OGH 15Os160/95

OGH15Os160/9513.11.1995

Der Oberste Gerichtshof hat am 13.November 1995 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Reisenleitner als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Kuch und Mag.Strieder als weitere Richter, in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag.Unterrichter als Schriftführerin, in der Strafsache gegen Ralf F***** und andere Beschuldigte wegen des Verbrechens nach § 12 Abs 1, Abs 2 und Abs 3 SGG sowie einer weiteren strafbaren Handlung, AZ 12 Vr 796/95 des Landesgerichtes Ried im Innkreis, über die Grundrechtsbeschwerde der Lucia Michaela S***** gegen den Beschluß des Oberlandesgerichtes Linz vom 9.Oktober 1995, AZ 10 Bs 250-253/95 (= ON 47), nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Lucia Michaela S***** wurde im Grundrecht auf persönliche Freiheit nicht verletzt.

Die Beschwerde wird abgewiesen.

Text

Gründe:

Beim Landesgericht Ried im Innkreis ist zum AZ 12 Vr 796/95 u.a. ein Strafverfahren gegen Lucia Michaela S***** wegen § 12 Abs 1, 2 und 3 SGG sowie einer weiteren strafbaren Handlung anhängig. Über diese am 19. September 1995 festgenommene Beschuldigte wurde mit Haftbeschluß vom 21.September 1995 die Untersuchungshaft gemäß § 180 Abs 1 und Abs 2 Z 3 lit a und b StPO verhängt und diesem Beschluß Wirksamkeit bis 3. Oktober 1995 zuerkannt (ON 15). Nach Durchführung einer Haftverhandlung wurde mit Beschluß vom 2.Oktober 1995 die Untersuchungshaft aus den gleichen Haftgründen fortgesetzt, wobei die Wirksamkeit dieses Beschlusses bis 2.November 1995 festgesetzt wurde (ON 25). Mit dem angefochtenen Beschluß vom 9.Oktober 1995 hat das Oberlandesgericht Linz (u.a.) der Beschwerde der Beschuldigten gegen den erwähnten Beschluß vom 2.Oktober 1995 nicht Folge gegeben und ausgesprochen, daß dieser Beschluß bis 11.Dezember 1995 wirksam sei (ON 47).

Rechtliche Beurteilung

Die dagegen erhobene Grundrechtsbeschwerde, in der die Beschuldigte deswegen eine Verletzung des Grundrechtes auf persönliche Freiheit behauptet, weil die Verlängerung der Untersuchungshaft bis 11. Dezember 1995 nicht nach Durchführung einer Haftverhandlung beschlossen wurde, demnach die zweimonatige Haftfrist nicht ausgelöst worden sei und der Gerichtshof zweiter Instanz überdies nicht zu einer über den Beschwerdeantrag auf Enthaftung hinausgehenden Entscheidung berechtigt gewesen sei, ist nicht begründet.

Gemäß § 181 Abs 2 StPO beträgt die Haftfrist bei Verhängung der Untersuchungshaft vierzehn Tage ab Festnahme des Beschuldigten (Z 1), bei erstmaliger Fortsetzung der Untersuchungshaft einen Monat ab Beschlußfassung (Z 2) und bei weiterer Fortsetzung der Untersuchungshaft zwei Monate ab Beschlußfassung (Z 3).

Bei der am 19.September 1995 festgenommenen Beschuldigten endete die vierzehntägige Haftfrist daher am 3.Oktober 1995. Fristgerecht (Z 1), nämlich am 2.Oktober 1995 beschloß das Landesgericht Ried im Innkreis nach Durchführung einer Haftverhandlung die Fortsetzung der Untersuchungshaft und erklärte diesen Beschluß zutreffend für bis 2. November 1995 wirksam (Z 2). Über die dagegen erhobene Beschwerde der Beschuldigten entschied das Oberlandesgericht Linz am 9.Oktober 1995. Diese Entscheidung löste die Haftfrist der Z 3 aus (vgl Bericht des Justizausschusses 1157 BlgNR XVIII.GP; 13 Os 183/94; 15 Os 54/94). Sonach endet die zweimonatige Haftfrist bei Bedacht auf § 6 Abs 2 StPO (vgl Mayrhofer/Steininger, GRBG 1992 § 2 Rz 116; EvBl 1994/139; NRsp 1994/106; 14 Os 155/95; 15 Os 133/94) am 11.Dezember 1995, weil der 9.Dezember 1995 ein Samstag ist. Die Ermittlung der Haftfrist durch das Oberlandesgericht Linz entsprach daher der Sach- und Rechtslage.

Da gemäß § 114 Abs 2 StPO der Gerichtshof zweiter Instanz über Beschwerden in nichtöffentlicher Sitzung zu entscheiden hat und die Durchführung einer Haftverhandlung beim Oberlandesgericht im Gesetz nicht vorgesehen ist, kann in der Tatsache, daß die von der Grundrechtsbeschwerde bekämpfte Entscheidung nicht "in der qualifizierten Form" nach Durchführung einer Haftverhandlung gefaßt wurde, keine Verletzung des Grundrechtes auf persönliche Freiheit erblickt werden.

Die Entscheidung des Gerichtshofes zweiter Instanz verstieß auch nicht gegen das Verbot der reformatio in peius. Denn bei "weiterer" Fortsetzung der Untersuchungshaft im Sinn des § 181 Abs 2 Z 3 StPO wird im Sinne der oben bezeichneten Gesetzesmaterialien die jeweils nächste Haftfrist ipso iure ausgelöst, sodaß die bemängelte Festsetzung der Haftfrist durch das Oberlandesgericht Linz eine notwendige und dem Gesetz entsprechende Folge des erfolglosen Rechtsmittels der Beschuldigten gegen den Beschluß des Landesgerichtes Ried im Innkreis vom 2.Oktober 1995 war.

Die Beschwerde war daher ohne Kostenausspruch (§ 8 GRBG) abzuweisen.

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