Spruch:
Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.
Zur Entscheidung über die Berufung werden die Akten dem Oberlandesgericht Wien zugeleitet.
Dem Angeklagten Sandor H***** fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Text
Gründe:
Mit dem angefochtenen Urteil, das auch einen in Rechtskraft erwachsenen Schuldspruch der Mitangeklagten Vanda S***** enthält, wurde Sandor H***** des Verbrechens versuchten gewerbsmäßigen Diebstahls nach §§ 15, 127, 130 erster Fall StGB (I/A) sowie der Vergehen der versuchten Nötigung nach §§ 15, 105 Abs 1 StGB (II/A), der Hehlerei nach § 164 Abs 1 und Abs 2 zweiter Fall StGB (III) und des Gebrauchs fremder Ausweise nach § 231 Abs 1 StGB (IV) schuldig erkannt.
Danach hat er in Wien
I/A mit auf unrechtmäßige Bereicherung gerichtetem Vorsatz Gewahrsamsträgern des Unternehmens B***** gewerbsmäßig fremde bewegliche Sachen wegzunehmen versucht, und zwar
1/ am 4. August 2007 zwölf Packungen Gillette Mach 3 Turbo und acht Packungen Gillette Fusion Power in nicht mehr feststellbaren Wert und 2/ am 6. August 2007 ein Parfum der Marke Joop im Wert von 26,90 Euro;
II. am 6. August 2007 Helmut P***** mit Gewalt zur Unterlassung seiner Anhaltung nach Betretung auf frischer Tat bei dem unter Punkt I/A/2 genannten Diebstahl zu nötigen versucht, indem er diesem mit beiden Armen einen heftigen Stoß gegen den Oberkörper versetzte, sodass dieser nach hinten taumelte, und indem er versuchte, diesem mit der rechten Faust einen Schlag ins Gesicht zu versetzen;
III. am 3. September 2007 durch Vanda S***** am selben Tag Gewahrsamsträgern des Unternehmens B***** gestohlene, detailliert beschriebene Kosmetikartikel im Wert von 104,57 Euro, mithin Sachen, die ein anderer durch eine mit Strafe bedrohte Handlung gegen fremdes Vermögen erlangt hatte, durch Übernahme an sich gebracht;
IV. am 4. Juli 2007 und am 6. August 2007 einen amtlichen Ausweis, der für einen anderen ausgestellt war, nämlich den ungarischen Personalausweis seines Bruders Peter H*****, im Rechtsverkehr zur Ausweisleistung vor den Sicherheitsbehörden gebraucht, als wäre er für ihn ausgestellt.
Die dagegen aus den Gründen der Z 5 und Z 9 lit b des § 281 Abs 1 StPO erhobene Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten verfehlt ihr Ziel.
Rechtliche Beurteilung
Die Tatrichter haben ihre Überzeugung von gewerbsmäßiger Absicht des Angeklagten (in Bezug auf den Schuldspruch zu I/A) aus dessen tristen Einkommens- und Vermögensverhältnissen, der mehrfachen Tatbegehung und der Wegnahme auf dem Schwarzmarkt notorisch gut absetzbarer Waren im Kontext mit der - durch die zumindest einmalige Verwendung einer präparierten Tasche hinreichend indizierten - Professionalität bei der Tatbegehung, abgeleitet (US 11).
Offenbar unzureichend ist eine Begründung, welche den Gesetzen folgerichtigen Denkens oder grundlegenden Erfahrungswerten widerspricht (Ratz, WK-StPO § 281 Rz 444; RIS-Justiz RS0116732). Indem der Beschwerdeführer die Ansicht vertritt, die erbeuteten Waren hätten auch für den Eigenkonsum bestimmt sein können, aus einer prekären finanziellen Situation und der Verwendung einer präparierten Tasche sei gewerbsmäßige Absicht nicht generell und damit auch nicht im Anlassfall zu erschließen, zumal ihm „ja gerade einmal zwei Diebstahlsfakten im Abstand von zwei Tagen zur Last gelegt werden", zeigt er keinen Begründungsmangel im Sinne des in Anspruch genommene Nichtigkeitsgrundes auf, sondern stellt den Urteilsannahmen - außerhalb der Anfechtungskategorien der Z 5 - bloß eigene Auffassungen und Erwägungen entgegen und greift solcherart unzulässig das Beweiswürdigungsermessen des Schöffengerichts an (RIS-Justiz RS0099455).
Welcher „eingehenderen" Begründung die kritisierte Feststellung bedurft hätte, zeigt die Mängelrüge (Z 5 zweiter Fall) nicht auf. Gleiches gilt für den - auf den Schuldspruch III bezogenen - Einwand, es sei - der Ansicht des Erstgerichts zuwider - lebensfremd anzunehmen, dass ein Täter dem Übernehmer aus einer Straftat stammender Gegenstände deren Herkunft verrate.
Das Erstgericht hat die Annahme des Vorliegens der subjektiven Tatseite des § 164 StGB aus dem äußeren Tatgeschehen abgeleitet. Danach wurde die Zweitangeklagte nach dem Diebstahl am 3. September 2007 (I/B/3) von einer Angestellten des Unternehmens verfolgt, dann aber aus den Augen verloren. Sie konnte jedoch schließlich in Gesellschaft des Beschwerdeführers, mit dem sie schon zuvor gleichartige Straftaten begangen hatte, festgenommen werden, nachdem sie ihm die gestohlenen Gegenstände übergeben und er sie in seiner Tasche verwahrt hatte, wo sie auch sichergestellt wurden (US 8 und 10). Weshalb der daraus - unter Rückgriff auf die allgemeine Lebenserfahrung - gezogene Schluss der Tatrichter, Vanda S***** habe dem Erstangeklagten erzählt, welcher Vorfall zu ihrer Flucht geführt hatte, sodass davon auszugehen sei, dass er um die Herkunft der Gegenstände wusste und sie „durch Übernahme an sich bringen wollte" (US 9), Gesetzen folgerichtigen Denkens oder grundlegenden Erfahrungssätzen widersprechen sollte, macht die Mängelrüge nicht klar.
Dass die Diebsbeute Sandor H***** von der Zweitangeklagten im Zuge ihrer Flucht übergeben wurde, worauf er sie in seiner Tasche verwahrte, haben die Tatrichter ohnehin festgestellt (US 8). Welche „näheren" Feststellungen dazu, wo die Gegenstände verwahrt wurden und „unter welchen Umständen" der Angeklagte in deren Besitz kam, für eine Unterstellung unter § 164 Abs 2 zweiter Fall StGB notwendig gewesen wären, zeigt der Beschwerdeführer nicht auf, sodass die Rüge auch unter dem Aspekt der Z 9 lit a des § 281 Abs 1 StPO nicht zum Ziel führt.
Unerfindlich bleibt, weshalb die bloße Rückgabe der Diebsbeute an eine Angestellte des geschädigten Unternehmens, die den Angeklagten nach den weiteren Urteilsannahmen auf frischer Tat betreten hatte, ihm nachgegangen war und ihn - nach Passieren der Kassazone ohne Deklarierung der Waren - angeschrien hatte (US 6), freiwillige Aufgabe der Ausführung der vom Schuldspruch I/A/1 umfassten Tat (§ 16 Abs 1 StGB; zum Erfordernis eines autonomen Motivs für die Freiwilligkeit des Rücktritts vgl Hager/Massauer in WK² §§ 15, 16 Rz 127, 141 f, 149; RIS-Justiz RS0089909) indiziert haben sollte, sodass die auf Z 9 lit b gestützte Rechtsrüge des für die Geltendmachung eines Feststellungsmangels erforderlichen Hinweises auf tatsächlich vorliegende Indizien in Richtung des reklamierten Strafaufhebungsgrundes entbehrt und den Anforderungen des Verfahrensrechtes solcherart nicht gerecht wird (statt vieler: 13 Os 72/07y = EvBl 2007/146, 789).
Bleibt anzumerken, dass die - ohne Feststellungen erfolgte - verfehlte rechtliche Unterstellung der vom Schuldspruch III. umfassten Tat auch unter Abs 1 anstelle richtig nur unter Abs 2 zweiter Fall des § 164 Abs 1 StGB mangels Nachteils für den Angeklagten keiner Maßnahme nach § 290 Abs 1 StPO bedurfte (vgl Fabrizy StGB9 § 164 Rz 4; Kirchbacher/Presslauer WK² § 164 [2006] Rz 17; Ratz, WK-StPO § 290 Rz 21 ff; RIS-Justiz RS0095389, 15 Os 53/05s).
Soweit der Rechtsmittelantrag auf eine Aufhebung des gesamten Schuldspruchs abzielt, die Beschwerde inhaltlich aber nur die Schuldsprüche I/A/1 und III. sowie die Annahme gewerbsmäßiger Begehung zum Schuldspruch I/A bekämpft, blieb sie im darüber hinausgehenden Umfang (in Betreff der Schuldsprüche II. und IV.) mangels deutlicher und bestimmter Bezeichnung von angeblich Nichtigkeit bewirkenden Umständen unausgeführt (§ 285 iVm § 285a Z 2 StPO).
Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher bereits bei nichtöffentlicher Beratung sofort zurückzuweisen (§ 285d Abs 1 StPO). Dies hat die Zuständigkeit des Oberlandesgerichts Wien zur Entscheidung über die Berufung zur Folge (§ 285i StPO).
Die Kostenentscheidung stützt sich auf § 390a Abs 1 StPO.
Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)