OGH 11Os65/05a

OGH11Os65/05a26.7.2005

Der Oberste Gerichtshof hat am 26. Juli 2005 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Mayrhofer als Vorsitzenden sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Ebner, Dr. Danek, Dr. Schwab und Dr. Lässig als weitere Richter, in Gegenwart des Richteramtsanwärters Mag. Wagner als Schriftführer, in der Strafsache gegen Günter B***** wegen des Verbrechens nach § 28 Abs 2 vierter Fall SMG und anderer strafbarer Handlungen über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichtes Linz als Schöffengericht vom 26. April 2005, GZ 23 Hv 26/05d-23, sowie über dessen Beschwerde gegen einen Beschluss gemäß § 494a Abs 1 Z 4, Abs 4 StPO nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufung und die Beschwerde werden die Akten dem Oberlandesgericht Linz zugeleitet.

Dem Angeklagten fallen die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil - das auch in Rechtskraft erwachsene Freisprüche enthält - wurde Günter B***** des Verbrechens nach § 28 Abs 2 vierter Fall SMG und mehrerer Vergehen nach § 27 Abs 1 sechster Fall, Abs 2 Z 1 SMG (Schuldspruch 1) sowie des Vergehens nach § 27 Abs 1 erster, zweiter und sechster Fall, Abs 2 Z 1 SMG (Schuldspruch 2) schuldig erkannt.

Danach hat er in Linz den bestehenden Vorschriften zuwider

1. im Zeitraum November 2004 bis Anfang Februar 2005 gewerbsmäßig Suchtgift in einer großen Menge (§ 28 Abs 6 SMG) und in einer diese nicht erreichenden Restmenge in Verkehr gesetzt, wobei er selbst an ein Suchtmittel gewöhnt ist und die Tat vorwiegend deshalb beging, um sich für den eigenen Gebrauch Suchtmittel oder die Mittel zu deren Erwerb zu verschaffen, indem er in Teilmengen insgesamt ca 300 Stück Ecstasy-Tabletten (vorwiegend mit der Prägung „Armani") zu einem Stückpreis von 7 EUR, ca 250 Gramm Haschisch zu einem Grammpreis von 7 EUR, ca 50 Gramm Cannabiskraut zu einem Grammpreis von 7 EUR und 10 Gramm Amphetamin (Speed) zu einem Gesamtpreis von 25 EUR an den mj Herbert F*****, geboren am 19. Juli 1988, verkaufte;

2. im November 2004 Suchtgift erworben, besessen und teilweise einem anderen unentgeltlich überlassen und dabei einem Minderjährigen den Gebrauch eines Suchtgiftes ermöglicht, wobei er selbst volljährig und mehr als zwei Jahre älter als der Minderjährige war, indem er beim gemeinsamen Konsum dem mj. Herbert F*****, geboren am 19. Juli 1988, eine geringe Menge Cannabis in Form von Joints kostenlos überließ.

Rechtliche Beurteilung

Die dagegen aus Z 5, Z 5a und Z 10 des § 281 Abs 1 StPO erhobene Nichtigkeitsbeschwerde ist nicht berechtigt.

Mit dem Vorwurf der Undeutlichkeit der Feststellungen des Schöffengerichtes zur großen Menge (§ 28 Abs 6 SMG) spricht die Mängelrüge (Z 5) zum Schuldspruch 1 keine entscheidende Tatsache an, weil bei dem konstatierten 1,4-Fachen der Grenzmenge die zur Relativierung im rechnerischen Kleinstbereich verwendeten Worte „ca" und „etwa" (US 5) die Subsumtion nicht zu beeinflussen vermögen. Dem Vorwurf der fehlenden oder offenbar unzureichenden Begründung der Grenzmengen-Verhältniszahlen zuwider stützte das Erstgericht diese hinsichtlich der Ecstasy-Tabletten auf die entsprechende Untersuchung durch die Kriminaltechnik Österreich (US 5, S 179) und in Anbetracht der Cannabisprodukte ersichtlich auf die Notorietät von Durchschnittswerten des Reinheitsgehaltes dieser Stoffe (US 5; 11 Os 55/04, 12 Os 49/04), worauf sich bereits die Anklageschrift (S 202) stützte und die im weiteren Verfahren (Hauptverhandlungsprotokoll ON 22) von den Parteien nie in Zweifel gesetzt wurde. Von willkürlicher Annahme kann daher - hält man sich die Konzentrationsbandbreite (1 - 12 % bei Cannabisharz und 0,25 bis 8 % bei Cannabiskraut - Foregger/Litzka-Matzka SMG VII S 528) vor Augen - bei Zugrundelegung einer „Qualität" von 4 % keine Rede sein. Zufolge Überschreitens der Grenzmenge durch die erwähnten Suchtgiftquanten kann die Ampethaminkonzentration des ebenso in Verkehr gesetzten „Speed" als nicht entscheidend auf sich beruhen.

Die Feststellung zum Schuldspruch 2, der Angeklagte habe das Alter seines minderjährigen Suchtgiftabnehmers gewusst (US 4), begründeten die Tatrichter mit der Aussage des Zweitgenannten (US 6; S 27, 221); eine spezifische Zuordnung war zufolge des Gebotes einer gedrängten Urteilsbegründung (§ 270 Abs 2 Z 5 StPO) nicht nötig, um fallbezogen die vom Gesetz geforderte volle Bestimmtheit zu erzielen. Die Tatsachenrüge (Z 5a) zum Schuldspruch 1 entwickelt erhebliche Bedenken gegen die Feststellung des Wirkstoffgehaltes der Ecstasy-Tabletten nicht aus den Akten, sondern aus verfahrensfremden allgemeinen Überlegungen, sie entzieht sich somit sachbezogener Erwiderung. Unberechtigt ist der in diesem Zusammenhang erhobene Vorwurf einer Scheinbegründung (der Sache nach Z 5). Denn der Schluss (US 5) aus dem Reinheitsgehalt der sichergestellten Tabletten (S 39, 47) auf jenen der in Verkehr gesetzten Gesamtmenge widerspricht weder den Gesetzen der Logik noch allgemeinen empirischen Erfahrungssätzen über Kausalverläufe. Dass noch andere Folgerungen denkbar wären, begründet keine Nichtigkeit.

Der Subsumtionsrüge (Z 10) zuwider enthält das angefochtene Urteil gerade noch genügend Feststellungen, um eine Subsumtion unter § 28 Abs 2 iVm Abs 6 SMG tragen zu können. Denn durch das Beziffern der jeweiligen Grenzmengen (30 Gramm bei den Ecstasy-Tabletten und 20 Gramm bei den Cannabisprodukten) und das proportionale Vergleichen der betreffenden fallaktuellen Reinsubstanzen (US 5) ließen die Tatrichter zweifelsfrei erkennen, dass sie im ersten Fall vom Wirkstoff MDMA (Suchtgiftgrenzmengenverordnung Anhang 4 15. Substanz in Verbindung mit Suchtgiftverordnung Anhang V 14. Stoff; vgl auch Einführungserlass zum SMG vom 12. Dezember 1997, JABl 1998/2 2.7.1., wonach es sich bei Ecstasy durchwegs um im Anhang V der Suchtgiftverordnung enthaltene Amphetaminderivate handelt, von denen keines einen höheren Grenzwert als 30 Gramm hat) und im zweiten von Delta-9-Tetrahydrocanabinol (Suchtgiftgrenzmengenverordnung Anhang 3 4. Substanz in Verbindung mit Suchtgiftverordnung Anhang IV 3. Stoff) ausgingen (anders gelagert der von der Beschwerde ins Treffen geführte Fall 13 Os 142/00). Der Argumentation mit einem „Feststellungsmangel" ist somit der Boden entzogen. Die Behauptung des Fehlens „rechtsrelevanter Tatsachenfeststellungen zu dem auf subjektiver Tatseite geforderten Tatvorsatz" lässt - neben nicht gegenstandsbezogenen allgemeinen Ausführungen und der bloßen Wiedergabe von Verfahrensergebnissen - nicht erkennen, welche weiteren Konstatierungen die Tatrichter über die in US 5 ersichtlichen hinaus zu treffen gehabt hätten (12 Os 63/04 uvam). Urteilsfremd argumentiert der Beschwerdeführer schließlich, das Schuldspruchfaktum 2 sei tateinheitlich mit dem des Punktes 1 begangen worden; aus US 4 ergibt sich gerade das Gegenteil. Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher bereits nach nichtöffentlicher Beratung zurückzuweisen (§ 285d Abs 1 StPO). Daraus folgt die Zuständigkeit des Gerichtshofes zweiter Instanz zur Entscheidung über Berufung und Beschwerde des Angeklagten (§§ 280, 285i, 498 Abs 3 Satz 4StPO).

Die Kostenersatzpflicht beruht auf § 390a Abs 1 StPO.

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