European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2006:E81723
Spruch:
Aus Anlass der Nichtigkeitsbeschwerde wird das angefochtene Urteil aufgehoben und die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung an das Landesgericht Ried im Innkreis verwiesen.
Mit seiner Nichtigkeitsbeschwerde und Berufung wird der Angeklagte auf diese Entscheidung verwiesen.
Gründe:
Mit dem angefochtenen Urteil wurde Wolfgang K* des Verbrechens der Brandstiftung nach § 169 Abs 1 StGB schuldig erkannt, zu einer Freiheitsstrafe verurteilt und gemäß § 21 Abs 2 StGB seine Einweisung in eine Anstalt für geistig abnorme Rechtsbrecher angeordnet.
Nach dem Inhalt des Schuldspruches hat er am 31. Dezember 2005 in Altheim an einer fremden Sache ohne Einwilligung des Eigentümers, nämlich an der Scheune des landwirtschaftlichen Anwesens der Maria W* in *, eine Feuersbrunst verursacht.
Auf die dagegen vom Angeklagten aus Z 5a des § 281 Abs 1 StPO erhobene Nichtigkeitsbeschwerde war nicht weiter einzugehen, weil sich der Oberste Gerichtshof aus Anlass der Nichtigkeitsbeschwerde von zum Nachteil des Angeklagten unterlaufenen Rechtsfehlern mangels Feststellungen zum Tatbestandsmerkmal der Feuersbrunst und zur subjektiven Tatseite des § 169 Abs 1 StGB (Z 10) überzeugt hat, welche bereits bei der nichtöffentlichen Beratung die Aufhebung des angefochtenen Urteils nach sich ziehen (§§ 285e erster Satz, 290 Abs 1 zweiter Satz StPO).
Rechtliche Beurteilung
Wie in der Judikatur zuletzt mehrfach betont (vgl 11 Os 76/02, 15 Os 96/02, 11 Os 137/03, 14 Os 59, 60/04), stellt der Begriff der Feuersbrunst auf eine enge Verflechtung der erforderlichen räumlichen Ausdehnung und der mangelnden Bekämpfbarkeit mit gewöhnlichen Mitteln ab. Solcherart muss das Feuer zum Einen gerade aufgrund seiner bereits erreichten Ausdehnung unbeherrschbar sein, zum Anderen ist die Unbeherrschbarkeit der Maßstab der erforderlichen Ausdehnung (vgl EBRV 1971, 317).
Das bedeutet allerdings nicht, dass stets dann, wenn der Brand aufgrund seiner räumlichen Ausdehnung mit gewöhnlichen Mitteln nicht mehr beherrscht werden kann (oder auch - wie vorliegend festgestellt, US 4 - durch einen Feuerwehreinsatz nicht mehr eindämmbar ist), eine Feuersbrunst zu bejahen wäre. Vielmehr ist damit nur eine notwendige Bedingung erfüllt.
Tritt zu der durch die räumliche Ausdehnung bedingten Unlöschbarkeit nicht eine - wenngleich bloß abstrakte - Gefährdung für Leib oder Leben einer (nicht unbedingt größeren, so doch nicht auf konkrete Einzelpersonen beschränkten, mithin) unbestimmten Zahl von Menschen (vgl Triffterer in SbgK § 169 Rz 30; auf eine größere Zahl von Menschen abstellend: Kienapfel/Schmoller Studienbuch BT III § 169 Rz 11, Hinterhofer BT II4 § 169 Rz 7) oder eine (konkrete, vgl Triffterer aaO Rz 34 f unter Verweis auf EBRV 1971, 318) Gefahr für fremdes Eigentum in großem Ausmaß hinzu, liegt eine Feuersbrunst nicht vor (vgl Triffterer aaO Rz 33, 46; vgl auch Hinterhofer aaO Rz 5 ‑ 7; Kienapfel/Schmoller aaO Rz 10 ff; aM Mayerhofer in WK² § 169 Rz 3; der nur auf das Ausmaß des entfesselten Feuers abstellt). Denn erst darin äußert sich die in der Überschrift des Siebenten Abschnitts des BT des StGB angesprochene Gemeingefährlichkeit des Verbrechens nach § 169 Abs 1 StGB.
Treffen die angesprochenen Kriterien kumulativ zu, kommt es auf eine darüber hinaus gehende Weiterverbreitung des Feuers nicht an (vgl SSt 49/23; Kienapfel/Schmoller aaO Rz 8; Triffterer aaO Rz 35).
Feststellungen zur vorstehend angesprochenen Gefahr wurden nicht getroffen (zum Erfordernis entsprechender Feststellungen: Hinterhofer aaO Rz 7).
Zudem verlangt der Tatbestand der Brandstiftung nach § 169 Abs 1 StGB auf der subjektiven Tatseite - zumindest bedingten - Vorsatz, der auch die Herbeiführung einer Feuersbrunst erfassen muss.
Die diesbezügliche Feststellung des Erstgerichtes, der Angeklagte habe sich dazu entschlossen „einen Brand zu legen" (US 3) und die dazu angestellten beweiswürdigenden Erwägungen, er habe „nicht bestritten, dass er eine Feuerbrunst verursachen wollte" (US 4) decken zwar die Vorsätzlichkeit des Brandlegungsaktes im engeren Sinn, vermögen aber die Annahme des subjektiven Unrechtselements in Ansehung von Art und Umfang des entfesselten Schadensfeuers im Sinne des Tatbestandserfordernisses einer Feuersbrunst nicht zu tragen.
Daher fehlt es auch aus diesem Grund an den Voraussetzungen für eine Subsumtion der Tat unter § 169 Abs 1 StGB. Die in Ansehung der subjektiven Tatseite lückenhaften Konstatierungen des Erstgerichtes lassen keine rechtliche Klarstellung (in bezug auf die Einordnung der Tat unter § 125 StGB oder § 169 Abs 1 StGB) zu, sodass der Schuldspruch insgesamt aufzuheben war, was die Rückverweisung an das Erstgericht erforderlich macht (§ 288 Abs 3 zweiter Satz StPO).
Die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung sind damit gegenstandslos.
Durch die Aufhebung der erstinstanzlichen Kostenentscheidung entfällt die Kostenersatzpflicht des Angeklagten (Lendl, WK‑StPO § 390a Rz 4, 7).
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