OGH 11Os100/15p

OGH11Os100/15p27.10.2015

Der Oberste Gerichtshof hat am 27. Oktober 2015 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Schwab als Vorsitzenden sowie die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Dr. Bachner‑Foregger, Mag. Michel und Mag. Fürnkranz und den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Dr. Oberressl als weitere Richter in Gegenwart des Richteramtsanwärters Mag. Ortner als Schriftführer in der Strafsache gegen Robert H***** und weitere Angeklagte wegen des Verbrechens des schweren gewerbsmäßigen Betrugs nach §§ 146, 147 Abs 3, 148 erster Fall, 12 dritter Fall, 15 StGB und weiterer strafbarer Handlungen über die Nichtigkeitsbeschwerden und die Berufungen der Angeklagten Robert H***** und Zaza T***** sowie über die Berufungen der Staatsanwaltschaft, der Angeklagten Razi Ta*****, Michael M***** und Rafael Ta***** sowie der Privatbeteiligten P***** gegen das Urteil des Landesgerichts für Strafsachen Wien als Schöffengericht vom 29. April 2015, GZ 14 Hv 9/14i‑808, weiters über die Beschwerde des Angeklagten Razi Ta***** gegen einen Beschluss nach § 494a StPO nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2015:0110OS00100.15P.1027.000

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerden werden zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufungen und die Beschwerde werden die Akten dem Oberlandesgericht Wien zugeleitet.

Den Angeklagten H***** und T***** fallen die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil, das auch in Rechtskraft erwachsene Schuldsprüche der Angeklagten Razi Ta*****, Miri Ta*****, Michael M***** und Rafael Ta***** enthält, wurde Robert H***** des Verbrechens des schweren gewerbsmäßigen Betrugs nach §§ 146, 147 Abs 3, 148 erster Fall, 2, 12 dritter Fall, 15 StGB (A./6./ und B./) und der Vergehen nach § 82b Abs 2 (zu ergänzen: dritter und vierter Fall) AMG (C./5./) und Zaza T***** der Verbrechen des schweren gewerbsmäßigen Betrugs nach §§ 12 dritter Fall, 146, 147 Abs 3, 148 erster Fall, 15 StGB (A./2./) und der Geldwäscherei nach § 165 Abs 1, Abs 4 erster und zweiter Fall StGB (D./2./) schuldig erkannt.

Danach haben ‑ soweit für die Erledigung der Nichtigkeitsbeschwerden relevant, daher gekürzt wiedergegeben ‑ in W***** und andernorts

A./ zu strafbaren Handlungen einer abgesondert verfolgten international agierenden Tätergruppe rund um die unbekannten Täter „Amon“, „Daniel“ und „Boris“ beigetragen, die mit dem Vorsatz, sich oder einen Dritten durch das Verhalten der Getäuschten unrechtmäßig zu bereichern, eine nicht genau festgestellte Anzahl (rund 101.000) an Personen im In‑ und Ausland durch Täuschung über Tatsachen, indem sie auf etwa 50 verschiedenen Internetseiten vorgaben, Online‑Apotheken zu betreiben und behördlich zugelassene Arzneimittel, insbesondere die Potenzmittel Viagra, Cialis und Levitra zu verkaufen, wobei sie lediglich minderwertige Nachahmungen ‑ die weniger und/oder einen anderen Wirkstoff als angegeben bzw als das Originalprodukt enthielten ‑ versandten, zu Handlungen, nämlich jeweils zur Zahlung des Kaufpreises, verleiteten, welche die Opfer in einem Betrag von insgesamt 8.389.631,75 Euro am Vermögen schädigten bzw schädigen sollten, wobei die Angeklagten in der Absicht handelten, sich durch die wiederkehrende Begehung von Beitragshandlungen zu diesen Betrugshandlungen eine fortlaufende Einnahme zu verschaffen, und es im Umfang von 1.677.926,35 Eurobeim Versuch geblieben ist, weil überwiesen wurde, obwohl die Kunden nicht an die (von ihnen eingesehenen) falschen Behauptungen glaubten, und zwar

1./ ...

2./ Zaza T***** im Zeitraum von zumindest 1. September 2012 bis Ende August 2014 in mehreren Angriffen, indem er Rafael Ta***** gegenüber zusagte, bei der Verwaltung und Verschleierung der Einnahmen aus dem Betrug behilflich zu sein, die Eröffnung von zumindest vier Konten bei österreichischen Bankinstituten durch Strohmänner organisierte, beinahe täglich bei den Bankinstituten die Namen von Opfern erfragte, die über das Online‑Banking nicht identifiziert werden konnten, und an die abgesondert verfolgten unbekannten Täter weitergab sowie indem er einen Teil der eingezahlten Geldbeträge über Anweisung von Rafael Ta***** auf ausländische Bankkonten überwies;

3./ bis 5./ ...

6./ Robert H***** im Zeitraum von zumindest 1. November 2012 bis Ende August 2014 in mehreren Angriffen, indem er (OS 25 f; wie vorab zugesagt) die bereits in Kuverts verpackten und mit den Empfängerdaten beschrifteten gefälschten Potenzmittel von Razi Ta***** übernahm und mit der Post abfertigte oder mit dem Auftrag, diese mit der Post abzufertigen, an den abgesondert verfolgten Robert B***** übergab, wobei sich sein Beitrag auf strafbare Handlungen mit einem Vermögensschaden von zumindest 1,7 Mio Eurobezog, wovon es hinsichtlich 340.000 Euro beim Versuch geblieben ist, weil überwiesen wurde, obwohl die Kunden nicht an die von ihnen eingesehenen falschen Behauptungen glaubten;

B./ Robert H***** mit dem Vorsatz, sich durch das Verhalten des Getäuschten unrechtmäßig zu bereichern und in der Absicht, sich durch die wiederkehrende Begehung von Betrugshandlungen eine fortlaufende Einnahme zu verschaffen, Angestellte des AMS Österreich durch Täuschung über Tatsachen zu Handlungen, nämlich zur Zahlung von Geldbeträgen aus dem Titel der Notstandshilfe in einer Gesamthöhe von 11.841,53 Euro verleitet, die das AMS Österreich in diesem Betrag am Vermögen schädigten, und zwar

1./ am 1. November 2012 durch Unterlassen der ihm als Bezieher von Leistungen aus der Arbeitslosenversicherung gemäß § 50 Abs 1 AlVG gebotenen Aufklärung über ein Einkommen zu verfügen, zur Zahlung von 2.139,67 Euro für den Zeitraum von 1. November 2012 bis 17. Februar 2013;

2./ durch Antragstellungen auf Leistung von Notstandshilfe, in welchen er vorgab, über kein Einkommen zu verfügen, und zwar in weiteren vier Angriffen zu Zahlungen von an die 10.000 Euro in verschiedenen Zeiträumen in den Jahren 2013 und 2014.

C./ gefälschte Arzneimittel einem anderen verschafft oder überlassen, und zwar

1./ bis 4./ ...

5./ Robert H***** im Zeitraum 13. März 2013 (Inkrafttreten des Arzneimittelgesetzes in der hier relevanten Fassung) bis Ende August 2014 in mehreren Angriffen die zu A./6./ genannten gefälschten Arzneimittel anderen überlassen, indem er die gefälschten Arzneimittel an eine nicht mehr genau feststellbare Anzahl an Personen mit der Post versandte bzw an Robert B***** übergab, sowie (im Ersturteil detailliert bezeichnete) gefälschte Arzneimittel mit dem Vorsatz vorrätig gehalten, dass sie einem anderen überlassen werden, indem er sie in seiner Wohnung lagerte;

D./ im Zeitraum von zumindest 1. September 2012 bis Ende August 2014 in mehreren Angriffen Vermögensbestandteile in Bezug auf einen 50.000 Euro übersteigenden Wert, die aus dem zu A./ genannten Verbrechen herrühren, nämlich die zu A./ genannten Einnahmen aus dem gewerbsmäßigen Betrug (Bankguthaben), verborgen oder ihre Herkunft verschleiert, wobei sie die Tat als Mitglied einer kriminellen Vereinigung begingen, die sich zur fortgesetzten Geldwäscherei verbunden hat, und zwar

1./ ...

2./ Zaza T***** in mehreren Angriffen durch die unter A./2./ genannten Handlungen sowie indem er über Anweisung von Rafael Ta***** hinsichtlich eines Teils der Einnahmen aus dem Betrug (Bankguthaben) die Behebung in Bargeld und deren physische Verbringung über die Staatsgrenze (in Geldkoffern) ohne entsprechende Offenlegung der Herkunft und Weitergabe an Michael M***** organisierte.

Rechtliche Beurteilung

Robert H***** bekämpft den zu A./6./ und B./ ergangenen Schuldspruch mit auf § 281 Abs 1 Z 5 und 9 lit a gestützter Nichtigkeitsbeschwerde, Zaza T***** greift die Schuldsprüche A./2./ und D./2./ mit einer auf § 281 Abs 1 Z 5 StPO gegründeten Nichtigkeitsbeschwerde an.

Zur Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten H*****:

Zum Schuldspruchpunkt A./6./:

Der Vorwurf fehlender Begründung (Z 5 vierter Fall) der Annahmen, wonach es sich bei den von den unmittelbaren Tätern über die „Online-Apotheken“ vertriebenen Produkten nicht ‑ wie vorgetäuscht ‑ um Originale der behördlich zugelassenen Arzneimittel, sondern vielmehr um Falsifikate handelte, die mit gravierenden Mängeln, deren Nichtvorliegen die meisten Kunden aber erwarteten, behaftet waren und an welchen daher kein verkehrswertbegründendes Kundeninteresse bestand (US 14, 15, 17 und 72), ist mit Blick auf die auch hiezu ausführliche Beweiswürdigung der Tatrichter (US 38 ff, US 72 f) nicht nachvollziehbar.

Die in diesem Zusammenhang als übergangen (Z 5 zweiter Fall) reklamierten Angaben des Zeugen Chris V*****, wonach „Viagra das am meisten gefälschte Arzneimittel sei“ und „es wahrscheinlich dafür einen Markt geben wird“, fanden ‑ der Beschwerdebehauptung zuwider ‑ sehr wohl Berücksichtigung in den gemäß § 270 Abs 2 Z 5 StPO gedrängt darzustellenden Entscheidungsgründen (US 39; RIS‑Justiz RS0098377). Dass das Schöffengericht daraus nicht die von der Beschwerde gewünschten Schlüsse ‑ dass es einen (Schwarz‑)Markt für diese gefälschten Potenzpräparate und demzufolge „denklogischerweise“ auch einen entsprechenden Marktpreis gäbe ‑ gezogen hat, stellt den Nichtigkeitsgrund nicht her (RIS‑Justiz RS0099455, RS0118316; Ratz, WK‑StPO § 281 Rz 421). Mit der Überlegung, das Erstgericht hätte „bei einwandfreier Würdigung“ der Aussage des Zeugen V***** „im Zusammenhalt mit einer ganzen Reihe weiteren zeugenschaftlichen Angaben einzelner Bestellkunden“ zumindest „im Zweifel“ zur „sinngemäßen“ Feststellung gelangen müssen, dass der Wert der in Rede stehenden Falsifikate „jedenfalls nicht ausnahmslos mit Null“ anzusetzen ist, wird keiner der von der Z 5 bezeichneten Fehler behauptet (RIS‑Justiz RS0117445, RS0117561, RS0102162). Im Ergebnis läuft das Vorbringen bloß auf eine Bekämpfung der tatrichterlichen Beweiswürdigung nach Art einer im kollegialgerichtlichen Verfahren nicht vorgesehenen Berufung wegen des Ausspruchs über die Schuld hinaus.

Die gesetzmäßige Geltendmachung eines materiell‑rechtlichen Nichtigkeitsgrundes erfordert striktes Festhalten an den tatsächlich getroffenen Urteilsfeststellungen in ihrer Gesamtheit und die auf dieser Grundlage zu führende Darlegung, dass dem Gericht bei Beurteilung des Urteilssachverhalts ein Rechtsirrtum unterlaufen sei (RIS‑Justiz RS0099810; Ratz, WK‑StPO § 281 Rz 581); ein Feststellungsmangel wird geltend gemacht, indem unter Hinweis auf einen nicht durch Feststellungen geklärten, jedoch aus Ergebnissen der Hauptverhandlung indizierten Sachverhalt eine vom Erstgericht nicht gezogene rechtliche Konsequenz angestrebt wird, weil dieses ein Tatbestandsmerkmal, einen Ausnahmesatz (§ 281 Abs 1 Z 9 lit a bis c StPO) oder eine andere rechtliche Unterstellung bei der rechtlichen Beurteilung nicht in Anschlag gebracht hat (RIS‑Justiz RS0118580).

Die Rechtsrüge (Z 9 lit a) strebt in Ansehung der im Versuchsstadium verbliebenen Betrugshandlungen (das sind ‑ wie vom Erstgericht festgestellt ‑ jene 20 % der Kunden, die nicht [mehr] an die Fehlinformation über die Herkunft und Beschaffenheit der Potenzmittel glaubten, als sie die Bezahlung veranlassten [vgl US 16 und 72]), einen Freispruch an und zielt so auf eine Reduktion des Schadensbetrags um (bloß) 340.000 Euro ab.

Da die Schadensbeträge mehrerer gleichartiger Taten nach § 29 StGB zu addieren sind und schon ein über 50.000 Euro liegender Schadensbetrag schweren Betrug nach § 147 Abs 3 StGB begründet, versäumt die Rechtsrüge, die die rechtliche Unterstellung der Taten nicht in Frage stellt, eine methodengerechte Ableitung des begehrten Prozesszieles: Denn einerseits berührt der Wegfall einzelner von mehreren als gleichartige Verbrechensmenge nur pauschal individualisierter Taten keine für Schuldspruch oder Subsumtion entscheidende Tatsache (RIS‑Justiz RS0116736, RS0116586 [vor allem T3] ua; Ratz, WK‑StPO § 281 Rz 33, § 295 Rz 15 ff), andererseits erklärt die Beschwerde nicht, weshalb in Ansehung des angestrebten Wegfalls einer (bloß einen Strafzumessungsaspekt [vgl Ratz, WK‑StPO § 281 Rz 523, 563, § 293 Rz 15] darstellenden) Teilsumme mit einem (Teil-)Freispruch vorzugehen wäre (vgl RIS‑Justiz RS0115553 [T9]).

Ihre weitere Behauptung, die (auf RIS‑Justiz RS0094522 fußende) Rechtsmeinung des Erstgerichts (wonach im Fall, dass das Verhalten des Täters nicht kausal zu einer Vermögensschädigung des Abnehmers der mit gravierenden Mängeln behafteten Arzneimittel-Falsifikate führt, Versuch in Betracht komme [vgl US 72]) sei im vorliegenden Fall verfehlt, leitet die Rüge nicht methodengerecht aus dem Gesetz ab (vgl Ratz, WK‑StPO § 281 Rz 588 ff), indem sie bloß ‑ begründungslos ‑ vorbringt, dass Strafbarkeit des Versuchs „bei logisch konsequenter Betrachtung bloß rückwirkend nach erfolgter Aufklärung der Käufer […] auf die dort gegenständlichen Fakten zur Anwendung gebracht werden“ könne.

Ebenso die prozessordnungskonforme Darstellung verfehlt die Rechtsrüge, indem sie ‑ sinngemäß ‑ bloß einwendet, Strafbarkeit des Versuchs (beim Betrug) setze eine „gelungene Täuschung des Opfers“ voraus und scheide demnach aus, wenn das Opfer „in Kenntnis der wahren Sachlage […] den Erfolg trotzdem ganz bewusst herbeiführt“, ohne diese Behauptung argumentativ aus dem Gesetz abzuleiten (RIS‑Justiz RS0116569; erneut Ratz, WK‑StPO § 281 Rz 588 ff).

Im Übrigen liegt Versuch der Tatausführung (als unmittelbarer Täter) bereits dann vor, sobald eine Ausführungshandlung (oder ausführungsnahe Handlung) gesetzt wird (§ 15 Abs 2 StGB). Betrug ist demnach (jedenfalls) versucht, sobald der Täter ein Täuschungsverhalten auszuführen beginnt, welches einen anderen in einen entsprechenden Irrtum führen und dadurch zu einer schädigenden Vermögensverfügung veranlassen soll, und solange dieser andere noch keinen Vollendung bewirkenden Vermögensschaden verursacht hat (Kirchbacher in WK² StGB § 146 Rz 123 mwN; Kert, SbgK § 146 Rz 354).

Da die (vorsätzlichen) Täuschungshandlungen (bei gegebenem Schädigungs‑ und Bereicherungsvorsatz) bei 20 % der Kunden keinen betrugsrelevanten Irrtum über die bestellten Waren hervorriefen und für deren Vermögensverfügungen demnach nicht kausal waren, ging das Erstgericht (US 16, 53 ff, 72) folgerichtig von im Stadium des Versuchs gebliebenen Betrugshandlungen aus, was impliziert, dass eben gerade kein täuschungsbedingter Vermögensschaden verursacht wurde.

Die These des Nichtigkeitswerbers, für die Frage, ob Betrug in vollendeter oder bloß versuchter Form vorliegt, bleibe deshalb „kein Raum“, weil es bereits an einer Schädigung der Opfer an ihrem Vermögen fehle, ist mangels Ausrichtung an der tatrichterlichen Sachverhaltsgrundlage einer argumentativen Erwiderung nicht zugänglich.

Weshalb sich das Erstgericht im gegebenen Zusammenhang „auch noch mit der Problematik der (absoluten) Untauglichkeit des Versuchs“ hätte auseinandersetzen müssen, legt der Beschwerdeführer einmal mehr nicht prozessordnungsgemäß aus dem Gesetz abgeleitet dar; bloße Spekulationen über das Vorliegen des in Rede stehenden Strafausschließungsgrundes sind ungeeignet (Ratz, WK‑StPO § 281 Rz 593).

Mit der weiteren Behauptung, die pauschale, alle Verkaufsvorgänge betreffende Annahme eines Verkehrswerts der verkauften Präparate mit „Null“ sei in rechtlicher Hinsicht verfehlt, weil es den Abnehmern „naturgemäß auf eine bestimmte spürbare Einwirkung auf ihren menschlichen Organismus“ angekommen und dieser von den Kunden angestrebte „Erfolg“ sehr wohl eingetreten sei und ein „nach Angebot und Nachfrage bei Kenntnis der wahren Konsistenz“ zu ermittelnder Marktwert für die inkriminierten Produkte existiere, missachtet die Rechtsrüge (Z 9 lit a) gleichfalls die gesetzlichen Anfechtungskriterien: Sie unterlässt nämlich den gebotenen Vergleich des tatsächlich festgestellten Sachverhalts mit dem zur Anwendung gebrachten materiellen Recht ignoriert vielmehr ihr missliebig erscheinende Feststellungen, so insbesondere zum ‑ verneinten ‑ (Verkehrs-)Wert der Falsifikate (US 14, 16, 72 f), und trachtet sie mittels eigenständiger Beweiswerterwägungen durch andere zu ersetzen (Ratz, WK‑StPO § 281 Rz 581, 584 und 593).

Zum Schuldspruchpunkt B./:

Zu (Unter‑)Punkt 1./ stellt die Rüge (nominell § 281 Abs 1 „Z 9a“, in eventu „Z 9b“ StPO) unter Berufung auf das prozessuale ‑ auch grundrechtlich (Art 6 MRK) abgesicherte ‑ „Verbot der Selbstbelastung“ (gemeint: Verbot des Zwangs zur Selbstbezichtigung) sowie ein ‑ nicht näher zur Darstellung gebrachtes ‑ „dem Aussageverweigerungs‑ recht gemäß § 157 Abs 1 Z 1 StPO nachgebildetes Schutzrecht im verwaltungsbehördlichen Verfahren nach dem AlVG“ der Sache nach die sich aus § 50 Abs 1 AlVG ergebende Pflicht (als Bezieher von Leistungen aus der Arbeitslosenversicherung die Aufnahme einer Tätigkeit sowie jede andere für das Fortbestehen und das Ausmaß des Anspruchs maßgebende Änderung der wirtschaftlichen Verhältnisse unverzüglich der zuständigen Geschäftsstelle anzuzeigen [US 27 iVm 73]) in Abrede und kritisiert insbesondere, dass das Erstgericht keinen Rechtssatz bzw kein Judikat angeführt habe, das darüber Aufklärung gibt, ob auch „Einkünfte“ aus illegalen oder sogar strafgesetzwidrigen Angriffen offenzulegen sind.

Die Beschwerde leitet ihre Behauptungen jedoch nicht methodengerecht aus dem Gesetz ab (RIS‑Justiz RS0116565 ua; Ratz, WK‑StPO § 281 Rz 588 ff). Sie verschweigt insbesondere, warum die Befolgung der in § 50 Abs 1 AlVG statuierten Meldepflicht einen Hinweis auf die betrügerische Herkunft von Einkünften erfordert hätte (vgl im Übrigen RIS‑Justiz RS0109800). Das Vorbringen, die Meldung „plötzlich erworbenen Vermögens“ hätte „mit Sicherheit entsprechende Nachforschungen über dessen Herkunft, allenfalls sogar durch die zuständigen Finanz‑(straf‑)behörden zur Folge gehabt, ist rein spekulativer Natur. Gleichermaßen wird die These, wonach auch von einem Leistungen des AMS beziehenden Suchtgifthändler „wohl nicht ernsthaft verlangt werden“ könne, dass er der Geschäftsstelle des AMS die Aufnahme des Suchgifthandels (samt der damit verbundenen Einkünfte) bekannt gibt, einer prozessordnungsgemäßen Darstellung eines Rechtsfehlers nicht gerecht.

Zu den übrigen (Unter‑)Punkten (2./a./ bis d./) blieb die ‑ auch insoweit eine Aufhebung begehrende ‑ Beschwerde mangels deutlicher und bestimmter Bezeichnung von angeblich Nichtigkeit bewirkenden Umständen unausgeführt (§§ 285d Abs 1, 285a Z 2 StPO), weshalb sie einer meritorischen Erledigung nicht zugänglich ist.

Zur Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten T*****:

Den Beschwerdeeinwänden einer unvollständigen Entscheidungsbegründung (Z 5 zweiter Fall) ist vorweg zu erwidern, dass das Gericht nicht dazu verhalten ist, sich mit den Beweisergebnissen in Richtung aller denkbaren Schlussfolgerungen auseinanderzusetzen und sämtliche Verfahrensergebnisse im Einzelnen zu erörtern und darauf zu untersuchen, wie weit sie für diese oder jene Geschehensvariante sprechen (RIS‑Justiz RS0098377 ua; Ratz, WK‑StPO § 281 Rz 428 mwN).

Die zu beiden Schuldsprüchen im Wesentlichen inhaltsgleich aufgestellte Behauptung (Z 5 zweiter Fall), die Tatrichter hätten ‑ zudem den jeweiligen Annahmen zur subjektiven Tatseite des Nichtigkeitswerbers gar nicht erörterungsbedürftig entgegenstehende (RIS‑Justiz RS0098495; vgl Ratz, WK‑StPO § 281 Rz 424) ‑ Teile der Aussage des Zeugen Tamas K***** (betreffend die ihm von Andras S***** erteilten Informationen über die Herkunft der Gelder sowie seine „Vorstellung“ über die [Il‑]Legalität des Handels mit den Potenzmitteln) übergangen, trifft nicht zu (US 51).

Zu einer Auseinandersetzung mit der persönlichen Einschätzung des Angeklagten Raphael Ta***** zum Wissen des Beschwerdeführers um die (Il‑)Legalität der via Internet abgewickelten Verkäufe von Potenzmitteln waren die Tatrichter nicht verhalten, weil nur Tatsachenbekundungen in einer Aussage erörtungspflichtig sein können, nicht aber Meinungen, Ansichten, Schlussfolgerungen und ähnliche intellektuelle Vorgänge (RIS‑Justiz RS0097540).

Aktenwidrig (Z 5 letzter Fall) ist ein Urteil nur dann, wenn es den eine entscheidende Tatsache betreffenden Inhalt einer Aussage (oder Urkunde) in seinen wesentlichen Teilen unrichtig oder unvollständig (iS eines „falschen Zitats“) wiedergibt (RIS‑Justiz RS0099431; Ratz, WK‑StPO § 281 Rz 467); ohne Bedeutung ist es, wenn der Inhalt eines Beweismittels bloß pauschal dargestellt wird (Ratz, WK‑StPO § 281 Rz 468). Mit dem Vorwurf, aus der (vor der Polizeidirektion Budapest abgelegten) Aussage des Gergely Tö***** (ON 511 S 9), wonach er sich „dachte, dass es nicht legal sein wird […]“, lasse sich „bloß eine diffuse Ahnung, aber kein Bescheidwissen um einen Tatplan“ ableiten, wird bloß die summarische Würdigung der Aussage des abgesondert verfolgten Tö*****, wonach dieser ‑ wie auch andere „kleine Rädchen“ in der Tätergruppe ‑ „über den Tatplan“ Bescheid gewusst hätte (US 41), kritisiert, ohne solcherart eine Aktenwidrigkeit im eingangs dargelegten Sinn aufzuzeigen.

Der weiteren Beschwerdebehauptung (Z 5 zweiter Fall) zuwider fand die „Kontoöffnung zu ON 124“ (wie die Beschwerde an anderer Stelle auch einräumt) sehr wohl Berücksichtigung in den Entscheidungsgründen (US 57). Inwieweit der ‑ nach dem Beschwerdevorbringen aus ON 124 hervorgehende ‑ Umstand, dass „auch zahlreiche bloß zweistellige (also unter 100 Euro liegende) Zahlungen auf den Konten einlangten“ (was einen niedrigeren Wert pro Kuvert nahelege), der tatrichterlichen Annahme, wonach „für ein Kuvert im Durchschnitt 100 Euro bezahlt wurden“ (US 54), entgegenstehen sollte und daher gesondert erörterungsbedürftig gewesen wäre, macht die Beschwerde ebenso wenig deutlich wie mit dem Widersprüchlichkeit behauptenden Vorbringen, die Urteilsbegründung erwähne „selbst die zweistelligen Zahlungseingänge“ (RIS‑Justiz RS0119089; Ratz, WK‑StPO § 281 Rz 437, 439).

Die Nichtigkeitsbeschwerden der Angeklagten H***** und T***** waren daher ‑ wie bereits die Generalprokuratur zutreffend ausführte, jedoch entgegen den zu deren Stellungnahme erstatteten Äußerungen des Verteidigers ‑ bereits in nichtöffentlicher Beratung sofort zurückzuweisen (§ 285d Abs 1 StPO).

Über die Berufungen dieser und der weiteren Angeklagten, der Privatbeteiligten P***** und der Staatsanwaltschaft (hinsichtlich der Angeklagten Robert H*****, Razi Ta*****, Michael M*****, Rafael Ta***** und Zaza T*****) sowie über die (gemäß § 498 Abs 3 dritter Satz StPO implizite) Beschwerde des Angeklagten Razi Ta***** wird gemäß § 285i StPO das Oberlandesgericht Wien zu entscheiden haben.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 390a Abs 1 StPO.

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