OGH 13Os91/24t

OGH13Os91/24t18.12.2024

Der Oberste Gerichtshof hat am 18. Dezember 2024 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Prof. Dr. Lässig als Vorsitzenden sowie die Hofrätin des Obersten Gerichtshofs Mag. Michel, den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Dr. Oberressl und die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Dr. Brenner und Dr. Setz‑Hummel LL.M. in Gegenwart der Schriftführerin Richteramtsanwärterin Mag. Prieth in der Strafsache gegen * R* und andere Angeklagte wegen des Verbrechens des Raubes nach §§ 15, 12 zweiter Fall, 142 Abs 1 StGB sowie weiterer strafbarer Handlungen über die Nichtigkeitsbeschwerden und die Berufungen der Angeklagten * R* und * H* gegen das Urteil des Landesgerichts für Strafsachen Wien als Schöffengericht vom 18. Juni 2024, GZ 41 Hv 25/24f‑89, ferner über die Beschwerden der Genannten gegen den zugleich ergangenen Beschluss auf Widerruf bedingter Strafnachsicht und bedingter Entlassung nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2024:0130OS00091.24T.1218.000

Rechtsgebiet: Strafrecht

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerden werden zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufungen und die Beschwerden werden die Akten dem Oberlandesgericht Wien zugeleitet.

Den Angeklagten * R* und * H* fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

 

Gründe:

[1] Mit dem angefochtenen Urteil wurden – soweit im Verfahren über die Nichtigkeitsbeschwerden von Bedeutung – * R* des Verbrechens des Raubes nach (gemeint) §§ 15, 12 zweiter Fall, 142 Abs 1 StGB (I A) und mehrerer Vergehen des unerlaubten Umgangs mit Suchtgiften nach § 27 Abs 1 Z 1 achter Fall SMG (I B) sowie * Hi* und * H* jeweils des Verbrechens des verbrecherischen Komplotts nach § 277 Abs 1 StGB (II) schuldig erkannt.

[2] Danach haben in W*

(I) R*

(A) Ende Dezember 2023 Hi* und H* mit auf unrechtmäßige Bereicherung gerichtetem Vorsatz dazu bestimmt (§ 12 zweiter Fall StGB), * A* mit Gewalt gegen dessen Person fremde bewegliche Sachen, nämlich Bargeld und Suchtgift, wegzunehmen, wobei es mangels einer insoweit ausführungsnahen Handlung (des Hi* und des H*) beim Versuch (§ 15 StGB) blieb, sowie

(B) vom April 2023 bis zum Jänner 2024 vorschriftswidrig Suchtgift, nämlich Crystal Meth (enthaltend Methamphetamin), in mehreren (im angefochtenen Urteil näher beschriebenen) Angriffen anderen überlassen, ferner

(II) Hi* und H* von Ende Dezember 2023 bis zum 15. Jänner 2024 mit dem jeweils anderen die gemeinsame Ausführung eines Raubes (§ 142 StGB) verabredet, indem sie miteinander vereinbarten, den von R* intendierten (I A) „Raubüberfall“ auf A* als Mittäter (§ 12 erster Fall) zu begehen.

Rechtliche Beurteilung

[3] Gegen ihren jeweiligen Schuldspruch wenden sich die von R* auf Z 4 und 9 lit a, von H* auf Z 5, 9 lit a und 10 jeweils des § 281 Abs 1 StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerden dieser beiden Angeklagten.

Zur Nichtigkeitsbeschwerde der R*:

[4] In der Hauptverhandlung „beantragt[e]“ die Beschwerdeführerin (durch ihren Verteidiger) „de[n] Zeuge[n] Z*, auch als Kontrollbeweis zur Unglaubwürdigkeit des Herrn H*, […] da er den Herrn Z* belastet hat, dass er dabei war und dieser laut Polizei glaubwürdig dies verneint hat“ (ON 88 S 39).

[5] Durch die Abweisung (ON 88 S 40) dieses Beweisantrags wurden – der Verfahrensrüge (Z 4) zuwider – Verteidigungsrechte nicht verkürzt.

[6] Ein auf die Erschütterung der Überzeugungskraft belastender Angaben (hier) eines Mitangeklagten abzielender Antrag (vgl RIS‑Justiz RS0028345) ist nämlich nur dann beachtlich, wenn sich aus dem Antragsvorbringen konkrete Anhaltspunkte für die Annahme ergeben, der betreffende Mitangeklagte habe in Bezug auf eine entscheidende Tatsache die Unwahrheit gesagt (RIS‑Justiz RS0120109 [insbesondere T3]).

[7] Diesen Erfordernissen wird der gegenständliche Beweisantrag, indem er keinen Konnex zur Schuld- oder zur Subsumtionsfrage (deutlich und bestimmt) herstellt, nicht gerecht.

[8] Im Rechtsmittel nachgetragenes, den Antrag ergänzendes Vorbringen ist ebenso unbeachtlich (RIS‑Justiz RS0099618) wie Kritik an der Begründung des abweislichen Zwischenerkenntnisses (RIS‑Justiz RS0116749).

[9] Die von der Rechtsrüge (Z 9 lit a) vermisste Feststellung, dass die Aufforderung der Beschwerdeführerin gegenüber Hi* und H* (Schuldspruch I A) auch die (dabei von ihr intendierte) „Gewahrsamserlangung unter Anwendung von Gewalt gegen eine Person“ umfasste, findet sich auf der US 15.

[10] Indem sie – unter Missachtung dieser Feststellung – vorbringt, einzelne andere, im Rechtsmittel isoliert hervorgekehrte Urteilspassagen würden keine (versuchte Bestimmung zu einer) § 142 Abs 1 StGB subsumierbare(n) Tat zum Ausdruck bringen, verfehlt sie die prozessförmige Darstellung des herangezogenen materiell-rechtlichen Nichtigkeitsgrundes (RIS‑Justiz RS0099810).

[11] Gleiches gilt für den Einwand, die Feststellung, wonach die Beschwerdeführerin „wusste, dass es sich bei [dem anderen überlassenen] Crystal Meth um Suchtgift handelt“ (US 13), würde die rechtliche Annahme ihres auf Überlassung „ein[es] in der SG‑VO genannte[n] Suchtgift[s]“ gerichteten Vorsatz (Schuldspruch I B) nicht tragen. Übergeht er doch die weitere Konstatierung, wonach das tatverfangene „Crystal Meth“ den (in der Suchtgift-Verordnung genannten) Wirkstoff Methamphetamin enthielt (US 13).

Zur Nichtigkeitsbeschwerde des H*:

[12] Das Schöffengericht hat (unter anderem) festgestellt, dass Hi* und der Beschwerdeführer, nach Planung eines auf die „Wegnahme von Suchtmitteln und Bargeld“ abzielenden, von ihnen „auch tatsächlich gemeinsam als unmittelbare Täter durchzuführen“ gedachten „Raubes“ unter (von beiden intendierter) „Gewaltanwendung“ gegen die Person des A*, am 15. Jänner 2024 vereinbarten, sich „am nächsten Tag“ „zur Tatausführung [zu] treffen“ (US 14 f).

[13] Zu welchen „übrigen Feststellungen“ letztere – per se keine entscheidende Tatsache betreffende – Urteilsaussage im Widerspruch (Z 5 dritter Fall) stehen sollte, sagt die Mängelrüge ebenso wenig wie, in welcher Hinsicht „die Feststellungen unvollständig“ (Z 5 zweiter Fall) sein sollten.

[14] Indem die Rechtsrüge (Z 9 lit a, nominell verfehlt auch Z 5) Feststellungen zu einem auf die „Gewaltkomponente des Raubes“ bezogenen Vorsatz des Beschwerdeführers vermisst, setzt sie sich – prozessordnungswidrig (RIS‑Justiz RS0099810) – über die gerade dazu getroffenen Urteilskonstatierungen (US 15) hinweg.

[15] Gleiches gilt, soweit sie die Feststellungen (US 14 f) zur vollen Tatbereitschaft des Beschwerdeführers (vgl RIS‑Justiz RS0095730 und RS0088249) – anhand der Urteilsaussage, dieser habe (bloß) dem Vorschlag des Hi*, „eine Luftdruckpistole ('RAM‑Waffe') beim Raub zu verwenden“, „noch nicht definitiv zustimmen“ wollen (US 15) – beweiswürdigend bestreitet.

[16] Soweit die Beschwerde § 281 Abs 1 Z 10 StPO bloß benennt, ohne einen dieser Anfechtungskategorie unterliegenden Sachverhalt zu behaupten, unterlässt sie die deutliche und bestimmte (§§ 285 Abs 1 zweiter Satz, 285a Z 2 StPO) Bezeichnung Nichtigkeit begründender Umstände (vgl Ratz, WK‑StPO § 285d Rz 10).

[17] Die Nichtigkeitsbeschwerden waren daher – in Übereinstimmung mit der Stellungnahme der Generalprokuratur – gemäß § 285d Abs 1 StPO bereits bei der nichtöffentlichen Beratung sofort zurückzuweisen.

[18] Die Entscheidung über die Berufungen und die Beschwerden kommt dem Oberlandesgericht zu (§§ 285i, 498 Abs 3 letzter Satz StPO).

[19] Hinzugefügt sei, dass dem Schuldspruch des Mitangeklagten * B* (der das Urteil unbekämpft ließ) wegen des Verbrechens der Hehlerei nach § 164 Abs 1, 2 und 4 zweiter Fall StGB ein von der Generalprokuratur ausgemachter, gegebenenfalls amtswegig aufzugreifender (§ 290 Abs 1 zweiter Satz erster Fall StPO) Subsumtionsfehler (§ 281 Abs 1 Z 10 StPO) nicht anhaftet. Weisen doch die unter Verwendung von verba legalia getroffenen Feststellungen (US 18) zur auf das Sich-Verschaffen eines „fortlaufende[n] Einkommen[s]“ gerichteten Absicht (§ 70 StGB iVm § 164 Abs 4 zweiter Fall StGB) dieses Angeklagten – der nach dem Urteilssachverhalt (US 17 f) in einer Vielzahl von Angriffen (und solcherart wiederkehrend) bei Diebstählen erbeutete Gegenstände an sich gebracht (§ 164 Abs 2 StGB) hat (zum Einkommensbegriff des § 70 StGB Jerabek/Ropper in WK2 StGB § 70 Rz 10 sowie RIS‑Justiz RS0092245 [insbesondere T2 und T3]) – hinreichenden Sachverhaltsbezug auf (vgl RIS‑Justiz RS0119090 [T1]).

[20] Ebenso sind nach den Urteilsfeststellungen (US 11 f) die Voraussetzungen für die vom Schöffengericht daher zu Recht bejahte (US 9) Erweiterung der (durch § 142 Abs 1 StGB eröffneten) Strafbefugnis gemäß § 39 (Abs 1 oder 1a und 3) StGB erfüllt (vgl RIS‑Justiz RS0134000), womit insoweit Urteilsnichtigkeit aus § 281 Abs 1 Z 11 erster Fall StPO zu verneinen ist.

[21] Die Kostenentscheidung gründet sich auf § 390a Abs 1 StPO.

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