European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2014:0130OS00064.14G.1218.000
Spruch:
In teilweiser Stattgebung der Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten Alfred B***** wird das angefochtene Urteil, das im Übrigen unberührt bleibt, im diesen Angeklagten betreffenden Ausspruch einer Geldstrafe sowie der diesbezüglichen Ersatzfreiheitsstrafe aufgehoben und die Sache in diesem Umfang zu neuer Verhandlung und Entscheidung an das Landesgericht St. Pölten verwiesen.
Im Übrigen werden die Nichtigkeitsbeschwerden zurückgewiesen.
Mit ihren den aufgehobenen Teil des Strafausspruchs betreffenden Berufungen werden der Angeklagte Alfred B*****, die Staatsanwaltschaft und die Finanzstrafbehörde auf diese Teilaufhebung verwiesen.
Vor Entscheidung über die Berufungen gegen die nicht von der Aufhebung betroffenen Teile des Strafausspruchs betreffend Alfred B***** und den Strafausspruch bestreffend Beate B***** durch das Oberlandesgericht Wien werden die Akten dem Landesgericht St. Pölten zugeleitet.
Den Angeklagten fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Gründe:
Mit dem angefochtenen Urteil wurde Beate B***** mehrerer Finanzvergehen der gewerbsmäßigen Abgabenhehlerei nach §§ 37 Abs 1 lit a, 38 Abs 1 lit a FinStrG (1), Alfred B***** mehrerer Finanzvergehen der Abgabenhehlerei nach § 37 Abs 1 lit a FinStrG (2), jeweils idF BGBl I 1999/28, schuldig erkannt.
Danach haben in P***** im einverständlichen Zusammenwirken (§ 11 erster Fall FinStrG) mit abgesondert verfolgten Mittätern vorsätzlich
(1) Beate B***** gewerbsmäßig dadurch, dass sie für den Transport vorschriftswidrig in das Zollgebiet der Europäischen Union eingeführter Zigaretten Frachtpapiere anfertigte, Transportkonzessionen, Lastkraftwagen, Auflieger sowie eine Halle zur Verfügung stellte und Fahrer organisierte,
a) am 22. Jänner 2005, am 4. und am 18. Februar 2005 sowie am 4., am 13. und am 18. März 2005 insgesamt 8.270.000 Zigaretten, hinsichtlich welcher ein Schmuggel, eine Verzollungsumgehung oder eine Verkürzung „von Abgaben“ begangen worden war, „an sich gebracht, verheimlicht und verhandelt“ und
b) am 4., am 13. und am 18. März 2005 zusammen 6 Mio Zigaretten, bezüglich welcher eine Verkürzung an Tabaksteuer begangen worden war, verhandelt,
wobei der strafbestimmende Wertbetrag mit 1.880.662,05 Euro festgestellt wurde,
(2) Alfred B***** dadurch, dass er Zigaretten, die vorschriftswidrig in das Zollgebiet der Europäischen Union eingeführt worden waren, umlud,
a) Sachen, hinsichtlich welcher ein Schmuggel, eine Verzollungsumgehung oder eine Verkürzung „von Abgaben“ begangen worden war, „an sich gebracht, verheimlicht und verhandelt“, nämlich
aa) am 18. März 2005 2.270.000 Zigaretten sowie
ab) vom 22. Jänner 2005 bis zum 18. März 2005 1 Mio Zigaretten, und
b) am 18. März 2005 2 Mio Zigaretten, bezüglich welcher eine Verkürzung an Tabaksteuer begangen worden war, „an sich gebracht, verheimlicht und verhandelt“.
Zugleich erfolgte ein Freispruch von der Anklage, Alfred B***** und Beate B***** hätten am 12. Juni 2005 und am 13. September 2005 im einverständlichen Zusammenwirken mit abgesondert verfolgten Mittätern vorsätzlich gewerbsmäßig
a) insgesamt 5.171.000 Zigaretten, hinsichtlich welcher ein Schmuggel, eine Verzollungsumgehung oder eine Verkürzung von „Abgaben“ begangen worden war, an sich gebracht, verheimlicht und verhandelt sowie
b) bezüglich der unter a) genannten Zigaretten unter Verletzung abgabenrechtlicher Anzeige‑, Offenlegungs‑ und Wahrheitspflichten eine Verkürzung an Tabaksteuer bewirkt.
Außerdem wurde Alfred B***** ‑ zwar nicht förmlich im Urteilstenor, aber durch entsprechende Ausführungen in den Entscheidungsgründen (hiezu 13 Os 53/10h, EvBl 2011/34, 227 sowie RIS‑Justiz RS0116266 [insbesondere T9]) ‑ von der Anklage freigesprochen, im einverständlichen Zusammenwirken mit Beate B***** und abgesondert verfolgten Mittätern vorsätzlich gewerbsmäßig
a) vom 22. Jänner 2005 bis zum 13. März 2005 in fünf Angriffen weitere 9 Mio Zigaretten, hinsichtlich welcher ein Schmuggel, eine Verzollungsumgehung oder eine Verkürzung von „Abgaben“ begangen worden war, an sich gebracht, verheimlicht und verhandelt sowie
b) am 4. und am 13. März 2005 in Bezug auf insgesamt 5 Mio Zigaretten unter Verletzung abgabenrechtlicher Anzeige‑, Offenlegungs‑ und Wahrheitspflichten eine Verkürzung an Tabaksteuer bewirkt
zu haben.
Die Angeklagten bekämpfen ihre Schuldsprüche mit Nichtigkeitsbeschwerde, wobei sich beide auf Z 5, Alfred B***** überdies auf Z 5a, (richtig) 9 lit a und 11, jeweils des § 281 Abs 1 StPO, stützen.
Die Staatsanwaltschaft wendet sich aus den Gründen des § 281 Abs 1 Z 5 und 9 lit a StPO gegen den (nicht förmlichen) Freispruch des Alfred B*****.
Die Finanzstrafbehörde hat ihre Beschwerde nicht ausgeführt.
Rechtliche Beurteilung
Wie die Generalprokuratur in ihrer Stellungnahme (§ 24 StPO) zutreffend ausführt, ist die Nichtigkeitsbeschwerde des Alfred B***** teilweise berechtigt und gehen die Beschwerden im Übrigen fehl.
Zur Nichtigkeitsbeschwerde des Alfred B***** :
Entgegen der Mängelrüge (Z 5) sind die Feststellungen, wonach die vom Schuldspruch umfassten Zigaretten chinesischer Herkunft gewesen und von Rumänien ‑ das zur Tatzeit noch nicht Mitglied der Europäischen Union war ‑ in das Zollgebiet der Union eingeführt worden sind und wonach die Einfuhrroute hinsichtlich der Schuldsprüche 1/b und 2/b über Italien verlief, bezüglich der Schuldsprüche 1/a und 2/a hingegen nicht mehr feststellbar ist (US 17), keineswegs in sich widersprüchlich (Z 5 dritter Fall).
Warum in der wechselnden Verwendung der Begriffe „Umladung“ und „Zuladung“ für den Vorgang des Beladens eines Lkw mit Zigaretten, die mit einem anderen Fahrzeug angeliefert worden sind (US 24), ein innerer Urteilswiderspruch liegen soll, wird nicht klar.
Soweit die Beschwerde unter nominellem Heranziehen des Nichtigkeitsgrundes der Unvollständigkeit (Z 5 zweiter Fall) aus vom Erstgericht eingehend behandelten Verfahrensergebnissen, nämlich den abgabenbehördlichen Erhebungen (US 43 bis 47) sowie den Aussagen der Zeugen Gerhard H***** (US 32 bis 39) und Franz H***** (US 40 f), anhand eigener Beweiswerterwägungen für den Beschwerdeführer günstige Schlüsse ableitet, wendet sie sich nach Art einer im kollegialgerichtlichen Verfahren nicht vorgesehenen Schuldberufung in unzulässiger Weise gegen die tatrichterliche Beweiswürdigung (§ 258 Abs 2 StPO).
Das Vorbringen zum Ablauf der Vernehmung des Beschwerdeführers durch die Ermittler der Finanzstrafbehörde lässt keinen Konnex zu den Kriterien der Nichtigkeitsgründe erkennen.
Die Rechtsrüge (Z 9 lit a) argumentiert mit dem Ansatz, der Weg der Einfuhr nach Österreich sei nicht hinreichend festgestellt, nicht aus dem Gesetz (siehe aber 12 Os 52/02, SSt 64/31; RIS‑Justiz RS0116565 und RS0116569), das ‑ soweit hier (mit Blick auf die Vortaten) von Interesse ‑ auf die (unredliche) Einfuhr (nicht nach Österreich, sondern) in das Zollgebiet der Europäischen Union (hiezu eingehend Lässig in WK 2 FinStrG § 35 Rz 1 f) abstellt (§ 37 Abs 1 FinStrG iVm § 35 Abs 1 und 2 FinStrG). Die diesbezüglichen Konstatierungen wurden (wie zur Mängelrüge dargelegt) sehr wohl getroffen.
Zutreffend weist die Beschwerde darauf hin, dass § 37 Abs 1 lit a FinStrG einen (einzigen) alternativen Mischtatbestand enthält, womit das Verhehlen einer Sache unter dem Aspekt der Subsumtion ‑ unabhängig davon, welche und wie viele der beschriebenen Begehungsweisen der Hehler in Bezug auf die Sache gesetzt hat ‑ stets gleich zu beurteilen ist ( Lässig in WK² FinStrG § 37 Rz 16, vgl auch RIS‑Justiz RS0086465 und RS0086510). Sie leitet aber nicht aus dem Gesetz ab, warum die Begehungsform des „sonstigen Ansichbringens“, also des Erlangens der rein tatsächlichen Verfügungsgewalt (RIS‑Justiz RS0086485 und RS0086506; Kirchbacher in WK² StGB § 164 Rz 24 bis 26; Lässig in WK² FinStrG § 37 Rz 6), durch die konstatierten Tathandlungen (siehe insbesondere US 8 f iVm US 17 f, 26 f) nicht verwirklicht sein soll.
Hinzu kommt, dass der Beschwerdeführer schuldig erkannt wurde, die Finanzvergehen als (unmittelbarer) Mittäter (§ 11 erster Fall FinStrG) begangen zu haben, womit er (nicht selbst das gesamte Tatbild verwirklichen, sondern) bloß eine wortlautkonforme Ausführungshandlung setzen muss, um den gesamten (von seinem Vorsatz umfassten) Erfolg zu verantworten (12 Os 1/03, SSt 2003/18; RIS‑Justiz RS0117320; Fabrizy in WK² StGB § 12 Rz 26). Im Hinblick darauf, dass das (tatsächlich erfolgte) Verhandeln der Zigaretten nach den Feststellungen des Erstgerichts vom Vorsatz des Beschwerdeführers umfasst war (US 26), verwirklichte er somit fallbezogen (neben dem „sonstigen Ansichbringen“) auch diese Begehungsweise, beging aber ‑ wie vom Erstgericht richtig erkannt ‑ aufgrund der Konzeption des § 37 Abs 1 lit a FinStrG als alternativer Mischtatbestand in Bezug auf jeweils eine Sache (nur) je ein Finanzvergehen der Abgabenhehlerei (Lässig in WK² FinStrG § 37 Rz 16).
Soweit die Beschwerde (nominell verfehlt auch aus Z 5 vierter Fall) die Feststellungen zur subjektiven Tatseite als unzureichend bezeichnet, ohne darzulegen, welche über die getroffenen (US 26 f) hinausgehenden Konstatierungen zur rechtsrichtigen Subsumtion erforderlich sein sollen, entzieht sie sich ebenfalls einer meritorischen Erledigung (RIS‑Justiz RS0095939, RS0117247 und RS0118342).
Die Kritik, die angefochtene Entscheidung enthalte keine hinreichenden Feststellungen zu dem Tatbestand des § 37 Abs 1 lit a FinStrG entsprechenden Vortaten, argumentiert nicht auf der Basis des Urteilssachverhalts (US 25) und verfehlt solcherart den Bezugspunkt materieller Nichtigkeit (RIS‑Justiz RS0099810).
Unter dem Aspekt eines allfälligen amtswegigen Vorgehens (§ 290 Abs 1 zweiter Satz erster Fall StPO) sei hinzugefügt, dass § 37 Abs 1 lit a FinStrG eine tatbestandsmäßig und rechtswidrig begangene, faktisch vollendete Vortat voraussetzt (13 Os 19/08f, EvBl 2010/13, 85; RIS‑Justiz RS0086500; VwGH 2000/16/0627, ÖStZB 2004/136, 164; Lässig in WK² FinStrG § 37 Rz 4), was die angefochtene Entscheidung mit hinreichender Deutlichkeit zum Ausdruck bringt (US 25 bis 27 iVm US 55 f).
Mit dem Einwand fehlender Feststellungen zu den Tathandlungen unterlässt die Beschwerde einmal mehr die Bezeichnung des unter dem Aspekt rechtsrichtiger Subsumtion Vermissten (siehe erneut RIS‑Justiz RS0095939, RS0117247 und RS0118342).
Geht es der Tatsachenrüge (Z 5a) ‑ wie hier ‑ nicht um den Verfahrensaspekt unterlassener Beweisaufnahmen, so verlangt ihre prozessordnungskonforme Darstellung die Ableitung erheblicher Bedenken gegen ‑ konkret zu bezeichnende ‑ Feststellungen zu entscheidenden Tatsachen aus ‑ ebenfalls konkret zu bezeichnenden ‑ in der Hauptverhandlung vorgekommenen (§ 258 Abs 1 StPO) Verfahrensergebnissen (13 Os 60/03, SSt 2003/47; RIS‑Justiz RS0117516, RS0117749 und RS0119310).
Diesen Kriterien wird die Beschwerde mit der abschließenden Erklärung, aus „all den angeführten Gründen“ würde „Nichtigkeit (auch) nach § 281 Abs 1 Z 5a StPO vorliegen“, nicht einmal ansatzweise gerecht.
Im bisher behandelten Umfang war die Nichtigkeitsbeschwerde gemäß § 285d Abs 1 StPO schon bei nichtöffentlicher Beratung sofort zurückzuweisen.
Hingegen zeigt die Sanktionsrüge (Z 11) zutreffend Nichtigkeit des Ausspruchs über die Geldstrafe in Bezug auf die Feststellungen zum strafbestimmenden Wertbetrag (Z 11 erster Fall) und die diesbezügliche Begründung (Z 11 erster Fall iVm Z 5 vierter Fall) auf:
In Bezug auf den Schuldspruch 2/a/ab lassen sich der angefochtenen Entscheidung gar keine Konstatierungen zum strafbestimmenden Wertbetrag entnehmen.
Zu 2/b wurde der Beschwerdeführer des Finanzvergehens der Abgabenhehlerei nach § 37 Abs 1 lit a FinStrG in Bezug auf Zigaretten, hinsichtlich derer eine Verkürzung an Tabaksteuer begangen worden war, schuldig erkannt. Da der strafbestimmende Wertbetrag beim in Rede stehenden Finanzvergehen (§ 37 Abs 2 FinStrG) grundsätzlich der gleiche ist wie jener der Vortat ( Reger/Nordmeyer/Hacker/Kuroki , FinStrG 4 § 37 Rz 24), wäre somit hier die im Rahmen der Vortat hinterzogene Tabaksteuer als Basis heranzuziehen, wogegen die Urteilsfeststellungen zum Schuldspruch 2/b insoweit auch 49.080 Euro an Zoll ausweisen (US 25).
Hinzu kommt, dass die Urteilsaussage, wonach sich die Feststellungen zu den strafbestimmenden Wertbeträgen „auf die Erhebungen des Zollamts, insbesondere die Aufstellung AS 51 in ON 49“ gründen (US 47), dem Begründungsgebot des § 270 Abs 2 Z 5 StPO nicht entsprechen. Unter diesem Aspekt bedarf es nämlich auch hinsichtlich der Konstatierungen zum strafbestimmenden Wertbetrag einer nachvollziehbaren Bezugnahme auf ‑ konkret zu bezeichnende ‑ Aktenteile, womit der bloß pauschale Hinweis auf die Ergebnisse des Abgabenverfahrens insoweit keinesfalls hinreicht (RIS‑Justiz RS0087030 [T1], Lässig in WK² FinStrG Vorbem Rz 5). Aber auch der ergänzende Verweis auf „die Aufstellung AS 51 in ON 49“ trägt die Feststellungen zum strafbestimmenden Wertbetrag nicht, weil diese Aufstellung bloß faktenbezogene Endsummen (die im Übrigen mit den auf US 25 genannten Beträgen nicht exakt übereinstimmen) enthält, zur Begründung der Errechnung dieser Beträge also gerade nichts beiträgt.
Der Ausspruch der über Alfred B***** verhängten Geldstrafe ‑ sowie demzufolge auch jener der diesbezüglichen Ersatzfreiheitsstrafe ‑ war somit in Stattgebung der Nichtigkeitsbeschwerde gemäß § 285e StPO schon bei nichtöffentlicher Beratung sofort aufzuheben.
Zur Nichtigkeitsbeschwerde der Beate B***** :
Undeutlichkeit im Sinn der Z 5 erster Fall ist gegeben, wenn ‑ nach Beurteilung durch den Obersten Gerichtshof, also aus objektiver Sicht ‑ nicht für sämtliche unter dem Gesichtspunkt der Nichtigkeitsgründe relevante Urteilsadressaten, also für den Beschwerdeführer und das Rechtsmittelgericht, unzweifelhaft erkennbar ist, ob eine entscheidende Tatsache in den Entscheidungsgründen festgestellt worden oder aus welchen Gründen die Feststellung entscheidender Tatsachen erfolgt ist (RIS‑Justiz RS0117995 [insbesondere T3 und T4]).
Unvollständig (Z 5 zweiter Fall) ist ein Urteil dann, wenn das Gericht bei der für die Feststellung entscheidender Tatsachen angestellten Beweiswürdigung (§ 258 Abs 2 StPO) erhebliche, in der Hauptverhandlung vorgekommene (§ 258 Abs 1 StPO) Verfahrensergebnisse unberücksichtigt ließ (13 Os 138/03, SSt 2003/93; RIS‑Justiz RS0118316).
Widersprüchlich sind zwei Aussagen, wenn sie nach den Denkgesetzen oder der allgemeinen Lebenserfahrung nicht nebeneinander bestehen können ( Ratz , WK‑StPO § 281 Rz 438). Im Sinn der Z 5 dritter Fall können die Feststellungen über entscheidende Tatsachen in den Entscheidungsgründen (§ 270 Abs 2 Z 5 StPO) und deren Referat im Erkenntnis (§ 260 Abs 1 Z 1 StPO), die Feststellungen über entscheidende Tatsachen in den Urteilsgründen, die zu den getroffenen Feststellungen über entscheidende Tatsachen angestellten Erwägungen sowie die Feststellungen über entscheidende Tatsachen in den Urteilsgründen und die dazu angestellten Erwägungen zueinander im Widerspruch stehen (15 Os 51/04, SSt 2004/53; RIS‑Justiz RS0119089).
Offenbar unzureichend (Z 5 vierter Fall) ist eine Begründung, die den Gesetzen folgerichtigen Denkens oder grundlegenden Erfahrungssätzen widerspricht (14 Os 72/02, SSt 64/39; RIS‑Justiz RS0116732 und RS0118317).
Aktenwidrig im Sinn der Z 5 fünfter Fall ist ein Urteil, wenn es den eine entscheidende Tatsache betreffenden Inhalt einer Aussage oder Urkunde in seinen wesentlichen Teilen unrichtig oder unvollständig wiedergibt (11 Os 122/00, SSt 63/112; RIS‑Justiz RS0099431).
In allen Fällen ist die Mängelrüge nur dann gesetzmäßig ausgeführt, wenn sie die Gesamtheit der Entscheidungsgründe berücksichtigt (RIS‑Justiz RS0119370).
Soweit das Gesetz auf einen Vergleich der angefochtenen Entscheidung mit Verfahrensergebnissen abstellt (Z 5 zweiter Fall und Z 5 fünfter Fall), hat die Beschwerde überdies den entsprechenden Aktenbezug herzustellen (vgl RIS‑Justiz RS0124172).
Sofern nicht im Folgenden gesondert erörtert, entzieht sich die Mängelrüge (Z 5) einer meritorischen Erledigung, weil sie sich nicht an den dargestellten Kriterien des herangezogenen Nichtigkeitsgrundes orientiert.
Mit dem Einwand fehlender Begründung (Z 5 vierter Fall) der Feststellungen zum Ort des Umladens der Zigaretten, spricht die Beschwerde keinen schuld‑ oder subsumtionsrelevanten Umstand an (siehe aber RIS‑Justiz RS0106268).
Hinzugefügt sei, dass das Erstgericht die diesbezüglichen Konstatierungen ‑ den Denkgesetzen und allgemeinen Erfahrungssätzen entsprechend ‑ auf die Observationsberichte (einschließlich entsprechender Lichtbilder) der Finanzstrafbehörde (US 32 bis 46) und die als glaubwürdig erachtete Aussage des Zeugen Gerhard H***** (US 47) stützt.
Falls das Vorbringen, das Erstgericht begründe die Annahme der „Kenntnis“ der Beschwerdeführerin von „diesen Umtrieben“ bzw „den konkreten Abläufen“ als Einwand offenbar unzureichender Begründung (Z 5 vierter Fall) der Feststellungen zur subjektiven Tatseite zu verstehen ist, wird auf US 51 und 52 verwiesen.
Mit der Behauptung eines Konstatierungsdefizits zu vollendeten Vortaten (der Sache nach Z 9 lit a) argumentiert die Rüge nicht auf der Basis des Urteilssachverhalts (US 17) und verfehlt solcherart den gesetzlichen Bezugspunkt (RIS‑Justiz RS0099810).
Die Nichtigkeitsbeschwerde war somit gemäß § 285d Abs 1 StPO schon bei nichtöffentlicher Beratung sofort zurückzuweisen.
Zur Nichtigkeitsbeschwerde der Staatsanwaltschaft :
Entgegen der Mängelrüge (Z 5) sind die Feststellungen zu einem allfälligen Zurverfügungstellen einer Lagerhalle für die Umladung von zollunredlich importierten Zigaretten keineswegs undeutlich (Z 5 erster Fall), das Erstgericht trifft insoweit vielmehr eine ‑ ausdrückliche ‑ Negativfeststellung (US 49).
Die Rechtsrüge (Z 9 lit a) entzieht sich einer inhaltlichen Erwiderung, weil sie diese Negativfeststellung übergeht und solcherart den Bezugspunkt materieller Nichtigkeit verfehlt (RIS‑Justiz RS0099810).
Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher ebenfalls gemäß § 285d Abs 1 StPO schon bei nichtöffentlicher Beratung sofort zurückzuweisen.
Zur Nichtigkeitsbeschwerde der Finanzstrafbehörde :
Auch diese Beschwerde war gemäß § 285d Abs 1 StPO schon bei nichtöffentlicher Beratung sofort zurückzuweisen, weil die Finanzstrafbehörde ihr Rechtsmittel nicht ausführte und auch bei der Anmeldung ihrer Beschwerde (ON 122) die Nichtigkeitsgründe nicht einzeln und bestimmt bezeichnete (siehe aber § 285 Abs 1 zweiter Satz StPO).
Hinzugefügt sei, dass das Erstgericht zwar ersichtlich ‑ § 4 Abs 2 FinStrG entsprechend ‑ (nicht das Urteilszeitrecht, sondern) das Tatzeitrecht anwenden wollte, dabei aber übersah (US 5), dass die zur Tatzeit geltende Fassung des § 38 Abs 1 FinStrG jene nach BGBl I 2004/57 gewesen war. Da dieser Rechtsfehler nicht zum Nachteil der Angeklagten wirkt, hat er auf sich zu beruhen (siehe § 290 Abs 1 zweiter Satz StPO).
Soweit die Berufungen der Staatsanwaltschaft, der Finanzstrafbehörde und des Alfred B***** gegen den Ausspruch der über diesen Angeklagten verhängten Geldstrafe und der korrespondierenden Ersatzfreiheitsstrafe gerichtet sind, waren die Rechtsmittelwerber auf die diesbezügliche Urteilsaufhebung zu verweisen.
Die Entscheidung über die Berufungen der Staatsanwaltschaft, der Finanzstrafbehörde und des Alfred B***** im Übrigen sowie über jene der Beate B***** kommt dem Oberlandesgericht zu (§ 285i StPO).
Dieses wird bei der Behandlung der (angemeldeten, aber nicht ausgeführten) Berufung der Beate B***** zu berücksichtigen haben, dass die zur Sanktionsrüge des Alfred B***** aufgezeigten Rechts‑ und Begründungsfehler auch dem gegen jene Angeklagte ergangenen Strafausspruch anhaften (vgl Ratz , WK‑StPO § 283 Rz 1).
Vor Ergehen der Berufungsentscheidung des Oberlandesgerichts wird das Landesgericht St. Pölten im zweiten Rechtsgang die Geldstrafe des Alfred B***** und die diesbezügliche Ersatzfreiheitsstrafe neu zu bemessen haben.
Dabei werden hinsichtlich aller Teile des Schuldspruchs Feststellungen zum strafbestimmenden Wertbetrag zu treffen und diese ‑ den Denkgesetzen und allgemeinen Erfahrungssätzen entsprechend ‑ zu begründen sein.
Sollte sich das Erstgericht dabei auf finanzbehördliche Ermittlungsergebnisse stützen, werden die entsprechenden Fundstellen in den Akten exakt zu bezeichnen sein.
Unter dem Aspekt der Begründungstauglichkeit reicht ein solcher Verweis nur dann hin, wenn der strafbestimmende Wertbetrag anhand der jeweiligen Aktenstelle nachvollziehbar zu errechnen ist.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 390a Abs 1 StPO.
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