European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2018:0140OS00004.18X.0529.000
Spruch:
Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.
Gründe:
Mit dem angefochtenen Urteil wurden Kasim G***** und Ruhat A***** (Erstgenannter im zweiten Rechtsgang, zum ersten Rechtsgang vgl 14 Os 14/17s) gemäß § 259 Z 3 StPO von der Anklage freigesprochen, sie hätten am 20. März 2016 in B***** im einverständlichen Zusammenwirken als Mittäter an fremden Sachen, nämlich den Geschäftsräumlichkeiten der Shisha-Bar „L*****“ des Mag. Helmut H***** und dem darin befindlichen – Helmut H*****, der B***** AG sowie Sevgi G***** oder deren Konkursmasse gehörenden – Inventar ohne Einwilligung der Eigentümer eine Feuersbrunst verursacht, indem sie im westlichen Raumbereich des Lokals hinter den Glasvitrinen der Theke einen Karton mit Papierresten sowie auf einem Bierfass oder einer Kartusche eine Zeitung in Brand setzten.
Rechtliche Beurteilung
Die dagegen aus § 281 Abs 1 Z 5 und 9 lit a StPO ergriffene
Nichtigkeitsbeschwerde der Staatsanwaltschaft ist nicht im Recht.
Entgegen dem weitgehend undifferenziert auf Z 5 zweiter, vierter und fünfter Fall gestützten Einwand der Mängelrüge (Z 5) wurden die damit bekämpften Urteilsannahmen, wonach der verfahrensgegenständliche Brand „aus bislang unbekannter Ursache“ ausgebrochen sei und eine Brandlegung durch die Angeklagten nicht habe festgestellt werden können (US 4 ff), weder unvollständig noch offenbar unzureichend oder aktenwidrig begründet.
Die Tatrichter haben sowohl die – im Urteil im entscheidungswesentlichen Kern richtig wiedergegebene (RIS‑Justiz RS0099547) – Ansicht des Sachverständigen für Brandermittlung, nach der Brandursache eine Zündquelle nach Art einer offenen Flamme (Feuerzeug oder Zündholz) war (US 8 f iVm ON 54 S 97 und ON 4 S 89 ff), als auch dessen Ausführungen zum Fehlen von Hinweisen auf einen Kurzschluss oder Elektrodefekt (US 8 f iVm ON 54 S 102) in ihre Erwägungen einbezogen sowie – den Gesetzen logischen Denkens und grundlegenden Erfahrungsgesetzen entsprechend (vgl RIS‑Justiz RS0118317) – dargelegt, aus welchen Gründen sie dennoch eine Entstehung des Brandgeschehens ohne Fremdeinwirkung nicht ausschließen konnten und eine Brandlegung durch die Angeklagten daher nicht mit der für das Strafverfahren erforderlichen, an Sicherheit grenzenden Wahrscheinlichkeit für erweislich hielten (erneut US 8 f).
Einer gesonderten Auseinandersetzung mit jedem einzelnen, die angesprochenen Themen betreffenden Detail aus der Expertise bestand unter dem Aspekt von Unvollständigkeit keine Verpflichtung (§ 270 Abs 2 Z 5 StPO; RIS‑Justiz RS0106642 [va T9]).
Dies gilt auch für die von der Beschwerde relevierten Gutachtenspassagen zum Schmelzpunkt von Kupferleitungen (ON 54 S 101). Diese standen nämlich nicht im erörterungsbedürftigen Widerspruch zu den bekämpften Feststellungen, weil das Erstgericht gar nicht von einer solchen Brandursache, sondern von fehlender Ausschließbarkeit einer Entzündung brennbaren Materials infolge eines Kurzschlusses und dadurch bewirkten Abtropfens von geschmolzenem (PVC‑)Isolationsmaterial ausgingen (US 8), welche der Sachverständige im Anschluss an seine – im Rechtsmittel isoliert zitierten – Depositionen, wonach die Entzündungstemperatur von PVC‑Leitungen (350 Grad) durch eine Stützflamme erreicht werden könne, ausdrücklich als (zumindest theoretisch) möglich erachtete (ON 54 S 101 f).
Indem die Beschwerde aus den angeführten Verfahrensergebnissen andere, für ihren Standpunkt günstigere Schlüsse zieht, bekämpft sie bloß unzulässig die Beweiswürdigung nach Art einer im kollegialgerichtlichen Verfahren nicht vorgesehenen Schuldberufung.
Die Tatrichter haben ihre Überzeugung, dass eine „abschließende Begutachtung aller Stromleitungen“ angesichts der daran entstandenen massiven Schäden „offensichtlich gar nicht mehr möglich war“ und daher das Fehlen von einen Kurzschluss indizierenden Spuren an den vom Sachverständigen untersuchten Leitungsteilen eine solche Brandursache nicht ausschließe, logisch und empirisch einwandfrei auf die aktenkundigen Lichtbilder gestützt (US 8 f). Die kritisierte Verwendung des Begriffs „offensichtlich“ ist unter dem Aspekt der Z 5 vierter Fall gleichfalls nicht zu beanstanden, weil sich die Begründung eben gerade nicht darin erschöpft und mit dieser Formulierung – schon aus der Bezugnahme auf die Fotos vom Brandort ersichtlich – unmissverständlich nur die Zweifelsfreiheit zum Ausdruck gebracht werden sollte (RIS‑Justiz RS0099494 [insb T7, T11]).
Mit der Behauptung, ein – auch nach dem Beschwerdestandpunkt per se zutreffendes – Zitat der Ausführungen des Sachverständigen zur denkbaren Entzündung von Papier durch Hitzeentwicklung in dem Bereich, den er als möglichen zweiten Brandentstehungsort ansah (US 9 iVm ON 54 S 99), entspreche „nicht der Richtigkeit“, weil der Experte an anderer Stelle auf eine unzureichende thermische Belastung des vorderen Randes des dort befindlichen Bierfasses (auf dessen Rückseite sich allerdings Abbrandspuren fanden) hinwies (ON 54 S 100), und der darauf gestützten eigenen Schlussfolgerung, der Sachverständige habe damit „diese Version des Geschehens offensichtlich ausgeschlossen“, zeigt die Beschwerdeführerin keine Aktenwidrigkeit der Entscheidungsgründe im Sinn einer unrichtigen Wiedergabe des Inhalts einer Aussage oder eines anderen Beweismittels (Z 5 fünfter Fall; erneut RIS‑Justiz RS0099547) auf. Unvollständigkeit (Z 5 zweiter Fall) wird in diesem Zusammenhang nicht deutlich und bestimmt geltend gemacht. Im Übrigen haben sich die Tatrichter erkennbar inhaltlich auch mit der relevierten Passage des Gutachtens auseinandergesetzt, diese aber – gestützt auf die (sogar für einen Glasbruch an den Fenstern des Lokals ursächliche) große Hitzeentwicklung und die Aussage des Angeklagten Kasim G*****, nach der „Prospekte und ähnliche Dinge“ auf einem Kasten abgelegt waren, dessen Rückseite dem Brandgeschehen zugewandt war – deutlich genug als nicht geeignet angesehen, die Schuld der Angeklagten zu erweisen (US 9).
Insgesamt erschöpft sich die Mängelrüge einerseits in einem unzulässigen Angriff auf die Beweiswürdigung des Erstgerichts und andererseits der Sache nach im Versuch, erhebliche Bedenken im Sinn der Z 5a des § 281 Abs 1 StPO gegen die oben zitierten Urteilsannahmen zu erwecken. Dieser Nichtigkeitsgrund kann jedoch zum Nachteil eines Angeklagten nicht geltend gemacht werden (§ 281 Abs 2 StPO; vgl auch RIS‑Justiz RS0099524).
Da die solcherart erfolglos bekämpften Negativfeststellungen zur Brandursache generell und zu einer Brandlegung durch die Angeklagten im Speziellen (US 4 ff) dem angestrebten Schuldspruch nach § 169 Abs 1 StGB jedenfalls unüberbrückbar entgegenstehen, erübrigt sich ein Eingehen auf die Rechtsrüge, die Feststellungsmängel in Bezug auf die übrigen Voraussetzungen für eine Subsumtion nach der genannten Gesetzesstelle reklamiert (Z 9 lit a).
Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher – in Übereinstimmung mit der Stellungnahme der Generalprokuratur – bereits bei der nichtöffentlichen Beratung sofort zurückzuweisen (§ 285d Abs 1 StPO).
Eine Kostenentscheidung hatte gemäß § 390a Abs 1 erster Satz zweiter Halbsatz StPO zu unterbleiben.
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