OGH 10ObS38/04t

OGH10ObS38/04t27.4.2004

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Bauer als Vorsitzenden, die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Fellinger und Dr. Hoch sowie die fachkundigen Laienrichter Dr. Friedrich Stefan (aus dem Kreis der Arbeitgeber) und Peter Schönhofer (aus dem Kreis der Arbeitnehmer) als weitere Richter in der Sozialrechtssache der klagenden Partei Maria S*****, Pensionistin, ***** vertreten durch den Sachwalter Mag. Hans Exner, Rechtsanwalt in Judenburg, gegen die beklagte Partei Pensionsversicherungsanstalt, 1021 Wien, Friedrich Hillegeist-Straße 1, im Revisionsverfahren nicht vertreten, wegen Ausgleichszulage, infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Graz als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 8. Oktober 2003, GZ 8 Rs 62/03d-18, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Landesgerichtes Leoben als Arbeits- und Sozialgericht vom 27. November 2002, GZ 34 Cgs 97/01k-11, teilweise abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Das angefochtene Urteil wird mit der Maßgabe bestätigt, dass es unter Einbeziehung der bestätigten und in Rechtskraft erwachsenen Teile insgesamt zu lauten hat:

"Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei eine Ausgleichszulage vom 1. 3. 2001 bis 31. 12. 2001 in Höhe von EUR 100,62 monatlich zu bezahlen.

Das Mehrbegehren auf Gewährung einer höheren Ausgleichszulage für die Zeit vom 1. 3. 2001 bis 31. 12. 2001 wird abgewiesen.

Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit EUR 1.167,56 (darin enthalten EUR 194,60 Umsatzsteuer) bestimmten Kosten des Verfahrens erster Instanz, die mit EUR 589,97 (darin enthalten EUR 98,33 Umsatzsteuer) bestimmten Kosten des Berufungsverfahrens und die mit EUR 166,56 (darin enthalten EUR 27,76 Umsatzsteuer) bestimmten anteiligen Revisionskosten binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Die Klägerin bezieht von der beklagten Pensionsversicherungsanstalt eine Invaliditätspension, deren Höhe im Jahr 2001 EUR 411,09 (= S 5.656,70) brutto monatlich betrug. Darüber hinaus besteht für die Klägerin ein Unterhaltstitel gegen ihren geschiedenen Ehegatten in Höhe von monatlich EUR 202,39 (= S 2.785) ab dem 1. 2. 1998. Aufgrund dieses Unterhaltstitels konnten im Wege der Lohnpfändung vom geschiedenen Ehegatten der Klägerin in den Monaten April bis Oktober 2001 insgesamt Zahlungen in Höhe von EUR 1.795,02 (= S 24.700) hereingebracht werden. Abzüglich der dabei entstandenen Exekutionskosten von EUR 375 (= S 5.160,18) ist der Klägerin für das Jahr 2001 somit ein Unterhaltsbetrag von EUR 1.420,01 (= S 19.539,82) zugeflossen.

Mit Bescheid vom 21. 6. 2001 wurde von der beklagten Pensionsversicherungsanstalt der Anspruch der Klägerin auf Gewährung der Ausgleichszulage abgelehnt.

In ihrer Klage stellte die Klägerin das Begehren, die beklagte Partei schuldig zu erkennen, ihr ab der Antragstellung eine Ausgleichszulage im höchstmöglichen Ausmaß zu gewähren. Die Klägerin brachte im Wesentlichen vor, dass ihre Unterhaltsforderungen trotz Exekutionsführung nur in geringem Umfang hereingebracht werden könnten und die hereingebrachten Zahlungen auf die bestehenden Unterhaltsrückstände anzurechnen seien.

Die beklagte Partei beantragte die Abweisung des Klagebegehrens im Wesentlichen mit dem Vorbringen, dass sich die Klägerin aufgrund des Familieneinkommens eine - fiktive - monatliche Unterhaltsleistung von S 7.712,90 anrechnen lassen müsse, welche zuzüglich der Invaliditätspension der Klägerin den Richtsatz von S 8.437 monatlich übersteige.

In der Tagsatzung vom 8. 5. 2002 vereinbarten die Parteien "im Hinblick auf das heutige Vorbringen (der Klägerin) bzw zur Überprüfung der vorgelegten Urkunden und im Hinblick auf eine (sich) allenfalls ergebende Neuberechnung durch die beklagte Partei" Ruhen des Verfahrens. In der Folge anerkannte die beklagte Partei mit Bescheid vom 22. 7. 2002 einen Anspruch der Klägerin auf Ausgleichszulage ab 1. 3. 2001 und setzte die Ausgleichszulage mit monatlich EUR 73,84 fest. Weiters sprach die beklagte Partei aus, dass über die ab 1. 1. 2002 gebührende Ausgleichszulage gesondert entschieden werde.

Mit dem am 21. 10. 2002 beim Erstgericht eingelangten Schriftsatz beantragte die Klägerin die Fortsetzung des ruhenden Verfahrens, schränkte das Klagebegehren auf die Gewährung des Differenzbetrages zur höchstmöglichen Ausgleichszulage für die Zeit von März 2001 bis einschließlich Dezember 2001 ein und erhob gleichzeitig Klage gegen den Bescheid vom 22. 7. 2002 mit dem wesentlichen Vorbringen, dass ihr im Jahr 2001 unter Berücksichtigung der Vertretungskosten lediglich Unterhaltsbeträge von insgesamt EUR 1.420,01 (= S 19.539,82) zugeflossen seien und die hereingebrachten Beträge zur Abdeckung der Unterhaltsrückstände seit dem Jahr 1998 dienten.

Das Erstgericht sprach aus, dass die Ausgleichszulage im Zeitraum 1. 3. 2001 bis 31. 12. 2001 monatlich EUR 73,84 betrage, und wies das auf Zuerkennung einer höheren Ausgleichszulage gerichtete Mehrbegehren ab. Es ging bei seiner Entscheidung im Einklang mit der von der beklagten Partei im Bescheid vom 22. 7. 2002 vertretenen Rechtsansicht ganz offensichtlich davon aus, dass bei der Berechnung des Anspruches der Klägerin auf Ausgleichszulage neben ihrer Pension von EUR 411,09 (= S 5.656,70) monatlich in Anwendung der Bestimmung des § 294 Abs 3 ASVG auch ein Unterhaltsanspruch der Klägerin in Höhe von 1/14 des im Jahr 2001 exekutiv hereingebrachten Unterhaltsbetrages von EUR 1.795,02 (= S 24.700), das sind EUR 128,21 monatlich, zu berücksichtigen seien, sodass sich im Hinblick auf den Ausgleichszulagenrichtsatz von EUR 613,14 (= S 8.437) ein Ausgleichszulagenanspruch der Klägerin von EUR 73,84 monatlich ergebe.

Das Berufungsgericht gab der Berufung der Klägerin teilweise Folge und erkannte die beklagte Partei schuldig, der Klägerin ab 1. März 2001 bis 31. Dezember 2001 eine Ausgleichszulage in Höhe von EUR 100,62 monatlich zu bezahlen. Dem Einwand der Klägerin, eine Anrechnung der im Jahr 2001 exekutiv hereingebrachten Unterhaltsbeträge habe überhaupt nicht stattzufinden, da es sich dabei ausschließlich um Unterhaltsrückstände aus vorangegangenen Jahren handle, die auch zur Abdeckung von in diesen Jahren entstandenen Schulden verwendet worden seien, hielt das Berufungsgericht entgegen, dass es sich bei der Regelung des § 294 Abs 3 ASVG um eine Sonderregelung für die Anrechnung exekutiv hereingebrachter Unterhaltsleistungen handle, in der ausschließlich auf die jährlich tatsächlich zufließende Unterhaltsleistung abgestellt werde. Darüber hinaus sei im Ausgleichszulagenrecht der Ausgleich mit Verlusten (§ 292 Abs 3 ASVG) grundsätzlich nur mit den innerhalb desselben Jahres aufgetretenen Verlusten möglich. Ein Ausgleich der im Jahr 2001 hereingebrachten Unterhaltsbeträge mit den aus vorangegangenen Jahren verbliebenen Unterhaltsrückständen finde daher nicht statt. Das Berufungsgericht teilte aber die Rechtsansicht der Klägerin, dass es sich bei den Exekutionskosten nicht um tatsächlich zufließende Unterhaltsleistungen im Sinn des § 294 Abs 3 ASVG handle. Bei Berücksichtigung der der Klägerin im Jahr 2001 tatsächlich zugeflossenen Unterhaltsbeträge von EUR 1.420,01 (= S 19.539,82) errechne sich ein Anspruch der Klägerin auf Ausgleichszulage in Höhe von EUR 100,62 monatlich.

Das Berufungsgericht sprach weiters aus, dass die Revision gemäß § 502 Abs 1 ZPO zulässig sei, weil es sich bei der Frage der Anrechnung von exekutiv hereingebrachten Unterhaltsrückständen für vergangene Jahre um eine erhebliche Rechtsfrage handle, zu der noch keine Judikatur des Obersten Gerichtshofes vorliege.

Diese Entscheidung des Berufungsgerichtes wird von der Klägerin mit rechtzeitiger Revision wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung insoweit bekämpft, als ihr die Ausgleichszulage nicht in der Höhe des Einzelrichtsatzes ohne Anrechnung des Unterhaltsanspruches gegen ihren geschiedenen Ehegatten gewährt wurde. Die Klägerin beantragt daher die Abänderung der angefochtenen Entscheidung dahin, dass ihr für den Zeitraum März 2001 bis Dezember 2001 ein weiterer Betrag von EUR 101,43 monatlich an Ausgleichszulage zuerkannt werde. Hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.

Die beklagte Partei hat sich am Revisionsverfahren nicht beteiligt.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist zulässig, aber nicht berechtigt.

Zunächst ist auf den Umstand einzugehen, dass der beklagte Versicherungsträger während des durch die Klage gegen seinen Bescheid vom 21. 6. 2001 (erster Bescheid) eingeleiteten gerichtlichen Verfahrens den Bescheid vom 22. 7. 2002 (zweiter Bescheid) erließ. Während im ersten Bescheid ein Anspruch der Klägerin auf Gewährung der Ausgleichszulage zur Gänze abgelehnt wurde, wurde im zweiten Bescheid ein Anspruch der Klägerin auf Ausgleichszulage ab 1. 3. 2001 anerkannt und die monatliche Ausgleichszulage mit EUR 73,84 festgesetzt. Ob der beklagte Versicherungsträger während des gerichtlichen Verfahrens über den streitgegenständlichen Anspruch einen zweiten Bescheid erlassen durfte, wozu er im Hinblick auf die sukzessive Kompetenz nur bei einer Änderung der Verhältnisse berechtigt gewesen wäre (§ 71 Abs 3 ASGG), kann dahingestellt bleiben. Weil der Versicherungsträger in diesem zweiten Bescheid über den Umfang des Anspruches der Klägerin auf eine Versicherungsleistung und damit über eine Leistungssache nach § 65 Abs 1 Z 1 ASGG entschieden hatte, durfte die Klägerin jedenfalls auch gegen diesen zweiten Bescheid nach § 67 Abs 1 und 2 ASGG innerhalb der unerstreckbaren Frist von drei Monaten ab Zustellung des Bescheides Klage erheben (SSV-NF 4/152 mwN; Fink, Die sukzessive Zuständigkeit im Verfahren in Sozialrechtssachen 273 und 414 ff mwN ua). Dies hat die Klägerin gemacht, indem sie noch innerhalb der dreimonatigen Klagsfrist einen Fortsetzungsantrag im gegenständlichen Verfahren gestellt hat und ausdrücklich darauf hingewiesen hat, dass ihr in diesem Fortsetzungsantrag erstattetes Vorbringen auch als Klage gegen den zweiten Bescheid zu verstehen sei. Da der mit diesem Schriftsatz bekämpfte zweite Bescheid über die Ausgleichszulage ausdrücklich nur über den Zeitraum vom 1. 3. 2001 bis zum 31. 12. 2001 abgesprochen und erklärt hat, dass über die ab 1. 1. 2002 gebührende Höhe der Ausgleichszulage gesondert entschieden werden wird, sind die Parteien und auch die Vorinstanzen zutreffend davon ausgegangen, dass nur der Zeitraum vom 1. 3. 2001 bis zum 31. 12. 2001 Gegenstand des vorliegenden gerichtlichen Verfahrens ist (vgl SSV-NF 11/150 ua).

Nach § 292 Abs 1 ASVG hat der Pensionsberechtigte grundsätzlich Anspruch auf Ausgleichszulage zur Pension, wenn die Pension zuzüglich eines aus übrigen Einkünften des Pensionsberechtigten erwachsenden Nettoeinkommens und der gemäß § 294 ASVG zu berücksichtigenden Beträge nicht die Höhe des für ihn geltenden Richtsatzes (§ 293) erreicht. Nettoeinkommen im Sinne dieser Bestimmung ist die Summe sämtlicher Einkünfte in Geld oder Geldeswert nach Ausgleich mit Verlusten, vermindert um die gesetzlich geregelten Abzüge. Bei Anwendung dieser Bestimmung ( 292 ASVG) waren Unterhaltsansprüche des Pensionsberechtigten unter anderem gegen den geschiedenen Ehegatten, gleichviel ob und in welcher Höhe die Unterhaltsleistung tatsächlich erbracht wurde, dadurch zu berücksichtigen, dass dem Nettoeinkommen des Pensionsberechtigten ein bestimmter Prozentsatz des monatlichen Nettoeinkommens des geschiedenen Ehegatten zuzurechnen war (§ 294 Abs 1 lit b ASVG). Eine Zurechnung zum Nettoeinkommen erfolgt nur in der Höhe eines Vierzehntels der jährlich tatsächlich zufließenden Unterhaltsleistung, wenn die Unterhaltsforderung der Höhe nach trotz durchgeführter Zwangsmaßnahmen einschließlich gerichtlicher Exekutionsführung uneinbringlich oder die Verfolgung eines Unterhaltsanspruches in dieser Höhe offenbar aussichtslos oder offenbar unzumutbar ist (§ 294 Abs 3 ASVG).

Mit Erkenntnis vom 27. 2. 2001, G 104/00-9, hat der Verfassungsgerichtshof die Wortfolgen "b den geschiedenen Ehegatten (die geschiedene Ehegattin)" sowie "b und" in 294 Abs 1 erster Satz ASVG als verfassungswidrig aufgehoben. Der Verfassungsgerichtshof führte insbesondere aus, dass die in der aufgehobenen Bestimmung vorgesehene Pauschalanrechnung von Unterhaltsansprüchen geschiedener Ehegatten die Anrechnung eines fiktiven Unterhalts anordne, der von jenem abweiche, der sich mittels der von den ordentlichen Gerichten entwickelten, einen Durchschnittsfall ausdrückenden Berechnungsformel (40 vH des Familieneinkommens unter Abzug des Eigeneinkommens) ergebe, sodass diese Regelung im Ergebnis nicht den Regel-, sondern den Ausnahmefall zugrunde lege. Die Aufhebung ist (mit Ausnahme des Anlassfalls) mit dem Tag der Kundmachung des Erkenntnisses des Verfassungsgerichtshofes im Bundesgesetzblatt (BGBl I 2001/37, ausgegeben am 24. 4. 2001) in Kraft getreten; für den Zeitraum bis 24. 4. 2001 ist die aufgehobene Norm auf die Klägerin weiterhin anzuwenden (SSV-NF 15/118 ua).

Zur Anrechnung von Unterhaltsansprüchen auf die Ausgleichszulage - nach der Aufhebung der Pauschalanrechnungsvorschrift des § 294 Abs 1 lit b ASVG durch den Verfassungsgerichtshof - hat der erkennende Senat bereits in mehreren Entscheidungen (10 ObS 37/02t, 10 ObS 223/02w, 10 ObS 114/03t ua) eingehend Stellung genommen. Es wurde dabei insbesondere darauf hingewiesen, dass die in § 292 Abs 3 ASVG statuierte Legaldefinition des Einkommens auch den Komplex der Unterhaltsforderungen umfasst, als Einkunft im Sinn des § 292 Abs 3 ASVG aber nur ein tatsächlich anfallender Bezug gewertet werden kann. Der erkennende Senat kam daher zu dem Ergebnis, dass Unterhaltsansprüche, die nicht der allein verbliebenen Pauschalanrechnung des § 294 Abs 1 lit c ASVG (Unterhaltsansprüche gegen die Eltern, sofern sie mit dem Pensionsberechtigten im gemeinsamen Haushalt leben) unterliegen, bei der Ausgleichszulagenbemessung als sonstiges Einkommen zu berücksichtigen sind, soweit sie tatsächlich zufließen oder rechtsmissbräuchlich nicht realisiert werden. Der Grundsatz, dass bei Feststellung der Ausgleichszulage keine Pauschalanrechnung gemäß § 294 Abs 1 lit b ASVG stattfindet, sondern nur der tatsächlich geleistete Unterhalt gemäß § 292 Abs 3 ASVG als Nettoeinkommen zu berücksichtigen ist, wurde in der Rechtsprechung bisher bereits auf (nur) vertragliche Unterhaltsansprüche angewendet, da nach Auffassung des Obersten Gerichtshofes die Pauschalanrechnung gemäß § 294 Abs 1 ASVG nur in den Fällen zur Anwendung kam, in denen ein gesetzlicher Unterhaltsanspruch besteht (SSV-NF 10/109, 5/119, 2/15 mwN ua; RIS-Justiz RS0085114).

Bei der Berechnung des Anspruches der Klägerin auf Ausgleichszulage sind daher - seit der Aufhebung der Pauschalanrechnungsvorschrift des § 294 Abs 1 lit b ASVG durch den Verfassungsgerichtshof - nur die tatsächlich geleisteten Unterhaltszahlungen gemäß § 292 Abs 3 ASVG zu berücksichtigen. Das Berufungsgericht hat auf den Anspruch der Klägerin auf Ausgleichszulage für den hier strittigen Zeitraum vom 1. 3. 2001 bis 31. 12. 2001 nach Abzug der durch die Exekutionsführung entstandenen Kosten Zahlungen von insgesamt EUR 1.420,01 (= S 19.539,82) angerechnet, welche der Klägerin im genannten Zeitraum als Unterhaltsleistungen im Wege der Lohnpfändung zugekommen sind. Gegen diese vom Berufungsgericht vorgenommene Anrechnung wird in der Revision auch nur ins Treffen geführt, dass es sich bei diesen exekutiv hereingebrachten Unterhaltsbeträgen ausschließlich um Unterhaltsrückstände aus vorangegangenen Jahren handle, welche auch zur Abdeckung von in diesen Jahren entstandenen Verbindlichkeiten der Klägerin verwendet worden seien.

Dazu ist zunächst zu bemerken, dass im Gesetz für die Feststellung des Anspruches auf eine Ausgleichszulage eine Aussage darüber fehlt, aus welchem Zeitraum die Einkünfte des Pensionsberechtigten zu berücksichtigen sind. Bei der Lösung dieser Frage muss beachtet werden, dass es sich bei der Ausgleichszulage um keine Versicherungsleistung im engeren Sinn, sondern um eine Leistung mit Sozialhilfecharakter handelt, die zusammen mit der Pension und übrigen Einkünften des Pensionsberechtigten dessen Existenzminimum sichern soll. Da dies nur dann möglich ist, wenn der Pensionsberechtigte über die Einkünfte verfügen kann, können sie in der Regel frühestens berücksichtigt werden, wenn sie ihm zugeflossen sind (SSV-NF 2/48). Die Berücksichtigung der der Klägerin im maßgebenden Zeitraum tatsächlich zugeflossenen Unterhaltsbeträge durch die Vorinstanzen ist daher auch unter diesem Aspekt nicht zu beanstanden, da die Klägerin in diesem Zeitraum über diese Einkünfte tatsächlich verfügen konnte. Wie sie jedoch diese ihr ausdrücklich und ausschließlich als Unterhaltsbetrag gewidmeten Zahlungen tatsächlich verwendet hat, ist hingegen völlig unerheblich und es können somit auch nicht als Unterhalt sondern als Schuldentilgung verbrauchte Teilbeträge keineswegs zu Lasten der beklagten Partei in Abzug gebracht werden (SSV-NF 11/95). Auf die Frage, ob es die Klägerin aufgrund ihres Geisteszustandes ab dem Jahr 1995 einerseits unterlassen hat, ein erzielbares Einkommen (Unterhalt oder Ausgleichszulage) zu lukrieren, und ob sie andererseits deshalb nicht in der Lage war, ihre laufenden Verpflichtungen zu erfüllen, kommt es in diesem Zusammenhang ebenfalls nicht an. Im Übrigen hat der erkennende Senat erst jüngst in seiner Entscheidung 10 ObS 276/03s vom 10. 2. 2004 dargelegt, dass die bei einer zur Hereinbringung rückständiger und laufender Unterhaltsbeträge erfolgten Pfändung des Arbeits- oder Pensionseinkommens geleisteten Zahlungen zunächst zur Deckung des festgesetzten laufenden Unterhaltes zu verwenden sind und erst die Beträge, die über den laufend zuerkannten Unterhalt hinausgehen, auf den Rückstand zu verrechnen sind (vgl auch Harrer/Heidinger in Schwimann, ABGB² Rz 17 zu § 1416; Reischauer in Rummel, ABGB³ Rz 29 zu § 1416; RZ 1997/82, 250; SZ 73/100 ua; RIS-Justiz RS0033447).

Auf das weitere Vorbringen der Revisionswerberin, ein zu berücksichtigendes Unterhaltseinkommen im Jahr 2001 liege auch deshalb nicht vor, weil sie durch die seit Februar 2001 in Person eines Rechtsanwaltes bestehende Sachwalterschaft auch mit entsprechenden Kosten für die Sachwalterschaft belastet sei, welche den hereingebrachten Unterhalt überstiegen, ist nicht einzugehen, weil ein solches Vorbringen im Verfahren erster Instanz nicht erstattet wurde. Insoweit handelt es sich daher um eine im Rechtsmittelverfahren unzulässige Neuerung. Die Vorlage entsprechender Urkunden kann nach ständiger Rechtsprechung ein konkretes Prozessvorbringen nicht ersetzen.

Aus diesen Erwägungen ergibt sich, dass die Klägerin für den hier strittigen Zeitraum vom 1. 3. 2001 bis 31. 12. 2001 keinen Anspruch auf Ausgleichszulage in einer die vom Berufungsgericht betragsmäßig zuerkannte Leistung übersteigenden Höhe hat. In Verdeutlichung des Spruches des Berufungsgerichtes war dieses im Revisionsverfahren allein noch strittige Mehrbegehren der Klägerin abzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 77 Abs 1 Z 2 lit b ASGG. Da die Entscheidung von der Lösung einer Rechtsfrage im Sinn des § 502 Abs 1 ZPO abhängt, entspricht es der Billigkeit, der im Revisionsverfahren unterlegenen Klägerin im Hinblick auf ihre aktenkundig angespannten finanziellen Verhältnisse die Hälfte der Kosten ihres Vertreters zuzusprechen (SSV-NF 4/19 mwN ua).

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