Spruch:
Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.
Zur Entscheidung über die Berufung werden die Akten dem Oberlandesgericht Linz zugeleitet.
Dem Angeklagten fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Text
Gründe:
Soweit im Verfahren über die Nichtigkeitsbeschwerde relevant wurde Walter L***** mit dem angefochtenen Urteil des Verbrechens der Vergewaltigung nach § 201 Abs 2 und Abs 3 erster Fall StGB idF BGBl Nr 242/1989 (I) und des Vergehens des Missbrauchs eines Autoritätsverhältnisses nach § 212 Abs 1 Z 2 StGB (II) schuldig erkannt.
Danach hat er in A*****
A/I. „am 19. Dezember 1997 Gertrude M***** mit Gewalt, indem er ihre Hände über ihrem Kopf zusammenhielt, zur Duldung des Vaginalverkehrs und des Einführens von zwei Fingern in ihre Vagina, somit zur Duldung des Beischlafs und einer dem Beischlaf gleichzusetzenden geschlechtlichen Handlung genötigt, wobei die Tat eine schwere Körperverletzung (§ 84 Abs 1 StGB), nämlich eine posttraumatische Belastungsstörung der Gertrude M*****, somit eine an sich schwere und länger als 24 Tage dauernde Gesundheitsschädigung zur Folge hatte;
II. durch die unter I geschilderten Tathandlungen mit der am 23. März 1982 geborenen, somit zur Tatzeit minderjährigen Gertrude M*****, die als Lehrling seiner Ausbildung unterstand, unter Ausnützung seiner Stellung gegenüber ihr geschlechtliche Handlungen vorgenommen“.
Rechtliche Beurteilung
Die dagegen vom Angeklagten aus Z 4, 5, 9 lit b und 10 des § 281 Abs 1 StPO ergriffene Nichtigkeitsbeschwerde verfehlt ihr Ziel.
Der Verfahrensrüge (Z 4) zuwider wurden durch das Unterbleiben der Vernehmung von in den Beweisanträgen (ON 21 S 12 iVm ON 16 und 19) namentlich genannten Personen zum Nachweis, dass ein vom Opfer geschilderter (im Urteil als verjährt freigesprochener) Vorfall 14 Tage nach dem 19. Dezember 1997 nicht stattgefunden hat, Gertrude M***** keinen solchen Vorfall im Beweisantrag namentlich genannten Personen geschildert hat, „das Zimmer von Frau M***** versperrbar war und Hilfeschreie aus dem ersten Stock für Gäste im Erdgeschoss hörbar gewesen wären“, „Frau M***** Ende 1997/Anfang 1998 anderen Mitarbeiterinnen im Lokal des Herrn L***** nicht von den gegenständlichen Vorfällen erzählt hat“ und „die Beendigung des Dienstverhältnisses mit Frau M***** von Herrn L***** ausgegangen ist, weil Frau M***** ein nicht tolerierbares Verhalten an den Tag gelegt hat“, und Gertrude M***** „zwischen dem 16. Jänner 2011 und 10. Februar 2011 bei deren Dienstgeberin“ „tätig und nicht arbeitsunfähig war“, Verteidigungsrechte nicht beeinträchtigt.
Die Beweisanträge zielten darauf ab, die Glaubwürdigkeit der Zeugin Gertrude M***** zu erschüttern und waren solcherart grundsätzlich auf erhebliche Tatsachen gerichtet (RIS-Justiz RS0028345; Ratz, WK-StPO § 281 Rz 340, 350). Berechtigt sind solche Anträge aber nur dann, wenn sich aus dem Antragsvorbringen konkrete Anhaltspunkte für die Annahme ergeben, die betreffende Zeugin habe in Bezug auf eine entscheidende Tatsache die Unwahrheit gesagt, wenn also etwa dargetan wird, dass die Zeugin rechtskräftig wegen Verleumdung verurteilt worden ist, zum konkreten Verfahrensgegenstand bereits falsche Angaben gemacht hat oder eine habituelle Falschbezichtigungstendenz erkennen lässt (RIS-Justiz RS0120109).
Diese Kriterien erfüllen die gegenständlichen Beweisanträge mit der bloßen Bezugnahme auf - für die Unterstellung unter ein Strafgesetz (Lösung der Schuldfrage) oder einen bestimmten Strafsatz - unerhebliche Umstände nicht (vgl RIS-Justiz RS0116503).
Die begehrte Vernehmung von Personen zum Nachweis, dass sich ein vom Schuldspruch gar nicht umfasster Vorwurf nicht zugetragen habe, ließ zudem nicht erkennen, inwiefern diese Beweisaufnahme auf erhebliche Tatsachen, also solche, die nach Denkgesetzen und Lebenserfahrung nicht gänzlich ungeeignet sind, den Ausspruch über eine entscheidende Tatsache zu beeinflussen, abzielte (RIS-Justiz RS0116503). Im Rechtsmittel nachgetragene Argumente zur Antragsbegründung sind zufolge des sich aus dem Wesen des Nichtigkeitsgrundes der Z 4 ergebenden Neuerungsverbots unbeachtlich (vgl RIS-Justiz RS0099618).
Undeutlichkeit (Z 5 erster Fall) liegt vor, wenn - nach der Beurteilung durch den Obersten Gerichtshof, also aus objektiver Sicht - nicht für sämtliche unter dem Gesichtspunkt der Nichtigkeitsgründe relevanten Urteilsadressaten, mithin für den Beschwerdeführer und das Rechtsmittelgericht unzweifelhaft erkennbar ist, ob eine entscheidende Tatsache in den Entscheidungsgründen festgestellt wurde oder aus welchen Gründen die Feststellung entscheidender Tatsachen erfolgt ist, wobei stets die Gesamtheit der Entscheidungsgründe und das Erkenntnis in den Blick zu nehmen ist (vgl RIS-Justiz RS0117995).
Bei einer solchen Gesamtbetrachtung ist dem Urteil eindeutig zu entnehmen, dass die Tat des Angeklagten am 19. Dezember 1997 - entsprechend dem zur Begründung der Feststellung herangezogenen (US 8) Gutachten des Sachverständigen (vgl ON 21 S 9 ff) - für die von Gertrude M***** erlittene schwere Körperverletzung kausal war (US 5).
Die Beurteilung der Überzeugungskraft von Aussagen kann unter dem Gesichtspunkt von Unvollständigkeit (Z 5 zweiter Fall) mangelhaft erscheinen, wenn sich das Gericht mit gegen die Glaubwürdigkeit oder Unglaubwürdigkeit sprechenden Beweisergebnissen nicht auseinandergesetzt hat.
Indem die (zudem entgegen dem entsprechenden Erfordernis ohne Angabe von Fundstellen im Akt ausgeführte; vgl RIS-Justiz RS0124172) Mängelrüge (Z 5 zweiter Fall) die unterbliebene Erörterung von (im Urteil im Übrigen ohnedies thematisierten; vgl US 7) Abweichungen in den Aussagen der Zeugin Gertrude M***** vor der Kriminalpolizei und vor Gericht kritisiert, verfehlt sie jedoch den - nicht in der Sachverhaltsannahme der Glaubwürdigkeit oder Unglaubwürdigkeit, sondern ausschließlich in den Feststellungen zu entscheidenden Tatsachen gelegenen - Bezugspunkt des in Anspruch genommenen Nichtigkeitsgrundes (vgl Ratz, WK-StPO § 281 Rz 431 f).
Die Tatrichter haben hingegen den Grundsätzen der Logik folgend und dem Gebot zu gedrängter Darstellung der Entscheidungsgründe gemäß § 270 Abs 2 Z 5 StPO Rechnung tragend begründet, weshalb sie der leugnenden Verantwortung des Angeklagten zuwider den belastenden Depositionen des Tatopfers unter Beachtung der sonstigen Ermittlungsergebnisse Glauben geschenkt und sie als Feststellungsgrundlage herangezogen haben (US 6 ff).
Die Rechtsrüge (Z 9 lit b) behauptet Verjährung, ohne diese angestrebte rechtliche Konsequenz methodengerecht, also folgerichtig, aus dem Gesetz abzuleiten (RIS-Justiz RS0116565), und erschöpft sich damit in einer bloßen Rechtsfolgenbehauptung. Im Übrigen war die Verjährung der Strafbarkeit zum Zeitpunkt des Inkrafttretens der Z 3 des § 58 Abs 3 StGB idF BGBl I 2009/40 noch nicht eingetreten (vgl Art XIV Abs 2 BGBl I 2009/40), sodass die zehnjährige Verjährungsfrist überhaupt erst mit Vollendung des 28. Lebensjahres des Opfers zu laufen begann (vgl zur sogenannten Anlaufhemmung Marek in WK2 § 58 Rz 30).
Mit ihrem gegen den Schuldspruch A/II gerichteten Einwand, die inkriminierte Vergewaltigung stünde nach den Feststellungen in keinem Zusammenhang mit der Ausnützung einer Autoritätsstellung, die vielmehr erst im Zusammenhang mit der vom Beschwerdeführer geäußerten Drohung, dass die Lehrstelle verloren gehe, sofern von dem Vorfall laut Schuldspruch A/I erzählt werde, relevant geworden sei, übergeht die Subsumtionsrüge (Z 10) die Urteilsannahmen, wonach der Angeklagte mit der Ausbildung des Opfers als Lehrling betraut war und die sexuellen Übergriffe bewusst unter Ausnützung dieser Stellung sowie der daraus resultierenden Wohnsituation (eines Personalzimmers im ersten Stock des von ihm geführten Gasthofs; US 3 und 4) vornahm, und verfehlt solcherart den in der Gesamtheit der tatrichterlichen Feststellungen gelegenen Bezugspunkt materieller Nichtigkeit (vgl RIS-Justiz RS0099810). Aus welchem Grund Idealkonkurrenz zwischen dem Verbrechen der Vergewaltigung nach § 201 Abs 2 und Abs 3 erster Fall StGB (idF BGBl Nr 242/1989) und dem Vergehen des Missbrauchs eines Autoritätsverhältnisses nach § 212 Abs 1 Z 2 StGB trotz solcherart konstatierter mitbestimmender Relevanz der Autorität des Täters für das Entstehen der Tatsituation und der Ausführung der Tat nicht in Frage kommen sollte (vgl dazu RIS-Justiz RS0108363, RS0095205; Philipp in WK2 § 201 Rz 50), leitet die Beschwerde nicht methodisch vertretbar aus dem Gesetz ab (Ratz, WK-StPO § 281 Rz 588).
Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher bereits bei der nichtöffentlichen Beratung sofort zurückzuweisen (§ 285d Abs 1 StPO), woraus die Zuständigkeit des Oberlandesgerichts zur Entscheidung über die Berufung folgt (§ 285i StPO).
Die Kostenersatzpflicht beruht auf § 390a Abs 1 StPO.
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