Spruch:
Die Nichtigkeitsbeschwerden werden zurückgewiesen.
Zur Entscheidung über die Berufungen und die Beschwerde werden die Akten dem Oberlandesgericht Graz zugeleitet.
Den Angeklagten fallen die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Text
Gründe:
Mit dem angefochtenen Urteil wurden Reinhard R***** und Elisabeth R***** des Verbrechens der betrügerischen Krida nach § 156 Abs 1 StGB iVm § 161 Abs 1 StGB bzw § 12 dritter Fall StGB (I), des Vergehens der Begünstigung eines Gläubigers nach § 158 Abs 1 StGB iVm § 161 Abs 1 StGB (II) und der Vergehen der grob fahrlässigen Beeinträchtigung von Gläubigerinteressen nach § 159 Abs 1, Abs 2, Abs 5 Z 3, Z 4 StGB iVm § 161 Abs 1 StGB (III) schuldig erkannt.
Danach haben sie in G***** und an anderen Orten
I. Bestandteile des Einzelunternehmens F***** „verheimlicht“, beiseite geschafft „oder sonst das Vermögen wirklich verringert“ und dadurch die Befriedigung der Gläubiger des Einzelunternehmens vereitelt „und“ geschmälert, indem Elisabeth R***** im Auftrag des Reinhard R***** betrieblich nicht veranlasste Barbehebungen vom Unternehmenskonto tätigte und beide diese Gelder für private Zwecke verwendeten und sohin unberechtigte Privatentnahmen tätigten, wobei sie durch die Tat „einen 3.000 Euro“, nicht „jedoch“ 50.000 Euro übersteigenden Schaden von 42.232,20 Euro herbeiführten, und zwar
1. Reinhard R***** als leitender Angestellter (§ 74 Abs 3 StGB), nämlich als faktischer Geschäftsführer des Unternehmens F***** und Elisabeth R***** als Beitragstäterin im Jahre 2005 Geldbeträge von insgesamt 13.565,39 Euro,
2. Reinhard R***** als leitender Angestellter (§ 74 Abs 3 StGB), nämlich als faktischer Geschäftsführer, und Elisabeth R***** als Einzelunternehmerin des Unternehmens F***** (Inhaberin Elisabeth R***** e.U.) im Jahre 2006 Geldbeträge von insgesamt 28.666,81 Euro,
II. Reinhard R***** als leitender Angestellter (§ 74 Abs 3 StGB), nämlich als faktischer Geschäftsführer, Elisabeth R***** als Einzelunternehmerin des Unternehmens F***** (Inhaberin Elisabeth R***** e.U.) am 7. Mai 2008 nach Eintritt der Zahlungsfähigkeit des Einzelunternehmens einen Gläubiger begünstigt und dadurch die anderen Gläubiger „oder wenigstens einen von ihnen“ benachteiligt, indem Elisabeth R***** in Absprache mit Reinhard R***** ein Konto Nr ***** bei der B***** eröffnete, weil der Rahmen des Unternehmenskontos bei der S***** AG Nr ***** aufgrund des bereits länger bestehenden Rückstands zum 1. April 2008 in Höhe von 102.529,85 Euro per 5. April 2008 auf 0,00 Euro gesetzt worden war und sie daher keine Zahlungen von diesem Konto mehr tätigen konnte bzw sämtliche Einzahlungen auf dieses Konto gegengerechnet wurden, und sodann von der am 7. Mai 2008 auf dem genannten Konto der B***** eingelangten Einzahlung der St***** AG am selben Tag Barbeträge von 12.500 Euro bezahlte, wodurch jedenfalls die S***** AG mit diesem Betrag benachteiligt wurde,
III. Reinhard R***** als leitender Angestellter (§ 74 Abs 3 StGB), nämlich als faktischer Geschäftsführer, Elisabeth R***** als Einzelunternehmerin des Unternehmens F***** grob fahrlässig
1. die „ab dem Jahre 2005 bis“ spätestens 31. März 2006 eingetretene Zahlungsunfähigkeit des Unternehmens dadurch herbeigeführt sowie
2. ab 1. April 2006 bis 21. August 2008 in „Kenntnis oder“ fahrlässiger Unkenntnis der Zahlungsunfähigkeit des Unternehmens die Befriedigung dessen Gläubiger „vereitelt oder“ dadurch geschmälert, dass sie kridaträchtig handelten, weil sie entgegen den Grundsätzen ordentlichen Wirtschaftens
a. übermäßigen, mit den Vermögensverhältnissen und der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit des Unternehmens in auffallendem Widerspruch stehenden Aufwand trieben, indem sie - zusätzlich zu den zu I. geschilderten Tathandlungen - das Unternehmen nach Übernahme von Ing. Harald Fu***** trotz offenkundiger unternehmerischer Fehlentwicklungen hartnäckig fortführten und dabei zu den Einnahmen und dem (nicht vorhandenen) Vermögen in auffallendem Missverhältnis stehende Ausgaben für betriebliche Zwecke auch unter Verwendung von Drittmitteln (Kredit bei der S***** AG, laufende und immer weiter ausgeweitete Überziehung des Unternehmenskontos) tätigten, sowie
b. Geschäftsbücher oder geschäftliche Aufzeichnungen so führten, dass ein zeitnaher Überblick über die wahre Vermögens-, Finanz-, und Ertragslage des Unternehmens wesentlich erschwert wurde, indem sie keine ordnungsgemäßen Aufzeichnungen für ein korrektes Belegwesen und daher auch keine ordnungsgemäße Buchhaltung führten.
Rechtliche Beurteilung
Dagegen haben beide Angeklagte unter anderem (ohne Anführen von Nichtigkeitsgründen) Nichtigkeitsbeschwerden angemeldet (ON 79, 80), die jedoch nur vom Erstangeklagten aus § 281 Abs 1 Z 4, Z 9 [lit a] und 10 StPO ausgeführt wurde.
Die Zweitangeklagte hat ihre angemeldete Nichtigkeitsbeschwerde bewusst unausgeführt gelassen (ON 84) - dieses Rechtsmittel war daher gemäß §§ 285 Abs 1, 285a Z 2, 285d Abs 1 StPO bereits bei nichtöffentlicher Beratung sofort zurückzuweisen.
Die Verfahrensrüge (Z 4) des Erstangeklagten zur „Weiterverwendung“ des von der Staatsanwaltschaft im Ermittlungsverfahren bestellten Sachverständigen durch das erkennende Gericht im Hauptverfahren ohne formellen Bestellungsakt entzieht sich der meritorischen Erwiderung, weil sie sich nicht auf einen - vom Gesetz zur Geltendmachung dieses Nichtigkeitsgrundes jedoch explizit verlangten - Antrag oder Widerspruch in der Hauptverhandlung zu stützen vermag (Ratz, WK-StPO § 281 Rz 302; Fabrizy, StPO11 § 281 Rz 36 und 38; RIS-Justiz RS0099250, RS0099244).
Die gesetzmäßige Ausführung eines materiell-rechtlichen Nichtigkeitsgrundes hat das Festhalten am gesamten im Urteil festgestellten Sachverhalt, dessen methodengerechten Vergleich mit dem darauf anzuwendenden Gesetz und die Behauptung, dass das Erstgericht bei Beurteilung dieses Sachverhalts einem Rechtsirrtum unterlegen ist, zur Voraussetzung (RIS-Justiz RS0099810, RS0116565, RS0117247, RS0099724; Ratz, WK-StPO § 281 Rz 581, 584, 593). Die in der Nichtigkeitsbeschwerde angestrebte rechtliche Konsequenz ist nicht bloß zu behaupten, sondern methodisch vertretbar aus dem Gesetz abzuleiten (eingehend 13 Os 151/03, JBl 2004/531 [mit zustimmender Glosse von Burgstaller], SSt 2003/98; Ratz, WK-StPO § 285d Rz 18; RIS-Justiz RS0116569, RS0118429, RS0117321).
Der Beschwerdeführer bestreitet zum Schuldspruch I 1 ein nach § 156 Abs 1 StGB strafbares Handeln, weil er 2005 - als Ing. Fu***** verantwortlicher Einzelunternehmer war - nicht Bestandteile eigenen Vermögens spoliieren konnte. Dabei lässt er jedoch die für die Anwendung von § 161 Abs 1 StGB (US 3) bedeutsamen Feststellungen US 7, 9, 11, 12 und 24 (über seine Tätigkeit als faktischer Geschäftsführer und leitender Angestellter des Unternehmens) außer Acht, durch welche der Schuldspruch wegen des Verbrechens der betrügerischen Krida sowohl für ihn als auch die Zweitangeklagte ausreichend begründet ist.
Zu Unrecht vermisst der Rechtsmittelwerber zu den Schuldsprüchen I 1 und 2 Feststellungen über konkret geschädigte Gläubiger hinsichtlich der Tathandlungen in den Jahren 2005 und 2006: Die Tatrichter gingen nämlich gar wohl von „Verbindlichkeiten“ (- also deren Mehrzahl, US 13) des Unternehmens „F*****“ und deren „Unterdeckung“ (US 14) sowie von im Jahr 2006 anhängigen Exekutionsverfahren (US 16) aus. Dass es erst 2008 zu einem Konkursverfahren und einer darin erzielten Befriedigungsquote der Gläubiger von lediglich rund 10 % kam (US 17), kann sohin dahinstehen.
Zu den Schuldsprüchen nach § 159 StGB vernachlässigt der Nichtigkeitswerber, dass diese nicht nur auf Abs 5 Z 3, sondern auch auf Abs 5 Z 4 leg cit gestützt sind (US 3), deren Feststellungsbasis (US 14 f, 17 f) nicht gerügt wird, womit aber die Kritik an fehlenden Annahmen zu § 159 Abs 5 Z 3 StGB und die Behauptung deren mangelnder Tragfähigkeit für die Beurteilung des Verhaltens des Erstangeklagten als grob fahrlässig - weil eben nicht allein den Schuldspruch tragend - auf sich beruhen kann.
Die Hypothese, die nach § 159 Abs 5 Z 4 StGB verpönten Tathandlungen könnten nicht kausal für die Herbeiführung der Zahlungsunfähigkeit des Unternehmens bis spätestens 31. März 2006 geworden sein, weil beide Angeklagte am 8. Februar 2006 in Kenntnis der wirtschaftlichen Situation des gekauften Wirtschaftskörpers waren (US 13), ignoriert den fast zweimonatigen Zeitraum deliktischen Handelns (US 14 f).
Die Subsumtionsrüge (Z 10) zum Schuldspruch I spekuliert ohne Ableitung aus dem (darauf in keiner Weise abstellenden) Gesetz, der als Vermögensverringerung tatbestandsmäßige übermäßige Aufwand (vgl EvBl 1954/127; Kirchbacher in WK² § 156 Rz 17; Rainer, SbgK § 156 Rz 22) sei „auch aufgrund der persönlichen individuellen Situation des Täters“ zu beurteilen, konkret unter Berücksichtigung der gemeinsamen Sorgepflichten der beiden Angeklagten. Aus welchem Grund dies bei der auf den Schutz der Gläubigerinteressen an der Forderungsbefriedigung gegenüber dem Schuldner abstellenden (Kirchbacher in WK² § 156 Rz 2) Strafnorm von rechtlicher Bedeutung sein sollte, legt der Beschwerdeführer nicht dar.
Auch die Nichtigkeitsbeschwerde des Erstangeklagten war daher bereits bei nichtöffentlicher Beratung sofort zurückzuweisen (§ 285d Abs 1 StPO), woraus die Zuständigkeit des Oberlandesgerichts zur Erledigung der beiden Berufungen und der Beschwerde des Erstangeklagten folgt (§§ 285i, 498 Abs 3 StPO, vgl zum Vorbehaltsbeschluss allerdings Jerabek, WK-StPO § 494a Rz 10).
Die Kostenentscheidung beruht auf § 390a Abs 1 StPO.
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