European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2016:0120OS00125.16Y.1104.000
Spruch:
Aus Anlass der Nichtigkeitsbeschwerde wird das angefochtene Urteil aufgehoben und die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung an das Landesgericht Wels verwiesen.
Mit seiner Nichtigkeitsbeschwerde und seiner Berufung wird der Rechtsmittelwerber auf die Urteilsaufhebung verwiesen.
Gründe:
Mit dem angefochtenen Urteil wurde Burhan B***** des Verbrechens der Brandstiftung nach §§ 15 Abs 1, 169 Abs 1 StGB schuldig erkannt.
Danach hat er am 21. September 2015 in L***** versucht, an einer fremden Sache ohne Einwilligung des Eigentümers, nämlich an den von ihm gepachteten Räumlichkeiten im Erdgeschoss des im Eigentum von Monika M***** stehenden Hauses ***** durch Entzünden eines vorher von ihm an mehreren Stellen verteilten Brandbeschleunigungsmittels mit einer unbekannten Zündquelle eine Feuersbrunst zu verursachen, wobei ein Umsichgreifen der Feuer in diesen Räumlichkeiten und in weiterer Folge ein Übergreifen des Feuers auf das Obergeschoss des Hauses sowie auf ein Nachbargebäude durch das rasche Einschreiten der Feuerwehr verhindert werden konnte.
Rechtliche Beurteilung
Dagegen wendet sich der Angeklagte mit seiner auf § 281 Abs 1 Z 5 StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde. Ein Eingehen auf das Rechtsmittelvorbringen erübrigt sich, weil sich der Oberste Gerichtshof aus Anlass der Nichtigkeitsbeschwerde überzeugte, dass dem angefochtenen Urteil der von Amts wegen wahrzunehmende (§ 290 Abs 1 zweiter Satz erster Fall StPO) Nichtigkeitsgrund des § 281 Abs 1 Z 10 StPO anhaftet.
Wie von der Judikatur mehrfach betont (12 Os 149/09t mwN) stellt der Begriff der Feuersbrunst auf eine enge Verflechtung der erforderlichen räumlichen Ausdehnung und der mangelnden Bekämpfbarkeit mit gewöhnlichen Mitteln ab. Solcherart muss das Feuer zum einen gerade aufgrund seiner bereits erreichten Ausdehnung unbeherrschbar sein, zum anderen ist die Unbeherrschbarkeit der Maßstab der erforderlichen Ausdehnung (vgl ErläutRV 30 BlgNR 13. GP 317).
Das bedeutet allerdings nicht, dass stets dann, wenn der Brand aufgrund seiner räumlichen Ausdehnung mit gewöhnlichen Mitteln nicht mehr beherrscht werden kann, oder auch ohne Einsatz der rasch eingetroffenen Feuerwehr nicht mehr beherrschbar gewesen wäre, eine Feuersbrunst zu bejahen wäre. Vielmehr ist damit nur eine notwendige Bedingung erfüllt.
Tritt zu der durch die räumliche Ausdehnung bedingten Unlöschbarkeit nicht eine – wenngleich bloß abstrakte – Gefährdung für Leib oder Leben einer (nicht unbedingt größeren, so doch nicht auf konkrete Einzelpersonen beschränkten, somit unbestimmten) Zahl von Menschen (eingehend dazu 13 Os 54/06z, EvBl 2006/173, 905; vgl Kienapfel/Schmoller StudB BT III2 §§ 169 bis 170 Rz 11; Flora in SbgK§ 169 Rz 42; Murschetz in WK2 StGB § 169 Rz 6; abstellend auf eine größere Zahl von Menschen Hinterhofer/Rosbaud BT § 169 II6 Rz 12) oder eine konkrete Gefahr für fremdes Eigentum in großem Ausmaß (vgl Flora in SbgK§ 169 Rz 45 ff; Murschetz in WK2 StGB § 169 Rz 6; enger Hinterhofer/Rosbaud BT II6 § 169 Rz 13 und Kienapfel/Schmoller StudB BT III2 §§ 169 bis 170 Rz 12), liegt eine Feuersbrunst nicht vor. Denn erst darin äußert sich die in der Überschrift des 7. Abschnitts des BT des StGB angesprochene Gemeingefährlichkeit im Sinn der Tatbestände nach §§ 169 f StGB (aA Mayerhofer in WK2 StGB [2007] § 169 Rz 3 f, der nur auf das Ausmaß des entfesselten Feuers abstellt; Fabrizy, StGB12 § 169 Rz 6 f). Treffen die angesprochenen Kriterien kumulativ zu, kommt es auf eine darüber hinausgehende Weiterverbreitung des Feuers nicht an.
Auf der subjektiven Tatseite verlangt der Tatbestand der Brandstiftung nach § 169 Abs 1 StGB, dass sich der Vorsatz des Täters auf alle Tatbestandsmerkmale, sohin auch auf die erforderliche, vom Gericht festzustellende (vgl 12 Os 149/09t mwN) Gefährdung im dargestellten Sinn erstreckt (13 Os 93/15y mwN).
Die Urteilsfeststellungen, wonach es dem Angeklagten latent bewusst war und er es billigend in Kauf nahm, durch das Verursachen von sieben Brandstellen am Gebäude einen Brand zu verursachen, der ohne technische Hilfsmittel nicht mehr unter Kontrolle gebracht werden kann (US 6, 11), decken die Vorsätzlichkeit des Brandlegungsakts im engeren Sinn. Sie vermögen aber die Annahme des subjektiven Unrechtselements in Ansehung von Art und Umfang des entfesselten Schadensfeuers im Sinn des Tatbestandserfordernisses einer Feuersbrunst nicht zu tragen.
Die angeführten Feststellungen lassen daher keine rechtliche Klärung (in Bezug auf die Einordnung der Taten unter §§ 125 f StGB oder § 169 Abs 1 StGB) zu, sodass das Urteil aufzuheben und das Verfahren zu neuer Verhandlung und Entscheidung an das Erstgericht zu verweisen war.
Da somit über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten nicht mehr zu entscheiden war, trifft ihn auch keine Verpflichtung zum Kostenersatz.
Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)