OGH 10ObS198/98k

OGH10ObS198/98k18.8.1998

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Bauer als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Ehmayr und Dr.Hopf als weitere Richter und die fachkundigen Laienrichter Dr.Fritz Miklau (aus dem Kreis der Arbeitgeber) und Johann Scharinger (aus dem Kreis der Arbeitnehmer) in der Sozialrechtssache der klagenden Partei Verica S*****, vertreten durch Dr.Wolfgang Zatlasch, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagte Partei Pensionsversicherungsanstalt der Arbeiter, Roßauer Lände 3, 1092 Wien, im Revisionsverfahren nicht vertreten, wegen Invaliditätspension, infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 23.Februar 1998, GZ 10 Rs 4/98a-47, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Arbeits- und Sozialgerichtes Wien vom 14.Oktober 1997, GZ 5 Cgs 240/96m-41, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die klagende Partei hat die Kosten ihres Rechtsmittels selbst zu tragen.

Text

Entscheidungsgründe:

Rechtliche Beurteilung

Die geltend gemachte Mangelhaftigkeit des Berufungsverfahrens nach § 503 Z 2 ZPO liegt nicht vor; diese Beurteilung bedarf nach § 510 Abs 3 Satz 3 ZPO keiner Begründung. (Angebliche) Mängel erster Instanz, die bereits in der Berufung geltend gemacht, vom Berufungsgericht jedoch verneint wurden, können nach ständiger Rechtsprechung - auch im Verfahren nach dem ASGG - nicht mehr in der Revision gerügt werden (Kodek in Rechberger, ZPO Rz 3 zu § 503 mwN; SSV-NF 3/115).

Die rechtliche Beurteilung des Berufungsgerichtes zu der im Revisionsverfahren ausschließlich strittigen Frage der künftigen Krankenstände der Klägerin ist richtig, sodaß hierauf verwiesen werden kann (§ 510 Abs 3 Satz 2 ZPO). Nach der neueren Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes (SSV-NF 6/70, 6/104 ua) schließen mit hoher Wahrscheinlichkeit regelmäßig zu erwartende leidensbedingte Krankenstände von sieben Wochen jährlich den Versicherten vom allgemeinen Arbeitsmarkt aus und bewirken daher, daß der Versicherungsfall der geminderten Arbeitsfähigkeit eingetreten ist.

Entgegen der Ansicht der Revision beruht die Berufungsentscheidung nicht auf einer mangelhaften Entscheidungsgrundlage der ersten Instanz. Die Feststellungen des Erstgerichtes reichen aus, einen Ausschluß der Klägerin vom allgemeinen Arbeitsmarkt zu verneinen, weil bei der Klägerin bei Kalkülseinhaltung keine Krankenstände prognostizierbar sind. Richtig ist, daß eine absolut sichere Aussage zur Frage künftiger Krankenstände medizinisch oft nicht möglich ist; es muß aber ein hohes Maß an Wahrscheinlichkeit gefordert werden. Die Sonderbestimmung des § 87 Abs 4 ASGG regelt die Beweislastverteilung nur in den dort genannten Fällen. In anderen Fällen ist auch in Sozialrechtssachen von der Geltung der allgemeinen Grundsätze für die Beweislastverteilung auszugehen. Dies bedeutet für die Frage des Ausschlusses vom Arbeitsmarkt infolge von Krankenständen, daß den Versicherten die (objektive) Beweislast dafür trifft, daß mit hoher Wahrscheinlichkeit mit jährlichen Krankenständen von 7 Wochen zu rechnen ist (RIS-Justiz RS0086045, RS0086050). Nur dann sind die Voraussetzungen für die begehrte Leistung erfüllt (SSV-NF 6/70). Dies ist hier aber entgegen der Ansicht der Revisionswerberin nicht der Fall.

In welchem Umfang die Klägerin in der Vergangenheit Krankenstände konsumierte, ist für die Entscheidung nicht von Bedeutung, weil diese, selbst wenn sie berechtigt waren, immer nur im Zusammenhang mit der konkret verrichteten Tätigkeit zu sehen sind. Wesentlich ist ausschließlich die Prognose für die Zukunft (SSV-NF 7/75). Dazu wurde aber vom Erstgericht bindend festgestellt, daß leidensbedingte Krankenstände nicht zu erwarten sind. Es bedarf somit - im Gegensatz zu dem von der Revisionswerberin zitierten Fall 10 ObS 286/92 - keiner Ergänzung des gegenständlichen Verfahrens in erster Instanz.

Der Revision war daher keine Folge zu geben.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf § 77 Abs 1 Z 2 lit b ASGG.

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