OGH 13Os127/91-11

OGH13Os127/91-1118.3.1992

Der Oberste Gerichtshof hat am 18.März 1992 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Kießwetter als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Hörburger, Dr. Kuch, Dr. Massauer und Dr. Markel als weitere Richter, in Gegenwart des Richteramtsanwärters Mag. Kohout als Schriftführer in der Strafsache gegen Alois B***** wegen des Finanzvergehens des teils vollendeten, teils versuchten gewerbsmäßigen Schmuggels als Beteiligter nach den §§ 35 Abs. 1, 38 Abs. 1 lit a, 13 und 11, zweiter Fall, FinStrG über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten sowie die Berufungen der Staatsanwaltschaft und des Hauptzollamtes Linz als Privatbeteiligter gegen das Urteil des Landesgerichtes Linz als Schöffengericht vom 12.April 1991, GZ 34 b Vr 1220/88-40, nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit des Vertreters des Generalprokurators, Generalanwalt Dr. Jerabek, des Angeklagten Alois B***** und des Verteidigers Dr. Tews zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird verworfen.

Den Berufungen der Staatsanwaltschaft und des Hauptzollamtes Linz wird Folge gegeben und es werden die über den Angeklagten nach dem § 38 FinStrG verhängte Geldstrafe auf 100.000 S (einhunderttausend Schilling), die für den Fall ihrer Uneinbringlichkeit ausgesprochene Ersatzfreiheitsstrafe auf 4 (vier) Monate, ferner die nach dem § 19 FinStrG verhängte Wertersatzstrafe auf 150.000 S (einhundertfünfzigtausend Schilling) und die für den Fall der Uneinbringlichkeit der Wertersatzstrafe ausgesprochene Ersatzfreiheitsstrafe auf 6 (sechs) Monate erhöht.

Der Angeklagte wird mit seiner Berufung auf diese Entscheidung verwiesen.

Gemäß dem § 390 a StPO fallen dem Angeklagten auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen (hinsichtlich des Angeklagten Josef H***** auch einen rechtskräftigen Freispruch enthaltenden) Urteil wurde Alois B***** des Finanzvergehens des teils vollendeten, teils versuchten gewerbsmäßigen Schmuggels als Beteiligter nach den §§ 35 Abs 1, 38 Abs 1 lit a, 13 und 11, erster (richtig: zweiter) Fall FinStrG schuldig erkannt.

Ihm wird angelastet, in Linz und anderen Orten andere Personen dazu bestimmt zu haben, daß diese unter Verletzung der im § 48 ZollG normierten Stellungs- und Erklärungspflicht Waren dem Zollverfahren entzogen, wobei es ihm darauf ankam, sich durch die wiederkehrende Durchführung der illegalen Einfuhren eine fortlaufende Einnahme zu verschaffen, nämlich

1. in der Zeit von 1982 bis 1986 den Erich H***** zu mehrfacher Einfuhr von Arzneimitteln im Gesamtwert von ca 84.000 S (Eingangsabgaben 24.398 S);

2. in der Zeit von Juli 1986 bis 8.April 1988 den Josef H***** zu mehrfachen Einfuhren von Arzneimitteln im Gesamtwert von ca 430.000 S (Eingangsabgaben 122.093 S) und

3. am 8.April 1988 den Josef H***** zur Einfuhr von Arzneimitteln im Wert von ca 61.000 S (Eingangsabgaben 17.379,67 S), wobei die Tat beim Versuch geblieben ist.

Rechtliche Beurteilung

Der Angeklagte bekämpft diesen Schuldspruch mit einer auf den § 281 Abs 1 Z 4 und 10 StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde.

Sie ist nicht berechtigt.

Der Beschwerdeführer war im grundsätzlichen, nicht jedoch im vollen Ausmaß des Anklagevorwurfes der Bestimmung anderer zur Durchführung von Schmuggelfahrten geständig (AS 287 ff). Darüber hinaus verantwortete er sich damit, im Rahmen seiner Heilpraktiken nur homöopathische Arzneimittel an seine Kunden weitergegeben zu haben (AS 293).

Die Verfahrensrüge (Z 4) bemängelt die Abweisung des Antrages auf neuerliche Vernehmung des ausländischen Lieferanten des Schmuggelgutes, des Apothekers Max K***** im Rechtshilfeweg zum Beweise dafür, daß nicht alle auf der von diesem Zeugen vorgelegten Liste erfaßten Arzneimittel für den Angeklagten bestimmt gewesen seien.

Im Hinblick auf die ausdrücklich im Rechtshilfeweg begehrte Vernehmung dieses Zeugen kommt zwar der erstgerichtlichen Begründung für die Ablehnung dieses Beweisantrages, der Zeuge habe sein Erscheinen vor den Tatrichtern abgelehnt, keine Bedeutung zu. Dies ändert jedoch an der fehlenden Berechtigung der Verfahrensrüge nichts. Die neuerliche Vernehmung sollte (nach den diesbezüglichen Erläuterungen der Beschwerde) insbesondere "Erkundigungen" dienen, welche Medikamente aus den von diesem Zeugen im Rahmen des zollbehördlichen Ermittlungsverfahrens vor dem Zollfahndungsamt München, Zweigstelle Passau, vorgelegten Rechnungen tatsächlich an den Angeklagten weitergegeben worden seien (AS 341). Damit erweist sich der begehrte Nachweis bereits nach der Intention des Beschwerdeführers als unzulässiger Erkundungsbeweis.

Der Zeuge Max K***** hatte sein Erscheinen vor dem Schöffengericht aus gesundheitlichen Gründen abgelehnt (AS 197). Gemäß dem § 252 Abs 1 Z 1 StPO wurde deswegen seine vor dem Amtsgericht Passau im Rechtshilfeweg abgelegte Zeugenaussage verlesen (AS 297).

Bei dieser Vernehmung bezog er sich ausdrücklich auf seine Angaben im zollrechtlichen Verfahren vom 25.Mai 1988 (Beilagenordner, Beil Nr 79, BlZ 16 ff) und machte sie damit auch zum Gegenstand seiner Zeugenaussage (AS 184). Daraus ergibt sich in einer jeden Zweifel ausschließenden Weise, daß der Angeklagte seine Bestellungen bei K***** seit Ende 1982 schriftlich tätigte und dabei jeweils den Zeitpunkt mitteilte, zu dem die Lieferung an den Busfahrer des Postkurses, der die Schmuggelfahrten dann tatsächlich durchführte, erfolgen sollte (Beilagenordner, Beil Nr 79 BlZ 17 und 21). Die Lieferungen für den Beschwerdeführer wurden über Auftrag des Zeugen K***** von dessen Gattin auf Grund der Buchhaltungsunterlagen erfaßt. Die bezügliche Liste, die im Auftrag und nach den Instruktionen des Zeugen von ihm bzw seiner Gattin erstellt wurde und deren Richtigkeit er vor dem Amtsgericht Passau bekräftigte (Beilagenordner, Beilagenheft, BlZ 157), betrifft jedoch nur die Jahre 1986 bis 1988, weil buchhalterische Aufzeichnungen, die separat für den Angeklagten geführt wurden, vorher nicht gemacht worden waren (Beil Nr 79, BlZ 19). Bei der Benachrichtigung K***** durch den Beschwerdeführer vom Aufgreifen der letzten Lieferung vernichtete dieser zwar die schriftlichen Bestellungen, nicht jedoch die betreffenden Geschäftsaufzeichnungen (BlZ 20).

Damit erweist sich aber, daß die Tatrichter zu Recht sämtliche in der Hauptverhandlung gestellten Beweisanträge (AS 298 bis 300) ablehnten, die darauf abzielten, die Art und Weise der Erstellung der Liste sowie den Umstand nachzuweisen, daß nicht alle auf ihr enthaltenen Mittel an B***** weitergegeben worden seien. Bei der dargestellten Sachlage hätte (schon) im Beweisantrag näher dargelegt werden müssen, aus welchen besonderen Gründen aus der (neuerlichen) Vernehmung des Max K***** sowie jener seiner Ehefrau Ingeborg K***** neuartige Erkenntnisse zu gewinnen gewesen wären. Jene Umstände, die der Angeklagte durch diese Vernehmungen erhoben wissen wollte, nämlich welche Medikamente tatsächlich an ihn geliefert worden waren und auf welche Weise die erwähnte Liste zustande gekommen ist, sind jedenfalls durch die Zeugenaussage des Max K***** hinreichend geklärt. Daß keine Gelegenheit zur Fragestellung an diesen Zeugen bestand, wurde weder im Beweisantrag noch im Rechtsmittel behauptet.

Der weitere Einwand, daß nicht alle Medikamente der dem Angeklagten angelasteten Lieferungen homöopathischer Natur gewesen seien, verfängt schon deshalb nicht, weil das Erstgericht bei seiner Entscheidung selbst erkennbar davon ausgegangen ist, daß der Angeklagte bei seinen Praktiken nicht nur homöopathische Mittel, sondern auch andere (Natur)Heilpräparate verwendet hat (AS 312, 313).

Aus eben diesem Grund konnte das Erstgericht auch den Antrag auf Einholung eines medizinischen bzw pharmazeutischen Gutachtens zum Nachweis dieses Umstandes ablehnen, ohne Verteidigungsrechte des Beschwerdeführers zu verletzen.

Ferner hat der Beschwerdeführer die Vernehmung der Zeugen Ursula R*****, Inge L*****, Gabriele K*****, Gertrude F*****, Paula R***** und Olga P***** zum Beweise dafür beantragt, daß sie im Rahmen der Heilpraktiken des Angeklagten nur homöopathische, nicht jedoch allopathische Medikamente erhalten haben, die am 8. April 1988 beschlagnahmte Sendung zum Großteil nicht für den Angeklagten bestimmt gewesen und die Aufstellung des Zeugen K***** über die gelieferten Medikamente unrichtig sei, weil diese ebenso wie die genannte Sendung allopathische Mittel enthalten habe.

Zu Recht wies das Erstgericht in diesem Zusammenhang darauf hin, daß diese Zeugen zu den beschlagnahmten Medikamenten keine Aussagen machen können. Selbst wenn diese Zeugen nur homöopathische Medikamente erhalten hätten, wäre dies für die Schuldfrage im vorliegenden Verfahren nicht wesentlich, weil daraus noch kein Schluß darüber gezogen werden kann, ob der Angeklagte nicht auch andere Naturheilpräparate in seiner Praxis verwendete. Diese Zeugen waren im übrigen im zollbehördlichen Verfahren vernommen worden (Beilagenordner BlZ 69 ff) und hatten im wesentlichen nur angegeben, daß sich der Angeklagte ihres Wissens mit homöopathischen Heilmitteln befaßt und Tropfen bzw flüssige Präparate an sie abgegeben habe. Eine relevante Erkenntnisgewinnung durch ihre gerichtliche Vernehmung über Umfang und Art des Schmuggelgutes war daher nicht zu erwarten.

Die Subsumtionsrüge (Z 10) bekämpft die von den Tatrichtern angenommene gewerbsmäßige Zielsetzung des Angeklagten mit der Begründung, darüber fehle im angefochtenen Urteil jedwede Feststellung. Die Tatrichter nahmen an, daß die Tendenz der Gewerbsmäßigkeit durch Tatwiederholung zwecks Verschaffung einer fortlaufenden Einnahme vorliege, weil der Angeklagte die seinen Rat einholenden Personen nach durchgeführter Augendiagnose auch mittels homöopathischer Medikamente behandelte und sich durch diese Therapie seine Einnahmen durch sogenannte "freiwillige Spenden" nicht unerheblich steigerten (AS 313, 314).

Aus den Feststellungen des Erstgerichtes ergibt sich, daß der Angeklagte im Rahmen der unbefugten Ausübung der Heilkunde seit sieben Jahren kranke Menschen mit homöopathischen Mitteln behandelte, Medikamente entgeltlich abgab und "freiwillige Spenden" erhielt (AS 309). Selbst wenn man davon ausgeht, daß das Schmuggelgut das im Inland teilweise nur teurer, teilweise überhaupt nicht erhältlich war, zum Selbstkostenpreis weitergegeben wurde, diente diese Weitergabe der Medikamente trotzdem als Mittel laufender Einkommensvermehrung, weil der Angeklagte aus seiner nur mit Hilfe der Arzneimittel möglichen Heilbehandlung nicht unerhebliche Einnahmen bezog. Damit konnte das Erstgericht (auch schlüssig und mängelfrei) auf eine schon bei Erteilung der Schmuggelaufträge bestehende gewerbsmäßige Tendenz schließen. Entgegen der in der Beschwerde zum Ausdruck gebrachten Ansicht reicht aber die so festgestellte mittelbare Vermehrung der laufenden Einnahmen zur rechtlichen Annahme gewerbsmäßigen Handelns aus.

Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher zu verwerfen.

Das Schöffengericht verurteilte den Angeklagten nach dem § 38 Abs 1 FinStrG zu einer Geldstrafe von 75.000 S, für den Fall ihrer Uneinbringlichkeit zu einer Ersatzfreiheitsstrafe von drei Monaten. Gemäß dem § 19 Abs 1 lit a FinStrG wurde über ihn eine Wertersatzstrafe von 75.000 S und für den Fall deren Uneinbringlichkeit ebenso eine Ersatzfreiheitsstrafe von drei Monaten verhängt. Die am 8.April 1988 beschlagnahmten Arzneimittel wurden gemäß dem § 17 Abs 2 lit a FinStrG für verfallen erklärt.

Bei der Strafbemessung wurde als erschwerend die Tatbegehung durch einen langen Zeitraum, mildernd das teilweise Geständnis und der Umstand, daß der letzte Schmuggel beim Versuch geblieben war, gewertet. Die Höhe der Strafe des Wertersatzes wurde unter Berücksichtigung von drei anderen bekannten, am Schmuggel beteiligten Personen festgesetzt.

Dagegen richten sich Berufungen sowohl des Angeklagten als auch der Staatsanwaltschaft und des Hauptzollamtes Linz als Privatbeteiligter. Die Berufung des Angeklagten strebt eine Reduzierung der Geld- und Wertersatzstrafe, jene der Anklagebehörde und die des Privatbeteiligten streben die Erhöhung dieser Strafen an.

Nur die Berufungen der Staatsanwaltschaft und des Hauptzollamtes sind berechtigt.

Diese beiden Rechtsmittelwerber führen zu Recht aus, daß sowohl die Geld- als auch die Wertersatzstrafe zu gering bemessen seien, weil damit unter Beachtung des vorliegendenfalls anzuwendenden Strafrahmens der Schuld des Angeklagten nicht hinreichend Rechnung getragen werde. Insbesondere habe es das Schöffengericht unterlassen, die führende Rolle des Angeklagten bzw dessen Bestimmungstäterschaft entsprechend zu werten.

Bei der Bemessung der Geldstrafe ist von einem (unbekämpft gebliebenen) strafbestimmenden Wertbetrag von 163.870,67 S auszugehen, sodaß sich als Strafobergrenze (Vierfaches des strafbestimmenden Wertbetrages - § 38 Abs. 1 lit a FinStrG) der Betrag von 655.482,68 S ergibt. Unter Bedachtnahme auf den vom Erstgericht bei der Ausmessung der Geldstrafe vernachlässigten Erschwerungsumstand der Bestimmung anderer zum Schmuggel, aus dem sich eine Initiatorenrolle ergibt, entspricht eine Geldstrafe von 100.000 S (auch unter Berücksichtigung der persönlichen Verhältnisse und der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit) der Schuld des Angeklagten sowie dem Unrechtsgehalt der Taten und trägt auch den Strafzumessungsgründen insgesamt sowie den mit zu beachtenden Aspekten der Generalprävention Rechnung.

Zur Bemessung der Wertersatzerstrafe ist entgegen der in der Berufung der Staatsanwaltschaft ausgedrückten Meinung von dem § 19 FinStrG idF der Finanzstrafgesetz-Novelle 1988 als der insgesamt für den Angeklagten nicht ungünstigeren Norm auszugehen (13 Os 23/90 = RZ 1991 Nr 28). Darnach ist vom Einzeltäter die Wertersatzstrafe - ausgehend vom gemeinen Wert des verfallsbedrohten Gegenstandes als Strafobergrenze (hier 514.000 S) - nach wie vor nach den Grundsätzen der Strafbemessung zu ermitteln, womit zugleich die Angemessenheit vollen Wertersatzes überprüft ist. Der Festlegung und Zuteilung der Quoten bei der Aufteilung des Wertersatzes auf mehrere Personen kommt bloß die Bedeutung eines Faktors zu, mit Hilfe dessen die Strafobergrenze zu ermitteln ist, die bei Festsetzung des Wertersatzes für den einzelnen Betroffenen jeweils nicht überschritten werden darf.

Unter Berücksichtigung des auf die beiden die Schmuggelfahrten durchführenden Autobuslenker entfallenden Anteils - jener des Zulieferers der Arzneimittel in Deutschland hat außer Betracht zu bleiben, weil er im Inland voraussichtlich in absehbarer Zeit nicht vor Gericht gestellt werden kann (Dorazil-Harbich-Reichel-Kropfitsch, FinStrG, ENr 33 a und 48 zu § 19) - und jener der Tatbeteiligung des Angeklagten als Bestimmungstäter, war nach der Schwere der Schuld des Angeklagten und unter Bedachtnahme auf die Schadenshöhe (Verkürzungsbetrag) sowie die übrigen für die Strafbemessung bedeutsamen Umstände (§§ 19 Abs. 5 und 6, 23 Abs. 1 bis 3 FinStrG) auf der Grundlage des gemeinen Wertes der verfallsbedrohten Gegenstände auch die Wertersatzstrafe wie aus dem Spruch ersichtlich zu erhöhen.

Der Angeklagte war demgemäß mit seiner Berufung auf diese Entscheidung zu verweisen.

Die Kostenentscheidung findet ihre Begründung in der angeführten gesetzlichen Bestimmung.

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