OGH 14Os116/14m

OGH14Os116/14m16.12.2014

Der Oberste Gerichtshof hat am 16. Dezember 2014 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Philipp als Vorsitzenden, die Hofrätin des Obersten Gerichtshofs Mag. Hetlinger, die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Nordmeyer und Dr. Oshidari sowie die Hofrätin des Obersten Gerichtshofs Dr. Mann in Gegenwart der Richteramtsanwärterin MMag. Spunda als Schriftführerin in der Strafsache gegen Veronika L***** und einen Angeklagten wegen des Verbrechens der Veruntreuung nach § 133 Abs 1 und Abs 2 zweiter Fall StGB und einer weiteren strafbaren Handlung über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung der Angeklagten Veronika L***** gegen das Urteil des Landesgerichts Leoben als Schöffengericht vom 3. Juli 2014, GZ 14 Hv 62/12m‑104, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2014:0140OS00116.14M.1216.000

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufung werden die Akten dem Oberlandesgericht Graz zugeleitet.

Der Angeklagten Veronika L***** fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde ‑ soweit hier von Bedeutung ‑ Veronika L***** jeweils eines Verbrechens der Veruntreuung nach § 133 Abs 1 und Abs 2 zweiter Fall StGB (A./I./) und der betrügerischen Krida nach § 156 Abs 1 StGB (A./II./) schuldig erkannt.

Danach hat sie

A./I./ zwischen 1. Jänner 2002 und 2. Juni 2011 in E***** in unzähligen Angriffen ihr anvertraute Güter in einem 50.000 Euro übersteigenden Wert sich oder einem Dritten mit auf unrechtmäßige Bereicherung gerichtetem Vorsatz dadurch zugeeignet, dass sie als inkassoberechtigte Mitarbeiterin der V***** GmbH die von den Besuchern des Unternehmens „A*****“ entrichteten Eintrittsgelder „(allein im Zeitraum 2005 bis 5. Juni 2011) in Höhe von zumindest 336.318,40 Euro“ nicht an ihre Arbeitgeberin abführte, sondern einbehielt;

A./II./ am 12. August 2011 in L***** einen Bestandteil ihres Vermögens veräußert und dadurch die Befriedigung wenigstens eines ihrer Gläubiger, nämlich der V***** GmbH, vereitelt oder geschmälert, indem sie ihren Hälfteanteil an der Liegenschaft EZ ***** GB ***** samt Wohnhaus mit einem Verkehrswert von zumindest 88.400 Euro sowie einem erzielbaren Verkaufspreis von zumindest 83.980 bis 92.820 Euro unter diesem Wert um 72.500 Euro an ihren Lebensgefährten Karl H***** verkaufte, sodass dieser Alleineigentümer der Liegenschaft wurde.

Rechtliche Beurteilung

Die dagegen aus § 281 Abs 1 Z 4, 5 und 9 lit a StPO ergriffene Nichtigkeitsbeschwerde der Angeklagten Veronika L***** verfehlt ihr Ziel.

Die Verfahrensrüge (Z 4) zu A./I./ scheitert schon daran, dass sie sich auf einen in der Hauptverhandlung am 4. Oktober 2012 (ON 37 S 59) und 3. Oktober 2013 (ON 78 S 12) gestellten ‑ in letzterer abgewiesenen (S 13) ‑ Beweisantrag beruft, der in der gemäß § 276a zweiter Satz erster Halbsatz StPO wiederholten Hauptverhandlung am 3. Juli 2014 (vgl ON 103 S 2) nicht neuerlich gestellt wurde (RIS-Justiz RS0099049, RS0098869; Ratz, WK-StPO § 281 Rz 310, 313; Danek, WK-StPO § 238 Rz 4), vielmehr erklärt wurde, außer einem dort vorgebrachten und abgewiesenen neuen keine weiteren Beweisanträge zu stellen (ON 103 S 9).

Indem die Mängelrüge (Z 5 zweiter Fall) zu A./I./ einwendet, das Erstgericht habe „nicht ausgeführt, aus welchen Gründen die Übernahme der Unterlagen der V***** für die Ermittlung des Schadenbetrages ausreichend ist“,

wird weder nominell geltend gemachte Unvollständigkeit noch offenbar unzureichende Begründung aufgezeigt (RIS‑Justiz RS0118316). Mit den weiteren in diesem Zusammenhang aufgestellten Behauptungen, es habe keine „kritische Überprüfung“ der dem Sachverständigen von der V***** GmbH übergebenen Unterlagen stattgefunden, der Angeklagten seien „sämtliche Stornierungen, die im Laufe der Jahre durchgeführt wurden“, zugerechnet worden, die Stornierungsbelege seien „in einem unversperrbaren Kasten lose gelegen“ und es sei auch keine „kritische Auseinandersetzung“ mit dem Umstand erfolgt, „dass die Entleerung des Papierkübels immer von einer Reinigungskraft und nicht von der Erstangeklagten selbst vorgenommen wurde“, verfehlt die Beschwerde den erforderlichen Aktenbezug und wendet sich ‑ nach Art einer im schöffengerichtlichen Verfahren nicht vorgesehenen Schuldberufung ‑ in unzulässiger Weise gegen die

Beweiswürdigung der Tatrichter (§ 258 Abs 2 StPO), womit sie den herangezogenen Nichtigkeitsgrund ebenfalls nicht prozessordnungskonform zur Darstellung bringt.

Soweit die Rüge (Z 5 vierter Fall) „ausreichende Ausführungen hinsichtlich der von der Erstangeklagten getätigten“ (vom Erstgericht als Indiz für die Veruntreuung herangezogenen [US 19]) „Investitionen“ vermisst, spricht sie keine

entscheidende Tatsache an (vgl RIS‑Justiz RS0106268).

Die Behauptung, dass aus dem Anbot der Angeklagten zur Zahlung weiterer 40.000 Euro als Schadensgutmachung „ein Zugeständnis (…) nicht zu erblicken“ sei, erschöpft sich ein weiteres Mal in einer unzulässigen Beweiswürdigungskritik.

Dem Einwand der

Mängelrüge (Z 5 zweiter Fall) zu A./II./ zuwider haben sich die Tatrichter mit der Verantwortung der Beschwerdeführerin, wonach die Liegenschaftsübertragung nur erfolgt sei, weil sie sich die monatlichen Kreditraten nicht mehr habe leisten können, auseinandergesetzt und diese mit mängelfreier Begründung als unglaubwürdig verworfen (US 15 f).

Die zum Schuldspruch A./I./, insbesondere zur Annahme der Qualifikation des § 133 Abs 2 zweiter Fall StGB vermissten Feststellungen zur subjektiven Tatseite (Z 9 lit a, teils der Sache nach Z 10) befinden sich auf US 8, sodass die gesetzmäßige Ausführung eines materiell-rechtlichen Nichtigkeitsgrundes verfehlt wird (vgl RIS‑Justiz RS0099810, RS0099724).

Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher bei der nichtöffentlichen Beratung sofort zurückzuweisen (§ 285d Abs 1 StPO), woraus die Zuständigkeit des Oberlandesgerichts zur Entscheidung über die Berufung folgt (§ 285i StPO).

Dieses wird zu berücksichtigen haben (vgl RIS‑Justiz

RS0122140, RS0119220), dass das Schöffengericht zu A./II./ trotz Fehlens von Feststellungen dazu, ob eine Gläubigerin infolge des das Vermögen verringernden Verhaltens der Schuldnerin tatsächlich eine Forderung nur zum Teil oder gar nicht beglichen erhielt, (verfehlt) von einer vollendeten Tat ausgegangen ist (RIS‑Justiz RS0115184; Kirchbacher in WK² StGB §

156 Rz 19 f, 22 ff) und damit den Milderungsgrund des

Versuchs (§ 34 Abs 1 Z 13 StGB) zu Unrecht nicht in Rechnung gestellt hat (§ 281 Abs 1 Z 11 zweiter Fall StPO; RIS‑Justiz RS0122137).

Die Kostenentscheidung beruht auf § 390a Abs 1 StPO.

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