OGH 15Os54/94

OGH15Os54/9418.4.1994

Der Oberste Gerichtshof hat am 18. April 1994 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Reisenleitner als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Kuch und Mag. Strieder als weitere Richter, in Gegenwart des Richteramtsanwärters Mag. Czedik‑Eysenberg als Schriftführer, in der beim Landesgericht Linz zum AZ 22 Vr 2570/93 anhängigen Strafsache gegen Peter S* u.a. wegen des Verbrechens nach § 12 Abs 1, Abs 2 und Abs 3 SGG über die Grundrechtsbeschwerde des Siegfried Sch* gegen den Beschluß des Oberlandesgerichtes Linz vom 2.März 1994, AZ 8 Bs 70/94, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:1994:0150OS00054.9400000.0418.000

Rechtsgebiet: Strafrecht

 

Spruch:

 

Durch den angefochtenen Beschluß wurde Siegfried Sch* im Grundrecht auf persönliche Freiheit nicht verletzt.

Die Beschwerde wird abgewiesen.

 

Gründe:

 

Rechtliche Beurteilung

Über Siegfried Sch* wurde am 1. Februar 1994 "wegen § 12 SGG" die Voruntersuchung eingeleitet und die Untersuchungshaft aus den Gründen des § 180 Abs 1 und Abs 2 Z 2 und Z 3 lit a StPO verhängt. Nach Durchführung einer Haftverhandlung am 10. Februar 1994 beschloß der Untersuchungsrichter die Fortsetzung dieser Untersuchungshaft und erklärte diesen Beschluß bis 9. März 1994 wirksam. Der vom Beschuldigten gegen den Beschluß des Untersuchungsrichters erhobenen Beschwerde gab das Oberlandesgericht Linz mit dem angefochtenen Beschluß vom 2. März 1994 nicht Folge und ordnete die Fortsetzung der Untersuchungshaft aus dem Haftgrund des § 180 Abs 1 und Abs 2 lit a StPO an. Gleichzeitig sprach es die Wirksamkeit seines Beschlusses bis längstens 1.Mai 1994 aus. Am 8. März 1994 führte der Untersuchungsrichter erneut eine ‑ am 1. März 1994 ausgeschriebene ‑ Haftverhandlung durch und beschloß die Fortsetzung der Untersuchungshaft aus dem Haftgrund nach § 180 Abs 1 und Abs 2 Z 3 lit a StPO, wobei er diesen Beschluß bis längstens 6.Mai 1994 für wirksam erklärte. Infolge beiderseitigen Rechtsmittelverzichts erwuchs dieser Beschluß sofort in Rechtskraft.

In seiner rechtzeitig erhobenen Grundrechtsbeschwerde erachtet sich Siegfried Sch* insofern in seinem Grundrecht auf persönliche Freiheit verletzt, als das Oberlandesgericht Linz seinem Beschluß Wirksamkeit bis 1. Mai 1994 zuerkannte. Dadurch habe der Gerichtshof zweiter Instanz gegen das Verschlimmerungsverbot im Sinn des § 124 (ersichtlich gemeint: § 114 Abs 4) StPO verstoßen. Hätte der Beschuldigte die Beschwerde gegen den Beschluß des Untersuchungsrichters nicht erhoben, hätte vor dem 9.März 1994 eine Haftverhandlung durchgeführt werden müssen. Auf Grund des Beschlusses des Oberlandesgerichtes Linz aber müsse eine solche Verhandlung erst vor dem 1.Mai 1994 stattfinden.

Abgesehen davon, daß durch den oben erwähnten Beschluß des Untersuchungsrichters vom 8. März 1994, mit dem die Wirksamkeit dieser Entscheidung bis 6. Mai 1994 erklärt wurde, die vom Beschuldigten behauptete Beschwer weggefallen wäre, entspricht der Beschluß des Oberlandesgerichtes der Rechtslage:

Gemäß § 179 Abs 6 StPO löst der Beschluß des Gerichtshofes zweiter Instanz, mit dem über eine Beschwerde gegen die Verhängung (nicht jedoch gegen die Fortsetzung) der Untersuchungshaft entschieden wird, keine Haftfrist aus. Argumentum a contrario und wegen des Zitates des § 182 Abs 4 StPO im § 179 Abs 6 StPO löst demnach eine Beschwerdeentscheidung des Oberlandesgerichtes gegen eine Entscheidung, in der über eine Fortsetzung der Untersuchungshaft entschieden wird, gemäß §§ 182 Abs 4, 179 Abs 4 Z 5 iVm § 181 Abs 2 Z 3 StPO eine Haftfrist aus. Da nur die erstmalige Fortsetzung der Untersuchungshaft die einmonatige Haftfrist auslöst (§ 181 Abs 2 Z 2 StPO), beträgt die Haftfrist bei einer Beschwerdeentscheidung des Oberlandesgerichtes, in der auf Fortsetzung der Untersuchungshaft erkannt wird, zwei Monate (§ 181 Abs 2 Z 3 StPO; 1157 der BlgNR 18.GP 13, zitiert ua bei Pleischl‑Soyer, StPO nach § 181). Es entspricht demnach dem erklärten Willen des Gesetzgebers, daß der die Fortsetzung der Untersuchungshaft betreffende Beschluß des Oberlandesgerichtes nicht bloß die Rechtsrichtigkeit des angefochtenen Beschlusses des Untersuchungsrichters ex tunc zu prüfen hat, sondern die Haftfrage ‑ allenfalls auch unter Bedachtnahme auf mittlerweile zutage getretene Umstände ‑ für den Zeitpunkt der Beschlußfassung zu beurteilen hat, was folgerichtig auch die jeweils nächste Haftfrist auslöst.

Da Siegfried Sch* durch den angeführten Beschluß im Grundrecht auf persönliche Freiheit nicht verletzt wurde, war die Grundrechtsbeschwerde abzuweisen. Demzufolge hatte ein Ausspruch über die Beschwerdekosten zu entfallen (§ 8 GRBG).

Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)

Stichworte