OGH 10ObS202/02g

OGH10ObS202/02g17.9.2002

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Bauer als Vorsitzenden, die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Fellinger und Dr. Schramm sowie die fachkundigen Laienrichter Dr. Gustav Liebhart (aus dem Kreis der Arbeitgeber) und Peter Schönhofer (aus dem Kreis der Arbeitnehmer) als weitere Richter in der Sozialrechtssache der klagenden Partei Simo Z*****, vertreten durch Mag. Peter Zivic, Rechtsanwalt in Wien, gegen die beklagte Partei Pensionsversicherungsanstalt der Arbeiter, 1092 Wien, Roßauer Lände 3, im Revisionsverfahren nicht vertreten, wegen Invaliditätspension, infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Graz als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 14. März 2002, GZ 7 Rs 37/02v-39, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Graz als Arbeits- und Sozialgericht vom 24. Oktober 2001, GZ 33 Cgs 38/00k-33, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die klagende Partei hat die Kosten ihres Rechtsmittels selbst zu tragen.

Text

Entscheidungsgründe:

Rechtliche Beurteilung

Die rechtliche Beurteilung des Berufungsgerichtes ist zutreffend, sodass es ausreicht, auf deren Richtigkeit zu verweisen (§ 510 Abs 3 Satz 2 ZPO). Den Ausführungen des Revisionswerbers, dessen Invalidität unstrittig nach § 255 Abs 3 ASVG zu prüfen ist, ist Folgendes entgegenzuhalten:

Soweit der Kläger meint, weil er sicherlich langsamer als vergleichbar gesunde Versicherte gehe, sei er auf die Tätigkeit eines Aufsehers nicht verweisbar, bekämpft er in Wahrheit eine in dritter Instanz nicht mehr überprüfbare Tatfrage, traf das Erstgericht doch die vom Berufungsgericht übernommene, auf die eingeholten medizinischen und berufskundlichen Gutachten gestützte Feststellung, welche Tätigkeiten auf Grund des medizinischen Leistungskalküls vom Kläger noch verrichtet werden können. Diese Feststellung gehört aber zum Tatsachenbereich (10 ObS 36/01v; 10 ObS 408/01z). Dass ein Aufseher eine besondere Geschwindigkeit einhalten müsse, so stellt das Berufungsgericht fest, wird nicht gefordert.

Mit seinen Ausführungen zum Anforderungsprofil eines Wächters, Aufsehers oder Portiers bekämpft der Kläger ebenfalls unzulässigerweise Feststellungen des Berufungsgerichts. Dieses hielt nämlich fest, dass die schon in der Berufung behaupteten, einem Portier abverlangten Hebeleistungen und EDV-Kenntnisse gerichtsbekannt nicht zum Anforderungsprofil eines Portiers gehören. Feststellungen der Vorinstanzen sind im Revisionsverfahren auch dann nicht überprüfbar, wenn sie unter Anwendung des § 269 ZPO getroffen werden (SSV-NF 14/7 uva).

Nach ständiger Rechtsprechung des Senats schließen zu erwartende leidensbedingte Krankenstände von sechs Wochen jährlich einen Versicherten nicht vom allgemeinen Arbeitsmarkt aus (10 ObS 79/93; 10 ObS 198/98k; 10 ObS 396/98b; 10 ObS 3/00i; RIS-Justiz RS0084898). In seinen Entscheidungen vom 15. 12. 1998, 10 ObS 396/98b, und vom 9. 11. 1999, 10 ObS 124/99d, erkannte der Senat, der Umstand, dass die Arbeitsmarktlage gegenüber früher angespannter ist, bilde keinen Grund für ein Abgehen von dieser Judikatur. Auch die Ansicht des Klägers, es würden von einem durchschnittlichen Arbeitgeber nunmehr bereits sechs prognostizierte zusätzliche Krankenstandswochen pro Jahr wegen des wirtschaftlichen Abschwungs bzw der Stagnation in den letzten beiden Jahren nicht mehr toleriert, veranlasst den Senat nicht, von seiner bisherigen Rechtsprechung abzuweichen. Das Vorliegen der Invalidität beim Kläger ist zum Stichtag 1. 11. 1998 zu prüfen. Zu diesem Tag ist auch nach dem Standpunkt des Klägers seine Invalidität wegen der bei ihm zu erwartenden leidensbedingten sechs Krankenstandswochen im Jahr zu verneinen.

Der Revisionswerber zieht nicht in Zweifel, dass im Sinn der ständigen Rechtsprechung (RIS-Justiz RS0084939) vom Versicherten - sogar bei einem "langjährigen Wohnsitz" - eine Wohnsitzverlegung gefordert werden kann, die ihn in die Lage versetzt, einen entsprechenden Arbeitsplatz zu erreichen, wenn die Wohnsitzverlegung - wie hier - aus medizinischen Gründen zumutbar ist; bildet doch die Lage des Wohnorts im Einzelfall ein persönliches Moment, das bei der Prüfung der Frage, ob Invalidität besteht, außer Betracht zu bleiben hat (10 ObS 202/01f mwN; RIS-Justiz RS0084871).

Von diesen Grundsätzen ausgehend kommt aber auch eine befristete Gewährung der Invaliditätspension nicht in Betracht, die der Kläger für begründet hält, weil er zumindest drei bis sechs Monate für einen Ortswechsel benötige. Auch dabei würde nämlich auf persönliche Momente des Versicherten abgestellt, deren Berücksichtigung bei der Beurteilung der Invalidität jedoch nach ständiger Rechtsprechung ausgeschlossen ist (SSV-NF 1/4; 2/105; 4/48; 10 ObS 385/01t mwN). Der Revision ist daher ein Erfolg zu versagen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 77 Abs 1 Z 2 lit b ASGG.

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