Spruch:
Die Nichtigkeitsbeschwerde wird verworfen.
Der Berufung wird nicht Folge gegeben.
Gemäß dem § 390 a StPO. fallen dem Angeklagten auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Text
Gründe:
Mit dem angefochtenen Urteil wurde u.a. der am 28.Juli 1953 geborene Hilfsarbeiter Siegfried A der Vergehen des versuchten Widerstandes gegen die Staatsgewalt nach den §§ 15, 269 Abs. 1 StGB., der Beleidigung nach den §§ 115 Abs. 1, 117 Abs. 2 StGB., der Körperverletzung nach dem § 83 Abs. 1 StGB., des Hausfriedensbruches nach dem § 109 Abs. 1 und Abs. 3 Z. 1 StGB. und nach dem § 16 Abs. 1 Z. 1 und 2 (3. und 4. Fall) und Abs. 2
(1. Fall) SuchtgiftG. schuldig erkannt.
Er bekämpft mit einer auf die Nichtigkeitsgründe der Z. 5 und 9 lit. a des § 281 Abs. 1 StPO. gestützten Nichtigkeitsbeschwerde (der Sache nach) lediglich die Schuldsprüche wegen der Vergehen nach den §§ 15, 269
Abs. 1; 115 Abs. 1, 117 Abs. 2 und 109 Abs. 1 und Abs. 3 Z. 1 StGB., mit denen ihm angelastet wurde, in Pottendorf am 18. April 1980 versucht zu haben, die Gendarmeriebeamten Bezirksinspektor Willibald B und Revierinspektor Johann C des Gendarmeriepostenkommandos Pottendorf mit Gewalt an einer Amtshandlung, nämlich der Festnahme und Eskortierung des (mitangeklagten) Kurt D zum Funkpatrouillenwagen zu hindern, indem er - gemeinsam mit dem Mitangeklagten Walter E - mit erheblicher Einwirkung an dem (festgenommenen) Kurt D zerrte, um ihn dem Zugriff der Gendarmerie zu entziehen und ihm die Flucht zu ermöglichen (Punkt I. 2. des Urteilssatzes), zur selben Zeit die oben angeführten Gendarmeriebeamten durch die Rufe 'Schweine, Arschlöcher' öffentlich beschimpft zu haben (Punkt II. des Urteilssatzes) und am 22.Juli 1980 den Eintritt in die Wohnstätte des Ehepaares F durch Drohung mit Gewalt, nämlich durch mehrmaliges heftiges Pochen gegen die Wohnungseingangstür und die Äußerung, er würde die Türe im Falle der Nichtöffnung eintreten, erzwungen zu haben, wobei er gegen dort befindliche Personen, und zwar gegen das Ehepaar Alfred und Anna F, Gewalt zu üben beabsichtigte und durch Versetzen eines Faustschlages in das Gesicht des Alfred F sowie durch Verabreichen eines Schlages mit der flachen Hand in das Gesicht der Anna F auch tatsächlich Gewalt ausübte (Punkt III. 1. b des Urteilssatzes).
In Ausführung des Nichtigkeitsgrundes der Z. 5 des § 281 Abs. 1 StPO. wirft der Beschwerdeführer dem Erstgericht vor, das Urteil unvollständig begründet zu haben.
Rechtliche Beurteilung
Dieses Vorbringen erschöpft sich jedoch seinem Inhalt und seiner Zielsetzung nach - ohne formale Begründungsmängel aufzeigen zu können - nur in dem im schöffengerichtlichen Verfahren unzulässigen und daher unbeachtlichen Versuch, die gemäß dem § 258 Abs. 2 StPO. auf Grund einer Gesamtwürdigung der Verfahrensergebnisse vorgenommene freie Beweiswürdigung des erkennenden Gerichtes zu bekämpfen.
Diese Würdigung ist zwar unter Berücksichtigung aller wesentlichen Beweistatsachen und entsprechend den Denkgesetzen (schlüssig) vorzunehmen und zu begründen, doch ist es keineswegs notwendig, im Urteil alle Einzelheiten aus den Verfahrensergebnissen zu erörtern, die (isoliert betrachtet) unter Umständen zu Gunsten des Angeklagten ausgelegt werden könnten. Nach § 270 Abs. 2 Z. 5 StPO. hat das Gericht vielmehr lediglich in gedrängter Darstellung anzugeben, welche (entscheidenden) Tatsachen aus welchen (denkrichtigen) Gründen als erwiesen oder als nicht erwiesen angenommen wurden.
Dieser Verpflichtung entsprach aber das Erstgericht. Entgegen der vom Beschwerdeführer vertretenen Auffassung begründete das Erstgericht mit dem Hinweis auf die Angaben der beiden Gendarmeriebeamten (vgl. S. 180) auch vollkommen zureichend die Feststellung, daß der Beschwerdeführer und der Mitangeklagte Walter E von hinten die Lederweste des Kurt D erfaßten und daran in (der vorgesehenen Verbringung DS zum Gendarmeriefahrzeug) entgegengesetzter Richtung derart heftig zogen, daß die Beamten gezwungen waren, den (sich auch selbst widersetzenden) Kurt D unter Aufbietung von mehr Körperkraft in die Richtung des Einsatzfahrzeuges zu zerren, wobei der Gendarmeriebeamte B D sogar vorübergehend loslassen mußte, um gegen den Beschwerdeführer mit dem Gummiknüppel vorgehen zu können (vgl. S. 178). Denn diese Konstatierung findet in den entscheidungswesentlichen Punkten übereinstimmenden Aussagen der Zeugen Johann C (S. 144 ff.) und Willibald B (S. 152 ff.) volle Deckung, wogegen der vom Beschwerdeführer in den Vordergrund gerückten Frage, ob der Versuch des Wegzerrens mehr von 'hinten' (S. 147 unten) oder von 'der Seite' (S. 156 unten) geschah, keine erörterungswürdige Bedeutung zukommt, weil es sich hiebei angesichts der ständig wechselnden Situation (S. 155) um keinen echten Widerspruch handelt.
Nicht erörterungsbedürftig waren auch die Angaben der Mitangeklagten D und E, soweit diese nicht (mit Sicherheit) sagen konnten, ob (auch) der Beschwerdeführer versucht hatte, D von den Beamten wegzuzerren (vgl. S. 134, 135, 137), sowie die Aussage des Zeugen C, nicht beurteilen zu können, ob der Beschwerdeführer oder E stärker gezogen habe (S. 149). Selbst die Mitangeklagten D und E konnten nämlich die Möglichkeit, daß sich (auch) der Beschwerdeführer am Wegzerren beteiligte, keineswegs ausschließen, und daraus, daß E möglicherweise stärker gezogen haben mochte als der Beschwerdeführer, ließe sich für letzteren nichts gewinnen. Auch bedurfte es keiner Auseinandersetzung mit dem Umstand, daß die Jacke des Kurt D nach dem Vorfall keine Beschädigungen aufwies. Nach dessen Angaben (vgl. S. 152) handelte es sich nämlich um eine ziemlich starke Lederjacke, aus deren Unversehrtheit mithin keinerlei relevanten Schlüsse gezogen werden könnten.
Daß es im Rahmen einer Mängelrüge nicht zielführend sein kann, wenn die Beschwerde immer wieder versucht, einzelne Beweisergebnisse - so auch jenen Teil der Aussage des Zeugen B, in dem zum Ausdruck kommt, daß der Beschwerdeführer zunächst erklärte, mit ihm reden zu wollen (vgl. S. 154) - aus dem Zusammenhang zu lösen und daraus (für den Angeklagten) günstigere Schlußfolgerungen abzuleiten, als dies das Erstgericht tat, wurde bereits dargelegt.
Fehl geht auch die Behauptung, das Erstgericht habe nicht festgestellt, daß sich an Ort und Stelle eine größere Menschenmenge befand. Denn das Urteil enthält die ausdrückliche Konstatierung, daß sich am Ort der Amtshandlung eine große Zahl von Menschen ansammelte, sodaß zuletzt mindestens 80 Personen anwesend waren (vgl. S. 179). Wenn das Erstgericht dennoch zu der Annahme gelangte, daß (auch) der Beschwerdeführer Schimpfworte äußerte, ist dies ein Akt freier Beweiswürdigung, dem im übrigen die Angaben des Mitangeklagten D keineswegs - wie der Beschwerdeführer meint - entgegenstehen; sie ist im Gegenteil gerade auch durch die Verantwortung des Kurt D gedeckt, welcher bestätigt, daß die Beamten auch von A und E beschimpft wurden (vgl. S. 134).
Ebensowenig schlagen die den Schuldspruch wegen des Vergehens des Hausfriedensbruches nach dem § 109 Abs. 1
und Abs. 3 Z. 1 StGB. betreffenden Beschwerdeeinwände durch. Denn daß der Beschwerdeführer den Eintritt in die Wohnung des Ehepaares F (zumindest) durch Drohung mit Gewalt erzwang, konnte das Erstgericht in freier Beweiswürdigung nicht nur aus den in der Hauptverhandlung gemachten Angaben des Alfred und der Anna F, A habe draußen 'herumgewirbelt' und mit dem Ruf 'Komm heraus, du Hund, mach auf' an die Tür 'gepumpert' (vgl. S. 164, 165) - ein Verhalten, das sich unter den gegebenen Umständen (mehrfaches heftiges Treten gegen die Tür) durchaus als Ankündigung deuten ließ, im Fall der weiteren Weigerung, zu öffnen, durch Anwendung nicht ganz unerheblicher physischer Kraft, nämlich durch Aufbrechen der Türe, (Sach-)Gewalt üben zu wollen (vgl. Kienapfel, Grundriß des österreichischen Strafrechts, BT. I, RN. 888) -, sondern auch aus den in der Hauptverhandlung verlesenen (vgl. S. 166) und daher gleichfalls Urteilsgrundlage bildenden Angaben der erwähnten Zeugen bei der Gendarmerie (vgl. S. 15 und 17 in ON. 16) ableiten, wonach der Angeklagte gegen die Türe schlug und dabei schrie: 'Machts auf, sonst tritt ich euch die Tür ein'.
Die (u.a.) gebrauchte Aufforderung: 'Komm heraus' stand dabei weder der Annahme, daß der Beschwerdeführer den Eintritt in die Wohnung mit Gewalt erzwang, noch der weiteren Annahme entgegen, daß er beim Eindringen die Absicht hatte, in der Wohnung zumindest gegen die Person des Alfred F Gewalt zu üben (vgl. S. 184), weil Alfred F eben nicht herauskam und dem Beschwerdeführer gerade deshalb Anlaß bot, nunmehr in der Absicht, Alfred F in der Wohnung zu mißhandeln, sich den Eintritt zu erzwingen und somit einen (nach dem § 109 Abs. 3 Z. 1 StGB. qualifizierten) Hausfriedensbruch zu begehen. Daß aber nicht schon der erste Schlag, den der Angeklagte dem Alfred F auf der Straße versetzte, die Ursache dafür war, daß letzterer einen Schneidezahn verlor, sondern erst der später in der Wohnung geführte zweite Schlag, ist dem Urteil (entgegen der in der Beschwerde vertretenen Auffassung gar nicht zu entnehmen (vgl. S. 182, 183) und im übrigen auch nicht entscheidungswesentlich, weil § 109 Abs. 3 Z. 1 StGB. im Zuge eines Hausfriedensbruches erfolgte Körperverletzungen nicht konsumiert (vgl. ÖJZ-LSK. 1977/197; Kienapfel BT. I RN. 913).
Die Mängelrüge hält daher nach keiner Richtung hin einer Überprüfung stand.
Auf die im Gerichtstag zur öffentlichen Verhandlung vorgetragenen Behauptungen weiterer - in der Beschwerdeschrift nicht erwähnter - Begründungsmängel muß nicht eingegangen werden, weil die Erweiterung formalrechtlicher Beschwerdepunkte im Gerichtstag zur öffentlichen Verhandlung unzulässig ist (SSt. 40/13 u.a.).
Schließlich geht auch die Rechtsrüge fehlt, mit der der Beschwerdeführer unter Anrufung des Nichtigkeitsgrundes des § 281 Abs. 1 Z. 9 lit. a StPO. behauptet, der Tatbestand des § 269 Abs. 1 StGB. sei nicht verwirklicht, weil seine Vorgangsweise - insbesondere auch im Hinblick auf die eigene Gegenwehr des Kurt D - keine erhebliche Erschwerung der Amtshandlung zur Folge gehabt habe. Bei diesem Vorbringen übersieht er, daß ihm nur der Versuch des Vergehens des Widerstandes gegen die Staatsgewalt angelastet wurde, wozu es keineswegs erforderlich war, daß die Amtshandlung tatsächlich unmöglich gemacht oder erheblich erschwert wurde. Genug daran, daß der - bereits Ausführungshandlungen begehende - Beschwerdeführer bemüht war, D vom Zugriff der beiden Gendarmeriebeamten zu befreien (vgl. S. 180) und dadurch die Amtshandlung zu hindern, an welchem (zur Annahme eines strafbaren Versuches ausreichenden) Bemühen der Umstand, daß Kurt D auch selbst Widerstand leistete, nichts zu ändern vermag.
Die zur Gänze unbegründete Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten Siegfried A war mithin zu verwerfen.
Das Erstgericht verurteilte den Angeklagten A nach dem ersten Strafsatz des § 269 Abs. 1 StGB. unter Bedachtnahme auf § 28 Abs. 1 StGB. zu einer Freiheitsstrafe in der Dauer von neun Monaten. Es wertete bei der Strafbemessung als erschwerend die Begehung mehrerer strafbarer Handlungen verschiedener Art und die wegen Gewalttätigkeitsdelikten verhängten Vorstrafen, als mildernd den Umstand, daß es teilweise beim Versuch blieb, die emotionsgeladene Situation anläßlich der Begehung der in den Urteilsfakten I und II umschriebenen Delikte und das Geständnis zu den Urteilsfakten III 1 a und III 2 a und b.
Der Angeklagte A strebt mit seiner Berufung die Herabsetzung der über ihn verhängten Freiheitsstrafe und die Gewährung der bedingten Strafnachsicht an.
Der Berufung kommt keine Berechtigung zu.
Einen geringeren Verschuldensgrad bei Verübung des Vergehens nach §§ 15, 269 Abs. 1 StGB. berücksichtigte das Erstgericht ohnedies, indem es ausdrücklich eine emotionsgeladene Situation als Milderungsgrund heranzog.
Der Berufungswerber vermag keine Umstände aufzuzeigen, die nicht bereits dadurch umfaßt wären.
Weitere noch zu berücksichtigende Milderungsgründe vermag die Berufung nicht einmal zu behaupten. Sie sind auch nicht gegeben. Das Erstgericht erfaßte die Strafzumessungsgründe richtig und vollzählig und setzte zutreffend eine Strafe fest, die dem Unrechtsgehalt der Taten und dem Verschulden des Täters angemessen ist.
Für die Gewährung einer bedingten Strafnachsicht vermag die Berufung ebenfalls nichts ins Treffen zu führen.
Angesichts der wiederholten einschlägigen Vorstrafen und der Wirkungslosigkeit einer in diesem Zusammenhang bereits einmal gewährten bedingten Strafnachsicht sowie der Begehung der im Punkt III des erstgerichtlichen Urteils umschriebenen Delikte während eines bereits anhängigen Strafverfahrens (kurz nach Zustellung einer Anklageschrift) sind die Voraussetzungen des § 43 Abs. 1 StGB. im vorliegenden Fall nicht gegeben.
Auch der Berufung des Angeklagten A war somit ein Erfolg zu versagen.
Die Kostenentscheidung beruht auf der im Spruch genannten Gesetzesstelle.
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