OGH 13Os72/24y

OGH13Os72/24y9.10.2024

Der Oberste Gerichtshof hat am 9. Oktober 2024 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Prof. Dr. Lässig als Vorsitzenden sowie die Hofrätin des Obersten Gerichtshofs Mag. Michel, den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Dr. Oberressl und die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Dr. Brenner und Dr. Setz‑Hummel LL.M. in Gegenwart des Schriftführers Richteramtsanwärter Faulhammer LL.M. (WU) in der Strafsache gegen * S* wegen des Vergehens der Veruntreuung nach § 133 Abs 1 und 2 erster Fall StGB über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichts Innsbruck als Schöffengericht vom 27. März 2024, GZ 36 Hv 14/24x‑37, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2024:0130OS00072.24Y.1009.000

Rechtsgebiet: Strafrecht

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufung werden die Akten dem Oberlandesgericht Innsbruck zugeleitet.

Dem Angeklagten fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

 

Gründe:

[1] Mit dem angefochtenen Urteil wurde * S* des Vergehens der Veruntreuung nach § 133 Abs 1 und 2 erster Fall StGB schuldig erkannt.

[2] Danach hat er sich vom März 2022 bis zum März 2023 in I* als stellvertretender Marktleiter der F* GmbH ein ihm von seiner Arbeitgeberin anvertrautes Gut, nämlich Bargeld in dem 5.000 Euro übersteigenden Betrag von 107.561 Euro, mit auf unrechtmäßige Bereicherung gerichtetem Vorsatz zugeeignet, indem er dieses aus den Registrierkassen und aus der zur Abrechnung an ihn übergebenen Tageslosung entnahm oder sich von einer Kassiererin geben ließ und privat verbrauchte.

Rechtliche Beurteilung

[3] Dagegen richtet sich die auf § 281 Abs 1 Z 5 StPO gestützte Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten.

[4] Entgegen der Mängelrüge (Z 5) handelt es sich bei der Urteilspassage, wonach dem Angeklagten jene Bargeldbeträge, die er sich zueignete, „von seiner Arbeitgeberin anvertraut“ waren (US 3), nicht um eine Feststellung entscheidender Tatsachen (vgl zu diesem BegriffRatz, WK-StPO § 281 Rz 398 ff), sondern um die rechtliche Beurteilung des durch das Erstgericht festgestellten (eine Subsumtion nach § 133 StGB gerade noch tragenden) Sachverhalts (US 2 f). Der insoweit erhobene Einwand der offenbar unzureichenden Begründung (Z 5 vierter Fall) verfehlt daher den gesetzlichen Bezugspunkt des herangezogenen Nichtigkeitsgrundes (vgl RIS‑Justiz RS0117499 und RS0106268).

[5] Nach dem Urteilssachverhalt (US 2) zählte es zu den Aufgaben des Beschwerdeführers als stellvertretendem Marktleiter, die Tageslosung zu zählen und im Tresor einzuschließen.

[6] Nominell als Begründungsmangel (Z 5), der Sache nach als Feststellungsmangel (hier: Z 10) releviert die Beschwerde, das Erstgericht habe es unterlassen Feststellungen zu treffen, wonach der Beschwerdeführer als stellvertretender Marktleiter nicht die alleinige Verfügungsmacht über das Bargeld gehabt habe, weshalb zufolge Vorliegens bloßen Mitgewahrsams nicht der Tatbestand der Veruntreuung nach § 133 StGB, vielmehr jener des Diebstahls nach § 127 StGB erfüllt sei (zur diesbezüglichen Abgrenzung vgl Salimi in WK2 StGB § 133 Rz 34 ff). Dabei beschränkt sie sich auf den Hinweis, der Betriebsleiter sei * W* (ON 2.22 S 4 iVm ON 36 S 21), die Marktleiterin * L* gewesen (ON 2.18 S 3 iVm ON 36 S 10), und den Verweis auf Aussagen zweier weiterer Mitarbeiter der F* GmbH, wonach die Genannten auch für die Kassaführung (ON 36 S 4 iVm ON 2.9 S 3) oder die Abrechnung (ON 36 S 5) zuständig gewesen seien. Solcherart zeigt sie keine Verfahrensergebnisse (§ 258 Abs 1 StPO) auf, die ein Sachverhaltssubstrat indiziert hätten (RIS-Justiz RS0118580), aufgrund dessen in rechtlicher Hinsicht (gleichrangiger) Mitgewahrsam (Salimi in WK2 StGB § 133 Rz 37) dieser Personen an dem konkret zugeeigneten Bargeld anzunehmen gewesen wäre.

[7] Die Feststellungen zum Betrag des veruntreuten Bargelds (US 3) haben die Tatrichter mängelfrei durch den dem Beschwerdevorbringen (Z 5 vierter Fall) zuwider zulässigen Verweis auf die der Anklageschrift angeschlossene Aufstellung über die fiktiven Warenrücknahmen (ON 19 S 11 ff) begründet (US 3, RIS-Justiz RS0115236 [T1] und RS0119301 [T4]). Die von der Beschwerde vermisste Begründung der Feststellungen zur subjektiven Tatseite in Ansehung des Werts des veruntreuten Guts findet sich auf der US 6.

[8] Mit ihrer Kritik an den beweiswürdigenden Erwägungen der Tatrichter zur Möglichkeit des Beschwerdeführers, Bargeld wegzunehmen und den Kassastand durch fiktive Warenretouren zu manipulieren, zu den Warenrücknahmen während seiner Dienstzeit, zu seiner Fähigkeit und Möglichkeit zur Manipulation der Lagerbuchhaltung sowie zu seinem Verhalten bei der Konfrontation mit den Vorwürfen (US 4 ff) zeigt die Beschwerde keineswegs eine den Gesetzen der Logik oder grundlegenden Erfahrungssätzen widersprechende Begründung (Z 5 vierter Fall, vgl dazu RIS‑Justiz RS0116732) der Feststellung der Zueignung der in Rede stehenden Bargeldbeträge mit Bereicherungsvorsatz (US 3)auf. Vielmehr wendet sie sich damit bloß nach Art einer im schöffengerichtlichen Verfahren nicht vorgesehenen (§ 283 Abs 1 StPO) Schuldberufung in unzulässiger Weise gegen die tatrichterliche Beweiswürdigung (§ 258 Abs 2 StPO).

[9] Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher gemäß § 285d Abs 1 StPO schon bei der nichtöffentlichen Beratung sofort zurückzuweisen.

[10] Die Entscheidung über die Berufung kommt dem Oberlandesgericht zu (§ 285i StPO).

[11] Die Kostenentscheidung beruht auf § 390a Abs 1 StPO.

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