OGH 15Os115/96

OGH15Os115/961.8.1996

Der Oberste Gerichtshof hat am 1.August 1996 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Reisenleitner als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Kuch, Mag.Strieder, Dr.Rouschal und Dr.Schmucker als weitere Richter, in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag.Spieß als Schriftführerin, in der Strafsache gegen Andreas N***** wegen des Verbrechens des schweren Raubes nach §§ 142 Abs 1, 143 zweiter Fall StGB und einer anderen strafbaren Handlung über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten sowie über die Berufung der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des Geschworenengerichtes beim Landesgericht für Strafsachen Wien als Schöffengericht vom 22.Mai 1996, GZ 30 i Vr 4414/96-70, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufungen werden die Akten dem Oberlandesgericht Wien zugeleitet.

Gemäß 390 a StPO fallen dem Angeklagten auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem bekämpften, auf dem Wahrspruch der Geschworenen beruhenden Urteil wurde Andreas N***** 1. des Verbrechens des schweren Raubes nach §§ 142 Abs 1, 143 zweiter Fall StGB und 2. des Vergehens nach § 36 Abs 1 (zu ergänzen: Z 2) WaffG schuldig erkannt, weil er

(zu 1) am 30.November 1995 in Wien im bewußten und gewollten Zusammenwirken mit einem noch unbekannt gebliebenen Mittäter (§ 12 StGB) mit Gewalt gegen eine Person (gemeint: gegen zwei Personen) und durch Drohung mit gegenwärtiger Gefahr für Leib oder Leben (§ 89 StGB) unter Verwendung einer Waffe, nämlich indem Mag.Gerald H***** unter Vorhalt eines Revolvers zunächst in die Wohnung des Robert J***** gedrängt wurde, wo er sich zu Boden legen mußte und gefesselt wurde, beide Täter diesen anschließend dadurch, daß sie die Waffe weiter gegen ihn gerichtet hatten, dazu nötigten, sein Büro aufzusperren, wobei ihm anschließend N***** unter Verwendung eines Springmessers einen Schnitt an der Stirn zufügte, sodann die Messerklinge der im Büro anwesenden Pia Maria L***** an den Hals hielt und dadurch sowie durch weitere Drohung mit der Faustfeuerwaffe den Mag.H***** dazu nötigen, zwei im Büro befindliche Tresore aufzusperren, diesem fremde bewegliche Sachen, nämlich ein rotes Lederetui mit Rubinen im Wert von 817.592,50 S, ein schwarzes Lederetui mit Edelsteinen im Wert von 197.500 S, vier Uhren im Wert von 112.000 S sowie 14 Ringe und Ohrringe im Wert von 166.000 S mit dem Vorsatz, sich durch deren Zueignung unrechtmäßig zu bereichern, weggenommen bzw abgenötigt und

(zu 2) bis zum 30.November 1995 eine verbotene Waffe, nämlich ein Springmesser (§ 11 Abs 1 Z 7 WaffG) unbefugt besessen hat.

Der Angeklagte wurde hiefür unter Anwendung des § 28 Abs 1 StGB sowie unter Bedachtnahme gemäß §§ 31, 40 StGB auf das Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien vom 27.März 1996, GZ 4 d Vr 1317/96-27 (womit er wegen des teils vollendeten, teils versuchten Verbrechens nach § 12 Abs 1 SGG, § 15 StGB und des Vergehens nach § 16 Abs 1 SGG zu einer Freiheitsstrafe in der Dauer von 10 Monaten verurteilt worden war), nach dem ersten Strafsatz des § 143 StGB zu einer Zusatzfreiheitsstrafe in der Dauer von 14 Jahren und zwei Monaten verurteilt.

Rechtliche Beurteilung

Gegen dieses Urteil richten sich die auf § 345 Abs 1 Z 13 StPO gestützte Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten sowie die Berufungen der Staatsanwaltschaft und des Angeklagten.

In der Nichtigkeitsbeschwerde moniert der Beschwerdeführer - insoweit allerdings der Sache nach den Nichtigkeitsgrund des § 345 Abs 1 Z 6 StPO relevierend - das Unterbleiben einer Zusatzfrage nach dem Vorliegen des "Erschwerungsgrundes des § 39 StGB"; des weiteren behauptet er einen Verstoß gegen das Doppelverwertungsverbot, weil das erstgerichtliche Urteil bei der Strafzumessung § 39 StGB einerseits und die zahlreichen einschlägigen Vorstrafen andererseits als Erschwerungsgrund "verwertet" habe.

Der Angeklagte übersieht bei seinen Ausführungen, daß die Anwendung oder Nichtanwendung des § 39 StGB nur mit Berufung bekämpfbar ist und eine Nichtigkeitsbeschwerde in diesem Zusammenhang nur bei Überschreitung der durch § 39 StGB erweiterten Strafdrohung zulässig ist (SSt 46/40 = EvBl 1975/268 = JBl 1976, 269 = RZ 1975/94 [verstärkter Senat]; JBl 1985, 565; RZ 1984/78; SSt 46/63; RZ 1975/95 uvam; zuletzt 13 Os 50/93, 15 Os 8/93, 14 Os 148/91). Folgerichtig ist auch keine Fragestellung an die Geschworenen nach § 316 StPO über die Möglichkeit der Strafschärfung bei Rückfall vorzunehmen, weil es sich bei § 39 StGB um keinen strafsatzändernden Umstand handelt (erneut SSt 46/40 uam; zuletzt 15 Os 8/93).

Abgesehen davon übersieht der Beschwerdeführer, daß vorliegend die bloß fakultativ anzuwendende Strafbemessungsvorschrift des § 39 StGB überhaupt nicht angewendet wurde, denn die unter Bedachtnahme auf eine Freiheitsstrafe in der Dauer von 10 Monaten verhängte Zusatzstrafe von 14 Jahren und zwei Monaten verblieb im Rahmen des in § 143 Satz 1 StGB normierten Strafsatzes.

Überdies hat das Geschworenengericht bei der Strafbemessung - dem Beschwerdevorbringen zuwider - § 39 StGB nicht als Erschwerungsgrund angeführt (vgl US 6, 7). Demnach verstößt die Beurteilung der wegen auf der gleichen schädlichen Neigung beruhender Straftaten erfolgten Vorabstrafungen als erschwerend nicht gegen das Doppelverwertungsverbot.

Der im erstgerichtlichen Urteil enthaltene - zutreffende - Hinweis auf das Vorliegen der Voraussetzungen des § 39 StGB ist, auch wenn davon nicht Gebrauch gemacht wurde, im Sinn des § 32 Abs 2 StGB durchaus angebracht, weil er den Angeklagten als hartnäckigen Rückfallstäter charakterisiert und stellt keineswegs einen unvertretbaren Verstoß gegen Bestimmungen über die Strafbemessung dar (12 Os 110/91, 16 Os 24/89, 11 Os 9/87, 9 Os 5/87, 10 Os 130/79).

Aus den angeführten Gründen war die Nichtigkeitsbeschwerde sofort bei einer nichtöffentlichen Beratung zurückzuweisen (§ 285 d Abs 1 Z 1 und 2 StPO iVm §§ 285 a Z 2, 344 StPO).

Demzufolge fällt die Entscheidung über die Berufungen in die Kompetenz des Oberlandesgerichtes Wien (§ 285 i StPO).

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