European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2024:0120OS00021.24S.0418.000
Rechtsgebiet: Strafrecht
Spruch:
Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.
Zur Entscheidung über die Berufung werden die Akten dem Oberlandesgericht Wien zugeleitet.
Gründe:
[1] Mit dem angefochtenen Urteil wurde die strafrechtliche Unterbringung des * K* in einem forensisch‑therapeutischen Zentrum nach § 21 Abs 1 StGB angeordnet.
[2] Danach hat er in W* unter dem maßgeblichen Einfluss (US 9) einer schwerwiegenden und nachhaltigen psychischen Störung, derentwegen er im Zeitpunkt der Taten zurechnungsunfähig (§ 11 StGB) war, nämlich einer unbehandelten Psychose aus dem schizophrenen Formenkreis, Mag. * S* gefährlich mit dem Tod und einer erheblichen Verstümmelung bedroht, indem er zwei E‑Mails, die (auch) die nachangeführten Passagen enthielten, an das Österreichische Parlament übermittelte und zwar am 8. September 2023 „Sehr geehrter Herr Präsident des Nationalrates. Ich werde Ihren abgeschnittenen Penis verkaufen“ und am 11. September 2023 „Sehr geehrter Herr Präsident des Nationalrates. Retten sie einen Teil Ihrer Familie. Ich habe sie gewarnt“,
somit Taten begangen, die ihm außer diesem Zustand als Verbrechen der gefährlichen Drohung nach § 107 Abs 1 und 2 erster und zweiter Fall StGB zuzurechnen wären.
Rechtliche Beurteilung
[3] Die dagegen aus § 281 Abs 1 Z 5, „9a“, 10 und 11 StPO erhobene Nichtigkeitsbeschwerde des Betroffenen schlägt fehl.
[4] Der Mängelrüge (Z 5 dritter Fall) zuwider besteht zwischen den Feststellungen zum Wortlaut der E‑Mail vom 8. September 2023 „Ich werde Ihren abgeschnittenen Penis verkaufen“ (US 8),zum diesbezüglichen Bedeutungsinhalt, mit dem Abschneiden des Penis zu drohen (US 9), und zu der auf Letzteren bezogenen subjektiven Tatseite des Betroffenen (US 9) kein Widerspruch.
[5] Soweit die Beschwerde die vom Schöffengericht angestellte Gefährlichkeitsprognose bekämpft, ist zu erwidern:
Allfällige Fehler der Prognoseentscheidung resultieren im System der Nichtigkeitsgründe in den Regelungsbereich des zweiten Falls des § 281 Abs 1 Z 11 StPO. Konkret liegt Nichtigkeit aus Z 11 zweiter Fall dann vor, wenn diese Entscheidung zumindest eine der in § 21 Abs 1 StGB genannten Erkenntnisquellen (Person und Zustand des Rechtsbrechers sowie Art der Tat) vernachlässigt oder die aus diesen Erkenntnisquellen gebildete Feststellungsgrundlage die Prognoseentscheidung als willkürlich erscheinen lässt (RIS‑Justiz RS0113980, RS0118581; Ratz, WK‑StPO § 281 Rz 715 ff).
[6] Eine Bekämpfung aus Z 5 des § 281 Abs 1 StPO steht in Verbindung mit dem ersten, nicht jedoch mit dem zweiten Fall des § 281 Abs 1 Z 11 StPO offen (RIS‑Justiz RS0118581; Ratz, WK‑StPO § 281 Rz 669).
[7] Die aus dem Blickwinkel der Mängelrüge (Z 5) erhobene Kritik, bei der Feststellung der „Voraussetzungen einer Prognosetat und zur Gefährlichkeitsprognostik“ habe das Gericht einzelne Ausführungen des Sachverständigen in der Hauptverhandlung unberücksichtigt gelassen, geht somit schon im Ansatz fehl. Sie bildet – der Sache nach – ein Berufungsvorbringen.
[8] Der der Sache nach aus Z 11 zweiter Fall erhobene Einwand der fehlenden Umschreibung der Prognosetat (vgl RIS‑Justiz RS0113980 [insbesondere T8 und T17]; Haslwanter in WK2 StGB § 21 Rz 26) orientiert sich nicht an den gerade dazu getroffenen Urteilsannahmen (US 10).
[9] Weshalb der „festgestellte Sachverhalt die rechtliche Beurteilung nach § 107 Abs 1 und Abs 2 StGB nicht ergibt“, erklärt die Rechtsrüge (Z 9 lit a) nicht (RIS‑Justiz RS0099620, RS0095939).
[10] Die nominell aus Z 10 erhobene, der Sache nach ebenfalls als Rechtsrüge (Z 9 lit a) aufzufassende (RIS‑Justiz RS0132762) pauschale Behauptung, es lägen mangels Vorliegens der Qualifikation des § 107 Abs 2 StGB die Voraussetzungen für eine strafrechtliche Unterbringung in einem forensisch‑therapeutischen Zentrum nicht vor, übergeht prozessordnungswidrig die Feststellungen zum Bedeutungsinhalt der Drohungen (US 9).
[11] Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher gemäß § 285d Abs 1 StPO bereits bei der nichtöffentlichen Beratung sofort zurückzuweisen.
[12] Über die Berufung hat das Oberlandesgericht zu entscheiden (§ 285i StPO).
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