OGH 10ObS47/08x

OGH10ObS47/08x6.5.2008

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Schinko als Vorsitzenden, die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Fellinger und Hon.-Prof. Dr. Neumayr sowie die fachkundigen Laienrichter Sen. h.c. Prof. Mag. Dr. Günther Schön (aus dem Kreis der Arbeitgeber) und AR Angelika Neuhauser (aus dem Kreis der Arbeitnehmer) als weitere Richter in der Sozialrechtssache der klagenden Partei Munib B*****, vertreten durch Dr. Ferdinand Rankl, Rechtsanwalt in Micheldorf, gegen die beklagte Partei Pensionsversicherungsanstalt, Friedrich Hillegeist-Straße 1, 1021 Wien, wegen Invaliditätspension, infolge außerordentlicher Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Linz als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 19. März 2008, GZ 11 Rs 21/08z-16, in nichtöffentlicher Sitzung den Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die außerordentliche Revision der klagenden Partei wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.

Begründung

Rechtliche Beurteilung

Der am 30. 4. 1968 geborene Kläger, der in den letzten 15 Jahren vor dem Stichtag (1. 10. 2006) nicht überwiegend in einem erlernten oder angelernten Beruf (§ 255 Abs 1 und 2 ASVG) tätig war, kann einen Vier- bis Sechs-Stunden-Arbeitstag einhalten. Er kann ein öffentliches Verkehrsmittel benützen. Eine Wegstrecke von 500 m kann er innerhalb von 20 bis 25 Minuten bewältigen.

Nach ständiger Rechtsprechung (RIS-Justiz RS0085049) ist ein Versicherter wegen einer Gehbehinderung so lange nicht vom allgemeinen Arbeitsmarkt ausgeschlossen, als er ohne wesentliche Einschränkung ein öffentliches Verkehrsmittel benützen und vorher sowie nachher ohne unzumutbare Pausen und mit angemessener Geschwindigkeit eine Wegstrecke von jeweils zumindest fünfhundert Meter zu Fuß zurücklegen kann. Dass der Versicherte während einer Gehstrecke von 500 m insgesamt zehn Minuten (10 ObS 236/92 = SSV-NF 6/109) oder zwölf Minuten (10 ObS 310/98f = SSV-NF 12/133) rasten muss, ist noch nicht unzumutbar, weil Pausen in dieser Dauer die Wartezeiten nicht überschreiten, die öffentliche Verkehrsmittel benützende Arbeitnehmer mitunter auf der Fahrt zur Arbeitsstätte mehrmals auf sich nehmen müssen.

Die typische Gehgeschwindigkeit liegt bei rund 4 km/h (10 ObS 334/88 = SSV-NF 2/145). Mit dieser Geschwindigkeit werden 500 m in rund 7,5 min zurückgelegt. Der Kläger erreicht nur eine Geschwindigkeit von 1,2 - 1,5 km/h und kann 500 m in 20 bis 25 min zurücklegen. Die in den oben angeführten Entscheidungen angeführten Versicherten benötigen dazu - unter Einrechnung der erforderlichen Pausen - 17,5 bzw 19,5 Minuten. Angesichts dessen steht die Auffassung des Berufungsgerichts, auch bei einem Zeitaufwand von 20 bis 25 Minuten sei noch kein Ausschluss vom Arbeitsmarkt gegeben, nicht in einem unvertretbaren Widerspruch zur bisherigen Judikatur. Aus der Entscheidung 10 ObS 21/96 (SSV-NF 10/17: keine Berufsunfähigkeit bei Erfordernis einer 10-minütigen Pause nach einer Wegstrecke von 500 m) kann für den Kläger ebensowenig ein günstigeres Ergebnis abgeleitet werden wie aus der Entscheidung 10 ObS 27/88 (Zumutbarkeit einer in 20 Minuten zu bewältigenden Gehstrecke von jeweils einem Kilometer zur und von der Arbeitsstätte). Der bloßen Gehgeschwindigkeit kommt für sich allein keine entscheidende Bedeutung zu; maßgeblich ist vielmehr der Zeitaufwand für die zurückzulegende Strecke zur und von der Arbeitsstätte (vgl 10 ObS 334/88 = SSV-NF 2/145). Da vom Kläger in seiner außerordentlichen Revision keine erhebliche Rechtsfrage im Sinne des § 502 Abs 1 ZPO aufgezeigt wird, ist sie gemäß § 508a Abs 2 ZPO zurückzuweisen.

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