European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2016:0120OS00076.16T.0818.000
Spruch:
Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.
Zur Entscheidung über die Berufungen werden die Akten dem Oberlandesgericht Innsbruck zugeleitet.
Dem Angeklagten fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Gründe:
Soweit vorliegend von Bedeutung, wurde Adam I***** mit dem angefochtenen Urteil des Verbrechens des räuberischen Diebstahls nach §§ 127, 131 erster Fall StGB (A./1./) schuldig erkannt.
Danach hat er am 7. März 2015 in I***** Claudio N***** in (betreffend die Sachwegnahme) einverständlichem Zusammenwirken mit Rabia Y***** eine fremde bewegliche Sache, nämlich ein Mobiltelefon, mit auf unrechtmäßige Bereicherung gerichtetem Vorsatz weggenommen, wobei Adam I***** bei diesem Diebstahl auf frischer Tat betreten, Gewalt gegen Claudio N***** anwendete, um sich den Besitz der gestohlenen Sache zu erhalten, indem er diesen mit beiden Händen gegen die Brust stieß, wodurch dieser gegen eine Wand fiel.
Rechtliche Beurteilung
Die dagegen aus § 281 Abs 1 Z 9 lit a StPO ergriffene Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten schlägt fehl.
Die Rechtsrüge (Z 9 lit a) geht mit dem Einwand fehlender Konstatierungen zur Sachwegnahme an den Feststellungen vorbei, wonach die Angeklagten „bei der Wegnahme“ des Mobiltelefons wussten, dass es sich dabei um eine fremde bewegliche Sache handelt (US 7). Solcherart haben die Tatrichter aber die entsprechende Tathandlung unzweifelhaft zum Ausdruck gebracht. Die Rüge verfehlt damit den im konstatierten Sachverhalt gelegenen Bezugspunkt materieller Nichtigkeit (RIS‑Justiz RS0099810).
Die weitere Beschwerde (nominell Z 9 lit a, der Sache nach Z 10) erweist sich mit der – unter Bezugnahme auf eine ihrerseits unbegründete Kommentarmeinung ( Bertel in WK 2 StGB § 131 Rz 3) aufgestellten – bloßen Behauptung, das vom Erstgericht konstatierte Wegstoßen, um sich die Beute zu erhalten, reiche nicht für eine Verurteilung nach §§ 127, 131 StGB aus, weil offen bliebe, ob der Stoß „wirklich Gewalt oder nur ein Überraschungsmanöver“ wäre, als nicht gesetzmäßig ausgeführt (vgl RIS‑Justiz RS0116565). Sie legt nämlich nicht dar, weshalb der konstatierte Stoß (US 7) nicht dem Begriff der Gewalt im Sinn des § 131 StGB zu unterstellen sein sollte (vgl jüngst 15 Os 155/14d).
Im Übrigen entspricht es der ständigen Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs, dass für die Bejahung der Frage, ob der gegen die Person eines Festhaltenden gerichtete Kraftaufwand des widerstrebenden Täters die für den Gewaltbegriff maßgebliche Erheblichkeitsschwelle überschreitet, weder eine besondere körperliche Kraftanstrengung noch die Unwiderstehlichkeit der vom Täter aufgewendeten physischen Kraft, deren Überlegenheit gegenüber jener des Opfers, die tatsächliche Wirksamkeit des Krafteinsatzes oder sichtbare Merkmale oder Verletzungsspuren beim Tatopfer erforderlich sind (vgl im Übrigen die erstgerichtlichen Feststellungen, wonach Claudio N***** aufgrund des Stoßes gegen die Wand des Waggons fiel; US 7). Vielmehr genügt es, dass es gerade der tätergewollte Krafteinsatz ist, der das Opfer dazu veranlasst, von seinem Bestreben, die weggenommene Sache wieder zu erlangen, Abstand zu nehmen und der solcherart dazu führt, dass der Dieb den Gewahrsam an der Diebesbeute aufrecht erhalten kann (vgl RIS‑Justiz RS0093571 [T3], RS0093630, RS0093597, RS0093602, RS0093762).
Die Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten war daher – entgegen der Stellungnahme der Generalprokuratur –bereits bei nichtöffentlicher Beratung sofort zurückzuweisen (§ 285d Abs 1 StPO).
Daraus folgt die Zuständigkeit des Oberlandesgerichts zur Entscheidung über die Berufungen (§ 285i StPO). Dabei wird dieses zu berücksichtigen haben, dass der Strafausspruch an Nichtigkeit aus § 281 Abs 1 Z 11 dritter Fall StPO leidet, weil das Erstgericht für die Entscheidung über die (teil‑)bedingte Strafnachsicht auch die „mangelnde Schuldeinsicht“ des Angeklagten (US 13 f) ins Treffen geführt hat (RIS‑Justiz RS0090897).
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