrt war, weil die Verfahrenserneuerung nur jene eng begrenzte Sachverhaltskonstellation betrifft, welche sich auf die vom Obersten Gerichtshof angeordnete Fragestellung nach Notwehrexzeß bzw. nach Putativnotwehrexzeß sowie eine damit im Zusammenhang stehende Schuldfrage nach ‑ qualifizierter ‑ fahrlässiger Tötung bezieht. Die vom Angeklagten nunmehr verlangte Zusatzfrage nach Putativnotwehr war von den Laienrichtern bereits im ersten Rechtsgang verneint worden; dieser Wahrspruch war gemäß der Entscheidung des Obersten Gerichtshofes der neuerlichen Verhandlung und Entscheidung mit zugrunde zu legen, weshalb der Schwurgerichtshof die in Rede stehende Zusatzfrage nach irrtümlicher Annahme einer Notwehrlage den Geschworenen im zweiten Verfahrensgang nicht nochmals vorlegen durfte.

Daß die Stetigkeit des Sachverhaltes im zweiten Verfahrensgang gegenüber jenem des ersten Verfahrensganges nicht gegeben gewesen wäre, wurde in der Nichtigkeitsbeschwerde, in der abschließend (innerhalb der Rechtsmittelfrist) jene Tatumstände, die einen Nichtigkeitsgrund bilden sollen, ausdrücklich oder durch deutliche Hinweisungen anzuführen sind (§ 285 a Z 2 StPO) nicht dargetan, sondern bloß ohne konkrete Bezugnahme auf Verfahrensergebnisse vorgebracht, es sei "durchaus denkmöglich, daß der Angeklagte etwa eine andere und ergänzende Verantwortung abgibt, sich neue Beweisergebnisse zeigen, etc ...". Die mündliche Begründung der Nichtigkeitsbeschwerde im Gerichtstag vor dem Obersten Gerichtshof bietet keine Grundlage für eine (prozessual beachtliche) Nachholung eines in der Nichtigkeitsbeschwerde unterlassenen Vorbringens (SSt. 40/13, 15 Os 32/88, 11 Os 5/92, 9 Os 73/8111 Os 173/80), was gleichermaßen für eine gemäß § 35 Abs. 2 StPO erstattete Äußerung zur Stellungnahme der Generalprokuratur gilt. Lediglich die verspätete Behauptung materiellrechtlicher Nichtigkeitsgründe - wozu § 345 Abs. 1 Z 6 StPO nicht zählt ‑ könnte zum Anlaß einer amtswegigen Maßnahme des Obersten Gerichtshofes nach § 290 Abs. 1 StPO dienen.

Es versagt auch die Instruktionsrüge (Z 8).

Dieser Nichtigkeitsgrund setzt die Erteilung einer unrichtigen Rechtsbelehrung an die Geschworenen durch den Vorsitzenden voraus. Gemäß § 321 Abs. 1 StPO muß die Rechtsbelehrung ‑ für jede Frage gesondert ‑ eine Darlegung der gesetzlichen Merkmale der strafbaren Handlung, auf die die Haupt‑ oder Eventualfrage gerichtet ist, sowie eine Auslegung der in den einzelnen Fragen vorkommenden Gesetzesausdrücke enthalten und das Verhältnis der einzelnen Fragen zueinander sowie die Folgen der Bejahung oder Verneinung jeder Frage klarlegen. Von einer Unrichtigkeit der Belehrung kann nur dann gesprochen werden, wenn ihr maßgeblicher Inhalt mit gesetzlichen Bestimmungen oder Grundsätzen des Strafrechtes oder Strafverfahrensrechtes im Widerspruch steht. Eine Unvollständigkeit der Rechtsbelehrung wäre überhaupt nur dann ihrer (den geltend gemachten Nichtigkeitsgrund begründenden) Unrichtigkeit gleichzusetzen, wenn sie zu Mißverständnissen in Ansehung der gesetzlichen Merkmale der strafbaren Handlung, auf die eine Frage gerichtet ist, zur irrigen Auslegung der in einer Frage an die Geschworenen enthaltenen Ausdrücke des Gesetzes, zu Irrtümern über das Verhältnis der einzelnen Fragen zueinander oder über die Folgen der Bejahung oder Verneinung der einzelnen Fragen Anlaß geben könnte (Foregger‑Kodek StPO6 § 321 Erl III mwN).

Eine in diesem Sinne unter Nichtigkeitssanktion stehende falsche bzw. in irreführender Weise unvollständige Information der Laienrichter vermag der Angeklagte mit seinen Einwänden jedoch nicht aufzuzeigen.

Zunächst bemängelt er die Erläuterungen der Begriffsmerkmale der Notwehr mit der Behauptung als unzureichend, daß der Gesetzesausdruck der "notwendigen Verteidigung" (im Sinn des § 3 Abs. 1 StGB) durch die Einschränkung auf die "geringste" zur Abwehr des Angriffs erforderliche "Beeinträchtigung" mangels weiterer Hinweise auf die von der Rechtsprechung zu diesem Kriterium entwickelte Interpretation zu eng begrenzt dargelegt worden wäre.

Demgegenüber finden sich in der vorliegenden Instruktion hinsichtlich der Strukturelemente der Notwehrhandlung ‑ einschließlich der für die Wahl des Abwehrmittels maßgeblichen objektiven Kriterien ‑ rechtlich einwandfreie, dem Fassungsvermögen juristischer Laien angepaßte Unterweisungen: Es wurde nämlich ‑ über den kritisierten Hinweis auf das Erfordernis des Einsatzes des schonendsten Verteidigungsmittels hinaus ‑ ausdrücklich klargelegt, daß die Verteidigung maßhaltend und "zwischen Angriff und Abwehr Verhältnismäßigkeit gegeben" sein muß, ferner, daß sich die Abwehrmaßnahme "nach der Angriffsintensität, der Gefährlichkeit des Angreifers, der Art seines Angriffs und den zur Abwehr zur Verfügung stehenden Mitteln" bestimmt und daß (unter konkreten näher dargelegten Umständen) auch "initiative Notwehr" zulässig ist (S 5 f der schriftlichen Belehrung Beilage 2 zu ON 357/VIII). Da diese Belehrungsaussagen der herrschenden Rechtsprechung und Lehre folgen (Foregger‑Kodek StGB5 Erl. IV; Leukauf‑Steininger Komm.3 RN 81 ff, jeweils zu § 3), ist die Instruktion insoweit zutreffend und vollständig.

Der in diesem Zusammenhang weiters relevierte Erörterungsbedarf in bezug auf die behauptete Unterlegenheit des Angegriffenen bzw. die Gewalttätigkeit des Angreifers bezieht sich einerseits auf kasuistische Beispielsfälle (der sich die Belehrung tunlichst zu enthalten hat ‑ vgl. Foregger‑Kodek StPO6 § 321 Erl II) und andererseits auf einen Belehrungsinhalt, der erst der Zurückführung der in die Frage aufgenommenen gesetzlichen Merkmale auf den ihr zugrunde liegenden Sachverhalt im Rahmen der Besprechung des Vorsitzenden mit den Geschworenen (§ 323 Abs. 2 StPO) vorbehalten ist.

Die der Rechtsbelehrung über Notwehr‑ bzw. Putativnotwehrexzeß vorangestellten (richtigen) Passagen über die Voraussetzungen der Putativnotwehr waren entgegen der Ansicht des Rechtsmittelwerbers keineswegs geeignet, die Laienrichter in irgendeiner Beziehung an der korrekten Erfassung der Rechtslage zu hindern oder sie in irgendeinen Irrtum zu führen. Vielmehr war die Klarstellung dieses Begriffes (Putativnotwehr) zum Verständnis der gesetzlichen Grundlagen der (erfragten) Überschreitung irrtümlich angenommener Notwehr erforderlich; der vom Nichtigkeitswerber insoweit behauptete Widerspruch zum vorliegenden (auf die Zusatzfragen der Überschreitung von Notwehr‑ bzw. Putativnotwehr und die Eventualfrage nach fahrlässiger Tötung beschränkten) Fragenschema liegt daher gleichfalls nicht vor.

Die weitere Rüge des Angeklagten, die sich punktuell gegen die im Rahmen der Instruktion über die strafrechtlichen Konsequenzen bei Vorliegen eines Notwehrexzesses gewählte einschränkende Formulierung durch die Diktion "in diesen Fällen" (S 8, letzter Absatz) wendet, geht nicht vom gesamten Inhalt und Sinngehalt der Rechtsbelehrung aus, wonach sich die erwähnte Wortfolge unmißverständlich auf die im vorangestellten Abschnitt vollständig und richtig erläuterten (zur Haftung wegen Fahrlässigeit führenden) asthenischen Affektgründe ("Bestürzung, Furcht oder Schrecken") bezieht. Ebenso konnte der Vorsitzende im Rahmen der Belehrung über die Kriterien des Putativnotwehrexzesses in zulässiger Weise ‑ ergänzend ‑ auf die in gleicher Weise auch auf diesen Begriff anzuwendenden Erläuterungen über die Voraussetzungen der Notwehrüberschreitung verweisen (S 9 dritter Absatz der schriftlichen Instruktion).

Das Beschwerdevorbringen über eine behauptete unklare handschriftliche Korrektur in der Belehrung über das Verhältnis der Eventualfrage (nach qualifizierter fahrlässiger Tötung) zu den beiden Zusatzfragen entspricht nicht der Aktenlage; denn es wurde nach Streichung der Worte "und/oder" keineswegs bloß das Wort "oder" unterstrichen, sondern erneut handschriftlich hinzugesetzt, sodaß der Sinn der Korrektur nicht zweifelhaft sein kann. Der Austausch der ‑ gestrichenen ‑ Bindeworte "und/oder" durch das Wort "oder" (S 10 der Belehrung) stellt in Verbindung mit den gleichlautenden Hinweisen im Fragenprogramm dem bezüglichen Einwand des Beschwerdeführers zuwider ‑ richtig und keineswegs irreführend ‑ darauf ab, daß die in Rede stehende Eventualfrage 3 nur bei Bejahung einer der beiden vorangegangenen Zusatzfragen (1 oder 2) zu beantworten ist.

Mit dem abschließenden nicht spezifizierten Vorwurf, wonach in Anbetracht angeblich besonderer rechtlicher Schwierigkeiten der gegenständlichen Fallkonstellation eine dem Fassungsvermögen juristischer Laien Rechnung tragende Rechtsbelehrung und damit ein dem Fairneßgebot der EMRK entsprechendes Verfahren nicht gewährleistet gewesen wäre, wird kein Nichtigkeitsgrund zur prozeßordnungsmäßigen Darstellung gebracht. Genug daran, daß den Geschworenen eine mängelfreie Belehrung erteilt wurde, diese überdies vom Vorsitzenden auch mündlich zu besprechen war und er sich im Anschluß daran zu überzeugen hatte, daß seine Instruktion auch verstanden wurde (§ 323 Abs. 2 und 3 StPO). Daß diese zusätzlichen Modalitäten nicht eingehalten worden wären, behauptet der Beschwerdeführer im gegebenen Zusammenhang nicht. Der Vorwurf mangelnder Fairneß des Verfahrens ist somit völlig unberechtigt.

Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher teils als nicht gesetzmäßig ausgeführt, teils als unbegründet zu verwerfen.

Ein vom Angeklagten selbst an den Obersten Gerichtshof gerichteter Schriftsatz vom 25.Jänner 1994, dem Inhalt nach gleichfalls als Bekämpfung des erstgerichtlichen Schuldspruches gedacht, ist unbeachtlich, weil das Gesetz nur eine Ausführung der Nichtigkeitsbeschwerde (durch einen Verteidiger) vorsieht (Mayerhofer‑Rieder StPO3 § 285 E 36, 37, 39 a, 40).

Das Geschworenengericht verurteilte den Angeklagten unter Einbeziehung des bereits im ersten Rechtsgang rechtskräftig gewordenen Schuldspruches wegen des Vergehens des Glückspiels nach § 168 Abs. 1 StGB unter Anwendung des § 28 (Abs. 1) StGB nach § 87 Abs. 2 zweiter Strafsatz StGB zu einer neunjährigen Freiheitsstrafe und wertete das Zusammentreffen eines Verbrechens mit einem Vergehen, die massive einschlägige Vorstrafenbelastung, die führende Beteiligung an der Tat laut Verbrechenstatbestand und das Vorliegen der Voraussetzungen der Strafschärfung bei Rückfall gemäß § 39 StGB als erschwerend. Als mildernd wurde das Geständnis hinsichtlich des Vergehenstatbestandes, das teilweise Geständnis hinsichtlich des Verbrechenstatbestandes und die Provokation durch den Getöteten und dessen Begleiter berücksichtigt.

Weiters faßte es gemäß § 494 a Abs. 1 Z 4 StPO den Beschluß auf Widerruf der im Verfahren 20 BE 112/90 des Landesgerichtes Innsbruck am 22.März 1990 ausgesprochenen bedingten Entlassung aus einem Strafrest von 4 Monaten und 27 Tagen.

Mit seiner Berufung strebt der Angeklagte die Herabsetzung der Freiheitsstrafe an, mit seiner Beschwerde gegen den Widerrufsbeschluß das Absehen vom Widerruf der bedingten Strafnachsicht unter eventueller Verlängerung der Probezeit.

Richtig ist zwar der Hinweis des Berufungswerbers, daß der Oberste Gerichtshof in der Entscheidung ÖJZ‑LSK 1976/264 = EvBl. 1976/287 <hier allerdings ist der die Straffrage betreffende Teil der Entscheidung nicht abgedruckt>, auf die sich Foregger‑Kodek (StGB5 § 33 Erl. II Z 4) beziehen, zum Ausdruck gebracht hat, einem Täter, der ausschließlich wegen Bestimmung eines anderen zur Tat schuldig erkannt wird, dürfe der Umstand, daß er der Anstifter war, nicht als erschwerend angelastet werden. Der Oberste Gerichtshof ist jedoch seither in einer Reihe von Entscheidungen davon abgerückt; dies aus dem Gedanken, daß der Gesetzgeber durch die besonderen Erschwerungs‑ und Milderungsgründe der §§ 33 und 34 StGB aufzeigt, daß er ihnen für die Strafbemessung in jedem Fall besonderes Gewicht beimißt, sofern sie nicht einen eigenen Strafsatz nach sich ziehen (Leukauf‑Steininger Komm.3 § 33 RN 10; Kunst im WK § 33 Rz 8 mwN; 13 Os 127/9115 Os 54/91; 12 Os 31/8612 Os 195/8512 Os 20/8512 Os 59/83), womit demgemäß die schuldspruchmäßige Qualifikation der Tat als Bestimmungstäterschaft ebensowenig die Heranziehung des Erschwerungsgrundes des § 33 Z 3 oder 4 StGB hindert wie die schuldspruchmäßige Qualifikation einer Tat als Versuch nach § 15 StGB die Heranziehung des Milderungsgrundes des § 34 Z 13 StGB (Leukauf‑Steininger aaO). Lediglich dort, wo der Tatausführende ohnedies schon zu einem Verbrechen dieser Art allgemein entschlossen war und demnach einer hinzutretenden Bestimmung keine dominante Bedeutung mehr zukommt, kann die Annahme des in Rede stehenden Erschwerungsgrundes entfallen (13 Os 29/92).

Dementsprechend ist bei dem breiten Spektrum möglicher Erscheinungsformen der Bestimmungstäterschaft der hohe Unwert der Tat des Angeklagten, der nach Art eines Truppführers im Rahmen eines organisierten Zusammenschlusses krimineller Elemente einen Schießbefehl erteilte, so geartet, daß das Erstgericht dem Gewicht dieser Bestimmungstäterschaft mit der Wertung als "führende Beteiligung" im Ergebnis zutreffend Rechnung trug.

Den weiteren Berufungsausführungen zuwider kommt aber auch unter Berücksichtigung des vorstrafenbelasteten Vorlebens des Angeklagten im Zusammenhang mit der aggravierenden neuerlichen Straffälligkeit und seinem Gesamtverhalten im hier abzuhandelnden Fall ein intensiver, in der Persönlichkeitsstruktur wurzelnder Täterwille zum Ausdruck, der die Gefährlichkeit des Angeklagten sinnfällig unterstreicht, sodaß auch unter richtiger Einbeziehung der vom Erstgericht zutreffend angenommenen Milderungsgründe eine Herabsetzung der Freiheitsstrafe nicht in Betracht kommt.

Der Widerruf der dem Angeklagten im Verfahren 20 BE 112/90 des Landesgerichtes Innsbruck gewährten bedingten Entlassung des Strafrestes von 4 Monaten und 27 Tagen gemäß § 494 a Abs. 1 Z 4 StPO war weiters, wie das Geschworenengericht zutreffend ausgeführt hat, zusätzlich zu seiner nunmehr neuerlichen Verurteilung erforderlich, um ihn von weiteren strafbaren Handlungen abzuhalten (§ 53 Abs. 1 StGB), weil die Aufrechterhaltung der bloßen Androhung des Vollzuges jenes Strafrestes trotz schwerster abermaliger Delinquenz innerhalb der Probezeit in der Tat nicht geeignet erscheint, die damit anzustrebende spezialpräventive Effizienz zu entfalten.

Seiner Beschwerde gegen den Widerruf mußte daher ebenfalls ein Erfolg versagt bleiben.

 

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