European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2018:0150OS00145.17P.0314.000
Spruch:
Die Nichtigkeitsbeschwerden werden zurückgewiesen.
Zur Entscheidung über die Berufung werden die Akten dem Oberlandesgericht Wien zugeleitet.
Der Angeklagten K***** fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Gründe:
Mit dem angefochtenen – unter anderem auch einen rechtskräftigen expliziten Freispruch und weitere in den Entscheidungsgründen (US 41) zum Ausdruck (RIS‑Justiz RS0116266 [T9]; Lendl, WK‑StPO § 259 Rz 14) gebrachte, unangefochten gebliebene Freisprüche enthaltenden – Urteil wurde Anna K***** der Vergehen der Untreue nach § 153 Abs 1 und Abs 3 erster Fall StGB (A./a) und der Urkundenfälschung nach § 223 Abs 2 StGB (A./b) schuldig erkannt.
Danach hat sie in I***** und anderen Orten
A./
a./ von 4. Februar 2014 bis 2. April 2015 die ihr in ihrer Eigenschaft als Sachwalterin der Barbara R***** durch behördlichen Auftrag eingeräumte Befugnis, über fremdes Vermögen zu verfügen, wissentlich missbraucht und die genannte Betroffene dadurch in einem 5.000 Euro übersteigenden Betrag von zumindest 37.864,78 Euro am Vermögen geschädigt, indem sie in unvertretbarer Weise gegen solche Regeln verstieß, die dem Vermögensschutz der wirtschaftlich Berechtigten dienten, und zwar durch die Verwendung des Vermögens der Barbara R***** zur Begleichung nachfolgender, nicht zu deren Wohl dienender Zahlungen:
I./ Bezahlung der Rechnungen der S***** für die Reparatur der Pumpe des Schwimmbades
am 4. Juni 2014 in Höhe von 1.058,33 Euro,
am 24. Juni 2014 in Höhe von 211,67 Euro;
II./ Entnahmen und Auszahlungen in Höhe von 35.000 Euro (Tätigkeitsvergütung Nachforschung Vermögenswerte);
III./ Bezahlung von Verkehrsstrafen
am 25. Juni 2014 in Höhe von 317 Euro,
am 15. Juli 2014 in Höhe von 70 Euro,
am 19. August 2014 in Höhe von 20 Euro,
am 22. September 2014 in Höhe von 42 Euro,
am 14. November 2014 in Höhe von 90 Euro, insgesamt sohin 539 Euro;
IV./ Bezahlung der Versicherung des gesamten Gebäudes ***** am 19. August 2014 in Höhe von 599,05 Euro;
V./ Bezahlung der Rechnung von T‑Mobile von Krzyszof K*****
am 21. Jänner 2015 in Höhe von 154,27 Euro,
am 20. Februar 2015 in Höhe von 143,34 Euro,
am 20. März 2015 in Höhe von 159,12 Euro,
insgesamt sohin 456,73 Euro;
b./ zu einem nicht mehr feststellbaren Zeitpunkt nach dem 13. Jänner 2014 einen „Scheck“ („Direktanweisung der B*****“, vgl US 19 f, 37) über 3.000 Euro mit der gefälschten Unterschrift der Barbara R*****, somit eine falsche Urkunde im Rechtsverkehr zum Beweis eines Rechts, eines Rechtsverhältnisses oder einer Tatsache gebraucht, indem sie diesen Mitarbeitern der Bank vorlegte.
Soweit für das Verfahren über die Nichtigkeitsbeschwerden von Relevanz ergingen gemäß § 259 Z 3 StPO Freisprüche von der Anklage,
I./ Dr. Verena Sch***** habe fremde bewegliche Sachen in einem 300.000 Euro übersteigenden Wert, nämlich Inhaberaktien im Wert von 36.431.200 Euro dem ruhenden Nachlass nach DI Peter L***** mit dem Vorsatz weggenommen, sich durch deren Zueignung unrechtmäßig zu bereichern, indem sie nachgenannte Inhaberaktien, die sich in einer Tasche in der Wohnung des verstorbenen DI Peter L***** in ***** befanden, an sich nahm und in einem Safe deponierte, über dessen Schlüssel nur sie verfügte, und zwar
A./ zwischen Jänner und März 2012 sämtliche Aktien der C***** AG im Wert von mindestens 17.384.000 Euro:
B./ zwischen 13. Dezember 2011 und 24. September 2012 die Aktien der P***** AG im Wert von mindestens 5.396.000 Euro;
C./ zwischen 13. Dezember 2011 und 18. Dezember 2013 die Aktien der M***** AG im Wert von mindestens 13.651.200 Euro;
und
II./B./ Anna K***** habe mit dem Vorsatz, sich oder einen Dritten durch das Verhalten der Getäuschten unrechtmäßig zu bereichern, durch Täuschung über Tatsachen nachgenannte Personen unter Verwendung einer falschen Urkunde zu einer Handlung verleitet, die diese oder andere am Vermögen schädigte, wodurch ein 300.000 Euro übersteigender Schaden herbeigeführt wurde, und zwar im bewussten und gewollten Zusammenwirken mit Dr. Verena Sch***** als Mittäterin (§ 12 StGB) am 24. September 2012 den Notar Dr. Manfred Z***** mithilfe einer falschen Vollmacht der Alleingesellschafterin Barbara R***** als Vertretene und Dr. Verena Sch***** als Vertreterin zur Errichtung eines Abtretungsvertrags in Notariatsaktsform (§ 76 GmbHG), mit welchem die Gesellschaftsanteile von Barbara R***** an der R***** GmbH auf Anna K***** übertragen wurden, unter gleichzeitiger Vereinbarung einer Treuhandschaft und Abtretungsoption zugunsten Dr. Verena Sch*****, sowie am 9. Jänner 2013 den zuständigen Rechtspfleger des Handelsgerichts Wien zur Eintragung der Anna K***** als neue Gesellschafterin der R***** GmbH verleitet, wodurch Barbara R***** als Treuhänderin und die M***** GmbH als Treugeberin im Wert der Gesellschaftsanteile der R***** GmbH zumindest mit 1,4 Millionen Euro geschädigt wurden.
Gegen den Schuldspruch richtet sich die auf § 281 Abs 1 Z 4, 5, 9 lit a und lit c StPO gestützte Nichtigkeitsbeschwerde der Angeklagten K*****, gegen die bezeichneten Freisprüche die auf § 281 Abs 1 Z 5 und 9 lit a StPO gestützte Nichtigkeitsbeschwerde der Staatsanwaltschaft; beiden Rechtsmitteln kommt keine Berechtigung zu.
Rechtliche Beurteilung
Zur Nichtigkeitsbeschwerde der Angeklagten Anna K*****:
Soweit die Verfahrensrüge (Z 4) die Abweisung des Antrags auf Vernehmung von neun namentlich genannten Personen „zum Beweis dafür, dass die barbehobenen Beträge allein zum Wohle der Betroffenen entnommen wurden, um Betreuungskosten zu bezahlen, aber auch um Malversationen rund um Frau Dr. Sch***** aufzudecken und in weiterer Folge gerade die Geschäftsanteile der Barbara R***** der Betroffenen wieder zu beschaffen“, kritisiert, geht sie prozessordnungswidrig nicht von dem in der Hauptverhandlung am 25. Juli 2017 gestellten Beweisantrag (ON 248 S 73 f), also von den dort angebotenen Beweismitteln und den dort genannten Beweisthemen aus (RIS‑Justiz RS0099618 [insb T6, T11 und T12]).
Aber auch durch die Abweisung (ON 248 S 76 f) des tatsächlich in der Hauptverhandlung gestellten Antrags auf Ladung und Vernehmung der Zeugen Mag. Helga F*****, Holger St*****, Mag. Renate W***** und Oliver L***** „zum Beweis dafür, dass die Drittangeklagte niemals Mittel der betroffenen Person Barbara R***** sich zugeeignet hat, um damit einen eigenen Bedarf zu decken“, oder „um damit Einkünfte zu erzielen, die nicht zur Deckung anfallender Betreuungskosten verwendet wurden, dass die Drittangeklagte niemals Geschäftsanteile der Barbara R***** gehörigen Firma R***** GmbH sich in Bereicherungsabsicht zugeeignet habe und dass die Drittangeklagte stets Anteile an den Firmengruppe P*****, C***** und M***** AG im eigenen Namen besessen hat und besitzt“ (ON 248 S 73 f), wurden keine Verteidigungsrechte verletzt.
Um einen Beweisantrag im Sinne der Z 4 des § 281 Abs 1 StPO rechtserheblich erscheinen zu lassen, genügt die bloße Bezeichnung von Beweismittel und Beweisthema im Allgemeinen nicht. Im Beweisbegehren muss, soweit dies nicht auf der Hand liegt, angegeben werden, aus welchen Gründen zu erwarten ist, dass die Durchführung des angestrebten Beweises das vom Antragsteller behauptete Ergebnis haben werde und inwieweit dies – sofern es nicht offensichtlich ist – für die Schuld‑ oder Subsumtionsfrage von Bedeutung ist (RIS‑Justiz RS0107040). Es wäre daher Sache der Antragstellerin gewesen, darzulegen, weshalb die genannten Zeugen unmittelbare Wahrnehmungen zu den angeführten Beweisthemen haben und daher darüber Auskunft geben können sollten (§ 55 Abs 1 letzter Satz StPO).
Die in der Beschwerde nachgetragenen Gründe als Versuch einer Fundierung des Antrags sind angesichts der auf Nachprüfung der erstgerichtlichen Vorgangsweise angelegten Konzeption des Nichtigkeitsverfahrens und des damit auch für die Prüfung eines Zwischenerkenntnisses verbundenen Neuerungsverbots unbeachtlich (RIS‑Justiz RS0099618).
Soweit die Mängelrüge (Z 5) einleitend zunächst kritisiert, dass die Feststellung, wonach die (im Tenor genannten und in den Entscheidungsgründen näher dargestellten) Ausgaben keine Verwendung für die Besachwaltete fanden und nicht ihrem ausschließlichen Wohl dienten (US 21), „keiner logischen Beweiswürdigung“ unterliege, im Akt erliegenden Beweisen widerspreche und übergehe, dass die Angeklagte der Betroffenen zur Wiedererlangung der Geschäftsanteile an der R***** GmbH verhelfen konnte, übt die Beschwerde nicht an den Anfechtungskategorien der Z 5 orientierte allgemeine Beweiswürdigungskritik.
Das weitere Vorbringen, das Erstgericht habe eine einleitende Bemerkung des Zeugen Mag. V***** übergangen, lässt nicht erkennen, welche Feststellung davon betroffen sei, und entzieht sich solcherart einer inhaltlichen Erwiderung. Mit der Aussage dieses Zeugen hat sich das Schöffengericht eingehend (US 23, 25, 29 f) auseinandergesetzt. Weshalb sie weitgehend den Angaben der Angeklagten Dr. Sch***** folgten, der Aussage der Angeklagten K***** jedoch Glaubwürdigkeit absprachen, legten die Tatrichter – dem Einwand der Unvollständigkeit (Z 5 zweiter Fall) zuwider – dar (US 22 f). Der der Überzeugung der Tatrichter von der Glaubwürdigkeit zugrunde liegende kritisch-psychologische Vorgang als solcher aber ist der Anfechtung mit Mängelrüge entzogen (RIS‑Justiz RS0106588).
Indem die Beschwerdeführerin ohne Bezug zu konkreten Verfahrensergebnissen ihre Aufwendungen für die Pflege der Barbara R***** herausstreicht und argumentiert, selbst die Verkehrsstrafen (A./a./III./) hätten „ihren Ursprung sehr wohl im Wohl der Betroffenen“ gehabt, bekämpft sie bloß die Beweiswürdigung des Schöffengerichts nach Art einer im kollegialgerichtlichen Verfahren nicht zulässigen Schuldberufung. Soweit sie auf von ihr selbst erbrachte Betreuungsleistungen hinweist, übersieht sie, dass zu den unter Punkt II./ der Anklageschrift der Staatsanwaltschaft St. Pölten vom 15. März 2017 (ON 6 in ON 206) angeführten Entnahmen von 14.000 Euro betreffend die Verrechnung eigener Pflegeleistungen der Sache nach ohnehin ein Freispruch ergangen ist (vgl US 41).
Worin die behauptete Undeutlichkeit (Z 5 erster Fall) der Konstatierungen zur subjektiven Tatseite (US 22) liegen soll, lässt die Beschwerde offen. Ebenso wenig wird mit den – ohne konkreten Verweis auf Beweisergebnisse der Hauptverhandlung – geschilderten angeblichen Bemühungen um die Wiedererlangung von Vermögen der Besachwalteten und der damit verbundenen Behauptung von Malversationen der Angeklagten Dr. Sch***** eine Unvollständigkeit (Z 5 zweiter Fall) dargetan.
Soweit die Rüge ferner kritisiert, das Erstgericht habe im Rahmen der Feststellungen bloß den Anfangsstand des Kontos der Betroffenen dem Letztstand gegenübergestellt, übergeht sie die Konstatierungen der Tatrichter zu den einzelnen im Schuldspruch genannten Entnahmen (US 20 f). Mit dem weiteren Vorbringen, sie habe als Sachwalterin keine Belohnung geltend gemacht (vgl aber US 41, wonach sie vom Pflegschaftsgericht 4.000 Euro zugesprochen erhielt), spricht die Beschwerdeführerin wiederum keine der Anfechtungskategorien der Z 5 an. Schließlich wendet sie sich mit auf Grundlage ihrer eigenen Verantwortung angestellten Berechnungen zum Vermögen der Besachwalteten abermals bloß nach Art einer im kollegialgerichtlichen Verfahren nicht zulässigen Schuldberufung gegen die tatrichterliche Beweiswürdigung.
Weshalb es – obwohl ein die gesamte Geschäftsführung umfassender Vorteilsausgleich gerade nicht stattfindet (Kirchbacher in WK² StGB § 153 Rz 39) – über die zu konkreten Entnahmen getroffenen Feststellungen (US 21) hinausgehender weiterer Konstatierungen zum Gesamtvermögen der Besachwalteten bedurft hätte, leitet die – die genannte Kommentierung verkennende – Rechtsrüge (Z 9 lit a) nicht argumentativ aus dem Gesetz ab (RIS‑Justiz RS0116565).
Soweit die Rechtsrüge zu A./b./ die Anwendung von § 166 Abs 1 StGB (Begehung im Familienkreis) und demgemäß einen Freispruch wegen Vorliegens eines Privatanklagedelikts reklamiert (Z 9 lit c), geht sie ins Leere, zählt doch Urkundenfälschung (§ 223 StGB) nicht zu den nach jener Bestimmung privilegierten Delikten. Dass es sich um einen (die Urkundenfälschung verdrängenden; RIS‑Justiz RS0094523) Urkundenbetrug im Familienkreis gehandelt hätte (vgl dazu RIS‑Justiz RS0094516; Kirchbacher in WK2 StGB § 166 Rz 36; Kienapfel/Schroll in WK2 StGB § 223 Rz 264), wird von der Beschwerde nicht behauptet. Das in der Äußerung zur Stellungnahme der Generalprokuratur dazu erstattete Vorbringen ist unbeachtlich (RIS‑Justiz RS0097061).
Zur Nichtigkeitsbeschwerde der Staatsanwaltschaft:
Zum Freispruch der Angeklagten Dr. Verena Sch***** vom Vorwurf, sie habe fremde bewegliche Sachen in einem 300.000 Euro übersteigenden Wert, nämlich Inhaberaktien im Wert von 36.431.200 Euro, dem ruhenden Nachlass nach DI Peter L*****, mit dem Vorsatz weggenommen, sich durch deren Zueignung unrechtmäßig zu bereichern, indem sie die sich in einer Tasche in der Wohnung des verstorbenen DI Peter L***** befindlichen Wertpapiere an sich nahm und in einem Safe deponierte, über dessen Schlüssel nur sie verfügte, strebt die Rechtsrüge der Staatsanwaltschaft (Z 9 lit a) eine (von der Anklage abweichende) Subsumtion unter § 135 Abs 1 und Abs 2 zweiter Fall StGB an.
Die Anklagebehörde meint, durch die konstatierte Umwandlung (US 12) der C***** AG und der M***** AG in Gesellschaften mit begrenzter Haftung seien die Inhaberaktien dem ruhenden Nachlass entzogen worden. Eventualiter sei von einer Tatbegehung durch Unterlassung nach §§ 2, 135 StGB auszugehen. Indem Dr. Sch***** die Angabe der Existenz der Inhaberaktien im Verlassenschaftsverfahren im Zuge der Todesfallaufnahme am 24. Februar 2012 bzw der Inventuraufnahme am 30. April 2014 unterlassen habe, habe sie diese dem ruhenden Nachlass entzogen.
Gegenstand der Anklage, an die das erkennende Gericht gebunden ist, ist die konkret bestimmte Tat, also das gesamte Verhalten des Angeklagten, wie es sich aus der Anklage ergibt, nicht aber die vom Ankläger vorgenommene rechtliche Beurteilung. Maßgeblich ist, welchen Sachverhalt der Ankläger dem Gericht zur tatsächlichen Klärung und rechtlichen Beurteilung überlassen hat. Dabei kommt es auf den sich aus Anklagetenor und -begründung ergebenden Anklagewillen an, wobei Zweifel an der Erkennbarkeit des Prozessgegenstands zu Lasten des Anklägers ausschlagen (RIS‑Justiz RS0102147 [insb T6 und T9]).
Indem der der Angeklagten Dr. Sch***** in der Anklageschrift der Zentralen Staatsanwaltschaft zur Verfolgung von Wirtschaftsstrafsachen und Korruption vom 31. März 2016 (ON 187) angelastete historische Sachverhalt (mit Bereicherungsvorsatz erfolgte Wegnahme von in einer Tasche in der Wohnung des verstorbenen DI Peter L***** befindlichen Inhaberaktien und Deponierung in einem Safe, über dessen Schlüssel nur sie verfügte) nicht dem in der Nichtigkeitsbeschwerde in Rede stehenden Sachverhalt (Entziehung der Inhaberaktien durch Umwandlung der Gesellschaften oder alternativ durch Unterlassung von deren Nennung im Zuge des Verlassenschaftsverfahrens) entspricht (vgl RIS‑Justiz RS0098487) und auch in der (mehrtägigen) Hauptverhandlung kein Hinweis der Anklagebehörde in diese Richtung erfolgte, vielmehr erstmals in der Nichtigkeitsbeschwerde Strafbarkeit nach § 135 Abs 1 und Abs 2 zweiter Fall StGB behauptet wurde, ist nicht zweifelsfrei erkennbar, dass sich der Anklagewille der Staatsanwaltschaft auch auf dieses Sachverhaltssubstrat erstreckt hätte (vgl 15 Os 13/17a). Zur in der Anklageschrift beiläufig und teils ohne Bezug zur Angeklagten erwähnten Umwandlung der C***** AG und der M***** AG in Gesellschaften mit beschränkter Haftung, ist anzumerken, dass Geschehnisse, die die Anklage bloß illustrativ oder nebenbei benennt – die also aus Sicht der Anklage bei objektiver Interpretation nicht den im Tenor benannten Vorwurf sachverhaltsmäßig untermauern sollen – nicht Teil des angeklagten Lebenssachverhalts sind (Lewisch, WK‑StPO § 262 Rz 25). Da sich die Nichtigkeitsbeschwerde der Staatsanwaltschaft insofern somit auf eine nicht unter Anklage gestellte Tat bezieht, gehen ihre Ausführungen ins Leere.
Zudem unterlässt es die Staatsanwaltschaft zu der von ihr begehrten Konstatierung, wonach Dr. Sch***** die „Umwandlung der C***** und der M*****“ veranlasste, wodurch sie „diese Inhaberaktien“ dem ruhenden Nachlass entzog, und es ernstlich für möglich hielt und sich damit abfand, dass diese Vermögenswerte dem ruhenden Nachlass entzogen werden, auf einen solchen Sachverhalt indizierende Verfahrensergebnisse hinzuweisen und damit prozessordnungsgemäß einen Feststellungsmangel geltend zu machen. Ohne Hinweis auf ein übergangenes, in der Hauptverhandlung vorgekommenes Tatsachensubstrat kann zwar ein Rechtsfehler infolge Fehlens von Feststellungen, nicht aber ein Feststellungsmangel geltend gemacht werden (RIS‑Justiz RS0118580; zur Freispruchsanfechtung siehe auch RS0127315).
Soweit die Anklagebehörde auf die Garantenstellung Dris. Sch***** gegenüber ihrem minderjährigen Sohn Viktor L***** hinweist und eine Subsumtion unter §§ 2, 135 StGB begehrt, vernachlässigt die Nichtigkeitswerberin die Feststellung, wonach sich die Angeklagte „rechtlich keine großen Gedanken machte“, wie im Verlassenschaftsverfahren vorzugehen sei und „was sie durfte und was nicht“ sowie, dass sie aus ihrer Sicht „im bestmöglichen Interesse des testamentarischen Universalerben, ihres Sohnes Viktor L*****“ handelte (US 10). Dies steht jedoch – aus Z 5 unbekämpft – der Annahme eines Vorsatzes der Unterlassenden, im Bewusstsein drohender Rechtsgutsbeeinträchtigung (und deren Abwendbarkeit) untätig zu bleiben, entgegen (vgl zur subjektiven Tatseite beim unechten Unterlassungsdelikt Hilf in WK2 StGB § 2 Rz 133 ff; vgl auch RIS‑Justiz RS0089546).
Damit erübrigt sich ein Eingehen auf die nur diesen Freispruch betreffende, auf Z 5 zweiter Fall gestützte Mängelrüge der Staatsanwaltschaft. Soweit – über bloß allgemeine Beweiswürdigungskritik hinaus – damit (der Sache nach) ein Feststellungsmangel geltend gemacht wird, vermögen die begehrten Konstatierungen, wonach Dr. Sch***** „durch die Unternehmensumwandlungen“ (zumindest faktische) Alleingesellschafterin „geworden ist“ und „durch diesen Vorgang die Inhaberaktien dem ruhenden Nachlass entzogen wurden“, einen Schuldspruch nicht zu tragen.
Die gegen den Freispruch der Angeklagten Anna K***** (II./B./) gerichtete Rechtsrüge (Z 9 lit a) übergeht die ausdrücklichen Konstatierungen der Tatrichter, wonach jene weder einen Schädigungsvorsatz hatte noch „sich oder Dritte durch die gewählte Vorgangsweise“ unrechtmäßig bereichern wollte (US 19, 47). Diese – aus Z 5 unbekämpft gebliebenen – (Negativ‑)Feststellungen stehen einem anklagekonformen Schuldspruch nach §§ 146, 147 Abs 1 Z 1, Abs 3 StGB aber jedenfalls entgegen. Folglich geht die von der Gesamtheit der Urteilsannahmen abweichende (vgl RIS‑Justiz RS0099810), nicht an den Kriterien erfolgreicher Freispruchsanfechtung (RIS‑Justiz RS0127315) orientierte Rechtsrüge von vornherein ins Leere.
Die Nichtigkeitsbeschwerden waren daher – in Übereinstimmung mit der Stellungnahme der Generalprokuratur – bereits bei nichtöffentlicher Beratung sofort zurückzuweisen (§ 285d Abs 1 StPO), woraus sich die Zuständigkeit des Oberlandesgerichts zur Entscheidung über die Berufung ergibt (§ 285i StPO).
Die Kostenentscheidung gründet sich auf § 390a Abs 1 StPO.
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